Der Feensammler von Shino-Tenshi ================================================================================ Kapitel 9: ----------- Erneut strich er eine Zeile auf seinen Zetteln durch. Der Erste war schon gänzlich geschwärzt und auch vom Zweiten blieben nicht mehr viele übrig. Leise winselte der Hund an seiner Seite und auch der Kollege, der ihn an der Leine hielt, wirkte müde und abgespannt. Sein haselnussbraunes Haar hing wirr in sein Gesicht und er strich es sich immer wieder hinters Ohr. „Zeus wird langsam müde. Wie viele haben wir noch vor uns?“ Er strich kurz über die Seite des Hundes, wodurch dieser anfing mit dem Schwanz zu wedeln und John beneidete das Tier, das so schnell Freude spüren konnte. „Nach diesem nur noch zwei Stück. Wir haben es bald geschafft.“ John straffte seine Schultern und sah an der Fassade des Wohnblocks empor. Hier hatten sie zumindest den Stock des Jungen gefunden. Vielleicht würde dies endlich zu einem Durchbruch führen. „Sasha Richter“, las er leise den Namen für sich und begann an die Tür zu treten, um dann die Klingelschilder zu überfliegen. Es gab in dem Haus fünf Parteien. Bestimmt hatte Beka jeden davon befragt, aber damals wussten sie ja noch nichts von dem Auto. Vielleicht hatte der Kerl sie ja dreist angelogen. Er drückte auf die Klingel als Zeus unruhig wurde. „Er wittert etwas.“ „Ja, hier ist der Junge entlang gegangen. Ich hoffe, dass dies nicht zu Verwirrung führt.“ „Na ja, wird es nicht. Entweder er bleibt im Auto oder er rennt zur Straße. So oder so kriegen wir unsere Antwort.“ „Dann hoffen wir mal, dass er nicht davonrennt. Ich... ich will endlich vorankommen.“ „Das kann ich verstehen.“ Ein bemitleidender Blick traf John von der Seite und bevor er darauf reagieren konnte, ertönte eine krächzende Stimme durch die Gegensprechanlage: „Ja? Wer ist da?“ „Die Polizei, Herr Richter. Wir hätten ein paar Fragen an Sie und würden gerne Ihren schwarzen Toyota Yaris sehen.“ „Schon wieder? Ich habe der Dame von neulich alles gesagt. Zu der Zeit war ich auf der Arbeit. Haben Sie das nicht überprüft?“ Fettnäpfchen. Erneut war dort der mitfühlende Blick des Kollegen und John rieb sich nur über die Stirn. „Ja beziehungsweise nein. Haben wir noch nicht. Aber wir haben neue Anhaltspunkte und... wir wollen nur kurz ihr Auto sehen. Das dauert keine zehn Minuten dann sind wir wieder weg.“ John hasste es, wenn er kurz davor war zu flehen. Er wollte keine Zeit verschwenden und einen Durchsuchungsbefehl holen, sondern hoffte einfach auf die Kooperationsfähigkeit der Mitbürger. „Ich weiß zwar nicht, was mein Auto damit zu tun haben soll. Aber okay. Ich komme gleich runter.“ Es erklang ein Klacken, als der Mann die Verbindung trennte und Stille einkehrte. John hasste es zu warten und spürte, wie er mit jeder Minute, die verstrich unruhiger wurde. „Bist du dir sicher, dass er kommt und nicht abgehauen ist?“ Sein Kollege sprach leise und sah immer wieder nervös von der Tür zu John und ließ auch seinen Blick über die Straße wandern. „Sollte das der Fall sein, dann ist er jetzt schon über alle Berge. Wir warten jetzt noch fünf Minuten und dann gehen wir. Ich werde dann wohl mit einem Durchsuchungsbefehl zurückkommen müssen.“ John zuckte mit den Schultern und er hörte schon wie sein Kollege Luft holte, um etwas zu erwidern, als plötzlich Leben in den Flur hinter der Tür kam. Keine fünf Sekunden später öffnete sich die Haustür und ein schmaler Mann mittleren Alters trat heraus. Er hatte eine blaue Jogginghose und ein weites weißes Shirt, das schon bessere Zeiten gesehen hatte, an. Seine lichten, braunen Haare wirkten fettig und strohig. Die grünen Augen sahen müde zwischen den beiden Beamten hin und her. „Mein Auto steht in der Tiefgarage. Folgen sie mir ruhig.“ Er deutete ihnen einzutreten und schritt dann sofort durch eine Tür, die direkt dahinter lag, um dann die Treppen hinunter zu gehen. Zeus sah sich interessiert um und schnüffelte ein wenig herum. Der Gang nach unten wirkte eng und die Betonstufen waren schmal. John musste aufpassen, wie er trat, damit er nicht stolperteund den restlichen Weg rutschtend zurücklegte. Er hasste solche Treppenhäuser, in denen er leicht gebückt gehen musste und auch an den Seiten Angst haben musste, dass er sich anstieß. Wenn er hier wohnen würde, dann würde er sein Auto lieber fünf Straßen weiter parken, als diese Treppe benutzen zu müssen. Eine Feuerschutztür öffnete sich unter ihrem Gewicht nur langsam, doch der Mann vor ihm stoppte nicht, sondern lief dann einfach weiter. Hier unten standen fünf Autos. In einer Parklücke war der schwarze Toyota zu sehen. Immer wieder sah John zu dem Schäferhund, der seine Nase interessiert über den Boden huschen ließ und auch an allem roch, was ihm vor die Pfoten kam. „Hat er eine Spur?“ Er wusste nicht, wie er das Verhalten des Tieres deuten sollte und auch sein Kollege zuckte nur mit den Schultern. „Irgendetwas scheint hier zu sein. Aber seine Reaktion ist zu schwach für eine tatsächliche Spur. Vielleicht haben wir im Auto mehr Glück.“ Sie unterhielten sich gedämpft damit der Mann vor ihnen keinen Verdacht schöpfte, doch sein skeptischer Blick über die Schulter verriet etwas anderes. „Das ist mein Wagen.“ Das Auto piepte, als es geöffnet wurde und die Blinker leuchteten einmal auf. „Ich weiß zwar nicht, was Sie darin zu finden hoffen, doch toben Sie sich aus. Zwar hoffe ich, dass der Köter mir nicht alles voll sabbert, aber ich glaube, dass Ihre Dienststelle dann bestimmt für die Reinigung aufkommt, oder?“ „Natürlich, aber Zeus sabbert nicht. Da brauchen Sie keine Angst haben.“ Ruhig trat sein Kollege mit dem Hund an das Fahrzeug und gab den kurzen Befehl, wodurch sich das Tier in den Innenraum stürzte. Aufgeregt schnüffelte er an jeden noch so kleinen Gegenstand in dem Auto. Blieb an einzelnen Bereichen ein wenig länger hängen, doch jedes Mal wenn John glaubte, dass er bald Anschlagen würde, wanderte der Hund weiter. Zeus musste etwas finden. Irgendetwas. Dieses Auto musste das Entführungsauto sein. Es passte alles so gut zusammen. Er wohnte auf dem Weg des Jungen. Zwar behauptete er zur Tatzeit nicht da gewesen zu sein, aber Menschen konnten auch lügen. Er hätte auch ohne Probleme den Jungen sehen, verfolgen und dann hierher entführen können. Aber solange Zeus nicht anschlug, waren ihm die Hände gebunden. Der Hund wanderte nach vorne und beschnüffelte den Fahrerraum und Beifahrerplatz. Ausgiebig. Sein schwerer Atem hing in der Luft und das Kratzen der Krallen über den Stoff zerriss immer wieder die Stille. „Hey, wenn der was kaputt macht, dann müsst ihr das bezahlen! Ich hab keine Lust, dass der mir Löcher in meine Stoffe reißt! Haben wir uns da verstanden?“, wütete der Mann sofort los als Zeus mal kurz abrutschte. „Ja, machen Sie sich da mal keine Sorgen. Zeus passt schon auf. Bitte vergessen Sie nicht, dass es hier um das Leben unschuldiger Kinder geht. Wir tun alles, um den Kerl zu schnappe, okay?“ John versuchte den Mann zu beruhigen, doch dieser sah ihn dann nur skeptisch an. „Was labbern Sie da, Mann? Sie untersuchen gerade mein Auto und sagen mir eiskalt ins Gesicht, dass Sie an sich versuchen michhinter Gitter zu bringen.“ „Wir gehen nur einer Spur nach. Dies dient auch Sie weiter als Verdächtigen auszusortieren, wenn der Hund nichts findet und das sieht sehr danach aus.“ John knirschte mit den Zähnen, als er den enttäuschten Blick seines Kollegen bemerkte. Das Schnüffeln von Zeus wurde immer schwächer und schließlich begann er sogar zu gähnen, bevor er aus dem Wagen sprang und sich schüttelte. „Keine Spur, John. Tut mir Leid.“ „Ich hab euch doch schon gesagt, dass ich mit den verschwundenen Kindern nichts zu tun habe. Wenn ihr mal auf eure Zeugen hören würdet, deren Alibis vernünftig überprüft, dann hättet ihr euch diese Zeitverschwendung definitiv sparen können.“ Der Mann schnaubte, zupfte sich sein Shirt zurecht und wandte sich dann in Richtung Treppenaufgang. „Und ich würde jetzt wieder schlafen gehen, wenn wir hier fertig sind. Gute Nacht!“ John konnte es nicht glauben. Er starrte auf den Zettel, auf den nur noch zwei Namen standen. Von seinen Kollegen hatte er nur negative Rückmeldungen gegeben. Sie hatten nur noch zwei Versuche. Dann würde auch diese Spur im Sande verlaufen. „Zeus war hartnäckiger, als bei den anderen. Vielleicht war eine kleine Spur da. Wir sollten uns diesen Kandidaten merken und zur Not mit einem Durchsuchungsbefehl zurückkommen. Vielleicht gibt ja seine Wohnung was her.“ John spürte die aufmunternde Hand seines Kollegen auf seiner Schulter, wodurch er diesen anlächelte. „Danke, Chris. Aber mit welcher Begründung kann ich einen Durchsuchungsbefehl verlangen? Ich habe keine Beweise, dass er irgendwas mit dem Jungen zu tun hat. Im Gegenteil, er scheint ein Alibi zu haben und auch Zeus hat nichts gefunden.“ „Vielleicht hat er sein Auto sauber gemacht und mit Duftspray eingesprüht? Irgendwas war da aber. Zeus war viel gründlicher als sonst. Er hatte eine kleine Spur, aber sie war zu schwach. Da bin ich mir sicher. Ich kenne meinen Hund. Da war was, aber leider nicht stark genug. Du solltest dir diesen Kerl genauer ansehen. Bis jetzt ist er der Verdächtigste.“ John überlegte kurz und machte dann ein Ausrufezeichen neben dem Namen, bevor er Chris zunickte und dann mit ihm wieder nach oben ging. „Komm, lass uns die anderen Zwei noch machen und dann schauen wir weiter. Dieser Tag wird nicht hoffnungslos sein. Das spüre ich. Wir sind ihm einen Schritt näher. Da bin ich mir mehr als sicher.“ „Ich auch, John. Ich auch. Wir schnappen den Penner. Da bin ich mir sicher. Du wirst ihn kriegen. Ganz bestimmt.“ Zeus hechelte zustimmend und sah kurz zwischen den beiden Männern hin und her, bevor sie sich wieder die enge Treppe empor kämpften und dann das Gebäude verließen. Noch einmal sah John auf den Wohnblock zurück. Seine weiße Fassade konnte einen neuen Anstrich gebrauchen, genauso wie die gleichfarbigen Fensterrahmen. Jedes Fenster war mit Vorhängen verziert und hinter dem ein oder anderen konnte man einen Schatten vorbeihuschen sehen. War es möglich? Dass dort Kinder leiden mussten und niemand bekam etwas mit? Es wäre nicht das erste Mal. „Wir sehen uns wieder“, flüsterte er dem Gebäude zu, als er in seinen Dienstwagen stieg und mit Chris zur nächsten Adresse fuhr. Ja, er würde wieder kommen und dann würde er erfolgreich sein. Da war er sich sicher, dort würde er etwas finden. Entweder die Kinder oder einen alles entscheidenden Hinweis. Er musste nur einen Richter überzeugen, damit dieser ihm einen Durchsuchungsbefehl ausstellte. Zwar wusste er noch nicht wie, aber auch da würde John eine Antwort finden. Da war er sich mehr als sicher... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)