Strafe muss sein von Goetterspeise ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Iruka liebte seinen Beruf. Das Lehren, das Beobachten der Entwicklungen seiner Schüler und sogar die Momente, in denen sie meinten, ihm Streiche spielen zu können. Dank der vielen Jahren an Erfahrung, ließ er sich mittlerweile bei weitem nicht mehr so sehr stressen wie in seiner Anfangszeit und Naruto hatte ihn auch gewaltig abgehärtet. Außerdem gab es bis heute keinen Streich, der an die von seinem ehemaligen Schüler und jetzigen Helden des Dorfes herankamen. Naruto hatte ihn unbewusst auf das Schlimmste vorbereitet, während er ihm gleichzeig auch das Beste gegeben hatte. Zu sehen wie Naruto sich über all die Jahre entwickelt hatte, war etwas, das ihn tagtäglich daran erinnerte, wie wichtig es war, ein guter Lehrer für seine Schüler zu sein. Sie brauchten die Unterstützung, den Glauben an ihre Fähigkeiten und manchmal eine Strafarbeit, wenn sie zu weit gingen. Aber nicht nur seinen Schülern etwas beizubringen, machte Iruka freude. Es war außerdem schön, junge Lehrer heranzuziehen. Dass er irgendwann einmal gemeinsam mit einem seiner ehemaligen Schüler in der Akademie arbeiten würde, war aber trotzdem eine ziemliche Überraschung gewesen. Die Zeit blieb nicht stehen und von Jahr zu Jahr bekam Iruka das Gefühl, dass sie sogar noch schneller verging. Viele seiner ehemaligen Schüler waren mittlerweile verheiratet, hatten Kinder bekommen und sich teilweise aus dem Shinobileben zurückgezogen. In einer Welt, in der Frieden groß geschrieben wurde, keine ungewöhnliche Karriereentscheidung, aber es verdeutlichte wie sehr sich die Zeiten geändert hatten. Er war stolz auf Naruto, der wie ein eigener Sohn für ihn geworden war. Er hatte so vieles erreicht und all seinen Zweiflern bewiesen, wie sehr sie sich in ihm getäuscht hatten. Ein einmaliger Aufstieg vom kindischen Streichespieler zum Beschützer einer neuen, friedlicheren Weltordnung. Es gab viele Gründe, warum Iruka seinen Beruf liebte und nie etwas anderes machen wollte. Was allerdings nicht dazugehörte, waren die vielen Stunden nach Unterrichtsschluss, die er hier verbringen musste. Vor allem in der kalten Jahreszeit, wenn die Tage kürzer und die Nächte länger wurden, Schnee fiel und auch ein Shinobi lieber eine Winterjacke und Handschuhe überzog. Und genau das tat er in diesem Moment. Genervt vor sich hinmurrend, da er am Morgen im Stress vergessen hatte, seinen Schal mitzunehmen. Immerhin war er heute nicht der letzte der ging. Im Gang lief ihm Shino über den Weg, der ihm einen schönen Feierabend wünschte, Iruka ihm im Gegenzug einen baldigen. Der Schnee, der auf den Wiesen und Wegen lag, knirschte unter seinen Schuhen als er ins Freie trat und der beißend kalte Wind, wehte ihm entgegen. Zumindest schneite es aktuell nicht und seine Wohnung lag glücklicherweise nicht weit weg. Da es bereits dunkel war und die Straßenlaternen seinen Weg erleuchteten, hätte man denken können, es wäre tiefste Nacht, dabei war gerade einmal Abendessenszeit. Was auch sein Magen ihm mitteilte, kaum hatte er das Grundstück der Ninjaakademie verlassen. Vielleicht sollte er für das heutige Abendessen vorschlagen, gemeinsam essen zu gehen. Er liebte es zwar mit Kakashi zu kochen, aber bei diesem Wetter und nach einem so langen Tag, fehlte ihm dafür die Energie. Mit ganz viel Glück kam er aber auch nachhause und das Essen wartete bereits auf ihn – dann mussten sie wenigstens nicht mehr nach draußen. Allgemein erschien ihm ein gemütlicher Abend auf dem Sofa heute besonders verlockend. Draußen gefror es und innen war es kuschelig warm mit Tee in der Hand und einer Decke über dem Körper. Sollte Kakashi ihn tatsächlich mit einem Abendessen überraschen, würde er ihn heute vielleicht sogar mit unter die Decke lassen. Da sein Mann die wahrscheinlich kältesten Füße des ganzen Dorfes besaß, gab es regelmäßig Diskussionen darüber. Iruka war keine lebendige Wärmflasche und auch kein Ersatz für Socken. Es fröstelte ihn dann eher selbst, trotz Tee und Decke und damit verfehlte das Ganze schließlich seinen Zweck. Dabei war die Aussicht auf Kuscheln durchaus erwärmend und Iruka genoss es heute noch genauso wie am ersten Tag – sofern Kakashi ihn eben nicht mit seinen Eiszapfen folterte. Das und der nächtliche Kampf um die Bettdecke hatte auch dafür gesorgt, dass sie mittlerweile zwei besaßen. Iruka war froh, als er schließlich an ihrem Wohnhaus ankam. Er stieg die schneebedeckten Stufen in den zweiten Stock nach oben und ging den äußeren Gang zur letzten Tür entlang. Der Wind pfiff ihm um die Ohren und eine Gänsehaut überzog seine Arme und den Rücken, trotz der Kleidung, die er trug. Iruka fischte den Haustürschlüssel aus seiner Jackentasche. Durch seine Handschuhe war es schwerer ihn richtig zu greifen und in das Schlüsselloch zu stecken. Und als er dachte, es würde endlich klappen, ertönte ein Knall von der anderen Seite der Türe und ihm fiel er Schlüssel aus der Hand. Im nächsten Moment hörte er eilige Schritte, die näher kamen, kurz zum Stillstand kamen und sich dann wieder von ihm fortbewegten. Verwirrt über diesen Lärm, der so gar nicht zu Kakashi passte, bückte Iruka sich und hob den Schlüssel wieder auf. Dieses Mal gelang es ihm schneller den Schlüssel ins Loch zu stecken und die Haustür endlich zu öffnen. Er betrat den dunklen Flur und begann sich aus seiner Jacke zu schälen, als er ein Stimmengewirr vernahm. Kakashi war offensichtlich nicht allein zuhause. Hatten sie für heute Gäste eingeladen? Fand irgendeine Feier statt, an die er sich erinnern sollte? Kakashi lud normalerweise von sich aus keine Menschen ein. Iruka grübelte noch, während er seine Schuhe auszog und in Richtung Wohnzimmer lief, aus dem Licht in den Gang drang. Auch die Stimmen mussten aus diesem kommen. Er war noch nicht an der Wohnzimmertür angekommen, da hörte er erneut Schritte und keinen Augenblick später, stand Kakashi vor ihm. Er sah müde aus. „Kinder!“, rief er plötzlich und drehte sich wieder zurück ins Wohnzimmer, ohne Iruka zu begrüßen. „Wie es aussieht haben wir einen Überraschungsgast. Wenn ihr leise seid und euch versteckt, kommt er vielleicht herein.“ Kinder? Überraschungsgast? Wie bitte? Das Getrappel von kleinen Füßen war zu hören, kichern und aufgeregtes Geflüster. Was zum Teufel war hier bitte los? Iruka wollte seinen Mann genau das allzu gerne fragen. Doch als dieser sich endlich wieder zu ihm drehte, legte er seinen Zeigefinger auf seine, von der Maske verdeckten, Lippen und hieß ihm so, leise zu sein. Kakashi kam auf ihn zu, griff nach seinem Handgelenk und zog ihn am Wohnzimmer vorbei in ihr Schlafzimmer. „Sei leise“, flüsterte er, kaum dass sie ins Zimmer traten. Kakashi ging geradewegs zu ihrem Kleiderschrank und schob die Tür auf. Iruka war so perplex von dieser ganzen Situation, dass er nicht einmal etwas hätte sagen können, wenn er gewollt hätte. Sprachlos beobachtete er seinen Mann dabei, wie dieser begann im Schrank zu wühlen, Kleidung zur Seite schob und schließlich eine große Plastiktüte herauszog. Okay, jetzt kamen ihm doch wieder Fragen in den Sinn. „Ist das …?“, begann er, verstummte allerdings als Kakashi ihm einen warnenden Blick zuwarf. „Boruto hat gerade schon eine Vase umgeschmissen. Also stell keine Fragen“, begann Kakashi leise und drückte Iruka die Tüte gegen die Brust, „und zieh das verdammte Weihnachtskostüm an. Und vor allem: spiel mit!“ Iruka wusste, dass Kakashi dieses Ding hasste. Er hatte es einmal anziehen müssen und wollte es seitdem wegschmeißen – oder verbrennen. Dass sie es überhaupt besaßen, verdankten sie Iruka, der sich auf einer Konferenz vor fünf Jahren mit einem Lehrer aus einem anderen Land unterhalten hatte. Er hatte ihm von einem alten Mann mit weißem Rauschebart erzählt, der einen roten Anzug trug und jedes Jahr im Winter die Kinder beschenkte, um ihnen ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Kurz davor hatte Iruka erfahren, dass Hinata schwanger war und hatte sich gedacht, es würde ihren Kindern in ein paar Jahren Freude bereiten. Also war er nach Ende der Konferenz sofort aufgebrochen und hatte sich ein solches Kostüm besorgt – was gar nicht mal so einfach gewesen war und deshalb konnte Kakashi ihn noch so oft darauf ansprechen: das Ding wurde weder weggeschmissen noch verbrannt. Aber die Tatsache, dass Kakashi vor zwei Jahren für ihn hatte einspringen müssen, um den Weihnachtsmann zu spielen, weil er sich einen Tag vorher eine Grippe eingefangen hatte, war etwas, das Kakashi heute noch gerne hervorbrachte, wenn sie darüber diskutierten, wer von ihnen was im Haushalt machen sollte. Kakashi riss ihn mit einem gezischten: „Beeil dich“ aus seinen Gedanken und war im nächsten Moment aus dem Zimmer verschwunden. Iruka hatte so viele Fragen, dass er sie noch nicht einmal alle denken konnte, während er sich nun umzog. Aber wenn Kakashi sich so seltsam verhielt, musste irgendetwas schlimmes passiert sein und da wollte Iruka nicht lange herumdiskutieren. Er würde es sowieso gleich herausfinden. Bevor auch er den Raum wieder verließ, nahm er ein Kissen vom Bett und stopfte es sich in die rote Jacke, um die perfekte Weihnachtsmannfigur zu imitieren. Kakashi stand in der Tür zum Wohnzimmer und bedeutete ihm mit einer Handbewegung kurz zu warten. „Wie angedroht“, begann Kakashi ins Wohnzimmer zu sprechen und Irukas Augenbraue hob sich. Angedroht? „Ich konnte ihn erreichen. Da der Geschenketag bald ist, war er ganz begeistert von der Idee, nochmal vor Ort zu prüfen, wie brav ihr dieses Jahr wirklich wart.“ Kakashi trat in den Raum und Iruka setzte sich nun ebenfalls in Bewegung. Er spielte gerne den Weihnachtsmann für die Kinder, aber er wusste nicht so genau, wie er sich in diesem Fall verhalten musste. Mitspielen, einfach mitspielen, dachte er sich, schluckte schwer und betrat nun ebenfalls das Wohnzimmer. Sein vorbereitetes ‚Hohoho‘ blieb ihm im Halse stecken und erschrocken weiteten sich seine Augen. Was zum Teufel hatten Kakashi und die Kinder – namentlich Boruto, Sarada und Himawari – hier bitte angestellt? Der komplette Raum war verwüstet. Die Kissen des Sofas lagen verstreut auf dem Boden, Kakashis Stirnband hing an der Deckenlampe und ihm fiel auf, dass die Obstschale, die sonst auf dem Wohnzimmertisch stand, fehlte. Das dürfte wohl dann der Grund für den Lärm vorhin gewesen sein. „Wäre jemand so freundlich mir zu erzählen, was hier passiert ist?“, fragte Iruka und vergaß dabei vollkommen, zu klingen wie der Weihnachtsmann. Sein Lehrer-Ich übernahm automatisch die Oberhand. Boruto und Himawari starrten ihn beide erschrocken an, während Sarada ihm einen – sasuketypischen – zweifelnden Blick zuwarf. „Boruto wollte Ninja spielen und hat verloren“, erwiderte Sarada schließlich. „Verstehe.“ Tat er allerdings nicht. Kakashi war Hokage des Dorfes, ein ausgebildeter Jonin und ehemaliges Mitglied der Anbu. Wie zum Teufel hatte er es zulassen können, dass drei kleine Kinder ihre Wohnung in ein solches Schlachtfeld verwandeln konnten? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, drehte er sich zu seinem Ehemann um und warf ihm den enttäuschendsten Blick zu, den er aufbringen konnte. Und das saß. Kakashi wurde bleich und seine sonst so coole Fassade begann gewaltig zu bröckeln. Iruka hob vorwurfsvoll eine Augenbraue. Er wartete eine volle Minute darauf, eine zufriedenstellende Antwort zu erhalten, doch Kakashi hüllte sich in Schweigen. Iruka seufzte. „Gut, damit hab ich alles gesehen. Wenn ihr aufräumt, bekommt ihr eure Geschenke natürlich trotzdem.“ Borutos und Himawaris Gesichter leuchteten vor Freude auf, während Sarada ihn weiterhin zweifelnd musterte. Da sie allerdings, wie ihre Mutter, sehr pflichtbewusst war, machte sich Iruka keine Sorgen darüber, ob sie dieser Aufforderung folgen würde. „Mit Ausnahme von“, fuhr Iruka fort und hob seinen Zeigefinger in die Luft. Er konnte hören wie mehrere Personen im Raum scharf die Luft einsogen. „Kakashi. Als Erwachsener hätte er definitiv besser handeln müssen.“ Die Kinder atmeten erleichtert aus. Iruka wusste, dass Kakashi sofort klar war, dass es hier nicht um irgendein Geschenk ging. Strafe musste aber nun einmal sein. Immerhin würde die Hauptarbeit des Aufräumens an ihm hängen bleiben. Und das nach einem so langen Arbeitstag. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)