Schokolade zum Valentinstag von FlameHashira (Sousuke x Gou) ================================================================================ Kapitel 1: Schokolade zum Valentinstag -------------------------------------- Familie.   Ein Wort, welches einen vertrauten Kreis an Menschen in sich versammelte und etwas mehr bedeutete, als eine einfache Freundschaft. Sousuke hatte seine Familie und er hatte einen guten Draht zu ihnen. Seitdem er bei seinem Cousin und dessen Familie lebte, hatte sich auch das Verhältnis zu diesem sehr gut ausgebaut. Er konnte im Familienrestaurant aushelfen, was ihm ziemlich viel Spaß machte – er liebte es zu kochen, zu backen oder ähnliche Sachen zu machen, die in einem Restaurant anfielen.   Doch es gab mehr als die Blutsverwandtschaft.   Rin war sein bester Freund gewesen, aber mittlerweile war es viel mehr geworden. Er zählte ihn zu seiner Familie dazu. Ein Vertrauensverhältnis, welches schwer aufrechtzuerhalten war, jetzt, wo er in Australien lebte. Sie telefonierten regelmäßig und hatten bereits einen gegenseitigen Besuch geplant – Rin brannte darauf, ihm Australien zu zeigen und Sousuke freute sich schon auf die Zeit, welche dieser dann wieder hier bei ihm verbringen würde. Doch nicht nur Rin, auch dessen Familie gehörte für Sousuke zu der seiner. Allen voran war da Gou, welche ihm tatsächlich am Herz lag. Er erkannte immer ihre Sorge um Rin und es amüsierte ihn zum Teil, zu sehen, wie sie ihre Wangen aufpustete, wenn sie beleidigt davon war, keine Rückmeldung zu bekommen. Das waren auch die Momente, in denen Sousuke seinem besten Freund gedanklich in den Arsch trat – damit dieser sich schneller bei seiner Schwester zurückmelden würde.   Sousuke war sich durchaus darüber bewusst, dass er nach außen nicht gerade wie jemand wirkte, der ein sanftes Herz hatte oder sich um seine Freunde kümmerte. Personen, denen er nahe war, wussten dies aber dennoch. Es war daher keine so große Überraschung, als Gou ihn um etwas gebeten hatte. Tatsächlich war der Grund etwas überraschender.   „Könntest du mir dabei helfen, Schokolade für den Valentinstag zu machen?“   Er liebte es zu kochen, zu backen oder sich anderweitig in der Küche auszutoben. Natürlich war das ein Detail, über welches auch Personen Bescheid wussten, die ihn im Allgemeinen gut kannten. Schokolade war etwas, was er noch nie selbstgemacht hatte, aber bei Gou 'Nein' zu sagen, war im Grunde unmöglich für ihn, also stimmte Sousuke zu. Also ging er den Sonntag vor Valentinstag zum Haus der Matsuoka's, verabschiedete die Frau des Hauses, welche sich mit Freundinnen treffen wollte und blieb gemeinsam mit Gou alleine zurück.   „Hast du dir schon Gedanken darüber gemacht, wie du die Schokolade füllen oder verzieren willst, Kou?“   Er konnte die Freude bei Gou erkennen, eine leichte Röte auf ihren Wangen, als er den Namen nutzte, welchen sie sich viel lieber wünschte. Es war irgendwie Ironie des Schicksals, dass sie einen Namen trug, welcher eher an Jungen vergeben wurde und ihr Bruder einen, der eher an Mädchen vergeben wurde. Seitdem Gou zum ersten Mal ihren Wunsch geäußert hat, versuchte Sousuke stets sie anders anzusprechen. Manches Mal rutschte auch ihm ein „Gou“ heraus, ein Versehen welches ihm stets verziehen wurde. Gou sprach es nicht einmal an, wenn es mal passierte – vielleicht hatte sie sich mittlerweile auch an ihren eigentlichen Namen gewöhnt? Zumindest war es Sousuke aufgefallen, dass die Jungs vom Schwimmclub keine Acht darauf gaben, sie anders anzusprechen.   „Ah, nicht so wirklich“, gestand Gou ihm verlegen. „Ich habe zwar viel besorgt, aber ich weiß nicht, welche Geschmäcker die besten Kombinationen sein könnten und was am Ende wirklich hübsch aussieht.“   „Ich bin sicher, du wirst das noch herausfinden, während wir an die Arbeit gehen. Du hast einen guten Geschmack“, erwiderte Sousuke geduldig, während er dem Mädchen in die recht große Küche folgte.   Dort wurde er fast erschlagen von der Vielzahl an Förmchen, Schokoladensorten, Dekorationen und was es sonst noch so gab. Vielleicht hatte Gou ein wenig übertrieben?   „... wie viel Schokolade willst du denn machen?“, fragte Sousuke amüsiert nach, während er nach ein paar Sachen griff, um sie sich besser anzusehen.   „Ähhm“, fing Gou unsicher auflachend an. „Ich wollte nur sichergehen. Dass wir genug da haben, auch wenn etwas schiefgehen sollte, weißt du? Außerdem habe ich Haruka versprochen, auch etwas für ihn zu machen.“   Irritiert drehte Sousuke sich wieder in Gou's Richtung: „Du willst Schokolade für Haru machen?“   „Na ja, nicht für ihn, weißt du?“ Er schüttelte den Kopf, um zu signalisieren, dass er gerade definitiv nicht verstand, worauf Gou hinauswollte. „Uhm … er möchte wohl jemandem Schokolade schenken!“, erklärte sie nun genauer. „Aber das Einzige, was er zubereiten kann, sind Makrelen. Das meine ich ernst und Makrelen in Pralinen sind nicht sonderlich … beliebt, nehme ich an?“   Sousuke runzelte die Stirn: „Haru will jemandem Schokolade schenken?“, und begann sofort an den jungen Schwimmer zu denken. Das Erste, was ihm einfiel, war dessen monotones Gesicht, welches nur bei Wasser etwas Begeisterung anzunehmen schien. Wem wollte dieser merkwürdige Kerl denn bitte Schokolade schenken?   Gou lachte auf: „Ja, ich weiß. Ich habe mich auch gefragt, wem Haruka etwas schenken wollen könnte, aber er hat geschwiegen, als ich nachgefragt habe. Du weißt ja, wie er ist.“   Oh ja, das wusste Sousuke definitiv.   „Hat er wenigstens irgendwas gesagt, wegen des Geschmacks oder dergleichen?“   „Nein oder … nun, er hat sich gewünscht, dass es an Wasser erinnert. Vom Aussehen und Geschmack her.“   Sousuke schnaubte: „Also sollen wir Chlor mit hineinmischen?“ Na gut, eine blaue Farbe würden sie wohl gut hinbekommen, dennoch war dieser Kerl immer noch seltsam! „Na gut, fangen wir doch einfach mit denen für Haru an? Wir werden dann sicherlich auch ein gutes Gefühl dafür entwickeln, Pralinen herzustellen.“   So schwer konnte das ja nicht sein, immerhin machten das viele Personen in ihrem Alter, um ihre Liebe oder Freundschaft zu zeigen. Er warf einen nachdenklichen Blick in die Richtung von Gou, ob es dieser eher um Freundschaft ging oder war sie verliebt? Wenn Letzteres der Fall war, musste er definitiv ein Auge darauf haben! Wenn Rin schon nicht da sein konnte, um auf seine kleine Schwester aufzupassen, musste er das ja ein wenig übernehmen. Immerhin verdiente Gou eine gute Person an ihrer Seite und keinen Idioten.   „Ja, eine gute Idee!“, erwiderte Gou sofort lächelnd, während sie nach einer Schürze griff, die an der Seite hing, um diese anzuziehen. „Ich habe zumindest schonmal kleine Förmchen, die aussehen wie Wassertropfen. Das wird Haruka bestimmt gut gefallen!“   Das konnte sich Sousuke tatsächlich gut vorstellen.   „Dann lass uns die weiße Schokolade schmelzen und einfärben. Ich denke, wir werden einen schönen Blau-Ton hinbekommen“, stimmte er nun also zu und begann bereits damit, einen kleinen Topf mit Wasser zu füllen, damit dieses bereits erhitzen konnte.   Noch bevor Gou etwas für die Pralinen machte, schaltete sie ein Radio ein, aus welchem sofort poppige Musik kam, die viel zu fröhlich war. Obwohl Sousuke eigentlich gar nichts gegen diesen Musikstil hatte, auch wenn dieser ganz schön fröhlich war, was zu ihm nicht wirklich passte. Zum Joggen war diese Art der Musik aber tatsächlich ganz angenehm – zumindest für ihn. Die meiste Musik dieser Art klang ziemlich ähnlich, deshalb war es fast so, als würde man jeden Song kennen, wenn man einen davon jemals gehört hatte.   „Was für ein Geschmack passt wohl am besten zu Wasser?“, fragte Gou, während sie die weiße Schokolade in einer Schüssel zerkleinerte, welche dann ins Wasserbad kommen würde.   „Nichts, was ich in einer Praline tun würde“, antwortete Sousuke skeptisch, während er sich die möglichen Zutaten ansah. Von frischem Obst bis zu einem leichten Likör gab es alles – alkoholfrei, natürlich. „Vielleicht etwas Frisches wie Minze?“   „Uh! Ja, das könnte gut passen!“, stimmte Gou sofort begeistert zu. „Ich dachte auch an Heidelbeeren? Nicht, weil die mich an Wasser erinnern, sondern wegen der Farbe?“   Heidelbeeren wurden eher violett als blau, aber er verstand zumindest den Gedankengang von Gou. Immerhin war die Frucht zumindest vom äußeren Anblick eher bläulich.   „Wir können ja verschiedene Pralinen machen. Am Ende wird Haru sie doch ohnehin verschenken.“   Oder wollte er sie für sich selbst haben? Sousuke traute es dem Kerl definitiv zu. So ganz wurde er seine schlechte Meinung von Haru noch nicht los, aber sicherlich kam das noch mit der Zeit. Immerhin musste es einen Grund haben, wenn Rin so begeistert von diesem war und auch Gou dabei half, Pralinen für ihn herzustellen.   Oder war das vielleicht alles ein Trug?   Die Möglichkeit bestand, dass Gou ihm nicht verraten wollte, dass ihre Schokolade für Haru war und deshalb schob sie vor, dass sie für ihn Schokolade machen sollte, die dieser verschenken konnte. Dabei schien es um den Geschmack von Haru zu gehen.   Nachdenklich runzelte Sousuke die Stirn – das sollte er wohl im Hinterkopf behalten!   „Du könntest auch gleich Pralinen machen“, sprach Gou plötzlich an. „Für … wen auch immer. Ich meine, ich habe mehr als genug gekauft, nicht wahr?“   Sousuke sah blinzelnd zu der Jüngeren, ehe er zur weißen Schokolade starrte, welche langsam begann aufgrund der Hitze zu schmelzen. Er hatte noch nie Pralinen gemacht, auch nie welche gekauft und damit auch niemals jemandem welche geschenkt. Für ihn gab es immer nur seine Freunde, das Schwimmen und daraufhin auch seine Verletzung.   Wenn er jemandem Pralinen schenken würde, dann wäre es wohl Gou.   Es wäre definitiv Gou.   Es gab keine andere Person, welcher er ein solches Geschenk machen würde.   „Könnte ich“, antwortete Sousuke nun langsam nickend. „Sollte ich wohl auch. Ich habe zu Hause nichts, um Pralinen zu machen.“   „Also hattest du nicht vor, jemandem welche zu schenken?“   War es Erleichterung oder Enttäuschung, welche er im Gesicht von Gou sehen konnte? Eine Mischung aus beiden Emotionen, die er sich nicht ganz erklären konnte.   „Ich habe tatsächlich nicht darüber nachgedacht“, zuckte er mit den Schultern, während er sich einen Löffel suchte, um in der weißen Schokolade umzurühren. „Die wichtigsten Personen in meinem Leben, abgesehen von meiner Familien, sind Rin und du.“ Gou fiepste leise, vielleicht verlegen? Sousuke hätte wohl nicht so direkt sein sollen. „Und ich schenke niemandem Pralinen, ohne irgendwas dahinter zu meinen, was wirklich ehrlich ist.“ Vorsichtig hob er die Schüssel mit der weißen Schokolade aus dem Wasserbad, da sie nun fast komplett geschmolzen war. „Gibst du mir die blaue Lebensmittelfarbe?“   Rasch nickend kramte Gou diese hervor, es war eher Paste als flüssige Lebensmittelfarbe, aber es sollte ausreichen. Eine großzügige Menge geriet in die weiße Schokolade und Sousuke verrührte es ordentlich, damit die Farbe hoffentlich hervorkam. Es brauchte wirklich viel von der Paste, damit es nicht mehr grünlich oder türkis wirkte, sondern einem blau näher kam.   „Ich hoffe der Versuch gelingt, die blaue Paste ist fast leer“, gestand Gou mit einem verlegenen Lachen.   „Das wird es bestimmt. Willst du ein paar Heidelbeeren schneiden? Ich würde sie wohl so als eine Art Kern in die Form geben? Und wenn wir ein paar davon haben, können wir etwas Minze zur Schokolade geben und daraus die restlichen Pralinen machen?“   „Ich mache mich sofort an die Arbeit!“, verkündete Gou strahlend, salutierte vor ihm, bevor sie sich wirklich daran machte, die Heidelbeeren zu zerschneiden.   Bisher verlief alles problemlos, was hoffentlich den restlichen Tag so bleiben würde.   Er hörte, wie Gou mitsummte, den Kopf dabei nach links und rechts wog und über das ganze Gesicht strahlte; sie wirkte unglaublich zufrieden – ja, glücklich. Sousuke wusste nicht weshalb, aber er spürte, wie sein Herz wärmer zu werden schien, nur weil er das sah. Vor sich hin lächelnd, zog sich Sousuke die Förmchen mehr zurecht, um eine kleine Menge Schokolade in der Hälfte der Förmchen zu füllen. Kaum war die Schokolade darin, landeten auch schon Heidelbeeren mittig darin und so konnte er dann etwas mehr Schokolade darüber geben.   „Was magst du eigentlich für Geschmäcker, Sousuke?“   „Hm?“, machte er, sowohl fragend als auch nachdenklich, in die Richtung von Gou, ehe er die Stirn runzelte. „Ich bin nicht sicher“, meinte Sousuke dann. „Ich denke … Matcha-Tee?“   Gou kicherte ein wenig: „Ah, also ganz traditionell? Das passt zu dir.“   Blinzelnd sah er zu Gou, ehe er etwas verlegen auflachte, während er die blau-gefärbte Schokolade nun mit Minze vermischte. „Nun, Cola kann man wohl nicht als Geschmack in Pralinen etablieren“, fügte Sousuke hinzu. „Welche Geschmacksrichtung magst du?“   „Kirsche!“, antwortete Gou sofort, als hätte sie nur darauf gewartet, dass Sousuke diese Gegenfrage stellen würde. „Aber eigentlich mag ich so ziemlich alles, was ich auch gekauft habe.“   „Solltest du nicht eher Zutaten kaufen, die demjenigen schmecken, wem du Pralinen geben willst?“   „Uh“, Gou blies ihre Wangen ein wenig auf, wobei sie aussah wie ein kleiner Hamster. „Ich habe eine sehr große Auswahl, also wird auch etwas dabei sein, was die Person mag, welcher ich was schenken will!“   Sousuke wollte wissen, wem sie etwas schenken wollte. Allerdings teilte Gou eine Charaktereigenschaft mit Rin – Verschwiegenheit. Verbunden mit einem gigantischen Sturkopf. Außerdem war sie klug, sie ahnte sicherlich, dass Sousuke neugierig war und würde nicht so einfach eine Antwort geben. Das könnte anstrengend sein, aber er empfand es auch als durchaus liebenswürdig.   Im Grunde war alles an Gou liebenswürdig.   „Dann lass uns auch welche mit Kirsche machen“, meinte Sousuke nun.   Gou nickte sofort zustimmend: „Und auch welche mit Matcha-Tee!“   Und vermutlich noch viel mehr, zumindest wenn er bedachte, wie viele Zutaten sie hier herumliegen hatten. Mit der fröhlichen Musik im Hintergrund, stimmte Sousuke irgendwann im Summen von Gou mit ein, während sie auch an der Schokolade arbeiteten. Sie fanden verschiedene Kombinationen, färben die weiße Schokolade immer wieder ein oder nutzten die dunkle Schokolade. Es gab verschiedene Förmchen, die Gou ausgewählt hatte und jede davon gab zum Einsatz. Sousuke bekam gar nicht mit, wie schnell die Zeit an ihnen vorbeizog.   Erst als es an der Tür klingelte, wurde er wieder aus der Arbeit mit der Schokolade gerissen.   „Oh, das muss Haruka sein!“, kündigte Gou an. „Kannst du seine Schokolade schnell verpacken, Sousuke?“   Sousuke sah dem Mädchen nach, welches gar nicht auf eine Antwort von ihm wartete. „... natürlich“, murmelte er nur vor sich hin.   Natürlich hatte Gou auch an Verpackungsmaterial gedacht, wie viel Geld für das alles wohl draufgegangen war? Er hörte die leisen Stimmen im Hintergrund, erkannte vor allem die von Gou, während er sich darauf konzentrierte, die Pralinen zu verpacken. Lächerlich. Jetzt verpackte er Pralinen für Haru. Dieser tauchte dann tatsächlich auch in der Tür zur Küche auf.   „...Yamazaki.“   „Nanase.“   Auch wenn er den Typen akzeptierte und gedanklich bei seinem Vornamen – sogar Spitznamen – nannte, konnte er das im Realen noch absolut nicht. Der Kerl war immer noch äußerst lächerlich in seinen Augen.   „Sousuke hat mir dabei geholfen, die Pralinen zu machen!“, erzählte Gou, als sie an Haru vorbeiging und begeistert nach dem Päckchen griff, welches Sousuke perfekt gebunden hatte. „Hier! Ich hoffe, sie werden gut ankommen!“   Haru warf einen Blick auf das Päckchen, natürlich blau gehalten. Sousuke hatte sich gedacht, dass dies die Verpackung war, welche für diese Pralinen bestimmt war.   „Das werden sie bestimmt“, antwortete Haru, während er nach den Pralinen griff und sich vor Sousuke und Gou verbeugte. „Ich danke euch.“   „Kein Problem“, winkte Gou sofort strahlend ab. „Also~, für wen ist die Schokolade?“   Sousuke hatte sich an Haru gewöhnt, seitdem sie diese lächerliche Wasserschlacht gehabt hatten und wohl auch ganz allgemein. Dennoch bekam er das Bedürfnis, den Kerl zu schütteln, wenn dieser so ausdruckslos vor sich hinstarrte. War es zu viel verlangt, irgendwas in dessen Gesicht lesen zu wollen?   „Das weiß ich noch nicht.“   „Unsinn!“, schnaubte Gou. „Du willst es mir nur nicht sagen!“   Haru wandte den Blick stur ab und genauso völlig verschwiegen. Sousuke seufzte leise, dieser Kerl war doch einfach nur anstrengend. Er traute ihm zu, wirklich nicht zu wissen, wem er sie schenken wollte, aber das wäre doch sehr lächerlich.   „Du kannst ihn ja ausfragen, wenn das Team dabei ist“, sprach Sousuke an. „Mit Nagisa's Unterstützung wirst du ihm sicherlich eine Antwort entlocken können.“   Für einen Moment sah er in Haru's Gesicht mehr als nur nichts. Vermutlich wusste auch der Freistil-Schwimmer nur zu genau, dass es schwer wäre vor dem Team nichts auszusprechen.   „Eine großartige Idee, Sousuke!“, fiepste Gou.   „Ich gehe jetzt.“   „Du kannst nicht vor meinen Fragen davonrennen, Haruka!“   Sousuke schmunzelte ein wenig, vielleicht schadenfroh, aber er glaubte nicht, dass Gou wirklich so eine Taktik anwenden würde. Sie war ein einfühlsamer Mensch und würde Haru nicht so unter Druck setzen. Dennoch konnte sich Sousuke an diesem Gedanken amüsieren, oder? Er hörte Gou's neugierige Fragen noch, bis Haru vermutlich wirklich gegangen war. Ob dieser etwas schneller geworden war, obwohl er es sich nicht ansehen lassen wollte? Sousuke summte ein wenig mehr bei der Musik mit, vielleicht war seine Stimmung noch besser geworden als zuvor.   „Ach! Haruka ist so verschwiegen!“, laut seufzend kam Gou zurück in die Küche. „Und wir sind bald fertig, was? Ich kümmere mich schonmal um das Verpacken, in Ordnung?“   Sousuke nickte ihr zu: „Natürlich!“   So kamen sie sicherlich am besten voran und würden bald auch fertig sein mit allem. Dennoch legte er ein paar Pralinen etwas heimlicher weg, die für Gou gedacht waren – auch wenn es kein Geheimnis war, dass es solche gab. Er wollte sie aufheben, um sie ihr zu schenken. Er bräuchte nur eine Verpackung, wenn Gou mal wegschaute oder am besten weg wäre.   „Möchtest du vielen Personen Pralinen schenken?“, hinterfragte Sousuke nun.   Auch wenn es eine eher spontane Entscheidung war, so viele Pralinen zu machen, schien es vom Verpackungsmaterial her, nicht ganz überraschend zu sein.   „Oh, ich möchte den Jungs aus dem Club allen etwas geben. Wir versuchen, die ganze Zeit zu genießen, dass Haruka und Makoto noch da sind – bald sehen wir sie nicht mehr so oft.“   „Zumindest bleiben sie noch hier, bis die Uni anfängt“, seufzte Sousuke.   Rin war sofort losgezogen und das war wohl verständlich, einfach um sich wieder richtig einzuleben, dennoch war es auch ein Unterschied.   Gou kicherte etwas: „Ah, du bist immer noch etwas beleidigt, weil er gegangen ist, was? Ich verstehe das, er war kaum wieder hier bei uns und PUFF, schon ist er wieder weg! Wenigstens bist du noch hier, Sousuke! Darüber bin ich wirklich froh.“   „Irgendjemand muss ja auf dich aufpassen.“   „Pff! Niemand muss auf mich aufpassen!“, stolz stemmte sie die Hände in die Hüften, während sie ihm entgegen strahlte. „Oh! Ich muss kurz etwas von oben holen, ja? Bin sofort wieder zurück.“   Schmunzelnd sah er der Jüngeren nach und ergriff sogleich seine Chance. Er musste schnell arbeiten, immerhin sollte Gou nichts davon mitbekommen. Sousuke griff nach Verpackungsmaterial in einem warmen Rot-Ton, wickelte die Schleife perfekt und versteckte es rasch in seiner Tasche im Flur. Bis Gou zurückkam, war er bereits wieder in der Küche damit beschäftigt, weiterzumachen, wo er aufgehört hatte. Irritiert sah er zu Gou, als er nichts erkennen konnte, was sie heruntergeholt haben könnte. Anstatt nachzuhaken, machte er summend weiter, bis auch die letzten Pralinen fertig waren und von Gou verpackt worden waren. Es gab verschiedene Farben dabei.   „Puh, das war am Ende doch viel mehr, als ich geplant habe“, lachte Gou auf. „Scheinbar muss ich noch weiteren Personen etwas schenken, damit es leer wird.“   Sousuke lachte auf: „Komm nur nicht auf die Idee, Momotarou welche zu schenken.“ Das würde definitiv im Chaos enden und Sousuke hatte keine Lust darauf.   „Wieso? Wirst du sonst eifersüchtig?“, gluckste Gou neckend.   „Tss“, machte Sousuke, gab jedoch keine wirkliche Antwort. Wäre er eifersüchtig? Nein, das war Unsinn. Er machte sich nur Sorgen. Richtig?   „Ich danke dir jedenfalls sehr für deine Hilfe, Sousuke! Ich hätte das alles sonst niemals geschafft!“   „Immer wieder gerne“, antwortete er sofort.   Wenn er ohnehin Freizeit hatte, könnte er Gou genauso gut aushelfen. Auch wenn es doch wesentlich mehr Zeit gekostet hatte. Sousuke begann nun damit den Abwasch in die Spülmaschine zu räumen, ein wenig chaotisch war es hier auch geworden und er wollte dabei helfen, dieses aufzuräumen. Zumindest halbwegs.   „Mehr musst du nicht machen. Immerhin brauchst du auch eine Weile bis du nach Hause kommst“, meinte Gou jedoch irgendwann, während sie auch anfing Sousuke zu schieben.   Er spürte ihre kleinen zierlichen Hände an seinem Rücken drücken, damit er sich langsam aber stetig aus der Küche heraus bewegte. Sousuke lehnte sich nicht dagegen auf, auch weil er Gou nicht versehentlich umwerfen wollte, wenn er Kraft einsetzte.   „Ist ja gut, ist ja gut“, lachte Sousuke auf. „Ich gehe ja schon von alleine.“ Langsam bewegte er sich wirklich mehr von alleine, damit Gou nicht gegen ihn stolpern würde und so kam er recht zügig an der Haustür an, wo er sich Schuhe und Jacke anzog. „Wird deine Mutter bald wieder da sein?“, fragte er dennoch besorgt nach. „Schreib mir doch, wenn sie ankommt, dami-“   „Du musst dir wirklich nicht so viele Sorgen machen“, unterbrach Gou ihn rasch. „Aber ja, ich schreibe dir. Sie wird bestimmt bald da sein.“   „Gut“, antwortete Sousuke zufrieden. Er griff nach seiner Tasche, als er auch die Tür öffnete, um nach draußen zu treten. „Ich bin nur um deine Sicherheit besorgt. Auch wenn die Gegend recht sicher ist.“   Eine gewisse Sorge blieb immer. Gou war ein hübsches junges Mädchen, dessen Freundlichkeit und zauberhaftes Lächeln anziehend sein konnten. Für so ziemlich jeden. Vielleicht auch für Sousuke selbst?   „Sousuke!“   Er drehte sich nochmal um, was er ohnehin getan hätte. Immerhin würde er nicht ohne einen weiteren Blick gehen.   „Es ist noch kein Valentinstag, aber …“, Gou drehte sich um und griff in die Schublade vom Schrank, welcher zur Aufbewahrung von zahlreichem Krimskrams galt. „Die hier ist für dich!“   Sousuke erkannte die roten Wangen, obwohl Gou ihm nicht einmal entgegenblickte, sondern verlegen wegsah. Er sah zu der Pralinenschachtel, auf welcher ein Kärtchen zu sehen war. Langsam griff Sousuke nach vorne, um die Schachtel zu nehmen.   „Oh ähm … Danke … Gou“, sagte er schließlich, während er die Schachtel anstarrte, als würde er nicht wissen, was dieser Gegenstand für eine Bedeutung haben könnte.   „Ach, gerne doch!“, Gou's Stimme ging nervös hoch, wie ein kleines Fiepsen.   Sanft schmunzelnd sah er zu ihr wieder auf und beobachtete, wie sie ihre Finger gegeneinander drückte. Es war noch zu früh für ein Valentinstagsgeschenk – aber wieso an einen Tag binden? Vor allem, wenn sie so verlegen vor ihm stand, fiel es ihm schwer, dies dabei zu belassen. Er war einfach nicht so gut mit Worten. Sousuke griff also in seine Tasche und bekam direkt die Schachtel zwischen die Finger. Er kam nochmal einen Schritt näher und griff nach einer Hand von Gou, um die Schachtel sanft gegen sie zu drücken.   „Die ist für dich.“   „W-w-was?“, fiepste Gou erschrocken, als sie das Gewicht auf ihrer Hand wahrnahm und mit der zweiten ebenfalls nach der Schachtel griff. Ihre ungläubigen roten Augen trafen auf die von Sousuke.   Er lächelte ihr nochmal sanft zu, beugte sich vor und drückte einen kurzen Kuss auf ihre Stirn: „Vergiss nicht mir zu schreiben.“   „J-ja!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)