Queen of the Clouds von PanicAndSoul ================================================================================ Kapitel 6: Verraten ------------------- Hikari war Dr. Kido sehr dankbar, dass er ihr geholfen hatte, ihre Migräneattacken in den Griff zu bekommen. Doch wenn sie ehrlich war, war er ein sehr einschüchternder Mann. Mit Jo kam sie eindeutig besser zu recht. Und sie vertraute ihm. Als sie an der Rezeption ankam, hatte sie Taichi bereits bescheid gegeben, dass sie fertig war und dort auf ihn warten würde. Also nahm sie sich ihr Handy und wählte nun Daisukes Nummer. Er nahm bereits nach dem zweiten Klingeln ab. „Und wie ist es gelaufen?“, fragte er am anderen Ende der Leitung. „Hallo du.“, begrüßte sie ihn. „Hallo auch. Wie ist es gelaufen?“, fragte Daisuke wieder. Hikari musste ein wenig Schmunzeln. Geduld war wirklich nicht seine Stärke und er war mindestens so neugierig, wie Taichi. „Ganz gut. Jo hat mich behandelt, weil Dr. Kido keine Zeit hatte. Aber er war super.“, sagte sie. „Jo ist auch ein toller Arzt.“, erwiderte Daisuke. „Ich habe ihn gebeten, dass er mich bei meinem nächsten Termin wieder behandelt.“ „Hm. Hast du das mit deiner Mutter besprochen?“ „Nein. Muss ich doch auch nicht. Immerhin bin ich die Patientin und es handelt sich um meinen Arzt.“ Auf ihre Worte hin schwieg Daisuke. Er schien damit nicht so recht einverstanden zu sein, das merkte sie an seiner Reaktion. Nach einer Weile sagte er: „Wie dem auch sei, jedenfalls war es doch gut, dass du hingegangen bist.“ „Stimmt.“, sagte Hikari. Sie wollte jetzt keinen Streit anfangen, also sagte sie nichts weiter dazu. „Hör einfach besser demnächst auf deine Mutter, wir wollen doch nur das Beste für dich.“ Seine Worte machten sie stutzig. „Wie kommst du denn jetzt darauf? Ich hab dir doch noch gar nichts von gestern erzählt…“, sagte sie. Sein Schweigen gab ihr die Bestätigung, dass sie mit ihrer Vermutung richtig lag. „Hast du meiner Mutter etwa erzählt, dass ich meinen Termin verpasst habe?“, fragte Hikari und spürte, wie Wut in ihr aufstieg. „Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Und auf mich hörst du ja nicht.“, versuchte Daisuke zu erklären. „Und dann verpetzt du mich ausgerechnet an meine Mutter? Ist dir nicht jemand anderes in den Sinn gekommen, den du erst mal um Hilfe bitten kannst? Vielleicht Taichi, oder Miyako?“ „Oh…“, war Daisukes Antwort. Hikari schnaubte. „Ja, oh. Du weißt, wie sehr ich es hasse, dass sich alle immer einmischen. Und grade von dir hätte ich da wirklich mehr erwartet.“ Sie riss sich das Handy vom Ohr und legte auf. Hätten sie noch weiter telefoniert, hätte sie Daisuke sonst wahrscheinlich sehr unschöne Worte an den Kopf geworfen. In diesem Moment kam Taichi auf sie zu. „Wer hat dich denn verärgert?“, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. Hikaris Handy vibrierte und sie hielt Taichi den Bildschirm entgegen, so dass er den Namen darauf lesen konnte. „Ah, was hat er dieses Mal angestellt?“ „Mich bei Mama verpfiffen. Durch ihn wusste sie, dass ich meinen Arzttermin verpasst habe.“, schnaubte Hikari und drückte auf „Anruf ignorieren“. „Schon wieder?“, fragte Taichi, als sie die Klinik verließen. Hikari sah ihn erstaunt an. „Was heißt hier, schon wieder?“, fragte sie. Ihr Bruder zog eine Augenbraue hoch. „Ach komm schon, jetzt sag nicht, dass dir das noch nie aufgefallen ist.“ Als sie mit dem Kopf schüttelte, seufzte Taichi und erzählte weiter: „Also bitte, meinst du, wenn irgendwas vorgefallen ist, dass ich dich dann verpetzt habe? Daisuke erzählt Mama einfach alles. Ich glaube nicht, dass er es immer bewusst macht, aber so ist es nun mal.“ Er zuckte mit den Schultern. Hikaris Augen weiteten sich. Sie hatte sich schon so manches Mal gefragt, wie ihre Mutter Sachen hatte rausfinden können, die sie vor ihr geheim halten wollte. „Dann hast du ihr also wirklich nichts von meinen Tattoo verraten?“, fragte Hikari entgeistert. „Nope, ich hab dicht gehalten, hab ich doch gesagt.“ Taichi reckte seinen Daumen in die Höhe und grinste sie an. Sie stöhnte auf. „Und ich war so sauer auf dich, tut mir leid!“ Taichi winkte ab. „Schon vergeben. Dafür hat man ja Geschwister. Aber du solltest dir wirklich überlegen, was du mit Daisuke machst. Ich glaube, er ist kein schlechter Kerl. Aber manchmal bin ich mir nicht sicher, ob du eine Beziehung mit ihm führst, oder unsere Familie.“ Hikari sah ihn erstaunt an. Dann wurde ihr Blick nachdenklich. „Findest du, ich sollte mich von ihm trennen?“, fragte sie. Taichi überlegte einen Moment. Dann seufzte er, ehe er sagte: „Naja, eigentlich ist es egal, was ich finde. Ich bin dir auch kein gutes Vorbild. Ich sollte erst einmal selber die Sache mit Meiko und Mimi regeln, bevor ich große Ratschläge gebe.“ „Ich habe Angst, sie zu enttäuschen.“, gab Hikari offen zu. „Das habe ich auch.“, sagte Taichi. Er blieb stehen und seine Schwester tat es ihm gleich. Seine Hand suchte die ihre, als er ihr das Folgende sagte: „Aber vielleicht wird es Zeit, dass wir uns unseren Ängsten stellen und mutiger werden. Wir sollten auf das hören, was uns unser Herz sagt. Und meines schreit ganz eindeutig immerzu nur nach Mimi Tachikawa.“ Hikari lächelte Taichi an. „Dann solltest du das unbedingt der ganzen Welt mitteilen. Mimi ist nämlich eine Frau, die man nicht zu lange warten lassen sollte.“ Nun lächelte auch Taichi. „Oh ja. Da hast du recht.“ Taichis Worte beschäftigten Hikari noch eine Weile. Er war zu Mimi gefahren und ihre Eltern arbeiteten heute beide lange, also würde sie den Rest des Tages alleine sein. Normalerweise wäre an so einem Tag Daisuke nach der Uni vorbeigekommen, aber sie hatte ihm geschrieben, dass sie ihn erst einmal nicht sehen wollte. Er hatte mehrmals versucht, sie anzurufen, doch sie hatte immer wieder auf ignorieren gedrückt. Hikari musste jetzt erst einmal darüber nachdenken, was Taichi ihr erzählt hatte, um zu entscheiden, wie es mit ihnen weiterging. Als sie auf ihr Handy schaute, um zu sehen, ob Daisuke ihr geantwortet hatte, entdeckte sie, dass ihr jemand anderes geschrieben hatte. Es war eine Nachricht von Takeru: Lebst du noch oder muss ich nach einem Leichensack Ausschau halten? Hikari tippte eine Antwort ein: Ich lebe noch, plane aber grade doch einen Mord zu begehen, hilfst du mir? Prompt kam seine Antwort: Klar doch. Aber, wenn ich fragen darf, wer hat dich denn so verärgert, dass er den Tod verdient? Hikari kaute sich leicht auf ihrem Daumennagel herum. Sollte sie ihm das jetzt wirklich schreiben? Aber sie musste einfach etwas Dampf ablassen. Also schrieb sie: Daisuke… Sie wartete auf Takerus Antwort, doch es kam nichts. Nach einer Weile legte sie ihr Handy zur Seite. Sicher musste er in die nächste Vorlesung, immerhin hatte er heute Uni. Hikari beschloss, sich etwas zu essen zu machen. Immerhin war das eine der Auflagen, die ihr neuer Arzt ihr erteilt hatte: regelmäßige Mahlzeiten. Also ging sie die Treppe hinunter und in die Küche und begann, sich ein Sandwich zu belegen. Sie wollte sich grade an den Tisch setzen, um es zu essen, da klingelte es plötzlich an der Tür. Fast befürchtete sie schon, es sei Daisuke, der ihren Wunsch, nicht herzukommen, missachtet hatte, doch als sie die Haustür öffnete, weiteten sich ihre Augen vor Erstaunen. „Takeru? Was machst du denn hier?“, fragte sie. Er wirkte etwas verlegen, sah sie aber mit diesem schiefen Grinsen an, welches sie so toll an ihm fand. „Hey, entschuldige den Überfall. Ich war grade sowieso in der Nähe und als du geschrieben hast, dass du vorhast deinen Freund umzubringen, war ich etwas in Sorge.“, sagte er. Hikari prustete los. Takeru sah sie mit leicht verwirrtem Blick an. Dann packte sie seinen Arm und zog ihn zu sich ins Haus. Noch immer lachte sie und Takeru wusste nicht so recht, ob sie jetzt vielleicht den Verstand verlor. „Sorry, ich hatte nur grade ein Bild von dir vor Augen, wie du in einer Ritterrüstung auf einem weißen Pferd angeritten kommst. So als Retter in der Not.“, sagte sie nach einer Weile und wischte sich ein paar Tränen aus den Augenwinkeln. Takeru schmunzelte. „Ich weiß nicht, das Bild gefällt mir irgendwie. Aber ich habe das Gefühl, dass du keine der Prinzessinnen bist, die man aus einem Burgturm retten muss.“ Er ging einen Schritt auf sie zu und sah ihr in die Augen. „Ich glaube eher, dass du die Jenige bist, die den Drachen bezwingt.“ Hikaris Herz begann, schneller in ihrer Brust zu schlagen. „Ich bin für gerechte Arbeitsteilung.“, erwiderte sie und brachte damit Takeru zum Lachen. „Nun, jetzt habe ich ja gesehen, dass es dir gut geht. Also…“, er sah sie erwartungsvoll an. Hikari zögerte einen Augenblick. Sie hatte Daisuke gesagt, dass sie alleine sein wollte, um nachzudenken. Wenn sie Takeru jetzt anbot, zu bleiben, wäre das ein Verrat an ihm? Andererseits, hatte Daisuke wirklich Mist gebaut und Hikari konnte jemanden zum Reden brauchen. Und sie hatte das Gefühl, dass sie Takeru alles erzählen konnte. Es war merkwürdig, dass sie ihn erst seit so kurzer Zeit kannte. Denn sie hatte das Gefühl, ihm so nahe und verbunden zu sein. In seiner Nähe fühlte sie sich einfach wohl. Sie musste sich nicht verstellen oder ihm Dinge verheimlichen. Sie konnte einfach Hikari sein. „Bitte bleib.“, sagte sie leise. „Es geht mir nämlich eigentlich gar nicht gut.“ Ein trauriges Lächeln schlich sich bei ihren Worten auf ihr Gesicht und sie spürte, wie ihre Fassade zu bröckeln begann. Takeru nickte und machte noch einen Schritt auf sie zu. Vorsichtig streckte er seine Hand nach ihr aus, wie, als bitte er um Erlaubnis. Hikari sah auf seine Hand hinab, dann ergriff sie sie und ließ sich von ihm in eine Umarmung ziehen. Zu ihrer Überraschung fühlten sich seine Arme, die er nun um ihren Körper legte, weich und stark zu gleich an. Seine Wärme hatte etwas Tröstliches und sein Geruch stieg ihr sofort in die Nase. Sie legte ihren Kopf an seine Schulter und bemerkte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)