Warsong von Ceydrael ================================================================================ Kapitel 15: Weevil ------------------ Marco fuhr auf direktem Weg in Richtung Roppongi Hills und auch wenn Law es eigentlich nicht für die beste Idee hielt, dass der Konzerner sich so emotional aufgeladen seinem Bruder stellen wollte, überließ er Marco diese Entscheidung. Verstehen konnte Law es allemal, warum der Blonde seinen teuren Wagen jetzt so halsbrecherisch über den Highway trieb und dabei so verbissen aussah, als wäre er auf der Jagd. Natürlich sollten sie diese Spur verfolgen, bevor sie womöglich kalt war, aber Marcos eiserne Züge und die sonst so warmen, blauen Augen, die urplötzlich eine eisige Härte ausstrahlten, verhießen nichts Gutes, vor allem nicht für Weevil Newgate. Law hingegen verspürte in Gegenwart des grimmigen Konzerners eine wilde Mischung aus Faszination und Besorgnis, während er sich an dem Haltegriff der Autotür abstützte, als Marco eine Kurve haarscharf nahm und Laws Magen auf einem schmalen Grat zwischen Euphorie und Übelkeit schwankte. Mit Mühe riss Law den Blick von Marco los und konzentrierte sich auf die vorbeiziehende Umgebung, als der Konzerner den Caliburn nun etwas vernünftiger durch die mit flackernden Werbereklamen und sündhaft teuren Wohnungen gesäumte Allee steuerte. Trotz des trüben Wetters tummelten sich Passanten an jeder Ampel, fast jeder mit einem SmartCom beschäftigt oder durch integrierte Telekommunikationskybernetik in Gespräche vertieft. Die Roppongi Hills unterschieden sich so stark von dem Viertel, aus dem sie eben gekommenem waren, dass man kaum glauben wollte, überhaupt noch in der gleichen Stadt zu sein. Gepflegte Grünflächen mit kunstvoll geschnittenen Bäumen schmiegten sich an blütenreine, gläserne Häuserfassaden, die selbst im düsteren Dezembergrau durch farbige LED Beleuchtung zum Strahlen gebracht wurden. Kleine, schicke Straßencafes reihten sich an edle Boutiquen, ein Szeneladen löste den nächsten ab und Law war von der übertriebenen Opulenz dieses High Society Viertels abgestoßen. Während die Menschen hier vermutlich die größte Not darin sahen, den nächsten Trend nicht zu verpassen, schufteten Lager- und Fabrikarbeiter in Downtown häufig in mehr als Zwölf-Stunden-Schichten für einen Hungerlohn. Als Marco den Wagen geparkt hatte und Law ausstieg, lief ein kleines Mädchen an der Hand ihres Vaters an ihnen vorbei. Der anzugtragende, perfekt frisierte Japaner raunte heiser in sein SmartCom, währenddessen der Kleinen eine pink glänzende Videodrohne um die hübschen Zöpfe summte und sie in ihrem roten Regenmantel kokett in die Kamera lächelte. Diese kleine Drohne war mit einer einfachen KI ausgestattet, konnte Nachhilfelehrer, Babysitter und Unterhalter gleichzeitig sein, war erst ganz neu auf dem Markt und kostete wahrscheinlich so viel wie Lamys und Laws Wohnung in zehn Jahren. Was für eine sinnlose Verschwendung, nur damit Daddy seine kostbare, hochbezahlte Zeit nicht zu intensiv mit seinem Kind verbringen musste und die Kleine gleich von Kindesbeinen an lernte, dass sich die Welt nur um sie zu drehen hatte. Law schüttelte den Kopf und folgte Marco nach, der zielgerichtet auf eines der Häuser auf der anderen Straßenseite zulief. Die schicke Stadtvilla, in der Weevil Newgate offenbar residierte, war hell und freundlich, mit einem einladenden, gläsernen Empfangsbereich und eigenem Roboter-Portier, der ihnen mit ausdrucksloser, stählernen Miene entgegen sah, als sie durch die Pendeltür traten und von angenehm warmer Luft in Empfang genommen wurden. Die Eingangshalle war mit einem dicken, grauen Teppich ausgelegt, der sämtliche, störenden Geräusche schluckte. Dazu trudelte seichte Musik aus versteckten Wandlautsprechern und ein raumhohes Aquarium mit kybernetischen Fischen, die in allen Farben des Regenbogens schillerten, erzeugten ein erhabenes und vor allem kostspieliges Ambiente. Das aufgebrachte Gold am Empfangstresen glänzte makellos und frisch geputzt und Law fühlte sich seltsam unwohl und völlig fehl am Platz mit seiner eigenen zerrissenen Jacke und den einfachen Jeans. Das schien wohl auch die schlichte KI so zu sehen, denn der Portier drehte den metallischen Kopf in seine Richtung, die kreisrunden Augen fokussierten sich sirrend und fixierten Law wie einen lästigen Schandfleck auf dem teuren Teppich. Bevor der metallische Sicherheitsmann jedoch etwas abfälliges bemerken konnte, hielt Marco ihm sein Handgelenk mit dem Senatssiegel harsch unter die nicht vorhandene Nase. Die KI blubberte noch ein einprogrammiertes Standardprozedere für den überraschend hohen Besuch herunter, da war Marco schon auf dem Weg zu den Aufzügen wie eine unterdrückte Naturgewalt, ein Sturm aus Eleganz und Stärke. Law huschte rasch hinter ihm in den Lift, bevor Marco schon ungeduldig auf den Knopf für die angepeilte Etage schlug. Der Konzerner wollte vermeintliche Gelassenheit demonstrieren, indem er sich an die Liftwand lehnte, doch Law sah Marcos innere Anspannung in jeder seiner Bewegungen, jeder Regung seines Gesichtes - sein Fuß wippte unruhig und die Finger, die durch seine verschränkten Arme auf dem dunklen Stoff seiner Anzugjacke lagen, waren viel zu verkrampft. Die blauen Augen starrten finster auf die Etagenanzeige, als würde er einen inneren Countdown kurz vor der Kernschmelze verfolgen... und Law blieb nur zu hoffen, dass er im Notfall ein angemessenes Gegengewicht zu diesem explosiven Emotionscocktail aus alten Erinnerungen und neuen Wunden bieten konnte. Es war keine Frage, ob der Konzerner hochgehen würde - sondern eigentlich nur eine Frage nach dem Wann. Sie erreichten ihre Zieletage und Marco stürmte den hell getünchten, sauberen Flur entlang, geradewegs auf die Tür am Ende des Ganges zu. Er hämmerte mit der einer Hand gegen die massive Wohnungstür, ungehalten und wuchtig, während er mit der anderen die kleine, integrierte Kamera an der Gegensprechanlage überdeckte. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen würde Marco die Tür auch ohne zu Zögern eintreten, so Weevil sich in den nächsten, geschätzten fünf Sekunden nicht entschließen sollte, diese endlich zu öffnen. Eine weitere Tür hinter Law öffnete sich und ein Räuspern war zu hören. Ein untersetzter, kahlköpfiger älterer Herr mit strengem Blick und noch strenger gestutztem Schnauzbart schielte entrüstet über die Gläser seiner Brille auf den Flur, offenbar gestört von Marcos anhaltendem Gehämmer. Law ließ einen Funken Gold in seinen Augen aufleuchten und schon war der Mann wieder hinter seiner schweren und sicher mehrfach gesicherten Wohnungstür verschwunden. Die Schlösser rasteten gut vernehmlich ein. Marco hob die Hand gerade ein weiteres Mal, da öffnete Weevil Newgate sichtlich genervt die Tür, in einem schräg geknöpften, lächerlich goldenen Pyjama, mit vom Schlaf zerwühlten, blonden Haaren und winzig kleinen Augen, welche die vermeintlichen Unruhestifter schwammig fokussierten. Wie es schien, war er eben erst aus dem Bett gefallen. »Verdammte Scheiße, was soll der elende Lärm, hä?! Ich mach' dir gleich...- fuck!« Seine anmaßende Miene brach in sich zusammen wie Eis in der Sonne, als er Marco erkannte. Der Konzerner hielt sich nicht mit Höflichkeiten auf. Schneller, als Law es erwartet hätte und auch wesentlich schneller, als Weevil die Tür hätte wieder schließen können, schoss Marco nach vorn, packte den überrumpelten Kerl an seinem knittrigen Schlafanzug und stieß ihn in die Wohnung zurück, direkt vor die nächste Wand, wo ein Regal unter dem Ansturm erbebte. Die Sammelfiguren darin fielen übereinander und eine ältere, gläserne Auszeichnung des gerade angesagtesten SocialMedia-Kanals krachte zu Boden und hackte eine Delle in das teure Holz. Weevil stemmte sich gegen Marco, der ihn mit dem Unterarm an der Kehle gegen die Wand gepresst hielt, hatte jedoch nicht den Hauch einer Chance gegen den großen Blonden, der nicht einmal seine Waffe ziehen musste, um so völlig die Oberhand zu gewinnen. »Scheiße... bist du jetzt völlig irre?! Was soll das?«, krächzte Weevil atemlos und versuchte dem Druck auf seiner Luftröhre zu entgegen, indem er sich auf die Zehenspitzen stellte. Sein speckig fahles Gesicht lief bereits rot an. Law war so umsichtig, die Wohnungstür rasch zu schließen, bevor das sicherlich Folgende nur neugierige Nachbarn anlocken würde. Dann nahm er die Räumlichkeiten kurz in Augenschein, die mehr einem Saustall als einer Wohnung glichen, um sicher zu gehen, das sie allein waren und nicht noch mehr unliebsame Überraschungen auf sie lauern würden. Ein stechender Geruchsmix aus modriger, feuchter Wäsche und Schweiß stieg ihm dabei unangenehm penetrant in die Nase. An Geld mangelte es Weevil Newgate sichtlich nicht, was man an der pompösen Wohnung sah, dafür aber an einem Sinn für Ordnung und Ästhetik. Das Wohnzimmer beherbergte eine hochmoderne Video-Streaming-Station, die allerdings, genau wie das wirklich schreckliche Sofa in Leopardenoptik und die riesige, teure Küchenzeile, mit Müll, alten Klamotten und Essensresten geradezu überlagert wurde. Wie es möglich war, eine solche Wohnung - in deren Preisklasse eine Putzfrau gewissermaßen zum Inventar gehörte - so verkommen zu lassen, entzog sich völlig Laws Verständnis. Auf dem Wohnzimmertisch stapelte sich allerlei technisches Zubehör neben einer Armada aus leeren Sake-, Wein- und Likörflaschen, stumme Zeugen einer wohl ausschweifenden Partynacht. Die digitale Ausgabe der „RISE“ blinkte auf dem Datenpad, das zwischen dem Chaos lag - ein allgemein berüchtigtes Schundblatt, das gern ausgiebig und in allen Farben über die angebliche Überlegenheit der MAGs berichtete. Ein Tütchen mit Beta lugte unter einem Stapel Hochglanzmagazinen hervor. Wahrscheinlich gönnte sich Weevil ab und an eine Pille, um seine eher durchschnittlichen MAG Fähigkeiten zu verstärken - ein kurzes, gefährliches Vergnügen, was einen hohen Preis fordern würde. »Überrascht mich zu sehen, Weevil? So unerwartet… lebendig, nehme ich an«, vermutete Marco lauernd und drückte seinen Bruder noch ein wenig mehr gegen die Wand, wobei der jetzt schon kaum noch eine Möglichkeit hatte, zu entweichen. Jegliche Freundlichkeit, jegliche Wärme war aus der tiefen Stimme des Konzerners gewichen, die selbst Law beinahe ein Schaudern beschert hätte. »Ich vermute, das nächste Mal hättest du mich am liebsten auf meiner Beerdigung getroffen, hm?« »Wovon laberst du eigentlich, verflucht?!«, fragte Weevil angestrengt und sein weißer Schnurrbart zitterte unter den sehr gepressten, flachen Atemzügen. Weevils unruhige Augen huschten kurz zu Law herüber, als erwartete er irrsinnigerweise, dass der ihm helfen würden, den außer Kontrolle geratenen Konzerner zu bändigen. Doch Law fegte nur ein paar Krümel von der Sitzfläche des Computerstuhles und ließ sich demonstrativ unbeteiligt vor Weevils PC im Wohnzimmer nieder, wo der aktuelle Stream von 'Sentomaru' über den Bildschirm flackerte, der stets durch seine extremen Aussagen über eine von MAGs geführte, neue Weltordnung auffiel. Im DarkNet und bei vielen MAGs war er für seine unverfrorenen Ansichten ein gefeierter Star. Gelangweilt schob Law die leuchtende Maus mit spitzen Fingern über das Pad und scrollte durch ein paar Dateien, bis er unerwartet auf interessantes Video-Material stieß. Seine Augen weiteten sich unmerklich. Sieh' mal an... Weevil ballte die klobigen Hände zu Fäusten, als er Laws erwachtes Interesse bemerkte. »Lass' deine Pfoten von meinem Zeug, du Downtown-Ungeziefer!«, geiferte er mit erstickter Stimme, was Law nur unbeeindruckt eine Braue in die Höhe ziehen ließ. Man hatte ihn wahrlich schon schlimmeres genannt. Doch Marco ließ Weevils Hinterkopf dafür unsanft mit der Wand kollidieren. Für diese Beleidigung hätte er ihm am liebsten ein paar Zähne ausgeschlagen und nur die Gewissheit, dass sich ein Geständnis mit gebrochenem Kiefer schwierig aus ihm herauspressen lassen würde, hielt Marco noch zurück. »Sieh' nicht ihn an, sieh' mich an!«, befahl er harsch. Weevils rot unterlaufene Augen richteten sich trotzig wieder auf ihn. »Bist du jetzt völlig durchgeknallt?! Was willst du eigentlich von mir, du Arschloch? Verpisst euch aus meiner Wohnung!« Marco wusste nicht, ob es grenzenlose Dummheit oder krankhafte Selbstüberschätzung war, dass sein Bruder den Mund noch immer so voll nahm. Denn trotz seiner prekären Lage war er offensichtlich der Überzeugung, Oberwasser behalten zu können, indem er Marco jetzt kurzatmig mit seinen fragwürdigen Verbindungen zur Polizei drohte. »Ich hab' Freunde und Fans beim TPD… ich schwöre dir… ich lass' euch beide in Impel Down verrotten… dich und deinen räudigen Streuner-« Marco erhöhte den Druck auf Weevils Kehle genüsslich noch ein bisschen mehr, bis der wie ein Fisch auf dem Trockenen zappelte und panisch nach Luft schnappte. Sein massives Doppelkinn erbebte unter seinen kurzen Atemstößen und seine ungesund verfärbten Augen traten ihm aus den Höhlen. Vermutlich hätte Marco bei diesem Anblick wirklich nicht diese perfide Genugtuung empfinden sollen, doch irgendwie linderte Weevils in die Ecke gedrängter Gesichtsausdruck den schwärenden Schmerz in seinem Inneren ein wenig. »Du solltest jetzt besser die Klappe halten und mir ein paar Fragen beantworten, bevor ich die Geduld mit dir verliere.« Weevil wandte sich in Marcos Griff und höhnte trotz sich überschlagender Stimme: »Glaubst du echt... ich hätte Angst vor so 'nem stocksteifen Schwanzlutscher wie dir!?« Nein, die hatte Weevil sicher nicht, da er Marco schon immer für zu gutmütig gehalten hatte - eine fatale Fehleinschätzung. Weevils glänzende Augen mit den geweiteten Pupillen - die trotz allen Widrigkeiten Whitebeards Augen so ähnlich waren - verrieten den noch anhaltenden Einfluss von synthetischen Drogen und sein Atem stank wie so oft nach Alkohol. Marco rümpfte angewidert die Nase. Der Kerl war vielleicht nicht völlig zurechnungsfähig, aber aus ihm sprachen nicht allein nur seine vielen Laster. Marco verstand es nicht, hatte es noch nie verstanden - wie konnte man nur trotz eines Vaters wie Edward Newgate einen solch verblendeten und miesen Charakter entwickeln? Vermutlich schlug hier der Einfluss von Weevils Mutter durch, denn auch die war der Überzeugung, dass die kurze Ehe mit einem angesehenen Mann und dessen Name allein reichen würden, um sich alles im Leben herausnehmen zu können; jede unangemessene Anmaßung oder den Umstand, eine unbeteiligte, junge Frau in die eigenen Machenschaften hineinzuziehen, um sie am Ende wissentlich in Gefahr zu bringen... Wut sammelte sich in Marcos Magen, kroch seine Kehle herauf, doch er schluckte sie herab. »Das solltest du besser, denn Vater ist diesmal nicht hier, um dich aus der Scheiße zu ziehen«, erinnerte er seinen Stiefbruder. Es war recht beängstigend, dass er nach so langer Zeit noch immer fähig war, seine Emotionen von seinen Handlungen zu trennen, wenngleich diese gefährliche Ruhe in ihm vor dem nahenden Sturm warnte. Weevil zeigte ihm die Zähne in der Karikatur eines gehässigen Lächelns. »Denkst du echt, ich brauch' meinen Scheißvater, um mit dir fertig zu werden!? Der alte Sack kann mich mal kreuzweise, der hat doch eh nie was für mich getan. Besser, der beißt bald ins Gras, dann kann ich immerhin das Erbe-« Der Schlag kam völlig unerwartet, nicht nur für Weevil, sondern auch für Law. Marcos Faust traf den massigen Kerl direkt in den Magen, dann ließ er ihn los. Weevils Augen weiteten sich auf abnormale Größe und er stieß ein gebrochenen Ächzen aus, bevor er in die Knie sackte und verzweifelt nach Atem röchelte. Ein langer Speichelfaden floss aus seinem nach Luft schnappenden Mund zu Boden, während er sich krümmte. Law hielt Marco für einen sehr beherrschten Menschen und vermutete, dass es normalerweise so einiges brauchte, um den Konzerner aus der Reserve zu locken, aber Weevil Newgate hatte eindeutig eine Grenze übertreten, die wohl besser unberührt geblieben wäre. Dabei hatte Law das unbestimmte Gefühl, dass Marco sich eigentlich noch massiv zurückhielt, wenn er an den Vorfall vor ein paar Tagen im Trainingszentrum des Towers zurückdachte. Marcos Mundwinkel kippten noch mehr nach unten und eine längere, blonde Strähne seines Haares rutschte ihm in die finster funkelnden Augen. »Vorsicht, Weevil«, warnte er seinen Stiefbruder und trat dessen SmartCom mit der Schuhspitze außer Reichweite, das Weevil aus der labbrigen Hose gefallen war und nach dem der gerade hatte greifen wollen. Das Telefon rutschte klappernd unter einen Schrank. »Das ist ganz dünnes Eis, auf dem du dich bewegst.« Der Konzerner ging jetzt langsam vor Weevil in die Hocke und stützte die Ellenbogen auf die Knie. Die kybernetischen Brillengläser glitten zurück in die Hülsen an seinen Schläfen. »Ich frag' dich das jetzt nur einmal… wer ist für das Attentat auf mich und meine Firma verantwortlich?« Marcos Stimme war frostig und seine wohl gehütete Geduld neigte sich langsam dem Ende zu, von der er Weevil gegenüber eh meist sehr wenig reserviert hatte. Sauer riechender Schweiß stand Weevil auf der platten Stirn und er schwitzte jetzt sichtbar in seinem zerknitterten Pyjama, der bereits dunkle Flecken aufwies. »Ich habe keine Ahnung, wovon du eigentlich redest, Wichser«, quetschte er hervor. Unbewusst rückte er von Marco ab und eine übertriebene Goldkette an seinem speckigen Hals blitzte auf, als er sich an die Wand drückte und dabei seine Jacke verrutschte. »Ich rede von dem Angriff des Summomanten und dessen Beschwörungen auf mich und meine Firma!« Marcos Faust krachte donnernd gegen die Wand, unweit von Weevils Gesicht entfernt, der ein erschrockenes Zusammenzucken nicht verhindern konnte. »Spiel' hier nicht den Unwissenden, das Theater kannst du dir sparen! Ich weiß inzwischen, dass du Stussy gezwungen hast, diese Steine in meiner Wohnung zu platzieren, unter dem Vorwand, es wäre nichts als eine Wanze! Von wem hattest du diesen Zauber?! Wer sind diese Leute, die dir geholfen haben?!« Für einen Moment sah Weevil ehrlich so verwirrt aus, dass Marco schon an seinem Urteilsvermögen zweifeln wollte, dann aber bebte dessen massiges Doppelkinn, als er tatsächlich schnaufend zu lachen begann. »Buahaha, sag' bloß… hast du es etwa geschafft, den falschen Leuten ans Bein zu pissen, oder wie!? Oh scheiße, das ist ja zu köstlich… geschieht dir nur recht!« Sein hämisches, kurzatmiges Gelächter tönte Marco wie splitternde Glasscherben im Ohr. Der Konzerner stand wieder auf. »Was soll das heißen?«, knurrte er nur noch mühsam beherrscht und rammte die Fäuste in die Taschen seiner Anzughose, da er sonst wohl Gefahr gelaufen wäre, seinem Stiefbruder die gehässige Visage zu polieren. Weevils plötzlicher Gemütsumschwung prickelte wie eine unheilbringende, eisige Berührung über sein Rückgrat und ließ ihn einen kurzen Blick mit Law tauschen, der ebenso angespannt wirkte. Weevil wischte sich mit einer übertriebenen Geste den Speichel von den wulstigen Lippen und zog mit einem widerlich feuchten Geräusch die Nase hoch. Obwohl er am Boden hockte, sah er plötzlich mit einer überraschenden Selbstsicherheit und krankhafter Überzeugung zu Marco auf, was Law rein instinktiv nach der Waffe tasten ließ, die noch im Bund seiner Jeans steckte. Weevil mochten vielleicht die körperlichen Attribute fehlen, um sich ernsthaft gegen Marco in einem fairen Kampf behaupten zu können, doch gerade solche Menschen waren mit Vorsicht zu genießen, da sie häufig auf Arglist und Täuschung setzten und selten fair spielten. Marco würde seinen Bruder sicher nicht wirklich erschießen wollen... aber Law würde es tun, so der feiste Kerl auch nur eine falsche Bewegung machen sollte. »Das heißt«, begann Weevil, die Worte geradezu genüsslich in die Länge gezogen, »dass du dir offenbar Feinde gemacht hast, die du dir lieber nicht hättest machen sollen, du Musterknabe! Ich wollte dich tatsächlich nur ausspionieren, weil ich ganz genau weiß, dass du Leichen im Keller hast, da Vater ja immer sooo ein großes Geheimnis um deine Vergangenheit gemacht hat«, er bleckte die Zähne und maßlose Schadenfreude tanzte in seinen bösartig kleinen Augen, »aber ich habe offenbar in zu kleinen Dimensionen gedacht und jemand in den höheren Riegen hat wohl entschieden, dass du besser gleich von der Bildfläche verschwinden solltest«, seine Schultern zuckten unter einem weiteren Lachen. »Das käme mir ja mehr als gelegen und schade wäre es um dich wohl kaum!« »Verdammt, hör' auf in Rätseln zu reden!« Marcos Hand schoss vor und er riss kurz am Stoff des goldenen Pyjamas, bis das verfängliche Tattoo auf Weevils Schulter zum Vorschein kam. Er schnaufte resigniert aus und fuhr sich aufgewühlt mit der Hand durch die Haare. Seltsamerweise hatte er wohl insgeheim immer noch gehofft, dass sein Stiefbruder nicht wirklich so tief gesunken war. »Wer sind deine neuen Freunde, mit denen du neuerdings verkehrst?« Als Antwort darauf grinste Weevil nur versonnen. »Das wirst du sicher schon bald selbst herausfinden. Ihr alle werdet das...« Law verdrehte bei diesem wirren Gerede die Augen genervt. Er schnappte sich den USB-Stick vom Port des Rechners und ließ ihn in einer fließenden Bewegung ungesehen in seine Jackentasche gleiten. Dann stand er wieder auf. »Was wollen diese Typen? Warum haben sie es auf meine Schwester abgesehen?«, fragte er mit harter Stimme, obwohl er schon ahnte, dass sie vermutlich nichts wirklich sinnvolles aus dem zugedröhnten Kerl herausbekommen würden. Weevils unruhige Augen hafteten sich abschätzend auf Law. »Schwester?! Keine Ahnung, ich weiß nichts von irgendeiner Schwester-... Gott, Scheiße!« Er japste erschrocken, als Marco ihn grob wieder auf die Füße zerrte. Er war sich bewusst, dass es vergebliche Mühe sein würde, doch trotzdem versuchte Marco an einen Rest von Gewissen in seinem Stiefbruder zu appellieren. »Ist dir eigentlich klar, dass wegen dir jetzt fünf Männer tot sind!?«, fuhr er Weevil an und schüttelte ihn, in dem eher hoffnungslosen Versuch, seinen vernebelten Verstand zu klären. Weevils Augen flackerten, aber da war keine Reue. Niemals Reue, nur diese perfide Überheblichkeit und krankhafter Triumph. »Na und? Die interessieren mich doch einen Scheiß!«, entgegnete er in einem verächtlichen Zischen und wischte Marcos Hand vom Aufschlag seiner Jacke. »Genausowenig wie du und deine heuchlerische Scheinheiligkeit! Du bist nur ein lästiger Fehler im Getriebe. Ich wollte die Dinge wieder geraderücken. Wärst du nie aufgetaucht, würde die Firma längst mir gehören, wie es schon immer hätte sein sollen!«, ereiferte sich Weevil in einer morbiden Form von Selbstgerechtigkeit. Law glaubte ihm sofort - Menschen wie Weevil Newgate scherten sich nicht um andere, sondern prinzipiell nur um sich selbst und ihre Interessen. Wenn Marco Phoenix nicht wäre, hätte Law selbst auch niemals an dieser Wahrheit gezweifelt. Marco war völlig fassungslos über diese absurde Rechtfertigung. Ungläubig schüttelte er den Kopf. Das kann doch nicht wirklich sein Ernst sein?! »Die Dinge geraderücken?! Hast du jetzt völlig den Verstand verloren?!« Er packte seinen Stiefbruder erneut und rammte ihn nicht gerade zärtlich gegen die Wand, als wollte er mit ihm eine Kerbe in das Mauerwerk hauen. Weevil ächzte schmerzhaft. »Weißt du eigentlich, mit was für Leuten du dich da eingelassen hast, du dämlicher Idiot!? Diese Typen gehen über Leichen!« Law wollte es kaum glauben, aber Weevil Newgates massige Schultern zuckten erneut unter stillem Gelächter, bevor er den verklärten Blick hob und unerwartet fest erwiderte: »Na das hoffe ich doch! Es wird Zeit, dass jemand aufräumt und die natürliche Ordnung der Dinge wieder herstellt. Wenn er endlich zurückkehrt, wird die Welt erneuert und Typen wie du werden lernen im Staub zu kriechen, wo sie hingehören«, spuckte er Marco mit einem wahnsinnigen Grinsen vor die Füße. »Wovon zum Teufel redest du?!«, fuhr Marco ihn ungehalten an. »Wer ist er?!« »Der König aller Könige«, sagte Weevil, als würde das alles erklären. »Gott, hör' auf mit diesem Schwachsinn! Sind Terroranschläge geplant? Was soll das heißen, die natürliche Ordnung der Dinge wieder herstellen?« Law hatte genügend Wahnsinn bei Menschen gesehen, um zu wissen, dass Weevils Worte nicht durch Drogen oder Traumata bedingt waren, sondern durch euphorischen Fanatismus. Er war überzeugt von dem, was er sagte… und das war gefährlich. Wer oder was auch immer dieser Zirkel war, sie scharten offenbar einen Haufen leicht beeinflussbare Geister um sich und fütterten ihren kranken Idealismus mit utopischen Zukunftsvisionen. Weevil atmete schnaufend aus. »Das werden Leute wie du nie verstehen!«, urteilte er geradezu herablassend. Marco ließ Weevil überraschend los, der daraufhin irritiert auf seine Füße zurück sackte und den Blonden misstrauisch beäugte. Der Konzerner holte tief Luft, die Stimme unheilvoll ruhig, als er fragte: »Musste Stussy deswegen sterben? Weil sie es auch nicht verstanden hat? Wurde sie deswegen ermordet?« »Was...?!« Weevil sah Marco jetzt verwirrt an und kniff die Augen zusammen. Für einen Moment wirkte er ehrlich aus dem Konzept gebracht. »Was ist mit Stussy?« »Sie wurde in ihrem Appartement erschossen, vor nicht einmal ganz einer Stunde. Weil du sie in deine Scheiße reingezogen hast«, erklärte Marco tonlos. Überraschung und Ungläubigkeit blitzten in Weevils Augen auf, möglicherweise verspürte er sogar so etwas wie Bedauern oder den Hauch eines schlechten Gewissens, doch bevor diese Emotionen überhaupt wirklich Gestalt annehmen konnten, siegte sein schlechter Charakter. Er strich sich den Pyjama glatt und erwiderte mit einem ungerührten Achselzucken: »Die kleine Schlampe hat’s doch nicht anders verdient. Musste ihre Nase immer in Dinge stecken, die sie nichts angehen. Die war ja nicht mal wirklich zum ficken gut. Ich hatte eh nie wirklich Bock auf gebrauchte Ware von dir...-« Marco stürzte sich wie ein Berserker auf den feisten Kerl und seine Faust traf mit solcher Wucht seitlich auf Weevils Kinn, dass Law das Knacken des brechenden Kiefers hören konnte. Der entfesselte Konzerner riss den aufjaulenden Weevil herum und stieß ihn in das Chaos auf seiner Couch, wodurch ein paar der leeren Flaschen auf dem Tisch klirrend zu Boden fielen, bevor Marco schon nachsetzte, sich über Weevil hockte und mit wirklich wenig Zurückhaltung auf den jammernden, fetten Kerl einprügelte. Weevil hatte dem Konzerner kaum etwas entgegen zu setzen und starrte Marco jetzt mit entsetzt geweiteten Augen voll ernsthaftem Schrecken an. Dagegen wirkte Marco geradezu furchteinflößend ruhig, sein Gesicht war eine undurchdringliche, regungslose Maske, die bei Law sämtliche Alarmglocken schrillen ließ. Schlag um Schlag kassierte Weevil von Marco und wo der anfangs noch versucht hatte, sich verzweifelt zu wehren, konnte er inzwischen nur noch die Arme in dem kläglichen Versuch hochreißen, Marcos Fäuste irgendwie abzuwehren und sein Gesicht zu schützen. Doch der Konzerner durchbrach seine hilflose Deckung geradezu mühelos immer und immer wieder. Inzwischen floss bereits Blut aus Weevils Nase, seine Lippe war aufgeplatzt und sein ehemals weißer Schnurrbart war völlig verklebt durch Speichel, Tränen und Blut. Seine schwächliche Gegenwehr erlahmte nach und nach und sein eh schon aufgedunsenes Gesicht schwoll nur noch mehr an, bis seine Gesichtszüge kaum noch erkenntlich waren. Obwohl Weevil eindeutig unterlegen war und bald schon mehr als genug hatte… hörte Marco nicht auf. Er bearbeitete seinen flehenden und wimmernden Stiefbruder wie ein Stück rohes Fleisch und auch wenn Weevil jeden Schlag vermutlich mehr als verdient hatte, wenn Marco nicht bald die Handbremse zog, konnte Weevil ernsthaft in Lebensgefahr geraten. Law wurde langsam unruhig, denn Marco schien jenseits rationalem Denkens, indem ihm die Folgen seines Handelns wirklich bewusst zu sein schienen. Wie im Wahn krachten Marcos Fäuste weiterhin in Weevils Gesicht, der inzwischen kaum noch bei Bewusstsein war. Sein rechter Arm zuckte unkontrolliert über das Couchpolster und fegte einige der Magazine beiseite. Blutige Blasen sammelten sich auf seinen aufgedunsenen Lippen und seine zugeschwollenen Augen flackerten, als ein stummer Alarm durch hektisch blinkendes Neonlicht an der Decke aktiviert wurde. Law fluchte. Trauma-Team, Notfallambulanz und rasche Eingreiftruppe für reiche und privilegierte Bürger, war damit über den kritischen Gesundheitszustand ihres Patienten und Kunden informiert und vermutlich würde es kaum fünf Minuten dauern, bis ein Sanitäterteam mit einer Menge Waffen vor Ort wäre, um die Wohnung zu stürmen. Sie mussten jetzt schleunigst verschwinden. »Marco…«, Law trat an die Seite des Konzerners und versuchte dessen Aufmerksamkeit zu erlangen. »Lass‘ ihn. Er hat genug. Trauma-Team ist bereits unterwegs.« Doch Marco schien ihn gar nicht zu hören, sondern machte mit einer eiskalten Präzision einfach weiter, als hätte sich ein Schalter in ihm umgelegt und ihn in einen völlig anderen Menschen, fern ab von Emotionen, verwandelt. Obwohl auch seine Fingerknöchel bereits aufgeplatzt waren und Weevils Blut überall auf seine Anzugjacke und Hose gespritzt war, blieb seine Miene ausdruckslos und fast abwesend. »Marco!« Law griff beherzt nach dem Arm des Blonden und zerrte ihn fast schon gewaltsam von dem inzwischen bewusstlosen Weevil herunter, der in einer Lache seines eigenen Blutes und Urins lag. Der Gestank brachte Law fast um, doch er schluckte die Übelkeit herunter und fokussierte sich auf Marco. »Er ist es nicht wert, hörst du?! Der Scheißkerl ist es nicht wert, dass du ihn von seinem Elend erlöst und für ihn ins Gefängnis gehst!« Law hielt Marcos Gesicht umfasst und zwang dessen Blick damit zu sich, bot ihm einen Anker, durch den der Blonde wieder zu sich kommen konnte. »Er wird seine Strafe bekommen, aber nicht durch dich. Das werde ich nicht zulassen, verstehst du!?«, sprach Law eindringlich. Langsam klärten sich die blauen Augen des Konzerners und er nickte ihm kaum merklich zu. Nachdem Law sicher war, dass sich Marco nicht sofort wieder auf seinen Stiefbruder stürzen würde, ließ er ihn zögerlich los und beugte sich kurz über Weevil, um an dessen Halsseite nach dem Puls zu suchen. Erleichtert schloss Law kurz die Augen, als er tatsächlich ein Flattern unter seinen Fingerspitzen fand - erleichtert um Marcos Willen, dass der Kerl noch lebte, denn Weevil Newgate war es bei weitem nicht wert, dass sich Marco wegen ihm in Teufels Küche brachte. Law bewegte den bewusstlosen Weevil in eine halbwegs stabile Seitenlage, damit er zumindest nicht noch an seinem eigenen Blut ersticken konnte, bevor er rasch wieder zu Marco herumwirbelte und den wie betäubten Konzerner am Arm ergriff. »Wir müssen hier schleunigst weg«, drängte er mit einer knappen Kopfbewegung auf die noch immer hektisch blinkende Alarmanlage. Marco nickte stumm und mit blassem Gesicht, doch er folgte Law aus der Wohnung. Zum Glück begegnete ihnen auf dem Flur niemand weiter, trotzdem entschied sich Law entgegen des Haupteinganges, sondern führte Marco zu einem Treppenhaus für das Servicepersonal, wodurch sie durch einen kleinen Nebeneingang auf die Straße gelangten. Gerade noch rechtzeitig, da über den nächsten Häuserkomplex bereits das fliegende, gepanzerte Einsatzfahrzeug des Trauma-Teams heranschwebte. Das Siegel auf Marcos Handgelenk gewährte ihm zwar eine gewisse Immunität, doch lange Befragungen konnten sie sich im Moment wirklich sparen. Ohne weitere Zwischenfälle oder besonderes Aufsehen zu erregen, erreichten sie Marcos Caliburn und der Konzerner schwang sich hinter das Steuer, um wieder in Richtung Ikebukuro zu fahren. Law schielte während der sehr stillen und irgendwie bedrückenden Fahrt immer wieder zu Marco hinüber, der mit angespannten Kiefermuskeln und starrem Blick das Gaspedal durchdrückte und den teuren Wagen wie getrieben über den Highway jagte. Law hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen, doch er wollte dem Konzerner auch erst einmal Zeit geben, sich wieder zu sammeln und das Geschehene zu verarbeiten. Also lehnte er sich in den bequemen Sitz zurück und sah aus dem Fenster auf die rasch vorbeiziehende Stadt. Marcos ungewöhnlicher Kontrollverlust war für Law mehr als verständlich, nach allem, was heute und die letzten Tage passiert war und eigentlich war es fast bewundernswert, dass Marco nicht schon viel eher die Fassung verloren hatte. Er selbst war sich nicht sicher, ob er diesem ekelhaften Kerl an Stelle des Konzerners nicht noch viel mehr und weitaus Schlimmeres angetan hätte. Weevil hätte es verdient, doch dieses Urteil stand Law nicht zu. Wieder sah Law zu Marco hinüber, der den Eindruck erweckte, das Lenkrad gleich aus der Verankerung reißen zu wollen, so eisern, wie er dieses umklammerte. Noch immer klebte Weevils Blut an den Händen des Konzerners und trocknete dort. Law war ehrlich zu sich, er hatte Marco aufgehalten, weil er ihn hatte beschützen wollen - vor einer unüberlegten Straftat und vor seinem eigenen Gewissen. Es hätte Marco sicherlich vernichtet, wenn er seinen Stiefbruder wirklich aus dem Affekt heraus getötet hätte, denn das hätte sich dieser warmherzige, gutmütige Kerl vermutlich selbst nie verziehen. Marco riss das Lenkrad plötzlich herum und Law stützte sich an der Innenseite der Autotür ab, als der Konzerner die Richtung änderte und die nächste Ausfahrt vom Highway nahm. Er steuerte den Wagen in eine Parkbucht, die zu einer Aussichtsplattform gehörte, welche sich flügelartig über den ausladenden, innerstädtischen Japanischen Garten spannte. Der machte einen Teil der Roppongi Hills aus und war ein beliebter Treffpunkt für die Highsociety mit den vielen kleinen Cafés und exklusiven Teehäusern. Der Konzerner ließ den Motor mit einem letzten, kraftvollen Schnurren verstummen und starrte verkrampft aus der Windschutzscheibe, während er die großen Hände so fest um das lederne Lenkrad schloss, dass seine Knöchel spitz hervortraten. Düstere Schatten zogen durch seine blauen Augen und unter den längeren Stoppeln seines Bartes konnte Law die mahlenden Kiefermuskeln ausmachen. In seinem zerknitterten Anzug bot er einen ungewohnt desolaten Anblick. Der emotionale Ausbruch - auf den Law eigentlich die ganze Zeit schon gewartet hatte - folgte nun, als Marco mit den flachen Händen mehrmals frustriert auf das Lenkrad schlug und dabei derb und wirklich uncharmant fluchte. Dann riss er die Autotür auf und verließ fast fluchtartig den Wagen, um zu der hölzernen, reich verzierten Pagode hinüber zu laufen, die auf der Aussichtsplattform gegen die stählerne Silhouette der Stadt mit den unzähligen Reklamebannern wie ein Fragment aus längst vergangenen Zeiten aufragte. Law folgte Marcos breitem Rücken mit den Augen und biss sich unschlüssig auf die Zungenspitze, während er einen stillen Kampf mit sich selbst ausfocht. Höchstwahrscheinlich sollte der Konzerner in dieser Situation nicht allein sein und irgendetwas in Law drängte ihn dazu, Marco zu folgen, aber er hielt sich selbst nicht wirklich für das Vorzeigebeispiel von Empathie und Mitgefühl. „Er ist ein Freund“, hallten Marcos Worte in ihm wieder und mit einem schweren, aber entschlossenen Atemzug warf Law seine Schwertscheide und seine Mütze auf den Rücksitz und stieg ebenfalls aus. Er hatte Marco gesagt, dass er für ihn da sein würde und verflucht, ja - das würde er auch, weil er den Konzerner wirklich mochte. Also würde er das bisschen an Einfühlsvermögen, was er besaß, zusammenkratzen und versuchen, Marco irgendwie der Freund zu sein, den der jetzt sicherlich dringend brauchte. Marco stapfte mit ungehaltenen Schritten unter die geschwungene Überdachung des hölzernen Freilufttempels, wo ein steinernes Wasserbecken für die traditionelle Reinigung vor dem Gebet und dem Besuch des Tempels untergebracht war. Während ihm der kalte, aber angenehm frische Wind, der vom Japanischen Garten herauf wehte, um die erhitzte Stirn strich, tauchte er eine der hölzernen Kellen in das klare Wasser und begann sich das Blut harsch von den Händen zu waschen. Die Reinigung war in diesem Moment weniger rituell als schlichtweg zweckmäßig und Marco wollte gar nicht wissen, wie viele der hier ansässigen Shinto-Gottheiten er gerade durch sein Handeln beleidigte. Aber er musste das Blut unbedingt loswerden. Das Blut, das er eigentlich nie mehr an seinen Händen kleben haben wollte, nicht einmal das seines offenbar unbelehrbaren, scheußlichen Stiefbruders. Marcos Gesicht spiegelte sich in dem seicht plätschernden Wasser und er war beinahe selbst erschrocken über die noch immer schwelende Wut in seinen Augen. Er konnte spüren, dass Law sich ihm näherte. Der junge Mann musste ebenfalls ausgestiegen und ihm schweigend gefolgt sein. Bisher hatte er sich noch nicht wertend über sein Verhalten geäußert, aber Marco wünschte sich, dass er nicht gerade gegenüber Law so die Fassung verloren hätte. Der junge Mann hatte ihn gesehen, wie die wenigsten ihn je erlebt hatten und was mochte der wohl jetzt von ihm denken, wo er dessen Argwohn doch gerade erst bezwungen und Law sich ihm gegenüber ein wenig geöffnet hatte... »Das hätte nicht passieren dürfen«, räumte Marco mit rauer Stimme ein, als Laws Umriss nun ebenfalls auf die sich kräuselnde Wasseroberfläche fiel und der junge Mann sich neben ihm an das Wasserbecken lehnte, still und leise wie ein Schatten. »Ich hätte nicht so die Kontrolle verlieren dürfen.« »Wir alle machen Fehler«, sagte Law ruhig und schlug einen Fuß über den anderen. »In den letzten Tagen und heute ist so viel passiert, niemand steckt das einfach so weg und kann dabei völlig gelassen bleiben.« Seine grauen Augen huschten flüchtig zu Marcos Händen, von denen noch immer rot gefärbtes Wasser tropfte. In seinem Gesicht stand keinerlei Urteil und Marco fragte sich insgeheim, wie oft Law sich wohl schon Blut von den Händen hatte waschen müssen... Marco schnaufte frustriert. »Ich kann mir keine Fehler erlauben, nicht in meinem Leben, nicht in meiner neuen Stellung und Position, wo jeder Fehler ein Menschenleben kosten kann.« Mit fast groben Bewegungen rieb er die Spuren von Weevils Blut von seiner Haut, die durch das kalte Wasser und die unsanfte Behandlung bereits gerötet war. Die Last seiner Verantwortung drückte in diesem Augenblick tonnenschwer auf Marcos Schultern. Laws Hand schob sich ruhig, aber bestimmt über seine Finger und stoppte die raue Selbstkasteiung. Der junge Mann schöpfte ein wenig Wasser mit der hohlen Hand aus dem Becken und rieb jetzt selbst sanft mit dem Daumen die letzten, rötlichen Reste von Marcos Fingern. »Es ist mehr als menschlich, Marco. Niemand kann erwarten, dass du immer richtig und vorbildlich handelst. Du bürdest dir zu viel auf, wenn du das selbst von dir verlangst.« Marco schluckte. Law war so nah gekommen, dass einige der wilden Strähnen seines schwarzen Haares ihn beinahe am Kinn kitzelten und ihm Laws Duft von Kiefergehölz und Frost in die Nase stieg. Die Nähe des jungen Mannes hatte eine gleichzeitig beruhigende, wie aufwühlende Wirkung auf ihn. »Aber jetzt sind wir so schlau wie zuvor und wissen eigentlich gar nichts. Wir hätten viel mehr aus Weevil herausbekommen müssen, wenn ich nur...-« »Hör' auf damit.« Law schüttelte den Kopf. »Wir hätten nicht mehr aus ihm herausbekommen, glaub' mir, ich kenne solche Typen zur genüge. Alles, was wir noch von ihm erfahren hätten, wäre nur noch mehr wirres Zeug gewesen. Er war völlig zugedröhnt, das hast du doch gesehen.« Law hob den Blick und Marco konnte den seinen kaum von den stählernen, überzeugten Augen abwenden. »Weevil Newgate ist ein unerträgliches Arschloch. Er hat diese Abreibung mehr als verdient.« »Nein«, entgegnete Marco abwehrend. »Niemand verdient es, so zugerichtet zu werden. Ich hätte mich besser im Griff haben müssen, ich bin der Vernünftigere von uns beiden, ich hätte es besser wissen müssen…« Wenn er anfangen würde, sich nicht mehr vor sich selbst zu rechtfertigen, konnte ihn das auf einen Weg treiben, den er wahrlich nicht wieder beschreiten wollte. »Was ist, wenn er stirbt!?« Er wollte diesen Gedanken nicht einmal wirklich bis zum Ende denken, vor allem nicht, weil er kaum wüsste, wie er seinem Vater dann je wieder unter die Augen treten sollte. »Er wird überleben«, beruhigte Law ihn sofort. »Vermutlich wird er eine ganze Weile ziemliche Schmerzen haben und sein Gesicht wird wohl sehr lange kein schöner Anblick sein, aber das war es ja auch vorher schon nicht. Die für ein paar Wochen mangelnde Fähigkeit zu sprechen, wäre wohl durchaus eine Verbesserung zu vorher«, erklärte Law trocken und hob die Schultern. Die sonstige Härte war ein Stück weit aus seinen Augen gewichen und sein rechter Mundwinkel zuckte leicht. Marco blickte ihn verdutzt an, dann brach ein kleines, ungläubiges Schnauben aus ihm heraus. »Hast du gerade ernsthaft einen Witz gemacht, Trafalgar Law?« Law antwortete nur mit einem weiteren kleinen Achselzucken und ließ Marcos Hände nun wieder los, der den Verlust dieser tröstlichen, lebendigen Wärme ernsthaft bedauerte. Der junge Mann lehnte sich wieder an das Steinbecken, direkt neben Marco, der sich die feuchten Hände an seiner Jacke trocknete. Ihre Arme berührten sich dabei leicht. Die hervorbrechende Sonne spiegelte sich in Laws Ohrringen und der Wind bewegte dessen dunkle Haare. Sonst verschleierte seine Mütze meist ziemlich viel seines Gesichtes, aber Marco gefiel es so deutlich besser. Beide blickten sie einen Moment still über den kunstvollen Garten, der einige Meter unter ihnen lag. Marco entdeckte das schillernde, farbenfrohe Holo eines Koi über den Wimpeln der Zedern im Park. Der künstlich angelegte Wasserlauf, der den Japanischen Garten wie ein silbern leuchtendes Band durchzog, war von unzähligen kleinen Brücken überspannt, über die - trotz des kühlen Wetters - einige Besucher spazierten. Vor einem kleinen Teehaus wurden einige von ihnen von einem humanoiden Geisha-Roboter in einem leuchtend roten Kimono begrüßt. Marco betrachtete seine Hände. Obwohl das Blut abgewaschen war, blieb das Gefühl haften, klebte an ihm wie ein Makel, ein Mahnmal seiner eigenen Entgleisung. »Es hat mir gefallen…«, gestand er leise und voller Reue. »Ich habe es genossen, ihn zu schlagen und diese Macht zu haben, ihn für seine abfällige und respektlose Art zu bestrafen, für den Mord an Stussy. Ich war nicht mehr ich selbst.« Sein Erzeuger wäre vermutlich stolz auf ihn, aber Edward Newgate hatte ihn so nicht erzogen. Marco schmeckte die Abscheu gegen sich selbst bitter auf der Zunge. »Das kann ich verstehen.« Law hob eine Hand und bläuliche Energie knisterte um seine Fingerspitzen, nur der Hauch seiner Macht. Seine Haltung war ungewöhnlich offen, sein Blick nachdenklich und gnadenlos ehrlich, vermutlich auch zu sich selbst. »Mir ging es oft genauso. Diese Kraft, so sehr ich sie auch verabscheuen und manchmal sogar fürchten mag, ich habe es nicht selten genossen, die Furcht in den Augen der Menschen zu sehen, die mich Dämon nannten. Zu wissen, dass ich vielen von ihnen überlegen bin.« Er schüttelte den Kopf und das blaue Leuchten an seinen Fingern erlosch. »Ich fühle mich nicht gut damit, aber es ist ein Teil von mir, genauso wie es ein Teil von dir ist, Marco. Aber deswegen bist du nicht plötzlich ein schlechter Mensch.« »Warum fühle ich mich dann aber, als wäre ich es?« Marco biss die Zähne aufeinander und krallte die Finger in die steinerne Brüstung des Wasserbeckens. Persönliches Versagen schwebte wie eine bedrückende, dunkle Wolke über ihm, machte jeden Atemzug schwer und jeden Gedanken düster. Niedergeschlagen starrte er zu Boden und hob den Blick erst wieder, als er die überraschende Berührung von Laws Fingern am Oberarm spürte. Laws stahlgraue Augen waren eindringlich, seine Miene todernst. »Weil du ein viel zu guter Mensch bist, Marco. Weil du dich selbst hinterfragst und dir den Kopf über viel zu viele Dinge zerbrichst, woran andere nicht einen Gedanken verschwenden. Ich habe selten jemanden getroffen, der so selbstlos agiert wie du, der sich immer erst um andere sorgt, als um sich selbst. Zweifle nicht an dir selbst. Du lässt mich glauben, dass es vielleicht doch noch Hoffnung und Gutes in dieser elenden Welt gibt...« Law biss sich auf die Zunge und wandte kurz den Blick ab, überrascht von sich selbst und seinen so offenen Worten. Der Konzerner brachte eine Seite in ihm hervor, die er jahrelang tief in sich verschlossen hatte. In Marcos Nähe ließ er völlig selbstverständlich seine Deckung fallen, wollte seine tiefsten Gedanken mit ihm teilen und dafür sorgen, dass es ihm gut ging und er sich nicht quälen musste, vor allem nicht wegen eines Arschloches wie Weevil Newgate. Nachdem er kurz die Augen geschlossen hatte, ertastete Law den kleinen USB-Stick in seiner Tasche und zog ihn nach einem kleinen Zögern heraus, um ihn Marco in die Hand zu drücken. Der runzelte fragend die Stirn. »Was ist das?« Law zog die Schultern ein wenig hoch, als eine kalte Böe durch die Häuserschluchten strich und den Geruch von Matchatee aus dem tieferliegenden Japanischen Garten herauftrug. Er befeuchtete sich flüchtig die Lippen, konnte das herbe Aroma fast schmecken. »Der Beweis, das Weevil vermutlich jeden Schlag verdient hat, den du ihm verpasst hast«, erklärte er Marco. »Auf seinem PC waren nicht nur Filmchen für seine Follower, sondern auch wirklich derbes Material, das normalerweise illegal auf dem Schwarzmarkt gehandelt wird. Blutiges, gewaltverherrlichendes Videomaterial, in denen MAGs ihre Kräfte an wehrlosen Tieren und Menschen austesten. Zur Unterhaltung für reiche Geldsäcke, die sich solches Zeug dann überteuert und meist zugedröhnt als VR-Mitschnitt reinziehen, um sich aufzugeilen.« Law erschauderte angewidert. »Was...?!«, blinzelte Marco gänzlich entgeistert. Er wurde merklich blasser. Law griff erneut nach Marco und schloss seine eigenen Finger um die große Hand des Konzerners mit dem Datenstick. Ihm fiel auf, dass sein Hautton ein wenig heller als Marcos war... und das er sämtliche Berührungsängste in der Nähe des Blonden verlor, vielmehr, dass er die Nähe zu Marco ganz bewusst suchte. »Du solltest das offiziell an den Senat weiterleiten und Weevil damit ein für allemal aus dem Verkehr ziehen. Ja, das wird deinem Vater vielleicht nicht gefallen, aber dein Stiefbruder ist ein Schwein, er hat weit schlimmeres als deine Abreibung verdient. Ich will nicht, dass du dir wegen ihm auch nur noch eine Sekunde ernsthaft ein schlechtes Gewissen einredest.« Marco sah auf ihre Hände, musste das erst einmal verarbeiten, bevor er den Blick hob und Laws attraktives, ernstes Gesicht ausgiebig musterte. Laws Hände waren überraschend warm und kräftig, sein Ausdruck sehr entschlossen und überzeugt. Marco wurde in diesem Moment sehr deutlich bewusst, dass er sich zu dem jungen Mann hingezogen fühlte, auf eine sehr tiefgreifende Art und Weise, weil er spürte, dass Law ihn verstehen konnte wie vielleicht niemand sonst. »Ich werde das den entsprechenden Stellen zukommen lassen«, versprach Marco und ließ den Datenstick in seine Jackentasche gleiten. Für einen Moment war Marco wahrlich verloren gewesen, völlig aus seiner sonst so selbstbestimmten Ruhe gebracht und unversehens wieder in die Vergangenheit katapultiert - aber Laws Gegenwart und seine eindringlichen, ehrlichen Worte hatten ihn wieder aufgefangen. Law hatte gesehen, was unter Marcos Oberfläche lauerte, was immer ein Teil von ihm sein würde und war nicht davor zurückgeschreckt. Ein Gruppe Passanten - den begeistert glänzenden Augen und der ausgelassenen Stimmung nach Touristen - kamen mit Tokio-typischen, bunten Regenschirmen an der Pagode vorbei. Eine junge Frau zückte ihr SmartCom, um ein paar Selfies vor der traumhaften Aussicht hier oben machen. Dabei schien sie Marco zu erkennen, denn sie warf sich die Haare über die Schulter und wollte schon neugierig zu ihnen herüber kommen. Doch Law wies die Frau mit einem eiskalten Blick in die Schranken, wodurch die schnell zu ihrer Freundin zurück huschte und sich bei ihr unterhakte. »Das mit Stussy tut mir wirklich leid«, nahm Law das Gespräch wieder auf, nachdem die Gruppe weitergezogen war. Er meinte seine Worte durchaus ehrlich. Auch wenn er keinen Bezug zu der Frau hatte, bedauerte er ihren Tod. Ein weiteres, sinnlos ausgelöschtes Leben, das in den Mühlen der Megametropole zwischen den Fronten zerrieben worden war. Marco nickte dankbar. Wenn er den Gedanken an Stussys Tod jetzt zuließ, war da wirklich wenig Trauer, sondern hauptsächlich eine Menge Wut und Unverständnis über die Wirren des Schicksals. »Wir waren kein Paar mehr und meine Gefühle für sie sind längst vergangen, aber solch einen Tod hatte sie nicht verdient.« Erschöpft wischte Marco sich über die müden Augen. »Ich... ich werde sehen, dass ich zumindest die Kosten für die Behandlung ihrer Mutter übernehmen kann. Irgendwie habe ich das Gefühl, das wäre ich ihr schuldig.« Law beschämte die eigenartige Erleichterung, die er darüber empfand, dass Marco offenbar wirklich keine Gefühle mehr für die Frau gehabt hatte. »Gib' dir nicht die Schuld an ihrem Tod. Wie damals bei Kayle hättest du nichts tun können, um es zu verhindern.« Abermals legte Law die Hand auf Marcos Oberarm und bestärkte ihn mit einem sanften Druck seiner Finger. »Du solltest jetzt nachhause und dir ein wenig Ruhe gönnen.« Dass der Konzerner völlig durch den Wind war, war offensichtlich. Marco seufzte und strich sich durch die Haare. »Ich muss so viel erledigen...-« Doch Law hielt bestimmt dagegen. »Du musst dich jetzt vor allem erst einmal ausruhen. Du bist völlig übermüdet und emotional aufgewühlt. Alles andere kann warten.« Marco musste widerwillig einsehen, dass Law recht hatte. In seinem jetzigen Zustand wäre er wohl für niemanden eine wirklich Hilfe. »Na schön, in Ordnung«, gab er nach, griff aber nach Laws Fingern, bevor der sich abwenden konnte und ihn daraufhin überrascht und abwartend ansah. »Danke, Law, für alles. Danke, dass du mich vorhin aufgehalten hast, dass du mich verstehst und nicht verurteilst, dass du... hier bist.« Das winzige Lächeln auf Laws Lippen war wie ein wärmender Sonnenaufgang. »Nun, ich schätze, das machen... Freunde so?!« Er schien kurz unsicher über das Wort zu stolpern, doch sein Blick blieb fest auf Marcos gerichtet, als wollte er keine seiner Reaktionen verpassen. Die zaghafte Hoffnung in seinen Augen berührte Marco. Er erwiderte das Lächeln und spürte, wie sich eine enorme Last von seinem Herzen hob und mit der nächsten, frischen Böe scheinbar hinfort geweht wurde. »Ja, das machen Freunde so«, bestätigte er sanft. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)