Weil es damals nicht sein sollte von Tasha88 ================================================================================ Kapitel 9: Kapitel 9 -------------------- “Ich gehe noch die Sporthalle abschließen.” “Das kann ich auch machen, Daichi.” “Das passt schon, Tanaka.” Sawamura winkt ab, ehe er sich den anderen beiden Drittklässlern zuwendet. “Ihr könnt auch schon mal vorgehen, ich muss sowieso noch etwas für meine Mutter besorgen.” “Ich kann auch mitkommen”, erwidert Sugawara schulterzuckend. Sawamura muss sich zusammenreißen, um nicht lauthals abzulehnen. Daher schüttelt er nur seinen Kopf. “Ich habe wirklich keine Ahnung, wie lange das dauert. Geh du lieber und wir sehen uns ja morgen früh wieder.” “Hmm.” Sein bester Freund sieht ihn mit schief gelegtem Kopf an, ehe er erneut mit den Schultern zuckt. “Okay. Dann bis morgen.” “Ja, bis morgen.” Auch Azumane verabschiedet sich. Es dauert nur noch kurz, dann steht Sawamura allein in ihrem Clubraum. Sein Kopf lässt ihm keine Ruhe. Ob Sakanoshita kommt? Er könnte verstehen, wenn sie sich von ihm fernhalten will, immerhin war das, was er gemacht hat, alles andere als in Ordnung. Ihr vorzuspielen, dass er sie nicht leiden kann und sie dann aus dem Nichts heraus küssen, obwohl … Er lässt seinen Kopf in den Nacken fallen, presst seine Augen und Lippen zusammen, während seine Hände zu Fäusten geballt an seiner Seite hängen. Was macht er hier überhaupt? Er sollte auf Abstand gehen, so wie die letzten Monate auch schon. Stattdessen hat er sie jetzt zu einem Treffen gebeten, bei dem nur sie beide sind? Eigentlich will er sich dafür entschuldigen, dass er sie gestern geküsst hat. Ihr sagen, dass er trotzdem Abstand von ihr haben will, haben muss und hoffen, dass sie zum einen seine Entschuldigung annimmt und zum anderen, dass sie akzeptiert, dass er weiterhin nichts mit ihr zu tun haben will. Er kann, will es ja auch eigentlich gar nicht verleugnen, dass er Gefühle für sie hat, die auch der Grund dafür sind, dass er sie geküsst hat. Doch er muss sich zurückhalten und er ist sich nicht sicher, ob er das kann, wenn sie nur zu zweit sind, hat gestern ja schließlich auch nicht gut funktioniert. Sollte er vielleicht einfach nach Hause gehen und … Verdammt, Sawamura! Reiß dich zusammen! Du kannst sie nicht hierher bestellen und dann selbst verschwinden. Nein, so ein Mensch ist er nun auch nicht, er wird das jetzt durchziehen und dann damit klarkommen, dass er nicht derjenige ist, der für sie vorgesehen ist. Er reißt sich zusammen, greift nach seinen Taschen und verlässt den Clubraum der Volleyballmannschaft, den er hinter sich abschließt. Anschließend macht er sich auf den Weg zur Sporthalle. Vor dieser bleibt er stehen schiebt beide Hände in die Hosentaschen und wippt auf seinen Füßen unsicher vor und zurück. Er ist so unglaublich nervös, wie er es sonst vermutlich selten ist. Es ist bereits nach der Uhrzeit, die er ihr geschrieben hat und er ist sich nicht sicher, ob sie überhaupt noch auftaucht. Unsicher beißt er sich auf die Unterlippe. Soll er noch warten, ob sie doch kommt? Oder hat es keinen Zweck und er geht besser einfach nach Hause? In dem Moment ertönen Schritte und mit schneller schlagendem Herzen dreht sich Sawamura herum. Da kommt sie tatsächlich. “Sakanoshita”, bringt er hervor, macht einen Schritt auf sie zu, als Erleichterung ihn überkommt. “Sawamura …”, Miyuki verschränkt ihre Arme vor dem Oberkörper, wirkt aber total verunsichert, “was willst du?” Ihr Stimme klingt leise. Er macht einen weiteren Schritt auf sie zu. “Ich … wollte nochmal mit dir reden.” “Und über was genau? Dass du mich monatelang wie blöd dastehen lässt, mich bei jeder Begegnung von der Seite aus dumm anmachst und mich dann plötzlich küsst?” Der Ältere ist wie erstarrt, ehe er langsam nickt. “Ja, genau über das …” “Na gut.” Sie hebt ihren Kopf, sieht ihn aus blitzenden Augen an und versucht, jede Emotion vor ihm zu verbergen, denn in ihr sieht es ganz anders aus. Wieder macht er einen Schritt auf sie zu, überlegt, was er sagen soll, seine Finger spielen nervös mit dem Band seiner Tasche. “Es … es ist einfach …” “Kannst du es bitte einfach aussprechen? Es ist irgendwie … unangenehm, hier so zu stehen und nicht zu wissen, was du sagen willst, sagen wirst.” Auf ihre Aussage hebt Sawamura verwundert seinen Kopf zu ihr, ehe ein leichtes Lächeln seine Mundwinkel umspielt. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund, was unter anderem ja auch der Grund dafür ist, dass er sie so mag. “Du hast recht, entschuldige bitte, Sakanoshita. Ich wollte mich bei dir dafür entschuldigen, dass ich dich die letzten Monate so behandelt habe und in jeder Minute Streit mit dir gesucht habe. Und dann gestern, zum krönenden Abschluss oben drauf, dich einfach geküsst habe.” “Abschluss?”, fragt Miyuki leise, woraufhin sie erstaunt angesehen wird. “Was meinst du damit?” “Ist …”, sie beißt sich verunsichert auf die Unterlippe, “es wirklich ein Abschluss oder vielleicht …” Sein Gesichtsausdruck verschließt sich und er tritt einen Schritt nach hinten, auch wenn es in ihm anders aussieht. Sein Herz jubelt - das was sie da andeutet, das bedeutet doch … “Es tut mir leid, Sakanoshita, aber es geht nicht, völlig egal was ich empfinde.” “Warum? Erkläre es mir bitte!” “Es … es gibt da noch jemand anderen”, bringt er hervor. Ihre Augen weiten sich und sie wird blass. “Sag mir jetzt bitte nicht, dass du eine Freundin hast! Das … das wäre … Das wäre nicht okay! Ich fange auf keinen Fall etwas mit einem Vergebenen an und dazu gehört schon ein einzelner Kuss!” Auch Sawamuras Augen weiten sich und er macht vor Schreck einen Satz nach hinten, hält beide Hände abwehrend vor sich. “Nein. Nein! Ich habe keine Freundin! Es gibt keine andere!” “Aber was wolltest du dann damit sagen?” Ernüchterung überkommt ihn und er lässt seine Hände wieder sinken. “Es gibt jemanden”, er schluckt, “der dich mag. Ich kann und ich will ihm nicht im Weg stehen. Er … er hat es mir gesagt, ehe ich Gefühle für dich entwickelt habe und daher muss ich mich zurückhalten.” “Aber was”, Miyuki runzelt ihre Stirn, “wenn ich dich mag. Dich auch mag?” “Du magst mich?” Wieder zeichnet sich Erstaunen auf seinem Gesicht ab und etwas wie Hoffnung erscheint in seinen Augen, die aber sogleich wieder erlischt. “Aber … vielleicht magst du ihn mehr.” “Das weiß ich nicht, wenn ich nicht weiß, wer es ist. Tatsache ist, dass du mich gestern mehr als nur überrascht hast und … ich dachte bis vor einigen Stunden, dass ich dich auch überhaupt nicht ausstehen kann. Aber … ich kann es wohl doch.” “Sakanoshita, ich …” Noch ehe Sawamura aussprechen kann, ertönen Schritte in der Nähe und zwei Stimme sind zu hören, laut. Beide sind dem Kapitän der Volleyballmannschaft gut bekannt. “Komm mit”, bricht aus ihm heraus. Er umgreift Miyukis Handgelenk und zieht sie kurzerhand mit sich in die Sporthalle hinein. Er öffnet eine Türe an der Seite, schiebt das Mädchen hinein, folgt ihr und lehnt die Türe an, ehe er seinen Kopf dreht, um zu hören, was da draußen vor sich geht. “Mensch Tanaka, wenn Daichi mitbekommt, dass du dein Zeug in der Halle vergisst, schimpft er, das weißt du doch!” “Hab ich doch nicht mit Absicht gemacht, Noya! Ah, da ist sie schon. Gut, hab meine Jacke. Und … ähm, sollte Daichi die Sporthalle nicht abschließen?” “Schon, oder? Hat er es nicht zu dir gesagt, als du gemeint hast, dass du abschließen kannst?” “Ja. Hah, das werde ich ihm morgen ja mal sowas von auf die Nase binden. Und ich schreibe ihm gleich eine Nachricht, warte noch kurz, Noya.” Sawamura wird blass. Er löst seinen Griff um Miyukis Handgelenk und wühlt in seiner Tasche, um gleich darauf sein Handy hervor zu ziehen. Er stellt es auf lautlos und sein Puls, der ihm gerade noch bis zum Hals geschlagen hat, beruhigt sich wieder. Rechtzeitig! Und genau da geht Tanakas SMS ein. Ein leises Seufzen entkommt ihm. Er hätte hier nicht mit Sakanoshita entdeckt werden wollen. “Ich hab ihm geschrieben. So, komm, gehen wir wieder, Noya.” “Ja, lass uns verschwinden. Ich liebe es im Normalfall zwar hier zu sein, aber heute bin ich auch froh, dass wir Feierabend haben. Mensch, Ukai lässt uns zur Zeit echt schwitzen, was?” “Oh ja. Aber gut, er will ja auch, dass wir besser werden und gewinnen!” Ein Knallen ertönt, das anzeigt, dass die Türe der Sporthalle wieder geschlossen ist. Sawamura entspannt sich, aber nur einen kurzen Augenblick. Ein Ausatmen vor ihm zeigt ihm verschiedene Dinge an. Erstens: Er ist nicht allein hier. Zweitens: Sakanoshita ist ihm unglaublich nahe. Drittens: Sie ist ihm zu nahe. So nahe, dass er, als sie nun zu ihm aufsieht, direkt in ihre Augen blicken kann, jede einzelne Wimper erkennen und wenn er wollte, vermutlich auch ihre süßen Sommersprossen zählen könnte. Sein Puls, der sich eigentlich wieder beruhigt hat, steigt wieder an. Und nicht nur dieser. Das Verlangen, ihr näher zu sein, sie wieder zu küssen wird übermächtig und ehe er nachdenken kann, liegen seine Hände auf ihren Wangen, ziehen sie zu sich und wieder vereinnahmt er ihre Lippen mit seinen. Und was sein Herz vor Freude Sprünge machen lässt ist, dass sie den Kuss erwidert. Miyuki kann nicht mehr richtig nachdenken, als Sawamura sie küsst. Sie lässt sich in den Kuss fallen, in das, was er auslöst. Langsam lässt sie ihre Hände zu dem Reißverschluss seiner Jacke gleiten, öffnet diesen mit zitternden Fingern. Auf diese Aktion löst er den Kuss. “Was …?” Mit großen Augen erwidert sie seinen Kuss und zuckt mit ihren Schultern. Sie weiß gerade auch nicht so recht, was sie hier gerade tut. “Hast … hast du schon mal …?”, fragt Sawamura mit kratziger Stimme. Sie schüttelt ihren Kopf als Antwort. “Du?” Nun schüttelt er den Kopf. “Ich weiß nicht, ob wir …” “Ich denke, dass eigentlich nicht …” “Nein, eigentlich nicht.” Sie sehen einander an, versuchen abzuwägen, der Stimme der Vernunft nachzugeben, doch das ist in dem Moment nicht mehr möglich. Wer den ersten Schritt gemacht hat, keine Ahnung, doch da liegen ihre Lippen plötzlich wieder aufeinander. Sawamura nimmt seine Taschen von den Schultern, lässt diese auf den Boden fallen, gefolgt von seiner Jacke. Nachdenken ist nicht mehr möglich, so sehr sind sie von ihrem Verlangen eingenommen, während sie zum Mattenwagen stolpern, weitere Kleidungsstücke fallen lassen, ehe sie auf den Matten landen. ~🏐~ “Was … was bedeutet das jetzt genau für uns?”, ertönt Miyukis Stimme leise durch den dunklen Raum, während sie und Sawamura sich wieder anziehen. Dieser erstarrt. “Ich … ich weiß nicht, ich meine … es hat sich ja nichts zu vorher geändert. Da ist immer noch er und …” “Verdammt Sawamura!” Okay, seine Aussage war die falsche, so wie sie nun reagiert und sich wütend anhört. Er dreht sich um und blickt zu ihr, froh darüber, dass sie wieder angekleidet ist, denn dann hätte er sicher nicht richtig denken können. “Wir haben gerade … miteinander geschlafen! Mein erstes Mal. Und auch deines! Ich dachte immer, das erlebe ich mal mit einem Jungen, den ich wirklich liebe, das wichtigste aber: Mit einem Jungen, mit dem ich fest zusammen bin!” “Miyuki”, wechselt er zu ihrem Vornamen, “du musst mir glauben, dass ich das sicherlich nicht geplant hatte. Ich wollte eigentlich nur sagen, dass ich weiter Abstand von dir halten muss!” “Ist dir ja super gelungen”, knurrt sie und entlockt ihm ein Schmunzeln. “Das kann man wohl so sagen”, murmelt er, ehe er auf sie zugeht. “Ich …” Er sieht sie an, betrachtet sie und sein Herz macht einen Satz. Und genau das bringt ihn dazu, eine Entscheidung zu treffen. “Okay, hör zu.” Er greift nach ihren Oberarmen. “Ich kläre das, ja? Ich kläre das ab und dann … dann können wir …” Noch ehe er aussprechen kann, tritt sie einen Schritt zurück und löst sich so von ihm. “Es tut mir leid, Sawamura. Ich … ich muss darüber nachdenken …” Sie reibt sich über ihr Gesicht. “Das, was hier gerade passiert ist … Lass uns schauen, ja? Ich muss mir auch erst klar werden, was ich will. Du … ich mag dich, ja. Obwohl du so ein Arsch warst in den letzten Wochen, Monaten. Und ja, ich habe mit dir geschlafen, dachte, dass wir beide … aber ich weiß es nicht. Gerade bin ich einfach nur verunsichert.” Was auch daran liegt, dass er es bis vor wenigen Minuten versucht hat zu vermeiden, dass mehr zwischen ihnen entsteht. Und so eine Ablehnung fühlt sich nicht gut an. Sawamura erstarrt, ehe er sich nun ebenfalls unsicher durch die Haare streicht. “Okay. Denk darüber nach und dann sag mir, was du willst, damit ich weiß, was ich machen soll. Aber bitte sei dir bewusst darüber”, er sieht sie ernst an, “dass du mir etwas bedeutest.” Sie nickt und greift nach ihren Sachen. “Ich werde es im Hinterkopf behalten”, murmelt sie und verlässt gleich darauf ohne Verabschiedung sowohl den Geräteraum als auch die Sporthalle. Mit gerunzelter Stirn blickt Sawamura auf die Türe, durch die sie gerade regelrecht geflohen ist. Was war das? Er hat ihr doch sagen wollen, dass er keinen Kontakt mehr zu ihr haben kann … und jetzt hat er sogar mit ihr geschlafen! Das ist viel schlimmer als nur ein Kuss. Was soll er ihm jetzt nur sagen? Es wird ihm doch das Herz brechen. Er ist so ein verdammt schlechter Freund! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)