Mondblüte von HalcyTheWolf ================================================================================ Kapitel 4: 4. Blüte ------------------- Ich blinzelte ein paar Mal. Hatte sie das wirklich gerade gesagt? Ihr erwartungsvoller Blick lag auf mir, doch ich brauchte eine Weile, um mich zu sammeln. Flowers Blick wurde traurig: »Moon, es…«, setzte sie an. Ich wusste, dass ich jetzt schnell sein musste. Es war Zeit für die Wahrheit, diese Gelegenheit würde ich kein zweites Mal bekommen. »Flower. Was ist, wenn ich dir sage, dass es mir genauso geht? Was ist, wenn ich dir sage, dass ich mich mehr für dich als deine Arbeit interessiere?«, mit klopfendem Herzen sah ich sie an. Die Freude, die ich in ihren Augen aufblitzen sah, zeigte mir, dass es sich gelohnt hatte. »Wirklich?« Ich nickte: »Ich weiß, es war ein bisschen gemein mich ranzuschleichen, Flower. Aber, dass ich gerne helfe, war nicht gelogen.« Sie nahm meine Hand in ihre und ich erwiderte den sanften Druck. Ich war überrascht, dass Flower so mutig war. »Dass es dir Spaß macht, ist nicht zu übersehen. Außerdem scheint die Strategie erfolgreich gewesen zu sein.« Ich nahm all meinen Mut zusammen, legte ihr meinen Kopf auf die Schulter. »Ja, auch wenn sie nicht allein meine Idee war«, murmelte ich. Flower erwiderte meine Geste, in dem sie ihren freien Arm um mich legte und mich an sich zog. Ich spürte diese Berührung am ganzen Körper, hatte mich schon lange nicht mehr so wohlgefühlt. Noch dazu konnte ich mein Glück kaum fassen. Es war wie eine Szene aus einem Film. Sie, die Nacht und meine kleine Wahrscheinlichkeit. Lange genossen wir die nächtliche Atmosphäre, lauschten dem Wind und dem Rauschen der Autos. »Glaubst du, wir können einfach so weitermachen?«, fragte ich in die Nacht hinein. Kaum merklich nickte sie: »Ja, können wir.« Flower und ich trafen uns danach öfter, auch außerhalb des Sets. Ich schaffte es auch, sie meiner Schwester vorzustellen. Sun war nicht begeistert von dem Gedanken, dass ich mich für jemanden interessierte. Doch es lag nicht daran, dass Flower eine Frau war, sondern viel mehr, dass sie Angst hatte, verwechselt werden zu können. Diese Angst konnten wir ihr jedoch schnell nehmen. Mit Flower machte es immer Spaß, sie war witzig und musste sich meist alle fünf Minuten irgendetwas aufschreiben. Sie sprudelte nur vor Ideen. Jeder Tag mit ihr am Set war ein guter Tag für mich. Am Tag der Premiere schlich ich mich aus der Maske. Da wir als Cast bis zum Abend ohnehin nicht viel zu tun hatten, würde es nicht auffallen. Außerdem hatte Sun mir versprochen, sich im Notfall als mich auszugeben. Es gab schließlich noch genug Leute, die das nicht merken würden. Eine kurze Suche reichte schon, um Flower zu finden. Seufzend musste ich zusehen, wie sie irgendwelche Lichter in Richtung des Saals schleppte. Nicht einmal heute konnte sie aufhören zu arbeiten, obwohl es nicht einmal ihre Aufgabe war. Ich folgte ihr in den Saal, fand mich auf der großen Bühne wieder. Viele Leute waren hier am Arbeiten, installierten Technik. Fasziniert sah ich mich um. Hier würden wir also unsere erste Folge sehen. Der Raum war selbst mit Licht noch ziemlich dunkel. Flower wurden die Lampen von jemandem abgenommen. Sie wollte gerade den Rückweg antreten, da packte ich sie am Arm. »Moon?« Bevor sie weitersprechen konnte, zog ich sie hinter den Bühnenvorhang. »Flower, warum arbeitest du denn schon wieder?«, ich versuchte nicht allzu vorwurfsvoll zu klingen. Sie legte ihre Hände an meine Hüften, zog mich an sich. Die plötzliche Berührung brachte mich aus dem Konzept, ließ mich kurz innehalten. »Damit ihr nachher eine gute Premiere haben könnt. Ich kann nicht untätig herumsitzen, wenn alle arbeiten, Moon«, erklärte sie. Auch wenn es nicht wie eine Ausrede klang, musste ich mich vergewissern. Ich sah sie eindringlich an: »Aber P’Star hat dich nicht gezwungen, oder?« Flower lachte: »Nein. Wahrscheinlich weiß er es nicht mal.« Lächelnd schüttelte ich den Kopf. So war sie nun mal. Egal ob sie Dekorateurin war oder nicht, sie liebte die Arbeit am Set und tat alles dafür. Auch ich legte meine Arme um sie. Ich wollte meine Chance wahrnehmen, heute zwei Premieren zu feiern. Hier hinter dem Vorhang waren wir sicher, niemand würde uns sehen. Langsam näherte ich mich und küsste sie. Unsicher erwiderte sie den Kuss, es schien, als wären wir beide nicht sehr erfahren. Trotzdem war es das erste Mal, dass ich mich komplett fallen lassen konnte. Dieser zurückhaltende Kuss bedeutete mir unheimlich viel. Denn es hieß, dass ich endlich über meinen Schatten gesprungen war. Obwohl die Hürde am Anfang unglaublich hoch schien. Als wir uns lösten lächelte sie mich an: »Wie romantisch, hier auf der Bühne.« »Natürlich, es ist schließlich eine Premiere. Und du wirst jetzt nicht mehr arbeiten!« Lachend zog ich sie hinter dem Vorhang hervor in Richtung Ausgang. Ich würde persönlich dafür sorgen, dass diese Premiere wunderschön für sie werden würde. Kurz bevor wir mit dem Cast in den Wagen stiegen, der uns zum roten Teppich bringen würde, umarmte ich Cai. Etwas perplex klopfte er mir unsicher auf den Rücken: »Alles gut, Moon?« Ich lehnte ich ein bisschen zurück, strahlte ihn an: »Noch viel mehr als das. Danke, Cai!« Der strafende Blick des Tigers konnte mir nichts mehr anhaben. Ich hatte mein Glück gefunden und es hatte kaum mehr gebraucht, als mich Cai anzuvertrauen. Dafür würde ich ihm ewig dankbar sein. 22.03.2023 Halcy Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)