Queen of the Clouds von PanicAndSoul ================================================================================ Kapitel 9: Was das Herz will ---------------------------- Als Hikari aufwachte, spürte sie direkt den Schmerz, der sich von ihrer linken Schläfe ausbreitete. Sie hatte schon in der Nacht gemerkt, wie die Migräne begann, doch das unterschwellige Pochen hatte sie immer nur leicht geweckt und nie so, dass sie hätte aufstehen und ein Medikament nehmen können. Sie zog ihr Kissen über die Augen, das Tageslicht brannte zu sehr darin. In ihrem Magen bahnte sich ein flaues Gefühl an. So würde sie nicht aufstehen können, also blieb sie liegen und hielt die Augen geschlossen. Nach einer Weile klopfte es an ihrer Tür. „Hikari, Mama ist schon unterwegs, ich soll dich wecken und…“ Taichi unterbrach mitten im Satz. Sie hörte seine Schritte, er schien zu ihr zu kommen. Dann spürte sie, dass er sich zu ihr auf die Bettkante setzte. „Was kann ich tun?“, fragte er. Wortlos zeigte sie auf ihren Nachtschrank, auf dem ihre Medikamente lagen. Es raschelte und nach ein paar Sekunden spürte sie, wie ihr eine Tablette in die Hand gedrückt wurde. Sie steckte sie in den Mund und ließ sie unter der Zunge zergehen. Der künstliche Minzgeschmack verstärkte die Übelkeit. „Möchtest du Kaffee oder Cola?“, hörte sie ihren Bruder erneut fragen. „Kaffee.“, murmelte Hikari. Taichi erhob sich. Koffein half, denn es verengte die Blutgefäße im Gehirn, die durch die Migräne erweitert wurden. „Kannst du noch die Aromalampe anmachen?“, fragte sie. Wieder vernahm sie ein Rascheln und dann ein Piepen, als der Diffusor eingeschaltet wurde. Sie zog das Kissen etwas von ihrem Gesicht, so dass sie den Eukalyptusduft einatmen konnte. Er linderte etwas die Übelkeit. „Danke.“, sagte sie. „Ich hol dir mal einen Kaffee.“, hörte sie Taichi noch sagen, dann schloss sich die Tür hinter ihm. Sie seufzte frustriert. Es war wirklich süß, dass ihr Bruder sich so um sie kümmerte. Aber eigentlich war es auch schon traurig, wie routiniert er darin war. Bei den meisten ihrer Attacken war es Taichi, der ihr beistand. Und sie war unendlich dankbar, ihn zu haben. Als es erneut leise an der Tür klopfte und Taichi eintrat, zeigte das Medikament bereits Wirkung. Der Kopfschmerz ebbte langsam ab und sie konnte sich schon aufsetzen. Dafür verspürte sie immer noch die Übelkeit und jetzt kam auch, verschuldet durch die Medizin, noch ein altbekannter Schwindel hinzu. Hikari lächelte ihren Bruder dankbar an, als er ihr die Tasse mit dem Kaffee reichte. Vorsichtig nippte sie daran. Ihr Kiefer schmerzte, noch eine Nebenwirkung der Tablette, aber das würde rasch vergehen. Doch die heiße, süße Flüssigkeit ließ wenigstens die Übelkeit sofort weniger werden. „Danke dir.“, sagte sie. Taichi lächelte sie ebenfalls an und setzte sich wieder zu ihr auf die Bettkante. „Geht es dir schon wieder besser?“, fragte er. Sie nickte. Einen Moment saß er nur schweigend bei ihr und sie trank ihren Kaffee. Nach einer Weile sagte er: „Ich wollte dir noch von meinem Telefonat mit Meiko erzählen, wenn du aufnahmefähig bist.“ „Schieß los, ich wollte dir auch was erzählen.“, sagte sie. Taichi nickte und begann: „Meiko meinte, dass es ganz sicher nicht unsere Verlobung sein kann.“ Sein Blick ging zu seiner Schwester, die ihn gespannt ansah. „Sie hat jemanden kennengelernt und ihn ihren Eltern vorgestellt.“, erklärte er weiter. Hikari lächelte. „Das ist ja toll. Und kennt man den Glücklichen?“ Taichi grinste. „Ja kennt man, es ist Koushiro Izumi. Sie haben sich auf einer Party bei uns kennengelernt und sind dann ausgegangen. Und seitdem sind sie zusammen. Und jetzt hat sie ihn ihren Eltern vorgestellt und ihnen verkündet, dass wir beide nicht heiraten werden und das auch in meinem Interesse liegt.“ „Damit hat sie dich ja ganz schön unter Zugzwang gesetzt.“, sagte Hikari. Taichi kratze sich am Kopf. „Es wird auf jeden Fall nicht mehr lange dauern, bis die Mochizukis mit unseren Eltern sprechen werden. Ich glaube, ich sollte ihnen lieber vorher von Mimi erzählen.“, sagte er. Hikari nickte. „Ja, ich glaube auch, dass das besser wäre. Ich freue mich auf jeden Fall für Meiko und Koushiro. Die beiden passen gut zusammen.“ „Ja, das finde ich auch.“, bestätigte Taichi lächelnd. Dann wurde sein Gesichtsausdruck wieder ernster. „Aber das bedeutet auch, dass es sich sehr wahrscheinlich um die Bekanntgabe deiner Verlobung handeln könnte.“, sagte er. Hikari seufzte. „Ich habe gestern einen Artikel von Ishida- Online News gelesen, in dem von Gerüchten um eine private Festigung zwischen den Familien Yagami und Motomiya die Rede ist.“, erzählte sie. „Oh. Wenn die Medien schon darüber berichten…“, begann Taichi. „Dann steckt meistens mehr dahinter.“, endete seine Schwester. Er bedachte sie mit einem mitfühlenden Blick. „Taichi…Ich habe auch jemanden kennengelernt.“, begann Hikari langsam. Ihr Bruder lächelte sie nun an. „Und du magst ihn?“ Sie nickte. „Mehr als Daisuke?“ Nun zögerte sie. „Ich kenne ihn erst seit ein paar Tagen, aber…“ „Mit ihm fühlt es sich anders an?“, half Taichi. „Ja. Mit ihm fühle ich mich, wie ich selbst.“, versuchte sie zu erklären. Der Ältere lächelte wissend. „Genau so, geht es mir bei Mimi auch. Als ich sie damals zum ersten Mal gesehen habe, war es direkt um mich geschehen. Ich konnte es wirklich selber nicht glauben und hab dieses ganze Gerede um „Liebe auf den ersten Blick“ immer für totale Übertreibung gehalten, aber als ich Mimi sah, wie sie in diesem Kochstudio stand, oh Mann. Sie hat mich einfach umgehauen.“ Hikari kicherte. Sie konnte sich noch gut an den Tag erinnern, denn sie war bei dem Videodreh auch dabei. Ein paar Tage zuvor hatte ihre Mutter ihr Mimi bereits vorgestellt und sie verstanden sich auf Anhieb gut. Als dann Taichi auch mit zum Set kam, hatte er seine Schwester irgendwann perplex am Arm gepackt und gefragt: „Wer ist diese Schönheit?“ Hikari hatte ihren Bruder noch nie so fasziniert und sprachlos erlebt. Später machte die Jüngere Mimi und Taichi miteinander bekannt. Und danach ging alles sehr schnell. Die forsche Art des Brünetten hatte dem YouTube Star so sehr imponiert, dass sie sofort zusagte, mit ihm auszugehen. Und ab da waren die beiden unzertrennlich. „Hikari, du solltest in dieser Sache weniger auf deinen Verstand und mehr auf dein Herz hören.“, sagte Taichi und tippte ihr mit dem Zeigefinger leicht gegen die Stirn. „Wenn es sich richtig anfühlt, dann ist es das auch.“ Hikari dachte einen Moment über seine Worte nach. „Und wenn ich einen Fehler mache? Wenn ich Daisuke verlasse und mich für Takeru entscheide und wir uns dann trennen?“, fragte sie. „Naja, dann war das aber immer noch ganz allein deine Entscheidung und nicht die unserer Familie.“, sagte Taichi. Sie sah ihn nachdenklich an, schwieg aber. Er nahm ihre Hand und schenkte ihr noch ein Lächeln, welches sie zögerlich erwiderte. Nach einer Weile des Schweigens fragte er: „Ach übrigens, Takeru? Ist das der Neue?“ Ihr Blick wurde weicher und ihr Lächeln vertiefte sich, als sie an den Blonden dachte. „Ja, das ist er.“ Dann sah sie ihren Bruder erstaunt an und fragte: „Kennst du ihn etwa?“ Taichi schüttelte den Kopf und erwiderte: „Nein, aber Daisuke hat beim Mittagessen vom ihm erzählt. Dass er dich umgerannt hat und wie unhöflich er war.“ Er lachte. „Jetzt verstehe ich auch, warum er so wütend war.“ Hikari verdrehte die Augen. „Takeru war überhaupt nicht unhöflich. Und wenn, dann hab eher ich ihn umgerannt, als anders herum.“, verteidigte sie den Blonden. „Und außerdem ist er soooo süß und hat so schöne Augen.“, sagte Taichi mit viel zu hoher Stimme. Hikari lachte. „So hör ich mich gar nicht an.“, sagte sie und griff sich ihr Kissen, um damit ihren Bruder von der Bettkante zu schubsen. Dieser lachte ebenfalls und stand dann auf. „Aber ein Bisschen süß ist er schon, oder?“, alberte er noch einmal. Hikari lachte wieder und bewarf Taichi jetzt mit dem Kissen. „Ja, er ist sogar sehr süß!“, bestätigte sie. Ihr Bruder grinste sie an und ging dann in  Richtung Tür. „Ich geh jetzt was zu essen machen.“ „Bitte was mit viel Käse.“, rief ihm Hikari hinterher, als er im Flur verschwand. Als sie die Beine über die Bettkante schwang, stellte sie fest, dass es ihr bereits viel besser ging. Also stand sie auf und ging duschen. Nachdem sie gegessen hatten, ein mit extra viel Käse belegtes Sandwich und eine Cola für Hikari, besprachen sie noch den Tagesplan. „Mama ist erst mal unterwegs. Sie wollte noch einige Kunden und Sponsoren für das Event abklappern. Sie meinte, dass sie dir einen Ordner hingelegt hat, in den du mal reinschauen sollst. Und wir sollen uns ein Motto überlegen.“, erklärte Taichi die Anweisungen, die seine Mutter ihm am Morgen gegeben hatte. Hikari griff sich den schwarzen Ordner und öffnete ihn. Darin befanden sich hauptsächlich Listen für Kostenaufstellungen und Kalkulationen, damit würde sie sich später befassen. „Ein Motto? Warum dürfen wir das denn entscheiden?“, fragte Hikari und sah ihren Bruder an. Er bedachte sie mit einem viel sagenden Blick. Sie seufzte. Es deutete immer mehr darauf hin, dass der Abend für etwas anderes stand, als ein Charity Event. „Na gut, was hältst du von 1000 und eine Nacht?“, fragte Hikari. Taichi zog eine Augenbraue hoch. „Muss ich dazu was sagen? Ist abgelehnt! Ich schlage was Eleganteres vor: 007, James Bond, Casino Royal.“ Er formte mit seinen Fingern eine Pistole und grinste sie an. Hikari schmunzelte. „Gegen elegant hab ich nichts, aber 007? Nein danke. Wie wäre es mit einem Maskenball?“, schlug sie vor. Taichi überlegte einen Moment, dann nickte er. „Ja, von mir aus. Maskenball klingt gut.“ Sie besprachen noch ein paar Details, die Hikari auf einem neuen Blatt im Ordner notierte. Später würde sie das grobe Konzept dann ihrer Mutter präsentieren. Als sie fertig waren, nahm sie sich ihr Handy und schrieb Takeru, ob er nicht vorbeikommen wolle. Sie vermisste ihn und ihre Mutter würde erst später nach Hause kommen. Taichi hatte Recht. Sie sollte mehr auf ihr Herz hören, als auf ihren Verstand. Und im Moment wollte ihr Herz eindeutig Takeru. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)