Inu Yasha no yomi von Hotepneith (Inu Yasha in der Unterwelt) ================================================================================ Kapitel 10: Prüfung des Kami ---------------------------- The last and lingering troubadour to whom the bird has sung that once was singing southwards, when all the world was young   Clamavis de profundis: Battle of Lepanto   „Nun, Inu Yasha? Ich hatte gesagt, du sollst mir dein Leben erzählen.“ Sie gingen nebeneinander durch den Wald – der Gott und der Halbdämon. Inu Yasha bemerkte durchaus, dass der Kimono des Kami knapp über der Erde schwebte, diese nicht berührte, sich Bäume und Gras vor ihm bogen. Nun ja, das kannte er von seinem Halbbruder, wenngleich nicht in diesem Ausmaß, meinte er zu wissen, und so zuckte er etwas die Schultern. „Sorano sagte, es gäbe eine Prüfung für mich. Irgendwie stelle ich mir etwas anderes darunter vor als Reden.“ „Hattest du keine Lehrer? Wie liefen da die Prüfungen ab?“ „Äh, nein. Ich hatte keine.“ „Ich meinte mich zu entsinnen, dass dein Vater ein mächtiger Mann unter seinesgleichen war und auch deine Mutter aus, nun, guter Familie.“ „Ja, aber mein Vater starb am Tag meiner Geburt.“ Wieso wusste ein Kami dermaßen viel von ihm? Wer hatte da getratscht? Myōga? Eher weniger. Der passte auf Familiensachen auf. Na, egal. „Und meine Mutter zeigte mir schon, wie ich lesen und schreiben lerne, aber sie starb ja dann.“ „Wie alt warst du, als sie starb?“ „In Menschenjahren sechs oder sieben. Ich alterte damals mehr wie ein Mensch.“ „So klein und doch schob dich deine Yōkaifamilie in den Wald ab? Kishijōten erwähnte, dass sie dich traf.“ „Nein, Kami, nicht die Yōkaifamilie. Die menschliche.“ Zum gewissen Erstaunen des Hanyō drehte der Kami etwas zu abrupt den Kopf zu ihm um es gleichgültig erscheinen zu lassen. „Die Menschen?“ „Ja. Genau weiß ich es nicht, aber nachdem meine Mutter am Waldrand ihren Gedenkstein bekommen hatte, ging jemand mit mir in den Wald und dann war ich allein.“ „Deine Mutter ging also nach dem Tode deines Vaters zu ihrer Herkunftsfamilie? Das war doch ein Schloss?“ „Ja.“ Inu Yashas Verwunderung stieg. „Es gab sogar einen Spielplatz, also, für Ballspiele,. Ich erinnere mich, dass da Männer mit hohen schwarzen Mützen spielten, aber einen Hanyō nicht mitspielen ließen. Wieso?“ „Erzähle nur weiter. Du warst allein im Wald. Kam da nicht auch einmal dein Halbbruder vorbei?“ „Selten, aber das war meist … naja. Er wollte immer kämpfen und manchmal dachte ich er wolle mich umbringen. Aber er machte es nie, obwohl er ja erwachsen war und ich ein Kleinkind. - Inzwischen verstehen wir uns ganz gut.“ Zum nächsten Mal beschlich den Kami die Vermutung, dass das ein sehr seltsamer junger Mann war. „Ganz gut. Und du willst für ihn in das Land der Dunkelheit.“ „Ja.“ „Und, wie lerntest du deine Gefährtin kennen? Im Wald?“ „Äh, nein, ich... ich suchte ein Zuhause. Ich war doch so allein. Da war ich aber schon groß, fast erwachsen. Und da traf ich eine Miko im Wald. Sie hieß Kikyō. Ich folgte ihr heimlich, aber sie bemerkte mich natürlich. Und....“ Einmal ins Erzählen gekommen, berichtete der Hanyō von Kikyō, Narakus Verrat, wie sie ihn an den Baum gebannt hatte und er jahrelang geschlafen hatte, bis ihn Kagome weckte. Der Kami unterbrach ihn nicht, auch, wenn er sichtlich stutzte, als er hörte, dass Kagome aus der Zukunft gekommen war und Kikyōs Wiedergeburt sei. Erst, als der Hanyō von Kagomes Tod berichtete und ihm dabei fast die Stimme brach, meinte er fast sanft: „Das kann ich nachvollziehen. Meine Gefährtin starb auch.“ „Götter können sterben?“ „Alles kann sterben. Auch ein Daiyōkai, auch ein Kami. Nur unsere Lebensspanne ist sehr lang, aber ein gewaltsames frühzeitiges Ende ist nicht unmöglich. Das Leben der Menschen ist kurz. - Dachtest du wirklich, als die drei Welten geschaffen wurden, dass die Unterwelt keinen Sinn ergab?“ Öhrchen zuckten, ehe es die Schultern taten. „Ich weiß nicht, darüber habe ich nie nachgedacht.“ Und niemand hatte ihm das je beigebracht. Oder auch nur beibringen können. „Hast du einmal die Geschichte gehört, warum Sonne und Mond getrennt sind, obwohl sie doch Geschwister sind?“ „Nein.“ „Tsukiyomi, der Gott des Mondes, tötete einmal in einem Zornanfall eine der Weberinnen der Göttin der Sonne und Herrin des Takamahara, Amaterasu. Eine niedere Gottheit, aber siehst du, sie starb. Die Sonnengöttin wurde darüber so zornig, dass sie ihm einen Boten sandte, dass sie ihn nie wieder sehen wollte und er zu verschwinden habe, wenn sie erscheine. Auch Kami sterben, Inu Yasha, und gelangen in die Unterwelt, bis diese Welt endet.“ Hm. Aber vielleicht bekäme er hier eine Frage beantwortet, die er sich seit fünfzig Jahren stellte. „Warum leben Menschen nicht länger? Ich wäre sehr glücklich, wenn Kagome noch am Leben wäre.“ Eine sehr ungewohnte Rolle, die er hier einnahm. Prüfung, ja. Für wen? „Wäre sie das auch? Sie ist ja anscheinend recht alt geworden, aber der menschliche Körper ist eben … nun, verbraucht.“ Das stimmte leider. „Ja, schon. Ich hoffe eben, dass sie wiedergeboren wird und ich sie dann finde oder sie mich.“ Inu Yasha sah seitwärts. „Ja, ich weiß schon, dass sie sich verändert haben wird, es gab ja auch einen Unterschied zwischen Kikyō und Kagome, aber es war doch die Seele da....“ „Sehr menschlich, diese Hoffnung. Trauerte deine Mutter sehr um deinen Vater?“ „Ja.“ „Sie erkannte nicht, dass es womöglich so besser war? Ruhig, Junge. Hast du je daran gedacht, wie groß der Altersunterschied und die Lebenserwartung war? Dein Vater war ein Daiyōkai, hatte über tausend Jahre kommen und gehen gesehen, sie kaum, sagen wir, achtzehn Sommer. Wären sie länger zusammen gewesen, über was hätten sie sich unterhalten sollen? Was hätte ihn dazu bewegen sollen bei ihr zu bleiben, wenn ihre Jugend verblüht wäre?“ Das mochte stimmen, aber, da gab es ein ABER. „Ich habe mich mit Kagome auch immer über alles unterhalten. Und, wenn du das so rechnest, wäre ich auch viel älter als sie.“ Das Gespräch verlief nicht so ganz nach dem göttlichen Plan. „Du bist kaum erwachsen für einen Yōkai. Und sie alterte. Und doch hast du sie nicht verlassen, meinst du. - Nun, erzähle mir doch wie das mit So´unga war. Du erwähntest, du hast es in der Zukunft gefunden? Konntest du etwa mit deiner Kagome in ihre Zeit?“ „Äh, ja. Damals schon noch.“ Doch etwas verwundert über das Interesse an ihm erzählte Inu Yasha folgsam, bis er endete: „Dann plötzlich erschien eine Gestalt über dem Schacht und Sesshōmaru sagte: chichi-ue. Das war also unser Vater. Ich glaube, wir guckten da alle beide ein bisschen komisch. Naja, jedenfalls meinte der, wir hätten die Lösung endlich gefunden und so. Es war eindeutig ein Lob.“ Der Kami neigte etwas den Kopf schräg. „Nun, es war in der Tat eines. Euch gelang, woran er scheiterte. Aber sein Plan hatte wohl funktioniert. So´unga ist nichts, was in der Welt der Menschen sein sollte.“ Und, obwohl er sich wahrlich nicht mehr in die Geschicke dieser Welten einmischte, so war er dennoch mit gutem Grund auf dem Laufenden gehalten worden, nachdem ausgerechnet dieses Schwert aus dem yomi gestohlen wurde. Und auch nun war er informiert worden – zwei Schwerter der Macht in einer Hand, dazu dieser junge Krieger auf dem Weg in die Unterwelt, wo das Dritte lag, verdiente seine Aufmerksamkeit. Inu Yasha konnte das nur als Anspielung auffassen. „Wie schon gesagt, ich würde es nicht einmal geschenkt nehmen. Meine Erfahrung mit dem dämlichen Stück Altmetall reicht mir.“ Er sah sich um. „Kami, mal ganz ehrlich. Hilfst du mir oder nicht? Die Sonne geht bald unter und in fünf Tagen taucht dieser Daichi im Schloss auf. Was die Drachen inzwischen treiben weiß ich auch nicht, aber wenn die es schaffen Bakusaiga zu beherrschen, gibt es garantiert Ärger.“ Der Kami verschwieg, dass er die Bilder im Kopf seines jungen Begleiters erfassen konnte, meinte jedoch: „Du denkst an deine Stiefmutter, an deinen Bruder, an den Westen und an deine Gefährtin. Nicht an dich. Für einen Yōkai würde ich sagen, ungewöhnlich, aber auch für einen Menschen. Und, du bist ungeduldig. - Nun gut. Verbringen wir die Nacht dort vorn. Du kannst schlafen und ich werde … einige Kontakte auffrischen. Danach kann ich dir die Antwort geben. Auch, wenn sie dir womöglich nicht gefällt. Sie ist dann endgültig.“ „Mir gefällt seit geraumer Zeit so einiges nicht, Kami.“ Eigentlich fast sein gesamtes Leben, bis auf die Zeit mit Kagome. Naja, und Kikyō, das war ja sozusagen die Einstimmung gewesen, die Vorbereitung. Zu seinem gewissen Erstaunen schwieg sein Begleiter dazu und ließ sich nur mit schwunghafter Eleganz vor einigen Sträuchern nieder – die prompt zu blühen begannen. Nun ja. Der Kerl hatte offenkundig etwas drauf. Und die Sonne begann unter zu gehen. Vielleicht sollte er wirklich schlafen. Der nächste Tag würde so oder so anstrengend werden. Mit einem Satz war er auf dem nächsten Baum. Der Kami bemerkte es und erkannte darin durchaus die Vorsicht aus einsamen Kindertagen. Ein seltsamer junger Mann. Aber, natürlich, auch der erste Hanyō, den er je getroffen hatte. Er legte die Hände auf die Oberschenkel und schloss die Augen. Vor ihm lag eine gewisse Verhandlung, die Strategie notwendig machte. Und dazu musste er die drei Welten verbinden – etwas, wozu allein er unter allen Lebenden imstande war.   Inu Yasha schlief noch auf dem Baum, als sich der Unbekannte aus seiner Trance löste und zu ihm blickte. Die zwei Schwerter, die in allen drei Welten gewisses Kopfzerbrechen ausgelöst hatten, hingen locker an dessen Seite. Nun, scheinbar, denn er hielt eine Hand an Tessaigas Griff. Und beide Schwerter, beide Scheiden, pulsierten in gewissen Abständen für Augen, die es sehen konnten. Diese Klingen wachten für ihren Besitzer. Überdies hatte dieser junge Mann So´unga für eine erstaunlich lange Zeit widerstehen können. Nun gut, das mochte das Blut der Hundefamilie sein. Aber, wie war es ihm gelungen dem Bann des Höllendrachen wieder zu entkommen? Offensichtlich war genau dies geschehen, sonst hätten die Halbbrüder So´unga kaum wieder in die Unterwelt befördern können, Klingen hin oder her. Eines war jedenfalls offenkundig: Inu Yasha besaß einen eindeutigen Drang zu beschützen, aber kein Machtbewusstsein oder auch nur den Willen zur Macht, der ansonsten Yōkai und Menschen nur zu gern in den Untergang trieb. Ein sehr eigenartiger junger Mann, nicht nur in der Herkunft, auch im Wesen. Nun gut. Er würde ihm noch einige Fragen stellen. „Inu Yasha.“ Prompt fuhr der Hanyō auf, die Hand nur fester um sein Schwert, ehe er sich entspannte, da er die Lage erkannte, und vom Baum hopste. Anders war das kaum zu beschreiben. „Kami?“ Immerhin doch noch höflich genug sich nicht sofort nach der Antwort zu erkundigen. „Ich muss dich noch etwas fragen. So´unga hatte dich übernommen, wenngleich nach heftiger Gegenwehr. Habe ich das recht verstanden?“ „Ja. Es wickelte sich dann so um meinen Arm, also, irgendwie Fäden, die sich in mich rein fraßen so dass ich es nicht mehr weg bekam. Kagome hat mich dann aus dem Bann befreit.“ „Deine Gefährtin?“ „Ja. Weißt du, Kami, nein, natürlich nicht, sie war eine recht starke Miko.“ Und selbst Sesshōmaru hatte da gemeint er solle sich bei ihr bedanken. „Ungewöhnlich. Zumal sich solche Miko eigentlich nur weiträumig um Yōkai bewegen, geschweige denn, Daiyōkai.“ „Na, ich bin ja auch nur ein Hanyō.“ Da wäre Selbsterkenntnis von Nöten, wenngleich völlig anders als bei jedem anderen bei dem er das so gesehen hatte. „Dann überlege doch einmal, wie viele Daiyōkai du so im Laufe deines Lebens geschlagen hast – angefangen bei deinem Halbbruder.“ „Äh, einige?“ Inu Yasha kratzte sich kurz hinter dem Ohr. „Aber, ist doch eigentlich egal. Kann ich jetzt in die Unterwelt und wenn ja, wie kann ich nii-san da rausholen?“ „Ich werde dir den Weg zeigen. Aber, du wirst auf einige Hindernisse stoßen, die du dann allein bewältigen musst. - Und zunächst gehen wir einmal Geschenke für die Große Göttin der Unterwelt zu beschaffen.“ „Geschenke?“ „Weißt du nicht, dass der Tod nichts umsonst freigibt?“ „Habe ich gehört,“ murmelte Inu Yasha. „Aber, was soll ich so jemandem schenken? Iza...Izanami hat doch alles.“ Das war nur halb richtig. Wer hatte diesen jungen Mann, eher, diesen Jungen, nur unterrichtet? „Nicht alles. Und, wenn du sie so im yomi no kuni ansprichst, hast du ein ziemlich ... scheußliches Nachtoderlebnis. Wahre die Höflichkeit.“ „Ja, schon gemerkt. Also, was für Geschenke?“ „Kennst du die Geschichte der Erschaffung der drei Welten?“ Der Hanyō war soeben froh tatsächlich Kaede zugehört zu haben, als sie das Kagome erzählte. „Ja. Einst kamen Götter her, Izanagi und Izanami. Mit Hilfe eines Speeres erschufen sie weitere Inseln als der einen, auf der sie gelandet waren, bekamen viele Kami als Kinder und schufen Tiere, Menschen und auch Yōkai. Dann bekam Izanami einen Sohn, allerdings den Feuergott, und starb daran. Seither ist sie die Herrin der Unterwelt. Izanagi bekam irgendwie allein noch Kinder und verschwand dann wieder, seine Kinder bezogen das Himmlische Reich.“ „Nun ja. Eine arge Kurzfassung.“ Da lag tatsächlich eine Aufgabe als Lehrer vor ihm? Das war ihm noch nie widerfahren. Sollte auch er seine Grenzen kennenlernen? „Kami, ich habe doch nie angenommen, dass das mal wichtig für mich wird.“ Das grundsätzliche Problem war die praktisch reine Seele dieses Jungen. Naiv, irgendwo unerfahren, doch erfahren, leider nur im Überleben, mächtiger als er sein sollte – und doch … Ja, außer seinem Vater der Einzige, der je alle drei Schwerter der Macht in der Hand hielt. Kishijōten hatte das wohl eher erkannt, wenngleich sicher unbewusst. „Komm mit. - Der Speer, den du erwähntest, ist ein Juwelenspeer. Seine Spitze besteht aus Juwelen. Und er beinhaltet das Licht anderer Welten.“ Er setzte sich in Bewegung, prompt seinen jungen Begleiter an der Seite, der ihn musterte. „Noch anderer. Und, soll ich etwa mit diesem Speer in die Unterwelt.... He, nicht blass werden. Ich frage ja nur.“ Das klang fast entschuldigend, aber er hatte bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht angenommen, dass solchen Typen schwindelig werden konnte. Er hätte fast zugepackt um den zu halten. Tatsächlich war dem Kami für einen Augenblick ganz anders geworden, ungewohnt für ihn, bei der Vorstellung, wie der Hanyō, den überaus mächtigen Speer wedelnd, Tenseiga und Tessaiga an der Hüfte, in das yomi no kuni wanderte. Das wäre mutmaßlich der Untergang von gleich drei Welten, obwohl der Junge das nicht einmal beabsichtigte. Er sollte wirklich der Lehrer sein. „Nein. Einige, genauer, drei Splitter werden reichen. Und diese solltest du noch beherrschen können, zumal, wenn Tenseiga in der Nähe ist. Ich hoffe, du weißt, was diese Klinge in der Unterwelt vermag.“ Wenigstens das, bat er, wen auch immer. Die Ohren zuckten wieder, ehe Inu Yasha zugab: „Nicht so richtig, sie gehört ja nii-san und darum habe ich mich eigentlich nicht so richtig damit befasst. Sicher, als er mit ihr ein meidō schlagen konnte, musste ich schon aufpassen, aber das hat er mir ja gelassen. Ich meine, er hat es von seinem Schwert auf meines übertragen. Der Schmiedeopa erzählte dann ja auch, dass sie mal eine Klinge waren. Oh, der Schmiedeopa. Tōtōsai. Lebt der noch?“ Ein tiefes Seufzen. Gut, da konnte er einen womöglich sogar hilfsbereiten Lehrer kaum tadeln. Das war die Aufmerksamkeitsspanne eines Welpen, in der Tat. „Ich denke. Und der Schmiedeopa, wie du ihn nennst, Tōtōsai, ist sicher einer der fähigsten Schmiede, die es je gab. Denke nur an die Klingen, die du trägst.“ „Ja, aber er vergisst viel. Ist eben schon alt,“ ergänzte er entschuldigend. „Inu Yasha, er vergisst nie etwas Wichtiges.“ „Aha.“ Ein sehr misstrauischer Blick aus goldfarbenen Augen traf den Kami. „Und, wo ist er jetzt?“ Die Antwort überraschte Inu Yasha dann doch. „Bei seinem Meister.“ „Oh. Der muss dann ja uralt sein.“ DAS war das Einzige, was diesem... diesem Welpen dazu einfiel??? Eindeutig, diese Prüfung war eine für ihn selbst. „Sein Meister ist, soweit ich weiß, fast so etwas wie unsterblich. Ein Kami.“ „Oh.“ Die Überraschung des Hanyō war dermaßen überzeugend, dass sein Begleiter unwillkürlich den Kopf schüttelte. „Hast du eigentlich je über die Menschen, Yōkai oder andere Leute nachgedacht, die du getroffen hast?“ „Naja, weißt du, die ersten Jahre, Jahrhunderte, wollten mich andere Leute entweder fressen oder umbringen. Dann wurde es besser. Kagome, auch Miroku und Sango, sie haben mir Freundschaft beigebracht. Lachen. Und Weinen. Kikyō, ja auch, sie brachte mir bei, dass ich jemandem vertrauen kann, auch, wenn das dank Naraku ja schrecklich schief ging.“ Einsamkeit. Lange Jahre des Alleinseins als Kind hatten wohl viel verschüttet. Umso erstaunlicher war das Ergebnis. Die Fukujin hatte recht behalten ihm Glück mit auf den Weg zu geben. Sein früher Tod hätte einiges auslösen können. Nicht zum Besseren von gleich drei Welten. „Und Sesshōmaru?“ „Früher fand ich ihn einen Misthund, zugegeben. Aber dann ...Wir kämpften Seite an Seite, gegen Naraku und andere, auch gegen So´unga. Und er vertraute mir Rin an, das war ein Menschenmädchen, das er adoptiert hatte. Und er wurde … naja... netter. Für seine Verhältnisse.“ Er hatte ihm in einem ihrer letzten Übungskämpfe sogar gezeigt, wie man eine dieser eleganten Bewegungen machen konnte um einem Gegner das Schwert aus der Hand zu drehen. Natürlich mit „törichter Hanyō“ garniert, aber das machte ja nichts. Nichts mehr. „Eine letzte Frage noch.“ Der Kami erkannte an den zuckenden Ohren die Ungeduld. „Du fandest ihn einen Misthund. Und doch kämpftet ihr Seite an Seite?“ „Er schimpfte oft genug, wenn ich kam um ihm meine Hilfe anzubieten. Man mische sich nicht in anderer Leute Sachen. Schickt sich nicht für einen Yōkai, geschweige denn einen Sohn des Inu no Taishō.“ Aber der Junge war immer gekommen. Und kam jetzt auch wieder um seines Bruders Willen. Ob das dieser Daiyōkai eigentlich je begriffen hatte? Vermutlich. Da war die Sache mit Tenseiga. „Gut. Komm. Wir gehen zu dem Juwelenspeer.“ Mit einer Handbewegung des Kami erschien ein schwarzes Loch, wirbelnd und drehend vor ihnen. Inu Yasha warf einen Blick beiseite. „Ein Portal.“ „Dachtest du etwa, der Juwelenspeer läge um die Ecke?“ „Nein, ich meinte – du oder ich zuerst?“ Mut, ohne Zweifel. In das Unbekannte zu springen, als erster. Mit der Lebenserfahrung sicher kein Leichtsinn. „Ich gehe zuerst.“ Denn die magischen Hindernisse mussten erst einmal beseitigt werden. So machte der Kami den Schritt in die Schwärze und konnte noch spüren, wie der Hanyō hinterherkam.   Kurz darauf standen beide in einem weiten, von einer blühenden Wiese überzogenen Tal, dessen Seiten rechts und links aufstiegen, von einem dichten Wald verborgen. Inu Yasha sah sich rasch um, die Klaue unwillkürlich an Tessaiga, entspannte sich dann. Ja, Lebenserfahrung, dachte der Kami. „Wir befinden uns bereits innerhalb der Bannkreise um das Versteck. Der erste Zauber soll Kami abhalten.“ „Du bist durchgekommen.“ „Glaubst du, ich würde das tun, wenn ich es weder könnte noch dürfte?“ „Äh, nein.“ „Der zweite Bann wird für dich lästiger, er geht gegen Yōkai. Du wirst also geläutert werden, wenn du mit hindurch gehen willst.“ „Ja, dann werde ich zum Menschen, das habe ich damals am Berg Hakurei gesehen. Ich lasse dich schon nicht allein.“ DAS hatte ihm auch noch niemand angeboten. Nun ja, seine Gefährtin, aber die hatte das brechen müssen, als sie starb. Wieder einmal kam ihm der Gedanke, dass dieser junge Krieger nicht nur keine Ahnung von Göttern hatte, sondern nicht einmal den Hauch einer Ahnung was er selbst vermochte. Naiv, vielleicht. Aber als die Welt noch jung war, hatten die Vögel Lieder gesungen von furchtlosen Helden, die ohne Ehrgeiz ihre Waffen hoben um die Unschuldigen zu beschützen. Ein einstiger Wunsch, sicher. Er fühlte sich jedoch sehr daran erinnert. „Dann wird der dritte Kreis für dich unüberwindlich,“ erklärte er jedoch, getreu seiner Absicht Lehrer zu sein. „Dieser wehrt Menschen ab. Ich werde dann in das Versteck gehen und dir die drei Splitter holen. Was ist?“ „Oh, nichts. Ich habe nur keine besonders guten Erfahrungen mit Juwelensplittern gemacht.“ „Das shikon no tama, ja, du erzähltest davon. Das hier ist etwas anderes. Viel mächtiger. Darum sollst du sie auch nur kurz verwahren und so rasch es geht dich ihrer wieder entledigen. Tenseiga wird dir helfen.“ Da sein Begleiter sich abwandte und ging, folgte Inu Yasha mit einem weiten Satz. Immerhin kam er in die Unterwelt und dazu noch mit Bestechungsjuwelen für dessen Herrin. Das war wirklich doch ein wichtiger Schritt zur Wiederbelebung Sesshōmarus. Fragte sich nur, ob er es dann irgendwie als Dreingabe noch erbitten könnte, dass Kagome... Ach, nein. Das sollte er nicht einmal hoffen. Die Enttäuschung würde zu groß werden. 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