X-fach X-mas von Varlet ================================================================================ Kapitel 28: Tag 28 ------------------ Jodie hatte sich die ganze Zeit über an Shuichi festgehalten. Sie wollte vergessen. Einfach nur vergessen. Entgegen dem Wunsch von Camel und James wurde sie nach Hause gebracht. James und Camel räumten die provisorische Einsatzzentrale zusammen und ließen ihr Wohnzimmer wieder ein Wohnzimmer sein. In der Zwischenzeit saß Jodie auf ihrem Bett und starrte auf ihre Hände. Shuichi beobachtete sie. Er hatte keine Ahnung was passiert war, was sie durchgestanden hatte. Er wusste nur, dass er Jodie nicht bedrängen sollte. Und er war froh, dass sie wieder zu Hause war. Sie gehörte hierher. Der Agent ging zu ihrem Kleiderschrank und suchte ihr ein paar Sachen heraus. Falls es nicht die Organisation war, musste er die Beweisstücke sammeln und aufbewahren. „Kannst du dich umziehen? Willst du duschen?“ Jodie blickte ihn an. Sie nickte zaghaft. Shuichi runzelte die Stirn. „Okay…“ Er ging zu ihr und half ihr hoch. Dann brachte er sie in das Badezimmer. „Kannst du…allein duschen?“ Erneut nickte Jodie. Sie begann damit, sich langsam auszuziehen. Ihm gegenüber verspürte sie nur selten Scham, aber jetzt war ihr Schamgefühl nahezu nicht vorhanden. Sie stieg in die Dusche und betätigte den Wasserhahn. Jodie blickte hoch in den Strahl. Shuichi legte ihr neue Sachen hin und nahm die getragenen Kleider an sich. Er verließ das Badezimmer und holte eine Tüte aus der Küche. Dort verstaute er ihre getragenen Sachen und brachte sie ins Wohnzimmer. Als er die Blicke von James und Camel sah, schüttelte er den Kopf. Jodie ging es nicht gut. Ihr ging es alles andere als gut. Und das, was ihr passiert war, hatte sie gebrandmarkt. Anschließend kochte er in der Küche Tee und machte ihr eine Kleinigkeit zu Essen. Als er zurück ins Schlafzimmer kam, saß Jodie wieder auf dem Bett. Er stellte den Tee und den Teller mit dem Sandwich auf ihren Nachttisch und sah wieder zu ihr. „Das war kurz.“ „Das Wasser…tat weh…“, murmelte Jodie leise. Sie blickte wieder auf ihre Hände auf dem Schoss. Sie sah immer noch sehr mitgenommen aus. Nun zweifelte er an seiner Entscheidung, sie nach Hause gebracht zu haben. Vielleicht wäre ein Krankenhaus oder zumindest ein Arzt doch die richtige Entscheidung gewesen. „Dieser Araide ist doch wieder in Japan. Ich kann ihn anrufen, damit er sich dich ansieht.“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein…“ Akai setzte sich neben ihr aufs Bett. Er war nicht gut im Trösten, weder damals noch heute. Aber er wusste, dass es Jodie im Normalfall reichte, wenn er einfach nur da war. „Jodie“, begann er leise. Sie schloss ihre Augen und hielt den Kopf nach unten gesenkt. Shuichi legte langsam den Arm um sie und drückte sie dann an sich. „Wenn du reden willst, bin ich da“, sprach er leise. „Willst du…mir erzählen, was passiert ist?“ „Folter…“ Er sah schockiert zu ihr. „Ich war…auf dem Weg nach Hause…da stand sie vor mir. Vermouth. Sie hat…mich in ein Gespräch verwickelt und…ich habe die Männer hinter mir nicht…bemerkt. Sie schlugen mich…bewusstlos und als ich wieder aufgewacht bin, war ich…war ich in einem Raum…auf einer Liege…gefesselt. Vermouth…kam dann wieder zu mir. Sie…sie löste ein Pulver in Wasser auf und flößte es…mir ein. Ich dachte, ich…ersticke daran, aber sie zwangen mich…zum Trinken und…ich habe getrunken.“ „Du hast das getan, um zu überleben.“ Sie nickte. „Sie ließen…mich allein. Ich weiß nicht, wie…lange es war. Dann kam sie…wieder und lächelte…und…“ „Wenn es nicht geht, musst du nicht darüber reden“, entgegnete der Agent. Spätestens jetzt wollte er sich die Organisation eigenhändig schnappen. „Sie hatte ein Blatt…Papier…und sie hat…es auf meinen Arm gelegt. Es…es tat so weh…dieses Stück Papier“, wisperte Jodie. „Sie machten immer…weiter…mit anderen Gegenständen. Ich…schrie, weinte…es tat so weh…aber sie wiederholten es nur…“ „Sie haben ein Mittel entwickelt, dass das Schmerzempfinden auf deiner Haut erhöht“, kam es von dem Agenten. „Ich habe davon gehört, als ich selbst noch zu ihnen gehörte. Es war noch in der Entwicklungsphase.“ „So etwas…in der Art haben…sie gesagt. Und…sie haben es an mir getestet. Wie…wie lange war ich weg?“ „Mehr als 48 Stunden“, antwortete er. „Allerdings haben wir diesen Zeitpunkt von dem Stand ausgemacht, wo wir das letzte Mal etwas von dir gehört haben. Es könnte auch weniger Zeit vergangen sein.“ „Verstehe“, murmelte Jodie. „Ich habe…nur eine Dosis bekommen…und ich glaube nicht, dass sie…so lange gewirkt hat. Allerdings…habe ich das Zeitgefühl verloren und dauernd gehofft, dass…das ich gerettet werde.“ Er drückte sie erneut an sich. „Vermutlich bin ich…ohnmächtig geworden. Irgendwann bin ich…dann aufgewacht. Sie entfernten die Fesseln und brachten mich…in einen anderen Raum. Dort ketteten sie mich an die Heizung und warfen…den Schlüssel in den Raum. Sie…bedankten sich und warfen mir…das Handy hin. Ich hatte Angst es anzuschalten…also habe ich gewartet und…irgendwann habe ich es doch getan. Aber…ich wusste nicht, ob ich…euch anrufen sollte. Ich dachte, es…es wäre eine Falle. Dann…warst du auch schon da…“ „Es tut mir leid.“ „Ich möchte…es vergessen.“ „Ich weiß“, sagte er leise. „Aber…du musst das trotzdem verarbeiten, denn ansonsten macht es dich kaputt. Ich weiß, dass ein Teil von dir zerbrochen ist und…es wird das beste sein, wenn du eine Therapie machst. Ich werde James bitten, eine Liste mit guten Therapeuten zusammenzustellen. Er hat hier bestimmt wieder Kontakte.“ Jodie erlaubte sich ein Lächeln. „Er hat überall Kontakte.“ Eine Therapie war nichts Neues für Jodie. In Amerika hatte jeder Agent mindestens schon eine Therapie machen müssen. Jeder, der schon mal jemanden erschossen hatte, musste mehrere Sitzungen besuchen und erst wenn der Therapeut einem die Dienstfähigkeit attestierte, durfte man weiterarbeiten. Jeder brauchte ein Ventil, um seine Dämonen zu verarbeiten. „Ich…will schlafen“, wisperte Jodie. „Okay“, nickte Shuichi. „Du kannst dich hinlegen. Ich bleibe hier und pass auf dich auf. James und Camel sind auch noch hier.“ „Shu?“ „Ja?“ „Bitte…sag James und Camel noch nichts davon“, bat sie. „Sie würden…nur Mitleid mit mir haben. Und das…will ich nicht. Ich will…zur Normalität zurück und…ich möchte selbst entscheiden, wann ich…es ihnen sage. In Ordnung?“ „Okay“, entgegnete er. Allerdings war er sich nicht sicher, ob es für Jodie bald Normalität gab. Vielleicht später. Er stand auf und Jodie legte sich langsam hin. Shuichi legte die Decke über sie und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. „Du schaffst das…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)