Warum Eigentlich Noch Liebe? von tobiiieee (Inspiriert von "Love Sux") ================================================================================ Kapitel 5: Seufz ---------------- Doch auch am nächsten Morgen befand Sephiroth sich noch immer für unschuldig. Im Bett liegend scrollte er durch eine vorgeschlagene Mischung aus Smoothie- und Katzenvideos, ein paar Dad Jokes und ein Mal beobachtete er recht interessiert die Wochenendaktivitäten eines braunen Labradors. Die Herzen für sein Weinflaschenbild schienen sich endlich um die fünfzigtausend einzupendeln. Sein Tweet vom Vortag hatte sich hingegen immer noch nicht beruhigt, obwohl die Likes längst bei über zehntausend lagen.       Einer plötzlichen Eingebung folgend rief er Genesis‘ Profil auf, obwohl er wusste, dass der letzte Beitrag darauf etwa drei Jahre alt war: Auf dem Photo sah man angedeutet helle Hosenbeine auf einer Couch, davor einen kleinen Beistelltisch mit einem Dummapfel darauf. Die Beine gehörten zu Sephiroths Schwiegermutter und das Bild war noch vor der Pandemie in Banora aufgenommen worden. Genesis hatte es sich gespart, so eine Floskel wie „#HomeSweetHome“ unter das Bild zu schreiben, und hatte es stattdessen ganz ohne Text gepostet. Das war keine gute Idee, schoss es Sephiroth durch den Kopf, als er ein Stechen in der Brust spürte. Er legte das Handy weg.   You’re overrated, nothing else left to say You’ve got me feeling jaded I’m better off and yeah I know it     Er brauchte schon lange keinen Wecker mehr, um zuverlässig gegen halb fünf aufzuwachen. Allerdings fiel es ihm seit seiner Rückkehr nach Midgar schwer, ebenso zuverlässig aufzustehen. Genesis‘ Abwesenheit und die einsamen Nächte machten das auch nicht unbedingt besser. Nun war es schon fast sechs und er drehte sich erneut nur auf die andere Seite und betrachtete Genesis‘ unberührtes Kissen. Seine abgemagerte Hand erschien geisterhaft vor ihm und streckte sich wie von selbst nach der kalten Betthälfte aus. Die Finger krallten sich im Sternenlicht in das vereinsamte Laken.    Wo bist du? So schoss es ihm hundertfach durch den Kopf. Willst du mich testen? Oder bestrafen? „Ich wollte nichts von Doe“, wisperte er, auch wenn ihn nur der Mond hörte. „Und ich hab das auch unterbunden. Und das ist auch gut so. Er hat mich belogen. Wer hätte es gedacht ...“ Ja, wer hätte gedacht, dass Doe zu jenen gehörte, vor denen Sephiroth sich in Acht nehmen musste, weil sie nicht seinetwegen auf ihn zukamen, sondern weil sie etwas sehr Bestimmtes von ihm wollten. Früher war das doch nicht so gewesen. Zugegeben, wirklich anders war das damals auch nicht abgelaufen ... Im Grunde sollte er froh sein, dass er Doe los war. Und doch, dachte er. Er setzte sich auf, immer noch dem nicht anwesenden Genesis zugewandt. Er strich über das Kissen. Er hatte Doe doch für einen Freund gehalten ... Da war es doch verständlich, dass er die Situation bedauerte ... „Oder?“ Erst als ihm klar wurde, dass er den letzten Teil laut ausgesprochen hatte, verstand er auch, wie sehr er sich tatsächlich nach einer Antwort sehnte, die ihm sagte, dass er nichts falsch gemacht hatte, nach einer Berührung, nach Genesis‘ Stimme in seinem Ohr, nach Genesis selbst in seinen Armen, nach dem steten Seitenrascheln, das ihn den ganzen Tag begleitete, er hörte es aus dem Wohnzimmer, wenn er die Küche aufräumte, es war das letzte, was er hörte, bevor er neben Genesis einschlief ...            Er schloss die Augen und vergrub das Gesicht in den Händen. Vielleicht, wenn er es sich nur genug wünschte ... vielleicht würde dann das Bett nicht mehr leer sein, sobald er die Augen öffnete, die Sonne würde zum Fenster hereinscheinen, und Genesis, gesund und munter, würde schlummernd im Bett liegen, und bald würde es Zeit sein, ihm einen Kaffee zu kochen, obwohl Genesis das viel besser konnte – immerhin trank Sephiroth ja gar keinen Kaffee – aber was sprach dagegen, seinen Mann zu umsorgen? Und Genesis, noch verschlafen, schmiegte sich an ihn, Sephiroths Lippen auf seinen Haaren, und er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und –    Sephiroth blinzelte gegen den blasser werdenden Himmel. Am Horizont war mittlerweile die Dämmerung zu erkennen. Er verzog das Gesicht. „Argh, ich will nicht aufstehen ...“ Stattdessen griff er erneut nach seinem Handy und öffnete Twitter: „Falls mich jemand sucht ... lying in my bed, thinking love sucks.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)