Mein Weg zu Dir von Khaleesi26 ================================================================================ Kapitel 10: Mimi ---------------- Ein paar Tage sind seit Dads Zusammenbruch nun schon vergangen und er befindet sich auf dem Weg der Besserung. Morgen kann er entlassen werden und ich möchte ihn abholen. Gestern war ich bereits in seinem Haus und habe alles aufgeräumt und für seine Heimkehr hergerichtet. Ich habe ihm sogar ein paar Stellenanzeigen aus der Zeitung ausgeschnitten und auf den Tisch gelegt. Vielleicht sieht er sich sie ja mal an. Voller Vorfreude sehe ich auf die große Wanduhr im Hard Rock Café und freue mich jetzt schon auf den Feierabend. Die Schicht war echt anstrengend, weil es Freitag ist und der Laden dann immer prall gefüllt ist. Aber das macht mir eigentlich nichts aus. Zu arbeiten ist eine sehr gute Ablenkung von alle dem, woran ich gerade nicht denken will. Und ein Teil davon, an den ich nicht denken wollte, spaziert gerade durch die Tür. Schnell senke ich den Blick, als könnte er mich so nicht sehen, was natürlich Quatsch ist. Scheiße! Was will Tai denn hier? Und noch schlimmer: er hat Sora im Schlepptau. Natürlich. Was auch sonst? Gibt es die beiden jetzt nur noch im Doppelpack oder was? Ich schubse einen Kollegen in ihre Richtung, der sich genervt zu mir umdreht. »Hey, was soll denn das?« »Kannst du bitte die Beiden übernehmen, die gerade reingekommen sind? Bitte! Ich schenke dir auch einen Urlaubstag von mir.« Mein Kollege grinst mich an und dreht sich dann gekonnt weg, so dass ich wieder voll ins Blickfeld der Beiden gerate. »Vergiss es, Mimi. Ich habe nicht vergessen, dass du mir neulich brühheißen Kaffee über meine Schulter geschüttet hast.« »Das war ein Versehen! Gott, bist du nachtragend«, verteidige ich mich, doch er winkt nur ab und widmet sich dem nächsten Kunden. »Oh, hey Mimi«, höre ich nun Tais Stimme hinter mir. So ein Mist. Innerlich stöhne ich auf. Dann drehe ich mich um und strahle die Beiden übertrieben freundlich an. »Willkommen im Hard Rock Café. Was kann ich euch bringen?« Sora kichert. »Sie ist so förmlich bei der Arbeit.« Ja, verdammt. Das bin ich. Weil das nun mal mein gottverdammter Job ist, mit dem ich zur Zeit meinen Lebensunterhalt verdiene, denn meine Mami legt mir nicht jeden Monat eine neue Kreditkarte unters Kopfkissen. Ich lächle freundlich und übergehe ihren Kommentar. »Also, was darf's sein?«, frage ich noch mal. Sora schaut sich die Karte an und überlegt. »Für mich einfach einen Kaffee«, sagt Tai kurz entschlossen und vergräbt die Hände in den Hosentaschen. Täusche ich mich, oder sucht er meinen Blick? Egal. Ich habe keine Lust, ihn anzusehen oder mit ihm zu reden. Seit unserem Gespräch neulich in der Bar haben wir nicht mehr miteinander gesprochen. Er weiß noch nicht mal, was alles seitdem passiert ist, nichts von meinem Vater oder davon, was ich in den letzten Tagen durchmachen musste. »Hmm. Für mich bitte einen Latte Macchiato, zum Mitnehmen bitte. Ich tippe ihre Bestellungen ein und kassiere sie ab. Dann mache ich mich daran, die Getränke zuzubereiten. »Was hast du die letzten Tage so getrieben?«, fragt Tai, während ich beiden den Rücken zugekehrt habe. »Wir haben uns gar nicht mehr gesehen, seit dem Konzert.« Richtig. Und das aus gutem Grund. »Ich musste viel arbeiten«, sage ich nur knapp und stelle ihnen die heißen Becher hin, nachdem ich fertig bin. »Ich wünsche euch noch einen schönen Tag.« Tai sieht enttäuscht über meine offensichtliche Ablehnung aus, während Sora einfach nach ihrem Getränk greift. »Das wünschen wir dir auch. Na komm, Tai. Man sieht sich, Mimi.« »Halt, warte mal.« Ich hebe den Blick. Tai legt Sora eine Hand auf die Schulter. »Könntest du kurz draußen warten? Ich muss noch was Wichtiges mit Mimi besprechen.« Sora sieht genauso irritiert aus, wie ich mich gerade fühle, während sie uns beide abwechselnd ansieht. »Ähm, also … ich muss eigentlich arbeiten«, werfe ich dazwischen und zeige auf die ganzen Kunden, die bereits hinter ihnen Schlange stehen und darauf warten, dass sie dran kommen. »Wir können ja später telefonieren oder so«, schlage ich vor, doch Tai's Kopf schnellt in meine Richtung. »Nein, können wir nicht«, faucht er mich wütend an und ich zucke zusammen. Genauso wie Sora. Ihr scheint die Stimmung, die gerade zwischen uns herrscht, deutlich unangenehm zu sein, deshalb sucht sie schnell das Weite. »Äh, ich warte dann draußen.« Sie wirft mir noch einen fragenden Blick zu, dann geht sie. Ich wende mich an Tai und stütze mich gestresst auf den Tresen. »Tai, ernsthaft. Hinter dir stehen massenhaft Kunden. Du kannst mich später anrufen, okay?« »Wozu?«, meint Tai und lehnt sich mir herausfordernd entgegen. »Damit du wieder nicht ran gehst? Weißt du eigentlich, wie oft ich in letzter Zeit versucht habe, dich zu erreichen?« Ja. Genau 33 Mal. Doch ich zucke mit den Schultern, als wäre ich ahnungslos. »Es … es ist viel passiert, Tai.« »Und was?«, fragt er ungeduldig. »Was ist so wichtig, dass du nicht mal zurück rufen kannst? Oder auf eine Nachricht antworten kannst? Mal ehrlich, Mimi. Ich habe dich neulich gefragt, ob alles in Ordnung zwischen uns ist. Du sagtest, das wäre es. Aber das war eine Lüge, richtig?« Ich beiße mir auf die Unterlippe. Scheiße, was will er denn von mir hören? Ich kann es nun mal momentan sehr schlecht ertragen in seiner Nähe zu sein. Auch, wenn es genau das ist, was ich mehr als alles andere vermisse. Weil ich nichts antworte und stattdessen nur beschämt zur Seite sehe, seufzt Tai schwerfällig. »Hör zu«, sagt er nun deutlich ruhiger. »Ich will mich nicht mit dir streiten. Können wir nicht einfach … miteinander reden?« Ein trauriges Lächeln umspielt meine Lippen und ich ziehe eine Augenbraue in die Höhe. »Und wie?« Wenn Sora doch immer bei dir ist …? »Ich habe heute Abend frei. Du könntest zu mir kommen. Dann können wir reden.« »Frei von was?«, grinse ich bitter. »Von deiner Freundin?« Tai lacht kurz auf, weil er mich ganz genau verstanden hat. »Was ist? Kommst du?« Ich tippe nervös mit meinen Fingern auf den Tresen, während die Leute hinter Tai immer unruhiger werden, weil er den ganzen Verkehr aufhält. »Hey, was dauert denn da so lange?«, höre ich einen Kunden von ziemlich weit hinten brüllen. »Ich gehe erst, wenn du ja gesagt hast«, sagt Tai und verschränkt grinsend die Arme vor der Brust, während er sich natürlich keinen Millimeter vom Fleck bewegt »Das ist zwar Erpressung, aber schön. Ich komme heute Abend vorbei«, flüstere ich und schiebe ihm seinen Kaffeebecher über den Tresen. »Und jetzt hau ab. Sonst werde ich deinetwegen noch gefeuert.« Tai lächelt zufrieden, greift nach seinem Kaffee und räumt endlich den Platz. Mein Gott. Er ist so ein Dickkopf. Warum kann er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Ich muss schmunzeln. Diese Frage kann ich mir selbst beantworten. Meine Finger wandern unwillkürlich zu der Kette, die ich wie jeden Tag um den Hals trage. Weil ich ihm etwas bedeute. Deshalb lässt er nicht locker. Und dafür liebe ich ihn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)