Die Gefühle, über die wir nicht reden von Evilsmile ================================================================================ Kapitel 5: Blackout ------------------- Wieder saß ich beim Mittagsessen im Pausenraum, heute aber alleine, da Fatima heute auf Station Sonnenblume aushelfen musste. Ich aß so zügig, dass ich meine Zunge an den ungesalzenen Kartoffeln verbrannte, denn ich konnte es kaum erwarten, auf den Balkon zu gehen. Frische Luft zu schnappen war immer eine gute Idee, im Altenheim wurde nämlich immerzu so viel geheizt. Sonne bei blauem Himmel, kalt war es nicht. Man konnte von hier aus weit blicken über die Weinberge und den Park, in dem ich bei gutem Wetter mit Bewohnern spazieren ging. Hey Dome, will mir Thai Massage gönnen morgen, kommste mit?, lautete Jos Nachricht im Chat. Ich öffnete daraufhin die Haushaltsbuch-App, die mir meine Schwester empfohlen hatte und meine Miene verfinsterte sich. Dazu hab ich grade gar kein Kleingeld, sorry, ein andermal. Den einzigen Körperkontakt zu Frauen erkaufte er sich über regelmäßige Massagen. Das hoffte ich zumindest, dass es bloß dabei blieb. Verübeln konnte ich es ihm nicht, und wer war ich, ihn zu verurteilen? Wer weiß, was ich alles konsumieren würde, hätte ich mehr Geld zur Verfügung. Wer weiß, was für ein Mensch ich dann wäre. Hinter mir hörte ich, wie ich die Schiebetür geöffnet wurde und mir lief ein Schauer über den Rücken. Sandro tauchte in meinem Blickfeld auf. Wortlos stellte er sich mit zwei Meter Abstand neben mich ans Geländer – er hatte also meine unausgesprochene Einladung angenommen. Ich verfolgte mit, wie er aus seiner Jackentasche eine Packung Zigaretten hervor kramte, eine französische Marke, gekonnt eine einzige entnahm und sie sich zwischen die Lippen steckte. Nichts was von Bedeutung wäre, die banalste Geste der Welt – aber wir sprachen hier von Sandro. Großes Kino, mitzuverfolgen, wie er ein Plastikfeuerzeug an die Zigarette führte und sie anzündete. Ich hatte richtig gelegen; bereits der erste Zug entspannte ihn, glättete sein Gesicht. „Rauchen kann tödlich sein“, zitierte ich den dramatischen Spruch auf der roten Schachtel. „Das Leben selbst ist tödlich.“ „Die Besuchszeit ist um, und du bist immer noch hier?“, wagte ich zu fragen. Ein bloßes Achselzucken war die Antwort, und ich beließ es dabei; jemand, der sich weder um Zigarettenverbote noch rote Ampeln scherte, kümmerte erst recht keine Besuchszeiten. „Keine Angst, ich verpetze dich nicht“, versprach ich ihm. Er fixierte immer noch diesen imaginären Punkt in der Ferne. Irgendwann meinte er zwischen zwei Zügen: „Schon ziemlich am Arsch der Welt hier, oder…?“ Und mit einem flüchtigen Seitenblick zu mir: „Was gibt’s zu grinsen?“ Tja, ich konnte nichts dafür. Seine bloße Präsenz sorgte irgendwie dafür, dass meine Mundwinkel wie von einer unsichtbaren Hand fast bis zu den Ohren gezogen wurden. Vielleicht lag es daran, was er mir gestern offenbart hatte. Der erste Mensch, der sich mir gegenüber als schwul geoutet hatte. „Ja, es ist wirklich sehr außerhalb; ich brauche fast fünfzig Minuten jeden Tag hierher, mit zwei Buslinien.“ „Wie lange arbeitest du schon hier?“ „Seit August. Ich mache hier ein Freiwilliges Jahr.“ „Hm“, sagte er dazu nur, ein Hm, von einer Art, die fast alles bedeuten konnte und nahm einen erneuten Zug von seiner Zigarette. „Wie kommt´s?“ „Dass ich hier arbeite? Naja.. ich brauche eben etwas Zeit, zwischen Schule und Studium“, antwortete ich. „Machst du auch Nachtschichten?“ „Nein, muss ich nicht. Nur Früh und Spät im wöchentlichen Wechsel.“ „Du Glückspilz. Weil du noch minderjährig bist, oder was?“ „Ich bin neunzehn!“, sagte ich etwas lauter als ich beabsichtigt hatte, aber ich wollte nicht für ein Kind gehalten werden, schon gar nicht von ihm. „Neunzehn. Da hat man noch Träume“, sagte er vor sich hin und es klang so bitter. Als ob er keine Träume mehr hätte, wie alt war er denn? Wohl kaum sehr viel älter als ich. „Und dir gefällt das hier? Bei den alten Leuten?“ „Alte Leute, meinst du dich selbst damit?“, zog ich ihn auf. „Es macht schon Spaß, ja. Meistens. Warum fragst du?“ „Mir wäre das nichts. Fände ich so richtig depri. In so einer Verwahranstalt zu arbeiten, wo an jeder Ecke Krankheit und Tod lauert. Ich mag einfach lieber Fortschritt und Weiterentwicklung, statt Stillstand und Degeneration.“ Schweigend rauchte er seine Zigarette weiter und ich konnte diese Vorwürfe nicht einfach so stehen lassen. Verwahranstalt. Was für eine Wortkreation! Die Arbeit hier war vielleicht nicht für jeden etwas, das stimmte schon. Aber als deprimierend würde ich sie nicht bezeichnen. Wenn man von Schikos Tod absah, der mich immer noch traurig stimmte, wenn ich daran dachte. Was das anging, musste ich noch lernen, die alten Leute nicht zu nah an mich heranzulassen. Die schönen Momente überwogen aber! „Stell dir mal vor: Auch hier entwickeln sich die Leute weiter. Sie entdecken neue Hobbys, wir bieten viele Beschäftigungen an und es gibt eine kleine Bibliothek und sogar eine Spielekonsole im Aufenthaltsraum. Demnächst findet ein Adventschor statt, wo sich viele einbringen.“ Das sagte ich nicht ohne Stolz, denn Fatima und ich halfen mit, dieses Konzert zu organisieren. „Woow“, machte er gelangweilt. „Warum bist du eigentlich so oft hier bei ihm? Wenn es doch so schrecklich ist hier? Schlechtes Gewissen beruhigen?“ Ein wütender Blick von ihm und der Rauch verließ seine Nasenlöcher wie bei einem Drachen, der kurz davor war, Feuer zu speien. „Damit das mal klar ist: Es war Vaters ausdrücklicher Wunsch, in ein Pflegeheim zu kommen, nicht unserer! Er duldet keine Widerworte, wir hatten also keine Wahl. Mir soll das aber recht sein. Komm besser nie in die Verlegenheit, deinen eigenen Vater zu pflegen!“ Nun, das würde mir wahrscheinlich nicht passieren, eine der wenigen Pluspunkte, die man meinem Vater lassen musste. „Du hast ihn gepflegt? Wie war das?“ Er blies bedächtig den letzten Rauch aus seinen Lungen in die Luft und er ließ sich verdammt viel Zeit, bevor er drauflos redete: „Tja, wie war das. Jemand, der für dich immer der Endgegner schlechthin war, vor dem du gar nicht schnell genug davonrennen konntest, weil du genau wusstest, was dir sonst blüht. Ihn so jämmerlich zugrunde gerichtet zu sehen, das lässt dich an der Welt zweifeln und an deinem Verstand. Und sein Hass auf dich, und sich selbst, weil die Rollen nun vertauscht sind und er dir auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist…“ Er unterbrach seine ungewöhnlich lange und emotionale Rede, um an der Zigarette zu ziehen. So etwas konnte ich mir nicht mal ansatzweise vorstellen. Sein Vater war ein ganz anderer Typ als meiner. Der war mehr von der gleichgültigen Sorte: Nichts hatte ihn jemals aus der Ruhe bringen können, nicht mal als ich als kleines Kind versehentlich seine dampfende Kaffeetasse auf seinen Schoß geschüttet hatte. Laut geworden war nur meine Mutter, und mein Vater hatte sich dann lautlos aus dem Staub gemacht. Betreten schwieg ich. „Wir sind am Samstag übrigens wieder im QUAKE“, brach er das Schweigen zwischen uns. „Kommst du auch?“ „Äh. Weiß noch nicht.“ „Sag am Eingang, dass du Dominique mit Q bist. Dann kommst du gratis rein.“ „Ich überlege es mir.“ Aber ja, ich war geschmeichelt. Die Zigarette landete im Aschenbecher. Das Zeichen, dass das Gespräch beendet war. Doch ich wollte nicht, dass er jetzt schon ging. Was ich von ihm wollte, wusste ich irgendwie selbst nicht so genau, aber mir taten unsere Atempausen auf dem Balkon gut. Auch, wenn sie stets verqualmt waren. Ich blieb noch draußen, noch eine Minute durchatmen. Aus dem Aschenbecher, der mal wieder geleert werden müsste, stiegen die letzten Rauchfetzen seiner Kippe auf. Und ich wunderte mich selbst darüber, dass ich diesem Detail so viel Aufmerksamkeit widmete. ~ Die restliche Woche begegnete ich Sandro nicht mehr, dann war auch schon Samstag. Gitarrhö war bereits mitten in ihrem Auftritt, leider hatte ich den Bus verpasst. Sandro hatte Wort gehalten: Im Club war ich mit der Erwähnung meines Namens tatsächlich durchgewunken worden. Ich war ein echter VIP! Jetzt erst mal ein Bier. Auf der Suche nach Jo erschauderte ich, als ich die schwarz gekleidete Gestalt mit seiner blutroten E-Gitarre auf der Bühne erblickte. War das nicht ein bisschen unfair von Mutter Natur verteilt? Gitarre spielen können, und dabei noch so verboten gut aussehen? Er war wieder geschminkt, ebenso die restlichen Mitglieder. Der Sänger stach heraus mit seinen weißen Klamotten und seiner kalkweißen Farbe im Gesicht, als wäre er Kopf voran in einen Mehlsack gefallen, das war neu. Jo und Simon saßen verdammt weit vorne, ganz nah an der Bühne. Das war nicht nur zu nah, das war fast intim. Ausgerechnet jetzt musste sich Jo umdrehen. Die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Ich hatte mich nämlich nicht mehr bei ihm gemeldet und so war er wohl davon ausgegangen, dass ich dem QUAKE heute fernbleiben würde. Nun da er mich erblickt hatte, konnte ich nicht mehr zurück. Da gab es nur noch die Flucht nach vorne. „Dome! Was für eine Überraschung!“, grölte Jo und haute mir zur Begrüßung auf die Schulter. „Cummy“, sprach mich sein Bruder an, der berühmt-berüchtigte Ladykiller Simon. „Lang nicht gesehen.“ „Allerdings.“ Gedanklich fügte ich hinzu, dass ich darüber gar nicht traurig war, denn Simon war speziell. Jemand, bei dem man froh war, ihn zu kennen, aber nicht, ihn zu sehen. Zwar war er rein visuell eine Augenweide, das musste ich zugeben. Betrachtete man heimlich die Brüder, während sie beide direkt vor einem standen, so kam man wirklich nicht umhin, zuzugeben, dass Simon seinem jüngeren Bruder von den Genen für Sexappeal nicht allzu viel übrig gelassen hatte. Mit anderen Worten, ihn würde ein Fotograf sofort begeistert als Model auswählen, nicht nur seines Gesichts wegen, mit dem verschmitzten Lächeln und den perfekten Zähnen. Sein Körper besaß nicht nur die Proportionen, sein volles Haar auch den Farbton einer Karotte, worauf er sehr stolz war. Außerdem war ihm das Flirten in die Wiege gelegt worden. Wäre Jo nicht zu stolz und wählerisch, so hätte er sich längst von Simon verkuppeln lassen, denn das konnte der wirklich gut. Statt Simon wandte ich mich lieber der Bühne zu, meinte aber, seinen prüfenden Blick auf mir zu spüren. Sandro spielte heute so wütend, aggressiv, im Vergleich zu letztem Mal erschien mir der Song heute schneller, dynamischer. Ich registrierte, wie der Bassist von damals in der Abstellkammer, Sandro immer wieder etwas zurief. Möglicherweise hatte Sandro bei der ein oder anderen Note danebengegriffen oder es war etwas anderes los. Sein Gesicht blieb von dieser typischen Stirnfalte verunstaltet, die mich immer so sehr an ihm störte, weil sie sein Gesicht verunstaltete. Jetzt schaute er mich direkt an, zumindest schien es so. Was waren meine Wangen plötzlich warm... Ich prostete ihm zu, trank einen ordentlichen Schluck von meinem Bier. Von der Seite bemerkte ich Simons hämisches Grinsen. „Bissel bi schadet nie, oder?“ „Wie?!“ Simon nickte in Richtung der Bühne. „Ja. Die Band soll ihren alten Sänger rausgeworfen haben, das gab dann ein riesiges Schwulendrama.“ „Ja klar!“ „Doch. Glaubst du mir nicht?“ „Warum hörst du denn eine schwule Band?“ „Mann, ist ja nicht die Band schwul, nur der eine Gitarrist, du Hinterwäldler.“ So eine Einstellung hätte ich von Simon gar nicht erwartet. Er sprach weiter, beinahe schwärmerisch: „Gays sind echt zu beneiden, die haben es so einfach.“ „Einfach? Inwiefern?“ „Na, denkst du, die müssen immer erst ein Date hinter sich bringen, bevor sie einen ranlassen? Nee, das geht ruckzuck bei denen, wenn sie erstmal ausgeknobelt haben, wer die Arschkarte zieht.“ „Erinnert mich irgendwie an jemanden...“ Um jetzt nicht unseren Abiball zu erwähnen. Simon überging meinen Kommentar, fühlte sich davon überhaupt nicht angesprochen und rutschte noch ein Stückchen zu mir auf, um mir zuzuraunen: „Hab gehört, du bist wieder auf dem Markt. Ich kenne da eine, die dir bestimmt gefallen würde.“ Schon wühlte er sich durch sein Telefonbuch im Handy. „Ach lass mal.“ „Nicht? Willst wohl lieber, dass es dir der Gitarrist besorgt, nicht wahr?“ „Was?! Du spinnst ja total!“ Jo sah zu uns auf, doch er bekam durch die Lautstärke nichts von unserem Gespräch mit. „Ich spür zwischen euch krasse Vibes!“, sagte Simon fast entschuldigend. Ich stand auf, um mir einen harten Drink an der Bar zu holen, versuchte erfolglos, die Wut herunterzuschlucken. Ich sollte seine Provokationen am besten ignorieren, aber das war gar nicht so einfach, weil es mich irgendwie getroffen hatte. Nüchtern hielt ich Simon einfach nicht aus, es ging einfach nicht. Mit seiner Art, die wunden Punkte von einem ausfindig zu machen und mit glühenden Spießen darin herumzustochern. Bei diesem einen Drink sollte es heute Abend nicht bleiben. Simon zog nach, als wollte er ein Sportereignis daraus machen. Immer, wenn er ging, brachte er mir einen Drink von der Bar mit, wo er offensichtlich die Barkeeperin mit dem Lederrock abschleppen wollte, und ich konnte nicht Nein sagen und prostete ihm immer wieder fröhlich zu. Der sollte mal sehen, wie trinkfest ich war, damit er mich nicht in dieselbe Schublade steckte wie Sandro. Abermals trafen sich die Blicke von Sandro und mir im Laufe des Abends. War das … Flirten? Warum hatte Simon diese Sache erwähnt? Das war unheimlich, denn manchmal hatte er für solche Dinge einen Riecher, schließlich hatte er unzählige Frauen gehabt und ich erst eine. Ob er mir geradewegs ansah, dass mich schwarz geschminkte Lippen bis in meine Träume verfolgten? Simon hing nur noch am Handy, Jo ebenfalls. Höchstwahrscheinlich textete er mit dieser Asiatin, ihr Name fiel mir gerade nicht ein. In dem einen Song hörte ich öfter das Wort „Blaupause“ heraus. Vielleicht lag es aber auch daran, dass mich der Alkohol schon gar nicht mehr klar denken ließ. Wäre ich heute besser nicht hergekommen. Das würde ein ekliger Kater werden! Sandro stand ganz schief auf der Bühne. Nein, die Gitarre hielt er schief. So eine Gitarre gab aber auch ein verdammtes Phallussymbol ab, wenn man sie sich auf diese Art vor den Schritt hielt. Wenn er komplett ohne Kleider dastehen würde, nur mit der Gitarre seine Blöße bedeckend…War er eigentlich am ganzen Körper so blond? Ich lachte vor mich hin, konnte nicht mehr aufhören. Scheiße, so betrunken war ich Ewigkeiten nicht mehr gewesen, ich würde nicht mal mehr den Ausgang finden, höchstens diese Abstellkammer. War auch sicher seine Absicht gewesen; der freie Eintritt, mit dem er mich hergelockt hatte, und warum sonst hatte er mir ins Gesicht gesagt, dass er schwul war? Zu mir! Dabei war ich vor acht Wochen noch mit einem Mädchen zusammen gewesen, und glücklich gewesen! Wieso sagte er das ausgerechnet zu mir, der ich hetero war, und belagerte mich Nacht für Nacht in meinen Träumen? Immer derselbe Traum. Das Stück trainierte Bauchmuskeln, das unter seinem Shirt hervor blitzte. Das wissende Lächeln auf seinen schwarzen Lippen, die näher und näher kamen. Nein, so betrunken könnte ich niemals sein, dass ich freiwillig sein Ding berührte. Weißwurst mit Sauerkraut war so gar nicht mein Fall! Ich wollte mich an Marie kuscheln, die an manchen Stellen soo weich war… Irgendwann wurde ich unsanft an der Schulter gerüttelt. „Wach auf, Dome!“ Wie durch eine Nebelwand drang die bekannte Stimme. Nur sehr langsam ließen sich meine schweren Lider öffnen, protestierten dagegen. Ich saß in Jos Beifahrersitz, erkannte das Armaturenbrett, ohne zu wissen, was zwischen meinem letzten Drink und jetzt alles passiert war, die leuchtenden Ziffern waren zu verschwommen, um die Uhrzeit abzulesen. Ich wusste nicht mal, wo wir waren. „Raus mit dir, ich hab dich heim gefahren.“ „Echt?“, murmelte ich gedehnt, mit schwerer Zunge. Stimmt, dieses Haus da, dort wohnte ich. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen und nur noch lallen. „Nett von dir. Wassis mit der Band?“ „Die sind fertig, und du bist auf dem Tisch eingepennt. Ich habe dich halb zum Auto geschleppt, alleine, Simon hat sich ja mittendrin verkrümelt, wie immer, und so jemand will Arzt werden! Und was du alles über den Gitarristen gesagt hast, das war sehr strange. Fast schon creepy, Dome. Der hat dir doch gar nix getan.“ Uff, von Sandro hatte ich gesprochen? Das war nicht gut. Ich löste den Sicherheitsgurt, und plötzlich drehte sich die Welt wie ein Karussell. „Alter!“ Jo beugte sich über mich, und stieß die Beifahrertür auf. Keine Sekunde zu spät. Ich neigte mich zur Seite und übergab mich geräuschvoll auf das Pflaster des Gehwegs. Anschließend bewegte ich mich nach draußen, einen großen unkoordinierten Ausfallschritt um die Kotzspritzer machend, bekam am Rande mit, wie Jo davon düste. Ich tastete mich im Dunkeln an der Mauer entlang, bis ich den Lichtschalter erfühlte und schloss die Haustür auf, nach einigen erfolglosen Versuchen, ins Schlüsselloch zu finden. Jetzt noch unfallfrei in den dritten Stock finden und in mein Hochbett hinauf...oder doch besser unten auf der Couch bleiben, falls ich heute Nacht nochmal kotzen musste. Was für ein Glück, dass Désirée nicht zuhause war. Wankend hielt ich mich am Treppengeländer fest und kam mir vor, wie die Penner morgens am Bahnhof, über die ich mich lustig gemacht hatte. Irgendwie gelang es mir aber. Mit Rauschen in den Ohren und einem ekligen Geschmack im Mund, schälte ich mich aus Schuhen und Jeans und ließ mich bäuchlings auf das Polster fallen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)