Mein Weg zu Dir von Khaleesi26 ================================================================================ Kapitel 15: Mimi ---------------- Zwei Tage später starre ich wie hypnotisiert auf den Kalender an meiner Wand im Schlafzimmer. Der Tag ist rot markiert und ich starre ihn so intensiv an, als könnte ich ihn dadurch irgendwie verändern. Die Zeit vor drehen oder ihn einfach komplett verschwinden lassen. Aber ich seufze nur, denn es nützt nichts. Heute ist Tais Geburtstag und eben hat er mir geschrieben, wie sehr er sich freut, mich heute Abend zu sehen. Hastig tippe ich eine Antwort, bevor ich es mir anders überlegen kann. Natürlich freue ich mich auch, wirklich. Tais Geburtstag war schon immer etwas Besonderes, weil wir, obwohl er ihn jedes Jahr mit einer großen Party feiert, ihn immer haben gemeinsam ausklingen lassen. Am Ende des Tages waren wir immer zu zweit und haben uns mit den Resten vom Kuchen den Bauch vollgeschlagen. Danach hat Tai seinen Wunsch fürs kommende Lebensjahr auf einen Zettel geschrieben, ihn an eine Rakete gebunden und wir haben ihn mit einem lauten Knall in den Himmel abgefeuert. Eine Tradition, die seine Mom früher ein mal in die Familie eingeführt hat. Irgendwann dachte sie, Tai und Kari wären zu alt dafür geworden. Aber Tai hat die Tradition fortgesetzt. Jedes Jahr, mit mir zusammen. Bei dem Gedanken daran lächle ich. Nur, um eine Sekunde später gequält das Gesicht zu verziehen. Dieses Jahr wird es das erste Mal anders sein. Dieses Jahr werde ich nicht als Letzte an seiner Seite sein. Dieses Jahr werde ich keine Rakete mit ihm abfeuern. Weil Sora es tun wird. Und das ist okay. Sie ist immerhin seine Freundin. Trotzdem weiß ich jetzt schon, dass ich es vermissen werde. An diesen Abenden habe ich mich Tai immer besonders nahe gefühlt. Es war diese eine Sache, die er nur mit mir geteilt hat und deshalb habe ich mich ihm verbunden gefühlt. Noch etwas, das ich nun hinter mir lassen muss. Dennoch gehe ich zu meinem Schrank und suche mir ein Kleid aus. Als ich es jedoch in den Händen halte und es betrachte, frage ich mich, wozu ich mich eigentlich so aufbrezeln soll? Interessiert doch eh keinen. Eine Jeans und Shirt tun es auch. Ich krame die Älteste von allen aus der hintersten Ecke hervor und ziehe sie entschlossen an. Sie hat ein paar Risse und kneift an den Schenkeln, weil ich, seit ich sie das letzte Mal getragen habe, ein wenig zugenommen habe. Aber egal. Dafür wird das Shirt umso weiter. Ich entscheide mich für ein oversized T-Shirt, welches ich mir in die eh schon hautenge Jeans stecke. Dann lege ich Tais Kette an. Egal, wie ich mich gerade fühle … sie erinnert mich immer daran, dass Tai immer für mich da sein wird. Sie gibt mir Kraft. Und genau das brauche ich heute Abend. Ich stecke Tais Geschenk in meine Tasche und als es an der Zeit ist, mache ich mich auf den Weg. Ich weiß, es ist eigentlich noch viel zu früh. Aber je eher ich komme, desto eher kann ich wieder gehen. Ich fahre einige Stationen mit der U-Bahn, steige jedoch etwas früher aus, um den Rest des Weges zu Fuß zu gehen und noch ein wenig die frische Abendluft zu genießen. In Wahrheit versuche ich einfach nur Zeit zu schinden. Was mir nicht besonders gut gelingt, denn nur nach zwanzig Minuten gemütlichem Spaziergang, bin ich an Tais Wohnung angekommen. Glücklicherweise höre ich von innen bereits Musik. Gut, ich bin also nicht die Erste. Ich hebe meinen Finger und will klingeln, als im selben Moment die Tür aufgerissen wird und Tai vor mir steht. Erschrocken springe ich zurück. »Gott, verdammt«, stoße ich fluchend aus. »Kannst du Gedanken lesen oder wolltest du mich einfach nur zu Tode erschrecken?« Tai verschränkt die Arme vor der Brust und lehnt sich grinsend gegen den Türrahmen. »Vielleicht ein bisschen von beidem.« »Okay«, schnaufe ich. »Ich drehe gleich wieder um.« Auf dem Absatz mache ich kehrt, doch Tai packt mich am Handgelenk und zieht mich zurück - direkt in seine Arme. Er drückt meinen Körper an seine harte Brust und meine Lungen versagen mir den Dienst. Mit seinen Armen umschließt er mich und presst mich fest an sich. Zu viel unerwartete Nähe … ich werde sicher gleich ohnmächtig. »Ich freue mich, dass du da bist«, seufzt er in mein Haar. »Schön«, keuche ich, nach Luft ringend. »Aber du erdrückst mich.« Tai spannt seine Muskeln noch mal extra an, so dass ich fast ersticke, dann lässt er mich los. Hastig schnappe ich nach Luft. »Hätte ich gewusst, dass du mich mit deiner Liebe fast erdrücken würdest, hätte ich dir einen Teddy geschenkt«, sage ich und Tai sieht mich amüsiert an. »Ich kann nichts dafür, dass du so klein und zerbrechlich bist. Übrigens …« Er sieht an mir hinab, dann wieder in meine Augen. »Tolles Outfit.« Ich stutze. Will er mich veräppeln? Andächtig ziehe ich eine Augenbraue in die Höhe. »Du musst mich nicht auf den Arm nehmen.« »Das war kein Witz«, erwidert Tai und zwinkert mir zu. Dieser Blick … verdammt. Hitze schießt mir ins Gesicht. Er hat das wirklich ernst gemeint. Aber warum sieht er mich gerade an, als würde ich im Ballkleid vor ihm stehen? Es sind doch nur irgendwelche alten Klamotten. »So gefällst du mir am besten«, fügt er noch hinzu, ehe er mich am Arm packt und rein zieht. Völlig überrumpelt stolpere ich mit ihm, doch bevor er mich zu der Meute ins Wohnzimmer zerren kann, halte ich ihn auf. »Tai, warte.« Überrascht dreht er sich zu mir um. »Was ist denn?« »Dein äh … dein Geschenk«, stammle ich etwas verlegen und ziehe eine kleine Schachtel hervor. »Ich möchte es dir gerne jetzt geben. Später haben wir sicher keine Gelegenheit mehr dazu und ich dachte …« »Zeig mal her«, unterbricht Tai mich und reißt mir das Geschenk gierig aus der Hand. »Äh ja, also dann … Happy Birthday.« Verdattert sehe ich ihm dabei zu, wie er die Schachtel eilig öffnet, als wäre er ein kleines Kind und ich der Weihnachtsmann. Zunächst runzelt er die Stirn, als er zwei kleine Papierstücke darin findet. Doch dann grinst er breit. »Das sind zwei Tickets«, erkläre ich ihm. »Für's Cosmo Planetarium«, sagt er und seine Augen beginnen zu leuchten. Und das ist das schönste Geschenk für mich. »Wow, danke! Hey Mimi, wir könnten doch …«, setzt er an, doch dann greift eine Hand um seine Schulter und entreißt ihm die Karten. »Zwei Karten fürs Planetarium?«, höre ich Matt's Stimme hinter Tai sagen, bevor er an ihm vorbei tritt. Seine Stirn ist in Falten gelegt. »Wow! Ich stehe total auf Dunkelheit und enge Räume«, sagt er und schielt kurz zu mir rüber, was ausreicht, um mich erröten zu lassen. Dann wendet er sich wieder an Tai. »Also, wenn du möchtest, gehe ich gerne mit dir hin.« Tai knurrt und reißt ihm die Karten aus der Hand. »Als ob ich mit dir da hin gehen würde, Dummkopf.« Matt verdreht die Augen und grinst. »Das verletzt mich jetzt aber. Dann nimm doch einfach Mimi mit. Ich bin sicher, sie steht auf so einen Kitsch. Sonst hätte sie dir das nicht geschenkt.« Ein weiteres Schielen in meine Richtung und wenn ich eben schon rot war, glühen meine Wangen jetzt lichterloh. »Du Vollidiot«, presse ich hervor und sehe ihn giftig an. »Natürlich sind die Karten für Tai und Sora. Wieso sollte er nicht mit ihr dort hin gehen?« Tai wirft mir einen seltsamen Blick zu, öffnet dann den Mund, um etwas zu erwidern, schließt ihn jedoch wieder und haut stattdessen Matt eine auf den Hinterkopf. »Genau. Vollidiot. Danke, für das Geschenk, Mimi.« Mit den Augen rollend dreht er sich um und verschwindet im Wohnzimmer. Matt lacht und möchte ihm folgen, doch ich halte ihn am Arm fest. »Hey, sag mal, was sollte das denn eben?« Fragend sieht er mich an. »Was meinst du?« »Du weißt genau, was ich meine?«, flüstere ich bissig. »War das eben etwa kein total bescheuerter Versuch, uns beide zu verkuppeln? Dachtest du ernsthaft, Tai würde mich um ein Date bitten, wenn du einen dämlichen Spruch loslässt? Du weißt genauso gut wie ich, dass er das nicht tun wird. Also, was soll das Gestichel?« Für einen Moment sieht Matt mich einfach an. Dann beginnt er belustigt zu schmunzeln. »Ich habe wirklich keine Ahnung, was du meinst.« Er streift meine Hand von seinem Arm und geht zurück ins Wohnzimmer, während ich irritiert auf der Stelle stehe. Was ist nur los mit ihm? Erst macht er mir dieses unmoralische Angebot, dass ich mit ihm schlafen soll und jetzt bringt er mich vor Tai in Verlegenheit? Was soll das? Irgendwie habe ich das Gefühl, dass er es in letzter Zeit auf mich abgesehen hat. Und das gefällt mir gar nicht. Für den Rest des Abends gehe ich Matt so gut es geht aus dem Weg. Und auch er redet seit dem peinlichen Schlagabtausch im Flur kein Wort mehr mit mir. Aber das ist auch nicht schwer, denn es sind genügend Leute da, mit denen ich mich unterhalten kann. Kari zum Beispiel, deren neulicher Zusammenbruch, von dem Tai mir erzählt hat, mir nicht mehr aus dem Kopf geht. »Hey«, sage ich deshalb und schleiche mich von hinten an sie ran. Sie erschrickt kurz, lächelt mich dann jedoch an. »Oh, Mimi. Du bist es nur. Ich dachte schon, es wäre …« Sie stoppt und schüttelt den Kopf. »Nicht so wichtig. Hast du Spaß?« Ich nicke und stelle mich neben sie. »Und du? Möchtest du was trinken?« Provokativ halte ich ihr mein Weinglas hin. Sie schaut es kurz an und schüttelt dann angewidert den Kopf. »Nein, danke.« »Du hast wohl erst mal genug von dem Zeug«, sage ich spitzfindig und nehme selbst einen Schluck. Kari verdreht die Augen. Dabei sieht sie immer genauso aus wie Tai, wenn er das tut. »Natürlich hat mein Bruder dir davon erzählt«, stöhnt sie genervt. »Was auch sonst.« Sie verschränkt die Arme vor der Brust und ich kichere. »Tut mir Leid, aber er erzählt mir alles, das weißt du doch.« Oder … fast alles. Bis auf diese eine Sache, die er mir nicht erzählt hat. Aber das ist jetzt nicht wichtig. »Was war an dem Abend los mit dir, Kari?«, frage ich mitfühlend, doch ihr Blick bleibt stur geradeaus gerichtet. »Gar nichts. Ich hatte lediglich ein bisschen Spaß. Ist das etwa verboten?« Oh, oh. Dünnes Eis. Manchmal vergesse ich, dass Kari mitten in der Pubertät steckt. Wenn ich nicht aufpasse, was ich sage, wird sie dicht machen. »Natürlich ist das nicht verboten«, sage ich deshalb verständnisvoll, obwohl ich etwas anderes denke und ihr am liebsten eine Standpauke halten würde, was in ihrem Alter alles noch verboten ist. »Aber dein Bruder hat sich wirklich Sorgen um dich gemacht. Und ich ehrlichgesagt auch, als er mir davon erzählt hat. Es ist nur … das bist doch nicht du, Kari.« »Nun, aber vielleicht bin ich ja jetzt so«, sagt sie und wirkt beleidigt. »Anscheinend sind Menschen oft anders als man denkt.« Bingo. Das war mein Stichwort. »Hattest du Streit mit jemanden und hast dich deshalb so betrunken?«, hake ich vorsichtig nach. »Kann man so sagen«, entgegnet sie und seufzt. Mir entgeht dabei nicht, dass ihre Augen dabei zu T.K. wandern, der mit seinem Bruder in einer Ecke des Wohnzimmers steht und redet. »Wie kann das sein, Mimi?« Ich folge ihren Blicken und bleibe ebenfalls an T.K. und Matt hängen. »Was meinst du?« »Ich meine: wie kann das sein, dass du denkst, du kennst eine Person und von der einen Sekunde auf die andere, verändert sie sich wortwörtlich vor deinen Augen? Und plötzlich steht da ein anderer Mensch und du stellst alles in Frage, was du je geglaubt hast, über diesen Menschen zu wissen. Wie ist das möglich?« Ihre Worte versetzen meinem Herzen einen kurzen Stich, denn sie treffen genau ins Schwarze. Ich sehe noch einen Moment Matt an, der sich ausgelassen unterhält und dabei lacht und frage mich ernsthaft, wie gut ich ihn eigentlich kenne. Dann suchen meine Augen Tai, der wenige Meter entfernt steht und sich mit Sora unterhält. Dabei kichert sie und wirft ihm verliebte Blicke zu. Ich weiß genau, was Kari meint … »Diese Frage kann ich dir nicht beantworten«, sage ich aufrichtig und zwinge mich, den Blick von den beiden abzuwenden. Stattdessen sehe ich Kari an und lege ihr eine Hand auf die Schulter. »Ich weiß nicht, was vorgefallen ist«, sage ich. »Aber manchmal lohnt es sich, noch ein zweites Mal hinzusehen und sich zu fragen, ob diese Person sich wirklich so sehr verändert hat wie man glaubt.« Kari legt den Kopf schief und lächelt gequält auf. »Danke, Mimi. Vielleicht hast du recht.« Ich schenke ihr ein aufmunterndes Lächeln. »Wenn du reden willst, ich bin jederzeit da.« »Ich weiß«, sagte sie und nickt. Dann grinst sie breit. »Aber bei dir muss ich immer Angst haben, dass du es meinem Bruder erzählst. Ihr zwei seid einfach unmöglich. Nichts könnt ihr voreinander verbergen.« Anklagend zeigt sie mit dem Finger auf mich, während ich ihre Aussage mit einem Grinsen überspiele. Wenn sie wüsste … schließlich verberge ich schon seit Ewigkeiten etwas vor Tai. »Ich kann schweigen wie ein Grab, wenn es sein muss«, sage ich und hebe ergeben die Hände. »Gut«, lacht Kari. »War auch nur ein Witz.« »Hey, Leute«, unterbricht uns plötzlich eine Stimme und wir zucken beide zusammen. T.K. und Matt stehen vor uns. Und so wie sie beide grinsen, heißt das nichts Gutes. »Habt ihr Lust auf ein Spiel?«, fragt T.K. Kari und ich sehen uns fragend an. »Welches Spiel?«, will Kari wissen und T.K. stemmt beide Hände in die Hüfte. »Es heißt Who among you …?«, erklärt T.K. »Das heißt: Wer von euch …?«, übersetze ich stirnrunzelnd. »Sehr gut, du Sprachgenie«, neckt mich Matt und ich strecke ihm die Zunge raus. »Klingt für mich schwer nach Flaschendrehen«, werfe ich genervt ein. »Das ist echt kindisch.« Matt stöhnt auf und wirft den Kopf in den Nacken. »Oh man, kannst du nicht wenigstens mal versuchen, ganz ungezwungen Spaß zu haben?« Sein neckisches Grinsen durchbohrt mich und trifft genau den richtigen Nerv. Ich werde rot. Schon wieder. Na warte, Ishida! »Doch, kann ich«, zicke ich ihn an und schnappe mir Kari. »Komm Kari, klingt doch nach einem lustigen Spiel, findest du nicht?« Siegessicher stapfe ich an Matt vorbei und wir gesellen uns zu der kleinen Gruppe, die sich bereits um den Wohnzimmertisch gebildet hat, während Kari sich sträubt. »Na, ich weiß ja nicht«, sagt sie zweifelnd, setzt sich jedoch trotzdem neben mich. Außer uns haben sich noch Tai und Sora, Izzy, Matt und T.K. natürlich und noch einige Freunde von Tais Uni hinzugesellt, die ich aber alle nicht kenne. Zwei Minuten später bereue ich es schon wieder, als jemand die Spielregeln erklärt. In der Mitte des Tisches liegt ein Stapel Karten, auf dem Fragen stehen. Die Fragen sind jeweils an alle Spieler gestellt und jeder muss antworten. Es sind total peinliche Fragen, die teilweise mit Aktionen verbunden sind, bei denen sich mir die Nackenhaare aufstellen. Schon nach der ersten Frage, möchte ich im Erdboden versinken. Aber vorher haue ich Matt noch eine runter. »Was denkt ihr, wer hat das heißeste Unterhöschen an? Stimmt ab! Derjenige muss es ausziehen und den Rest des Abends ohne Höschen gehen oder sein Getränk auf ex trinken«, fordert ein Mitspieler und ich rutsche unruhig auf meinem Platz hin und her. Jedes Mal, wenn ein Auserwählter eine Aufgabe ablehnt, muss er dafür einen Shot trinken. Okay. Ich werde definitiv betrunken aus diesem Spiel rausgehen. Oder aber ich habe so viel Glück und niemand stimmt für mich. Bis jetzt stehen meine Sterne gut. Ich danke Gott dafür, dass ich mich vorhin für meine alte Jeans und das übergroße T-Shirt entschieden habe, denn so kommt niemand auf den Gedanken, dass ich ein heißes Höschen tragen könnte. Stattdessen wird ein Mädchen von Tais Uni auserkoren, die nur ihren Shot schief angrinst, dann jedoch aufsteht und ins Badezimmer verschwinden. Mir klappt der Mund auf, während ihr alle anderen hinterher pfeifen und Beifall klatschen. Oh Gott. Man merkt eindeutig, dass ich keine Uni-Party-Erfahrung habe. Nachdem das Mädchen zurückkehrt, sich wieder hinsetzt und allen verkündet, ihr Höschen hätte sie im Badezimmer gelassen, als Geburtstagsgeschenk für Tai, lachen alle auf, während mir die Hitze ins Gesicht schießt. Kari, die neben mir sitzt, geht es offensichtlich ähnlich und sie steht von ihrem Platz auf. »Das wird mir zu viel.« »Hey«, sage ich vorwurfsvoll. »Du kannst mich doch nicht hier alleine lassen.« »Äh, doch«, sagt sie schief grinsend. »Minderjährig. Schon vergessen?« Sie zwinkert mir zu, während ich ihr einen »Echt jetzt?« Blick zuwerfe. Betrinkt sich vor kurzem noch besinnungslos und spielt jetzt die Ich-bin-minderjährig-Karte aus? Leider kann ich nicht mit so einer Ausrede dienen und ein Blick in Matt’s Gesicht, der mir direkt gegenüber sitzt genügt, um zu wissen, dass ich sowieso keine andere Wahl habe. Er hat die Arme vor der Brust verschränkt und grinst mich vielsagend an, weil er nur darauf wartet, dass ich aufgebe und ihm somit beweise, wie prüde ich bin. So ein Arsch. Warum hat er es nur darauf angelegt, mich so aus der Reserve zu locken? Bissig erwidere ich seinen Blick und verwerfe jeden Gedanken daran, bei diesem Spiel das Handtuch zu werfen. Ich schaue zu Sora und Tai, die sich kaputt lachen und ganz offensichtlich Spaß an diesem Theater haben. »So, nächste Frage«, fordert Izzy den Kartenleser ungeduldig auf, weil er es anscheinend gar nicht erwarten kann. Man … sogar er findet es gut. Vielleicht muss ich mich einfach nur darauf einlassen und locker machen. Ich atme tief durch und erwarte die nächste Frage. Was ich nicht erwartet habe ist, dass sie mich komplett aus der Bahn wirft. »Stimmt ab: …«, beginnt der Spielführer laut vorzulesen und sieht erwartungsvoll in die Runde. » … Welche Spieler wären das süßeste Pärchen? Das gewählte Pärchen ist für den Rest des Abends in einer Beziehung oder trinkt seine Getränke aus.« Ich schlucke schwer, während ich hastig alle anwesenden Gesichter überfliege und überlege, wer von ihnen wohl am besten zusammen passen würde. Na ja, Sora und Tai jedenfalls schon mal nicht. Die sind raus, weil sie ja eh schon ein Paar sind. Das wäre witzlos. Vielleicht Matt und das Höschen Mädchen? Ha! Damit könnte ich es ihm so richtig heimzahlen! Obwohl … so wie ich ihn kenne, würde er sich noch darüber freuen. Vielleicht doch lieber Izzy und … »Die beiden!«, unterbricht das Höschen Mädchen laut meine Gedankengänge und rüttelt mich augenblicklich wach, indem sie mit dem Finger auf mich zeigt. Und dann auf Tai. Was? Spinnt die? Ich reiße die Augen auf und sehe Tai an, der nicht weniger überrascht ist. Und Sora … die sieht nur entgeistert zwischen uns beiden hin und her. Oh Gott. Scheißeee! »Sorry, Sora«, flötet sie unterdessen und faltet entschuldigend die Hände. »Aber das wäre doch echt witzig, oder?« Aha. Finde ich nicht. Ich versuche nicht all zu bestürzt zu wirken und stattdessen zu Tai rüber zu schielen, um irgendwie in Erfahrung zu bringen, was er davon hält. Doch seine Miene ist völlig ausdruckslos. Er sieht mich nicht mal an. Dafür sieht er Sora umso eindringlicher an, als würde er sie still um ihr Einverständnis bitten, was aber nicht kommen wird. Tai, du … Idiot. Gekränkt balle ich die Hände auf meinem Schoß zu Fäusten, während Wut in mir aufsteigt. Wenn er es nicht will, dann soll er es doch einfach sagen. »Also, ich fände es auch witzig. Der beste Freund und die beste Freundin. Irgendwie putzig«, fängt jetzt auch noch Matt an zu sticheln und sieht mich herausfordernd an. Alle anderen stimmen lachend mit ein. Er wirft Tai ein vielsagendes Grinsen zu, der immer noch stumm bleibt und ihn einfach nur ansieht. Dann wendet er den Kopf in meine Richtung und öffnet den Mund. Doch es kommt immer noch kein Ton heraus. Nichts. Er sagt einfach gar nichts dazu. »Also, was ist jetzt?«, drängt das Höschen Mädchen und der Kartenleser, weil alle anderen uns bereits ungeduldig ansehen und auf eine Antwort warten. Ich werfe einen letzten Blick zu Tai, dessen Augen immer noch wortlos auf mich gerichtet sind. Mein Magen zieht sich schmerzhaft zusammen und meine Augen verengen sich zu zwei Schlitzen. Kurzentschlossen schnappe ich mir den Shot, der vor mir steht und kippe ihn in einem Zug runter. Ungläubiges, aber auch belustigtes Gelächter bricht aus, während ich wütend das Glas auf den Tisch knalle. »Okaaay«, sagt der Spielführer gedehnt und legt die Karte beiseite. »Wie es aussieht, hat sie sich entschieden.« »Scheint so«, sagt nun auch Tai, nachdem er den kurzen Moment der Schockstarre überwunden hat und greift ebenfalls nach seinem Glas, um es auszutrinken. Genauso wie ich, knallt er es danach auf den Tisch und steht auf. »Ich spiel nicht mehr mit«, verkündet er knapp, dreht sich um und verschwindet ins Badezimmer. Sora, ich und alle anderen sehen ihm irritiert hinterher. Ist er gerade wütend abgedampft? Aber wieso? Als nächstes steht Sora auf und sagt ebenfalls, dass sie genug habe. Und auch ich habe auf dieses blöde Spiel keinen Bock mehr. Ich werfe Matt einen wütenden Blick zu, der sich offenbar keiner Schuld bewusst ist und stehe auf. Warum ist Tai nur so sauer? Dazu hat er kein Recht. Und überhaupt: er war doch derjenige, der nichts gesagt hat. Ich habe lediglich die Entscheidung für uns beide getroffen, was das einzig Vernünftige war. Sonst hätte Sora ihm den Kopf abgerissen. Wobei, nach Tais Reaktion eben, macht sie das wahrscheinlich ohnehin. Ich verstehe wirklich nicht, was er für ein Problem hat. Ach. Zum Teufel mit dir, Taichi. Und zum Teufel mit dir, Matt. Ich frage mich inzwischen wirklich, was er vor hat und warum er uns so zwanghaft aus der Reserve locken will? Letztendlich geht das hier mal wieder auf sein Konto. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)