Von Wölfen und Menschen von Watanabe999 ================================================================================ Kapitel 10: Blackout -------------------- 6. Oktober 2015, Ehemaliger Tagebau Nochte, Oberlausitz, Deutschland, Kommandoraum Dr. Thaddäus Weber schaute auf das Personal hier im Kommandoraum, das auf seinen Stühlen Platz genommen hatte. Er blickte in blasse Gesichter, müde Augen und verwuschelte Haare und sah die verzweifelten Versuche, ein Gähnen zu unterdrücken. Sie hatten die ganze Nacht damit zugebracht, Vorbereitungen zu treffen. Er konnte den Schweiß und die Anspannung bis zu seinem Platz riechen. Phil Sammons ging durch die Reihen, sprach allen Anwesenden Mut zu und verteilte eine weitere Runde Kaffee. Die beiden sahen einander an. Dann blickten sie auf ihre Uhren und nickten sich zu. Thaddäus ergriff das Wort. „Meine Damen und Herren, heute lösen wir unser Ticket nach Japan!“ „Oder wir sind bereits morgen alle tot. Entweder durch die Engel oder durch die Hand von SEELE“, schob er in Gedanken hinterher. Er schaute auf den Mann mit dem schütteren Haar zu seiner Linken. Dieser ließ die Fingerknöchel knacken. „Lieutenant Kocurek, starten Sie mit der falschen Fährte.“ Der Offizier nickte. Dann begann er, in einer kaum nachvollziehbaren Geschwindigkeit, die Computerbefehle auf der Tastatur einzugeben. Zeilen mit Code rasten in schneller Abfolge den Hauptbildschirm entlang. Die schemenhaft dargestellten Linien, die für das gegnerische Computersystem standen, wechselten langsam von Rot zu Grün. „Erste Firewall durchbrochen!“, rief er mit zusammengebissenen Zähnen. „Stillen Alarm gecancelt, wir sind drin!“ „Hervorragend, Lieutenant!“ Thaddäus trat selbst an eine Konsole heran und legte die Finger auf die Tasten. „Und jetzt zielen wir genau auf ihre Achillesferse… Sergeant Martinsen: Ihr Einsatz!“ Die junge Technikerin links von Lieutenant Kocurek nickte eifrig. „Überlaste Hauptstromversorgung… Sende Terminierungsprogramm… Energie-Backup-Routine wurde zum Absturz gebracht! Wieviel Prozent soll ich ihnen lassen, Sir?“ Thaddäus tippte immer noch. Er hielt kurz inne und blickte auf: „Geben Sie ihnen 1,6 % Reststrom ... Wir wollen ja nicht zuuuu gut wirken.“ „Verstanden, wird erledigt.“ Thaddäus setzte den Timer auf 60 Minuten. Er zündete sich eine Zigarette an und nahm auf seinem Stuhl Platz. Dann hieß es jetzt wohl warten.   *** 13:00 Uhr, Toyko-3, vor dem höchsten Wolkenkratzer der Stadt Janko lehnte an einer Straßenlaterne und blickte in der Gegend umher. Trotz Sonnenbrille und Mütze kam es ihm heute sehr hell vor. Viele Angestellte schienen gerade in die Mittagspause zu gehen. Lange Schlangen bildeten sich vor nahegelegenen Restaurants und immer mehr Menschen strömten aus den gläsernen Hochhäusern, die das Zentrum von Tokyo-3 bildeten. Er entdeckte zwei ihm wohlbekannte Männer, die auf ihn zukamen. Einer trug eine Brille, der zweite zog einen… „Bollerwagen?“, fragte Janko grinsend, als er erkannte, was David mitgebracht hatte. In diesem stand, frisch aus Deutschland importiert, eine Kiste kaltes Bier. „Na sicher das“, antwortete sein Kollege. „Wir sind doch heute sowieso zur Untätigkeit verdammt. Dann können wir auch ein wenig Spaß haben. Gut siehst du aus, bist du die Treppe runtergefallen?“ „Beinahe…“, antwortete Janko. „Kaum in Japan und schon Stress am Hals“, stellte Ben fest. Er klopfte ihm auf die Schulter. „Lasst uns erstmal hochfahren. Nicht, dass wir noch was verpassen.“ Sie betraten, mit dem Bollerwagen im Schlepptau, die Lobby des vor ihnen liegenden Gebäudes. Nach einem kurzen Gespräch am Empfangstresen wurden sie, unter skeptischen Blicken der Bediensteten, mitsamt ihrer Fracht zu den Aufzügen geleitet. Als sich die Türen des Fahrstuhls hinter ihnen schlossen, ergriff David das Wort. „Hätte gedacht, dass es mehr Stress gibt wegen meines Mitbringsels.“ Ben schüttelte wohlwissend den Kopf. „Ne, wir wurden schon angekündigt. So ein paar Leute hat NERV-04 doch schon hier in Tokyo-3 eingeschleust. Es sollte auch da oben keine Probleme geben.“ Tatsächlich war die Aussichtsplattform menschenleer, als sie auf dem Dach ankamen. Mit einem zufriedenen Seufzen nahmen sie auf einer Bank Platz und machten sich jeder ein Bier auf. David breitete die Arme über die Rückenlehne aus. „Ah, so lässt es sich leben. Bierchen, schönes Wetter und gleich noch ein wenig Action direkt vor unseren Augen. Hab ich schon gesagt, dass ich meinen Job liebe?“ Ben wandte sich an Janko. „Jetzt erzähl mal, wie läuft es eigentlich mit Rei? Hat dein Auge was damit zu tun?“ Janko wunderte sich über die schnelle Auffassungsgabe seines Kollegen. Wobei, eigentlich kannte Ben ihn ja auch schon lange genug, um ihn gut einschätzen zu können. Er verzog leicht den Mund. „Gut erkannt. Es gab am Sonntag ein wenig Stress auf dem Weg nach Hause. Eine Gruppe Alkoholiker hat versucht sie auszurauben. Pech für sie, dass ich’s mitbekommen hab.“ „Oh, na dann hast du ja jetzt mit Sicherheit einen Stammplatz in ihrem Herzen… Job erfolgreich abgeschlossen, würde ich sagen“, wand David ein. Janko musste unweigerlich lachen. „Wenn’s so einfach wäre… Sagen wir so: Es hat bestimmt nicht geschadet und ein wenig das Eis gebrochen. Dennoch ist die soziale Interaktion eher… schwierig.“ Sein Blick schweifte über die anderen Dächer der Stadt. Ben folgte seinem Blick. „Wieso, kein Interesse?“ „Das würde ich nicht sagen. Eher scheint es so, als ob sie es nicht gewohnt ist, groß mit Menschen zu interagieren.“ David hatte das erste Bier aus und ließ mit einem leisen „Plopp“ den nächsten Kronkorken abspringen. „Wie meinst du das? Hat sie ein Problem, auf Fremde zuzugehen?“ Janko schüttelte den Kopf. Es fiel ihm schwer, seine Eindrücke anderen verständlich zu machen. Er überlegte kurz, dann sagte er: „So ungefähr. Ich denke, sie kennt gewöhnlichen sozialen Umgang einfach nicht. Manchmal hab ich den Eindruck, dass sie bis jetzt nur für das Evangelion-Projekt gelebt hat. So als habe ihr nie jemand etwas außerhalb von NERV gezeigt. Und ihr habt die Unterlagen ja auch erhalten: Es gibt keinen Lebenslauf über sie. Alle Daten wurden gelöscht. Ich werde das Gefühl einfach nicht los, dass da irgendetwas faul ist.“ Er lachte kurz auf. „Vielleicht war das ‚Knochenhinhalten‘ am Sonntag aber ein ganz guter Schritt in die richtige Richtung. Immerhin scheint sie mir jetzt zu glauben, dass ich nicht ihr Feind bin.“ Ben schaute ihn nachdenklich an. „Denkst du, dass sie glücklich ist mit dem, was sie tut? Den EVA steuern und so? Bei Asuka hab ich immerhin den Eindruck, dass sie das wenigstens will…“ Janko zog die Augenbrauen hoch. „Glücklich? Abgesehen davon, dass ich denke, dass niemand hier bei NERV wirklich glücklich ist, bin ich mir bei Rei gar nicht sicher, ob sie so etwas wie Glück überhaupt kennt…“ „HEY! Kommt mal her!“ David presste sein Gesicht gegen die Gitterstäbe, die ein Herunterfallen an der Außenseite der Plattform verhindern sollten. Der Wind wehte hier oben recht stark und ließ seine blonden, kinnlangen Haare im Wind flattern. Ben und Janko traten neben ihn. David zeigte auf die elektronischen Werbewände, die an den anderen Gebäuden angebracht waren. Sie waren alle pechschwarz. Er schaute auf sein Handgelenk. „Punkt 14:00 Uhr“, sagte er. „Sieht nach nem Stromausfall aus. Dann hat es also begonnen…“ Die gigantischen Klimaanlagen, die das Innere des Wolkenkratzers abkühlten, setzten ebenfalls mit einem schabenden Geräusch aus. Ben kletterte auf die grauen Metallkisten, um einen besseren Überblick zu erhalten. Er setzte sich im Schneidersitz hin. „Dann machen wir es uns mal gemütlich und genießen die Show…“   *** 14:01 Uhr, Nerv-Hauptquartier, Central Dogma, nahe der EVA-Käfige „Hey, ich war das nicht!“, sagte Ritsuko, als sie die fragenden Blicke der anderen Mitarbeiter spürte. Bis vor einigen Sekunden war noch alles normal gewesen. Die Initialisierung des Aktivierungstests von Einheit 00 hatte soeben begonnen. Doch dann wurde es auf einmal dunkel. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis die wenigen batteriebetriebenen Lampen die Anlage in rotes Licht tauchten. „Wir haben keine Energie mehr!“, rief ihre Assistentin Maya. Sie blickte verzweifelt zwischen ihrem Laptop und der Leiterin der Forschungsabteilung hin und her. „Das ist merkwürdig. Die Notstromversorgung müsste längst angesprungen sein“, dachte Ritsuko. Sie wandte sich an ihre Mitarbeiter: „Aktivierungstest sofort abbrechen. Machen wir uns auf ins Kommandozentrum!“ Die Aufzüge waren ebenfalls ausgefallen. Als sie eine kleine Leiter hochkletterten, um in die höher gelegenen Etagen zu gelangen, sagte Ritsuko: „Und ich habe immer geglaubt, dass wir die alten Flucht- und Wartungstunnel nur aus moralischen Gründen behalten haben. Ich hätte nie gedacht, dass wir sie einmal brauchen würden.“ Maya kletterte direkt hinter ihr. „Naja, besser haben als brauchen.“   *** Unweit der Eingangstore zum NERV-Hauptquartier standen drei Teenager und starrten verwirrt in die Gegend. Sie hatten versucht, die großen Tore mit Hilfe ihrer Zugangskarten zu öffnen, doch nichts geschah. „Seltsam…“, sagte Asuka, nachdem ihre Karte auch keinen Erfolg hatte. „Das sieht alles nach einem Stromausfall aus. Vielleicht erreichen wir ja jemanden über die Telefone…“   *** Einige Minuten später hatte die Wissenschaftlerin mit ihrer Assistentin in der Kommandozentrale Platz genommen. „Auch der Notstrom ist ausgefallen, die Hauptenergie ist weg! Nur 9 Schaltkreise haben noch Energie. Insgesamt steht uns nur noch 1,6 % Reststrom zur Verfügung!“ Maya schaute besorgt auf die obere Ebene. Dort saß, in seiner üblichen Haltung, Gendo Ikari. Kozo Fuyutsuki stand dicht neben ihm, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Einige Mitarbeiter hatten mittlerweile angefangen, Kerzen aufzustellen. Deren Leuchten begann, die Anlage und die MAGI-Supercomputer in ein flackerndes Licht zu tauchen. Ritsuko dachte kurz nach. Sie vergrub ihre Hände in den Taschen ihres weißen Mantels und blickte in die Dunkelheit. „Das kann alles kein Zufall sein“, dachte sie verärgert. Sie wandte sich an das Führungsduo über ihr. „Ich könnte Dummy-Programme auf den MAGI laufen lassen. Das dürfte es erschweren, auf die Systemarchitektur zu schließen!“ „Guter Einfall, Dr. Akagi“, entgegnete Gendo. „Tun sie das.“ Der Vizecommander ergriff das Wort. „Leiten Sie alle verfügbare Energie zu den MAGI-Computern und ins Central Dogma um.“ Er drehte sich zu Gendo um. „Dass sämtliche Energiequellen gleichzeitig versagen ist absolut unmöglich! Das NERV Hauptquartier ist als vollkommen autarke Kolonie entworfen worden. Das war Absicht! Kaum zu glauben, dass jemand von unserer eigenen Spezies dafür verantwortlich ist.“ „‘Homo humini lupus‘, wie der Lateiner sagt“, entgegnete der Commander trocken. „Nicht auszudenken, wenn jetzt ein Engel angreift!“   *** 14:17Uhr, tief unter den Ruinen des einstigen Tokyo-1 Das Ticken der mechanischen Uhr auf dem großen Schreibtisch war das Einzige, das die Stille hier im Bunker durchbrach. K2 beobachtete das Treiben bei NERV-04 über seinen Laptop. Die Schadprogramme hatten also begonnen, ihre Arbeit aufzunehmen. Er hatte die Erfolgsmeldungen des virtuellen Angriffsteams vernommen. Er schenkte sich ein Glas Wasser ein und nippte ganz vorsichtig daran. Ein Hustenanfall überkam ihn und schüttelte seinen mageren Körper durch. Es dauerte einige Zeit, bis er sich wieder gefangen hatte. K2 setzte eine neue Dosis des Medikamentes an und hielt die Augen weiter gebannt auf den Bildschirm gerichtet. „Und bist du nicht willig, so brauch‘ ich Gewalt“, dachte er zufrieden. Ein kaltes Lächeln wurde unter den Falten seines Gesichtes sichtbar. „Wir kommen dem Nullpunkt immer näher.“   *** Zeitgleich, Tokyo-2, JSSDF Hauptquartier „Sir, ein unbekanntes Objekt ist in der Nähe der ehemaligen Region Atami aufgetaucht und hat soeben die Küste erreicht! Es ist vermutlich wieder ein Engel! Er bewegt sich direkt auf Tokyo-3 zu!“ Der junge Offizier mit dem akkuraten Seitenscheitel rang um Fassung. Die Instrumente vor ihm zeigten einen großen, blinkenden Punkt, der auf einer virtuellen Karte vorrückte. Der General hämmerte mit den Fäusten auf den Tisch. „Was zum Teufel geht da bei NERV vor? Wieso melden die sich nicht!?“ Sein Stellvertreter trat an seine Seite und blickte auf die großen Bildschirme. Ein gigantisches, spinnenähnliches Wesen war zu sehen. Es bewegte sich mit vier Beinen am Strand fort. „Es behält seine Geschwindigkeit konstant bei. Was sollen wir tun, General Masuhiro?“ Der junge Offizier mischte sich noch einmal ein. „Wir könnten ein Flugzeug starten und sie warnen.“ General Masuhiro blickte ihn an. „Hervorragende Idee, Lieutenant Nobuyoshi. Tun sie das!“   *** „Das Mobilfunknetz ist auch weg…“, sagte Rei und steckte ihr Mobiltelefon wieder ein. „Boah, natürlich ist es das! Wenn der Strom ausfällt, dann überall!“ Asuka stemmte die Hände in die Hüften und schaute wütend auf ihre Kollegin. Diese zeigte sich davon jedoch unbeeindruckt. Sie wühlte in ihrer Tasche und fand schließlich ein kleines rotes Heft, umrahmt von einer schützenden Schicht aus Plastik. „NUR IN NOTFÄLLEN ÖFFNEN - NERV“, stand in großen Buchstaben darauf. Sie knickte es und entnahm das innenliegende Papier. „Hier steht, wir sollen versuchen, ins Hauptquartier zu gelangen“, erklärte sie ruhig. Die beiden anderen Piloten lasen ihre Anweisungen ebenfalls gerade durch. Asuka ergriff wieder das Wort. „Natürlich sollen wir das tun! Aber vorher müssen wir noch bestimmen, wer der Anführer unserer Gruppe ist. Das kann natürlich nur ich sein!“ Rei blieb stumm, aber Shinji hakte nach: „Aha, und warum?“ „Na weil ich diejenige mit den höchsten Synchronwerten bin! Bist du blöd, oder was?!“ Sie machte Anstalten, loszumarschieren. „Zum Hauptquartier geht es in die andere Richtung“, korrigierte Rei sie. „Ach, das weiß ich doch! Ich wollte nur sehen, ob ihr auch aufpasst!“ Asuka streckte das Kinn nach oben. Dann machte sie auf den Hacken kehrt und ging den anderen Weg lang. Shinji und Rei folgten ihr. Sie marschierten einige Minuten vorwärts, bis sie vor einer verschlossenen Metalltür zum Stillstand gezwungen wurden. „Na toll, und wie geht’s jetzt weiter?“, fragte Shinji ärgerlich. Asuka sah sich um. Ihr Blick fiel auf das Metallrad mit dem ausklappbaren Handgriff rechts neben der Tür. „Na dann öffnen wir die Tür eben von Hand. Shinji, das ist deine Aufgabe! Du bist schließlich der Kerl hier in der Runde.“ Grummelnd machte sich der Junge daran, das Rad zu entsichern. „War ja wieder klar. Wenn’s anstrengend wird, bleibt die Aufgabe an mir hängen!“, dachte er missmutig.   *** Die drei Europäer hörten das Flugzeug schon aus einiger Entfernung. Als sie gen Himmel starrten, erkannten sie eine einmotorige Propellermaschine der japanischen Luftwaffe, die über der Stadt kreiste. „ACHTUNG, ACHTUNG, EIN ENGEL BEWEGT SICH AUF TOKYO 3 ZU! ALLE ZIVILISTEN WERDEN AUFGEFORDERT, UMGEHEND DIE STADT ZU VERLASSEN! ACHTUNG ACHTUNG…“, schallte es in sich ständig wiederholender Art und Weise aus den Lautsprechern, die an den Tragflächen der Maschine angebracht waren. David kratzte sich an der Wange. „Äh… Ist das Teil des Plans? Wenn NERV jetzt keinen Strom mehr hat, dann wird das irgendwie… haarig.“ Janko zog kräftig an seinem Nikotinspender. „Hoffen wir, dass unsere Jungs zuhause wissen, was sie tun…“   *** Zeitgleich, Ehemaliger Tagebau Nochte, Oberlausitz, Deutschland, Kommandoraum Der Holobildschirm zeigte die spinnenartige Kreatur, die sich majestätisch aus dem Meer erhob. Phil lehnte mit verschränkten Armen auf einem der Tische und beobachtete, wie der Engel landeinwärts marschierte. Die vier schwarzen Beine marschierten ungehindert im immer gleichen Rhythmus vorwärts. „Er lässt die zivilen Städte wieder links liegen“, stellte er fest. „Eigentlich sind diese Engel ja recht höfliche Viecher.“ „Bei den Kaijus wird das anders sein“, ergänzte Thaddäus. „Die Engel folgen nur ihrem Instinkt und wollen zu Adam. Dem ordnen sie alles unter. Die Kaijus allerdings…“ Er fischte die nächste Zigarette aus der Packung. Überrascht stellte er fest, dass sich auch dieses Paket langsam dem Ende zuneigte. „… werden mehr wie Kammerjäger sein. Und die Menschen sind das Ungeziefer.“   *** 14:22 Uhr, in den Gängen des NERV-Hauptquartieres Sie waren jetzt schon einige Zeit in den Fluren der Basis unterwegs gewesen. Shinji hatte versucht, die Türen und Abzweigungen zu zählen, jedoch vergebens. Dann fiel ihm der abgeblätterte Putz an einer Wand auf. Er sah aus wie die Umrisse einer Fledermaus. „Verdammt, wir sind schon mal hier gewesen! Ich erkenne diesen Fleck wieder!“, rief er verzweifelt. „Wir haben uns verlaufen!“ Sie standen auf einer kleinen Brücke und konnten über sich verschiedene andere Wege erkennen. Asuka wollte gerade zu einer wütenden Antwort ansetzen, als das Motorengeräusch eines Autos immer näherkam. Die drei Teenager blickten nach oben und erkannten Scheinwerfer, deren Licht an die Stahlwände der Anlage geworfen wurde. Sie hörten eine Lautsprecherdurchsage, jedoch war sie noch zu undeutlich. Als sie einige Zeit gewartet hatten, erkannten sie die Stimme. „Das ist Hyuga!“, rief Asuka. Sie und Shinji begannen auf und ab zu hüpfen und mit den Armen zu rudern. „HEY, Hyuga!“ Aber es kam keine Reaktion. Dafür konnten sie nun endlich die Durchsage verstehen. „… ein Engel! Ein Engel bewegt sich auf das Hauptquartier zu! ACHTUNG ACHTUNG! EIN ENGEL!“ Und dann war der Van mit dem Offizier an Bord auch schon vorbeigefahren. „Ein Engel…“ Shinjis Atem stockte. „Und was nun?“ „Wir sollten eine Abkürzung nehmen“, schlug Rei vor. Asuka drehte sich zu ihr um. „Ach ja? Und wo soll die bitte sein?!“ Rei ging zu einer der Klappen für die Lüftungsschächte, die in Bodenhöhe die Wand bedeckten. Nach einem leichten Ziehen gab die Verkleidung nach. „Hier rein“, sagte sie. Zu dritt krochen sie auf Knien den engen Schacht entlang. „Ah, das Wunderkind weiß, wo’s lang geht“, bemerkte Asuka verächtlich. Rei blieb stumm. Hinter ihr begann Shinji, laut zu denken. „Was sind eigentlich die Engel? Ich meine, das sind doch die Boten Gottes… Warum kämpfen sie gegen uns? Was wollen die?“ Asuka drehte sich zu ihm um. „Ist doch völlig egal! Sie greifen uns an, dann wehrt man sich eben. Daher müssen es Feinde sein. Die Frage ist sinnlos…“ Aber Shinji war nicht überzeugt. Nachdenklich schüttelte er den Kopf und kroch weiter. Nach wenigen Minuten schoben sie eine weitere Abdeckung zur Seite und krochen aus dem Lüftungsschacht. „Na also, fast am Ziel“, stellte Asuka selbstzufrieden fest und ging den folgenden Gang entlang. „Aber… dieser Gang führt nach oben…“, stellte Rei fest. „Na und? Wir müssen gleich da sein! Da, hinter dieser Tür muss das Kommandozentrum sein!“, antwortete das rothaarige Mädchen. Sie hielt vor der nächsten Pforte. Sie drehte an dem Rad, das das Schloss blockierte und die Tür schwang weit auf. Für den Bruchteil einer Sekunde konnte Asuka andere Gebäude von Tokyo-3 erkennen, mitsamt dem über ihnen leuchtenden blauen Himmel. Dann raste etwas Schwarzes herunter und schlug auf dem Boden ein. Als sich das gigantische Bein des Engels weiterschob, sah sich Asuka dem Zentrum des Untiers gegenüber. Sein runder Bauch zwängte sich durch die Straßenschluchten und seine vielen Augen blickten zu allen Seiten. „WAAAAAHHHH!“, schrie sie und schlug die Tür mit aller Kraft wieder zu. „Ok, wir gehen vielleicht doch besser abwärts!“   *** Der Van, den der Brückenoffizier Hyuga vereinnahmt hatte, kann mit quietschenden Reifen unterhalb der MAGI zum Stehen. „Ein Engel ist auf dem Weg! Wir müssen die EVAs startklar machen!“, brüllte der Mann durch den aufmontierten Lautsprecher. „Oh mein Gott, ein Engel?! Jetzt!?“ Ritsuko schnappte nach Luft. Dann sah sie zum Platz des Commanders auf. Gendo Ikari erhob sich von seinem Stuhl. Er nahm die Füße aus der Wanne mit Eiswasser, die er unter seinen Schreibtisch gestellt hatte, um der ansteigenden Hitze etwas entgegenzusetzen. „Dann müssen wir die EVAs startklar machen“, bemerkte er trocken. „Aber wie? Die hydraulischen Anlagen sind ebenfalls ohne Strom“, bemerkte der Vizecommander. „Dann eben von Hand“, entgegnete Gendo. „Sie müssen hier oben für mich übernehmen, Fuyutsuki.“ „Aber was ist mit den Piloten? Ohne die können wir die EVAs nicht aktivieren“, hakte die Nummer Zwei nach. Gendo ging zu der Leiter, die ihn hinunter bis zu den EVA-Käfigen führen würde. „Die Piloten werden rechtzeitig hier sein.“ Mit diesen Worten begann er den Abstieg.   *** „Hey, wir sind glaub ich wieder auf dem richtigen Weg!“, stellte Shinji freudig fest. Schon seit einigen Minuten hatte er das Gefühl, dass sie wieder abwärtsgingen. Außerdem hatte er bis jetzt keine Abzweigung wiedererkannt. Rei ging vorweg und schaute sich nach den Seiten um. Asuka begann zu schnauben und sprang ihr in den Weg, ihr Gesicht nur wenige Zentimeter von dem des blauhaarigen Mädchens entfernt. „Ja, danke dir, Wunderkind! Aber das passt ja! Du bist ja eh Commander Ikari’s Liebling, nicht wahr!“, schmetterte sie ihr ins Gesicht. „Wahrscheinlich sogar ‚Everybody’s Darling‘!“ Rei schaute an ihr vorbei. „Das stimmt nicht. Ich werde nicht bevorzugt. Wenn ich eines weiß, dann das…“ „Asuka… lass es doch gut sein…“, versuchte Shinji, die Lage zu beruhigen. Ein böser Blick zu ihm folgte. „Halt dich da raus, Baka!“ Dann richtete sie ihre Augen wieder auf Rei. Ein fieses Grinsen huschte in ihr Gesicht. „Ach ja!? Und was ist mit deinem tollen Nachbarn? Der lädt dich ja sogar ZUM ESSEN EIN!“ Sie brüllte die letzten Worte nahezu. „Das ist etwas Anderes. Und er hatte seine Gründe…“, antwortete Rei und versuchte, an Asuka vorbeizugehen. Doch diese hüpfte weiter vor ihr herum. „Oh, etwas Anderes… Was ist es denn?! Na komm, spuck’s schon aus und tu nicht so geheimnisvoll!“ „Nein“, antwortete Rei mit fester Stimme. „Ich habe mich entschieden, mit niemandem darüber zu sprechen.“ Eine starke Erschütterung über ihnen holte die drei Piloten zurück in die Realität. Rei ließ Asuka stehen und entfernte eine weitere Abdeckung von der Wand. Der dahinerliegende Schacht wirkte noch enger als der Vorherige. Als sich alle hineingezwängt hatten, bildete Shinji das Schlusslicht. Rei kroch vorneweg, sodass Asuka die Position in der Mitte blieb. „Wenn ich dich erwische, wie du mir unter den Rock guckst, dann setzt es was!“, warnte sie den Jungen. Störrisch hielt dieser den Blick aufrecht, was zu einer regelrechten Flut von auf ihn einprasselnden Tritten führte. „Oh du Perversling, na warte…. WAAAAH!“, schrie sie, als der Schacht plötzlich mit einem metallischen Quietschen unter ihnen nachgab und sie gut drei Meter Richtung Boden fielen. Asuka und Shinji landeten als verworrenes Knäuel auf der Erde, während Rei relativ elegant neben ihnen zu Boden glitt. Ritsuko, Maya und Fuyutsuki blickten von oben auf die Piloten herab. „Sieh an, wer gerade eingetroffen ist…“, meinte Ritsuko leicht spöttisch. Als Shinji sich wieder aufgerappelt hatte, blickte er sich um. Sie waren tatsächlich in der Kommandozentrale. „Die EVAs sind alle vollständig einsatzbereit“, ergänzte der Vizecommander. Shinji konnte ein Staunen nicht unterdrücken. „Wie ist das möglich?“, fragte er. In der Ferne erblickte er seinen Vater, der zusammen mit den Mechanikern ein langes Seil anzog, das an einem Flaschenzug hing. Rumpelnd kam der letzte Entry-Plug in der vorgesehenen Öffnung des Evangelions zum Stehen. „Sie haben alles von Hand gemacht. Weil der Commander an euch geglaubt hat. Er war sich sicher, dass ihr rechtzeitig hier sein würdet“, antwortete Ritsuko. Man konnte ihre Bewunderung quer durch die ganze Halle heraushören.   *** Auf dem Dach des nahegelegenen Hochhauses spähten die drei anderen Piloten mittlerweile durch ihre mitgebrachten Ferngläser. Der spinnenförmige Engel, den sie beobachteten, hatte aufgehört, sich fortzubewegen. Stattdessen hatte er begonnen, eine ätzende Flüssigkeit in einen großen Schacht abzusondern, den er mit Gewalt geöffnet hatte. „Hihi, schaut mal, der markiert sein Revier“, gluckste David, als er durch seinen Feldstecher starrte. Janko fand das nicht ganz so witzig wie sein Kollege. Aber David hatte immer schon die Angewohnheit gehabt, bei erhöhtem Stresslevel noch mehr Blödsinn als sonst von sich zu geben. Er betrachtete den Engel. Das waren sie also. Die Feinde der Menschheit und Boten des Untergangs. Diesen Wesen mussten sich die Teenager bis jetzt also alleine stellen. Ihr Leben riskieren, damit die alten Männer von SEELE weiter auf ihre Erlösung hoffen konnten. Eine kalte Wut stieg in ihm auf. „Also sonderlich gefährlich sieht der nicht aus…“, ergänzte Ben. „Trotzdem wäre es gut, wenn die Kids mal was tun würden. Sonst hat der Engel bald die gesamte Panzerung bis zur Geofront durchgeätzt…“   *** Rei hatte in ihrem Entry-Plug Platz genommen und checkte noch einmal die Systeme durch. Alle Anzeigen leuchteten grün, auch die Nervenverbindungen schienen diesmal zu halten. „Warum habe ich das, was Janko mir verraten hat, eben nicht erzählt?“, fragte sie sich. „Weil es Asuka nichts angeht, was ihr zu besprechen hattet“, sagte eine leise Stimme in ihrem Kopf. „Aber ich hätte es tun können. Ich habe sogar seine Erlaubnis.“ „Nur, weil man etwas tun kann, heißt nicht, dass man es auch tun muss“, antwortete die Stimme. „Er vertraut mir, hat er gesagt. Vertrauen… der Glaube an einen anderen…“ Ritsukos Stimme riss sie aus ihren Gedanken.   *** Asuka und Shinji waren mittlerweile ebenfalls in ihre EVAs geklettert. Ritsuko stand in einiger Entfernung und rief zu ihnen durch ein Megaphon hoch: „Ok passt auf, wir haben die EVAs mit zusätzlichen Batterien ausgestattet. Damit habt ihr ein wenig mehr Akku-Laufzeit! Wir können aber die letzte Halterung nicht entfernen, das müsst ihr manuell machen!“ „Verstanden!“, schallte es gemeinsam zurück. Wie auf Knopfdruck begannen die drei Evangelions, gleichzeitig an ihren Sicherungen zu schieben. Ein gigantisches Quietschgeräusch erfüllte das Central Dogma. Anschließend schickten sie sich an, einen der Tunnel, durch die sie eigentlich Richtung Oberfläche geschossen werden sollten, hinaufzuklettern. „Warum müssen wir heute eigentlich immer wieder irgendwo durchkriechen?“, fragte Asuka halb belustigt. Als sie eine gigantische Zwischentür erreichten, nutzte sie die Füße ihrer Einheit 02, um das Tor einzutreten. Unter lautem Krachen fiel die aus den Angeln gerissene Stahlplatte den angrenzenden Schacht nach unten. Anschließend sprangen sie in den Durchbruch und fanden sich in einem senkrechten Tunnel wieder. Mit ausgestreckten Armen und Beinen hielten sich die EVAs fest. Sie blickten nach oben. „Ach du Scheiße!“, rief Asuka, als sie weiter oben die Augen des Engels ausmachen konnte. Etwas gelbes, leicht zähflüssiges floss aus einer Öffnung am Bauch des Engels in Strömen nach unten. Die Flüssigkeit traf Reis EVA zuerst. Sie spürte einen brennenden Schmerz, als die Säure begann, sich das Metall der Panzerung zu zersetzen. „Vorsicht, das ist Säure!“, rief sie und verlor den Halt an der Wand. Der EVA krachte auf die anderen beiden Einheiten unter ihr, die ebenfalls den Druck an die Wände nicht mehr aufrechterhalten konnten. In einer gewaltigen Lawine aus Metall rutschten sie nach unten und verloren dabei ihre Gewehre. Mit zusammengebissenen Zähnen rammte Shinji die Arme und Beine von Einheit 01 erneut in die Wände. Quietschend kam er, mit den anderen Einheiten auf seinem Rücken, zum Stehen. Sie schafften es anschließend, sich in einen seitlich abgehenden Tunnel zu retten, bevor die nächste Welle an Säure sie treffen konnte. Zu dritt hockten die gigantischen Maschinen in der kleinen Öffnung. Als sie nach unten blickten, erkannten sie ihre Waffen. „Na toll, wir haben nur noch für 2 Minuten und 40 Sekunden Energie! Und die Gewehre sind außer Reichweite!“, schimpfte Shinji über den Comm-Kanal. Asuka dachte kurz nach. Dann erschien ein Grinsen in ihrem Gesicht. „Ok, hier ist der Plan: Wir brauchen einen Verteidiger, einen Angreifer und einen Backup-Spieler. Der Verteidiger fängt die Säure ab und neutralisiert das AT-Feld des Engels. Der Backup-Spieler lässt sich in den Schacht herunter und holt eines der Gewehre. Er gibt es an den Angreifer weiter.“ Sie blickte über den Livestream in die Gesichter ihrer Kameraden. „Und der Angreifer verpasst dem Engel damit eine Salve und zerstört ihn so.“ Die anderen zwei Piloten nickten. „Dann werde ich die Verteidigung übernehmen“, meldete sich Rei. Das war ja bis jetzt quasi immer ihre Aufgabe gewesen. „Vergiss es, Wunderkind!“, grätschte Asuka dazwischen. „Shinji, ich schulde dir noch was für die Nummer auf dem Vulkan. Und ich hab nicht gerne Schulden, klar?!“ Shinji zog überrascht die Augenbrauen hoch. „Rei, du bist Backup“, legte Asuka nach. „Du gibst das Gewehr an Shinji als Angreifer. Ich mache den Verteidiger. Also, bereit?“ „Gut“, schallte es von den anderen beiden zurück. „Na dann mal los!“, rief die Pilotin von Einheit 02. Mit einer grazilen Rolle hechtete sie aus dem Schacht und rammte ihre Arme und Beine oberhalb des Schachtes in die Wände. Der Engel reagierte sofort. Eine neue Welle ätzender Säure schwappte auf ihren Rücken und begann, sich durch das Metall der Panzerung zu fressen. Sie keuchte auf. „Na warte, du Bastard!“, schimpfte sie in Gedanken. „Neutralisiere AT-Feld!“ Ein nahezu unsichtbares Flimmern breitete sich wellenförmig von ihrem EVA aus. Es gab ein kurzes, knarzendes Geräusch, als das Feld auf das Gegenstück des Engels traf. Nach einigen Sekunden brach die Verteidigung des Gegners in sich zusammen. Er war ungeschützt. Einheit 00 war währenddessen auf dem Boden des Schachtes gelandet. Sie griff das Gewehr und schaute nach oben. Shinjis EVA kam gute vierzig Meter über ihr nach kurzem Rutschen zum Stehen. Er drehte sich zu ihr um und streckte den violetten Arm aus. „Rei, das Gewehr, schnell!“, rief er. Mit aller Kraft warf die blaue Einheit das Gewehr nach oben. Mit perfektem Timing fing Shinji es mit seinem EVA auf und legte an. „Asuka, aus dem Weg!“, brüllte er. Einheit 02 machte mit einem Sprung zur Seite den Weg frei und eine Ladung nahezu PKW-großer Projektile schnellte gen Himmel. Sie durchschlugen den Kern des Engels, der ohne AT-Feld dieser Attacke nichts entgegenzusetzen hatte. Die gelbe Säure vermischte sich mit dem roten, hervortretenden Blut des neunten Engels, als dieser in sich zusammenbrach. Überraschenderweise kam es zu keiner Explosion. Als habe man einen unsichtbaren Stecker gezogen, fiel der Körper des Feindes einfach in sich zusammen. Die vier schwarzen Beine schlugen leblos auf den Straßen von Tokyo-3 auf.   *** 14:49 Uhr, Ehemaliger Tagebau Nochte, Oberlausitz, Deutschland, Kommandoraum Der gesamte Stress der letzten 24 Stunden entlud sich in dem Luftstrom, den Thaddäus und Phil auspusteten, als die Satellitendaten das Ende des neunten Engels vermeldeten. Jubel brach aus und die beiden Leiter der Niederlassung fielen sich in die Arme. „Ok, die Apokalypse ist für heute abgewendet!“, rief Thaddäus. „Herzlichen Glückwunsch, meine Damen und Herren, Sie sind durch Ihre Aktion heute NICHT für das Ende der Welt verantwortlich!“ „Diese Teenager haben es tatsächlich geschafft“, stellte Phil anerkennend fest. „Und ich muss meinen Hut vor dem NERV-Hauptquartier ziehen. Die Dinger ohne Strom einsatzbereit machen… reife Leistung. Aber es war ein verdammtes Risiko! Wenn der Engel bis zum Terminal Dogma vorgedrungen wäre…“ Thaddäus hatte sich bereits wieder gefangen. Er setzte seinen routinierten Blick auf. „Ein Risiko, das wir eingehen mussten. Hoffentlich hat SEELE jetzt genug Druck, weitere Verstärkung anzufordern.“ Er wandte sich an den anderen Offizier. „Lieutenant Kocurek, was sagen die Satellitendaten zum Pazifischen Feuerring?“ Der Offizier keuchte auf. „Es… es hat begonnen, Sir!“ Thaddäus rückte seine Brille zurecht. „Dann alle Mann zurück auf ihre Posten!“, schrie er. „Es erwartet uns die nächste Prüfung!“ „Und kein Frieden diesseits des Himmels“, fügte er in Gedanken hinzu.   *** Zeitgleich, Pazifischer Ozean, Subduktionszone Pazifische Platte/Philippinische Platte, ca. 300 Kilometer südlich von Japan Hier im dunklen Ozean, wo der Druck der Wassermassen und die Macht der geologischen Aktivitäten die alles bestimmenden Kräfte waren, waberte der rosafarbene Nebel seit Ewigkeiten vor sich hin. Seit Milliarden von Jahren hatte er hier verharrt, seit der weiße und der schwarze Mond das Antlitz der noch jungen Erde verändert hatten. Gebirge waren entstanden und wieder zerfallen, abgeschabt von Wind und vom Zahn der Zeit. Meere hatten sich gebildet und wieder zurückgezogen, Generationen von Lebewesen ihre Federn, Füße und Fühler über den Planeten ausgebreitet. Zivilisationen waren aus der Asche ihrer Vorväter aufgestiegen und wieder vergangen. Und seit Anbeginn der Zeit hatte das Kaiju in tiefem Schlaf gewartet. Verharrt, um bei Bedarf den extrem unwahrscheinlichen Fehler zu korrigieren, der sich tatsächlich ereignet hatte. Der sogar einer nahezu perfekten Spezies wie den Allerersten passiert war. Es konnte nur eine Art von Nachkommen der Saaten des Lebens auf einem Planeten existieren. Dies war das älteste Gesetz. Und hier, auf dem blauen Planeten, waren es nun mal nicht die Menschen, die dieses Anrecht innehatten. Dies hatte nichts mit Bestrafung zu tun, nicht mit Vergeltung, auch nicht mit Mordlust. Schlicht mit der Wiederherstellung der natürlichen Ordnung, der vorgeschriebenen Reihenfolge. Adam war zuerst dagewesen, nicht Lilith. Und so zog das Kaiju aus, um sein Werk zu vollenden. Als Erstes von Vielen. Als erster Vorbote der Hölle. Der Riss im Gefüge des Raums, der sich auftat, war noch frisch und klein. Doch er würde wachsen und viele weitere Boten würden folgen. Zu Ende bringen, was dieses Kaiju vielleicht noch nicht vermochte. In einer gigantischen Explosion entlud sich die angestaute Spannung unterhalb der Kontinentalplatten. Ein Lichtstrahl schoss aus der Tiefe des Ozeans empor und bildete eine kreuzartige Säule, die über dutzende Kilometer hinweg sichtbar war. Doch diesmal handelte es sich um ein umgedrehtes Kreuz. Das Monster schrie, als es die Wasseroberfläche durchbrach. Es sandte eine Nachricht an die Spezies, die über so lange Zeit die dominierende Lebensform auf diesem Planeten gewesen war. Die Nachricht besagte, dass die Zeit der Menschen abgelaufen war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)