Your Song von PanicAndSoul ================================================================================ Kapitel 9: Der letzte Song (Alles wird gut)- Takeru --------------------------------------------------- Ich würd' dir gerne deine Angst nehmen Alles halb so schlimm, einfach sagen Diese Dinge haben irgendeinen Sinn Doch meine Texte taugten nie für Parolen an den Wänden Kein Trost spenden in trostlosen Momenten Im Gegenteil, fast jede meiner Zeilen Handelt von negativen Seiten oder dem Dagegensein Ich hab' kein' sicken Flow und ich schreib' auch keine Hits Aber gib mir eine Strophe und die gute Stimmung kippt Ich wär' gerne voller Zuversicht Jemand, der voll Hoffnung in die Zukunft blickt Der es schafft, all das einfach zu ertragen Ich würd' dir eigentlich gern sagen Alles wird gut Die Menschen sind schlecht und die Welt ist am Arsch Aber alles wird gut Das System ist defekt, die Gesellschaft versagt Aber alles wird gut Dein Leben liegt in Scherben und das Haus steht in Flammen Aber alles wird gut Fühlt sich nicht danach an aber alles wird gut   Er wusste nicht, was er sagen sollte. Das war auch der Grund, warum er schon seit etlichen Stunden einfach nur dasaß, ihn immer mal wieder ansah und mit ihm gemeinsam schwieg. Die Trauer seines Gegenübers war förmlich greifbar, doch er hatte keine Worte des Trostes. Gab es in solchen Situationen überhaupt Worte, die einen trösten konnten? Oder gab es nur Floskeln wie: „Das wird schon wieder.“ „Beim nächsten Mal klappt es ganz bestimmt.“ „Ihr seid noch so jung.“ Takeru hob seinen Kopf, als sich sein Bruder plötzlich von seinem Platz erhob. Seit Stunden hatte er sich nicht von der Stelle bewegt. Nicht, seit er die Nachricht erhalten hatte. Sora hatte eine Fehlgeburt. Es war bereits die Dritte in Folge, doch so lange wie jetzt, war sie noch nie schwanger gewesen. Dieses Mal war sie bereits in der 13. Woche, als sie heute ganz plötzlich feststellten, dass das Baby nicht mehr weitergewachsen war. Das junge Paar war dieses Mal so voller Zuversicht, dass es schwer war, sich nicht mit ihnen zu freuen. Und selbst Takerus sonst so realistischer Bruder, glaubte nach der kritischen 12. Woche auch endlich daran, dass dieses Baby bei ihnen bleiben würde. Und nun war es wieder geschehen. Für Yamato war eine Welt zusammengebrochen, er hatte sofort bei Takeru angerufen und dieser war auf direktem Wege zu ihm gekommen, um ihm Beistand zu leisten. Sora war noch für einige Untersuchungen ins Krankenhaus gefahren. Sie hatte ihren Mann gebeten, nicht mitzukommen und sie erst abzuholen, wenn sie fertig war. Es fiel ihr grade zu schwer, ihn bei sich zu haben und sie wollte einen Moment für sich sein. Yamato konnte sie verstehen. Ihr Traum, endlich eine eigene Familie zu gründen, rückte für sie in immer weitere Ferne. Takeru beobachtete nun, wie Yamato unruhig im Zimmer auf und ablief. Fieberhaft überlegte er, was er zu seinem Bruder sagen konnte, um ihm zu zeigen, dass er für ihn da war. Was er sagen konnte, damit es ihm besser ging. Doch da riss ihn plötzlich Yamatos Stimme aus seinen Gedanken: „Danke, dass du da bist. Ich glaube, ich würde sonst durchdrehen. Ich mache mir solche Sorgen um Sora.“ Takeru nickte nur und erwiderte: „Natürlich. Ich bin immer für dich da. Für euch beide. Du kannst immer anrufen, wenn etwas ist.“ Der Ältere nickte dem Jüngeren ebenfalls als Zeichen seines Dankes zu. Er hätte wirklich nicht gewusst, was er in dieser Situation ohne ihn hätte machen sollen. Yamato ging noch ein paar Mal auf und ab, ehe er sich wieder auf seinen Platz Takeru gegenüber fallen ließ. Er ließ den Kopf sinken und starrte auf den Boden. „Das ist wirklich nicht fair.“, murmelte er und hatte Mühe, die Tränen, die sich nun in seinen Augen zu sammeln begannen, zurückzuhalten. Takeru musste schlucken. Seinen großen Bruder so emotional zu sehen, ging auch ihm sehr nahe. „Nein, das ist es nicht.“, stimmte er ihm zu. Er wusste einfach nicht, was er sonst darauf erwidern sollte. Denn Yamato hatte Recht. Das Leben war nicht fair zu seinem Bruder und seiner Schwägerin. Sie wünschten sich so sehr ein Kind, eine Familie. Und aus irgendeinem unerfindlichen Grund wurde ihnen dieses Geschenk verwehrt. Sie versuchten es nun bereits seit 2 Jahren. Kurz nach ihrer Hochzeit wurde Sora das erste Mal schwanger. Damals war es eigentlich eher ein Versehen, doch die beiden waren überglücklich und teilten ihre Freude sofort mit allen. Doch schon nach 6 Wochen stellten sie fest, dass Sora das Kind verloren hatte. Lange Zeit schaffte sie es nicht, über den Verlust hinweg zu kommen und es dauerte ein ganzes Jahr, bis sie es erneut versuchten. Als der Test dann noch einmal positiv war, war die Freude wieder groß, doch die Sorge, dass wieder etwas passieren könnte, ebenso. Also behielten sie es dieses Mal für sich. Und schon nach 3 Wochen stellte der Arzt fest, dass auch dieses Kind nicht weitergewachsen war. Doch dieses Mal wollten die beiden nicht aufgeben. Seit dem versuchten sie es immer weiter, unterzogen sich allen möglichen Tests und Behandlungen, die es gab. Und vor 8 Wochen, stellten sie dann das dritte Mal fest, dass Sora schwanger war. Die anfangs verhaltene Freude wuchs mit jeder Woche, die verging, immer weiter und weiter. Bis dann die kritische 12. Woche überstanden war und sich das Paar endlich erlaubte, der engsten Familie von ihrem Kind zu erzählen. Takeru erinnerte sich, dass er, als er es erfahren hatte, so glücklich war. Und heute, genau eine Woche später, empfand er das genaue Gegenteil. Nein, das Leben war wirklich nicht fair, da hatte sein Bruder Recht. Doch wie konnte er ihm jetzt helfen? Er wollte ihm so gerne Hoffnung spenden, wollte ihm Mut machen. Yamato blickte auf, als er sein Handy klingeln hörte. Er stand auf und ging zum Tisch, auf dem das Telefon lag, um den Anruf entgegenzunehmen. Als er wieder zu seinem Bruder zurückkam, sagte er: „Ich fahre jetzt los, um Sora abzuholen. Sie bekommt Medikamente, die Wehen auslösen. Scheinbar muss sie das Kind… sie muss es trotzdem bekommen.“ Takeru verzog sein Gesicht. „Das klingt wirklich furchtbar. Soll ich vielleicht fahren?“, bot er an. „Nein schon gut. Ich melde mich, wenn etwas ist. Danke, dass du da warst.“, sagte er und umarmte Takeru, der grade aufgestanden war. Als sich die Brüder gegenüberstanden, zögerte der jüngere der beiden kurz, sagte dann aber: „Es wird alles gut, auch wenn jetzt alles ungerecht und falsch erscheint. Du wirst sehen, am Ende wird alles gut.“ Yamato zwang sich, seinen Bruder anzulächeln. Ein Jahr später: „Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte.“, rief Takeru, der völlig außer Atem war. Yamato, der unruhig auf und ablief, hielt kurz inne und umarmte seinen Bruder. „Danke dir. Ich wüsste nicht, was ich ohne dich machen sollte.“, sagte er. „Dafür bin ich doch da. Weiß man schon mehr?“, fragte der Jüngere und sah auf die Tür. Yamato schüttelte den Kopf. „Sie untersuchen sie grade noch. Aber sie sagen mir Bescheid, wenn es Neuigkeiten gibt.“, erwiderte er. Takeru nickte. Er wollte etwas Aufmunterndes sagen, doch ihm fiel grade nichts ein, was nicht nach einer Floskel oder einfach nur abgedroschen klang, also schwieg er. Als er sich auf einen der Stühle im Warteraum setzte, ließ auch Yamato sich neben ihm nieder. So saßen sie eine Weile schweigend nebeneinander und warteten. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam jemand, um Yamato zu holen. „Bis gleich. Und Yamato?“ Auf Takerus Worte hin drehte er sich zu seinem kleinen Bruder um. „Denk dran: Es wird alles gut.“ Der Ältere nickte ihm zu und folgte dann der Person, die ihn holen sollte. Takeru saß auf seinem Stuhl und spürte, wie die Anspannung und Ungeduld von Minute zu Minute in ihm wuchs. Es vergingen weitere Stunden, Takeru schaute schon lange nicht mehr auf die Uhr, doch irgendwann kam Yamato zurück. Sofort sprang der jüngere Bruder von seinem Platz auf und lief auf den Älteren zu. „Und? Was ist? Gibt es Neuigkeiten?“, fragte er und sah ihn gespannt, aber auch forschend an. Einen Moment sagte Yamato nichts, dann atmete er einmal tief ein und ließ die Luft dann geräuschvoll entweichen. Ein Lächeln legte sich auf sein Gesicht und er sagte langsam: „Oh ja, die gibt es. Ich bin endlich Vater.“ Takeru spürte, wie schlagartig alle Anspannung von ihm abwich und sich nun in pure Freude verwandelte. Er fiel seinem Bruder um den Hals und zog ihn in eine lange Umarmung. „Meinen Glückwunsch!“, rief er. Yamato, der die Geste glücklich erwiderte, antwortete: „Danke. Sora ist zwar noch etwas erschöpft, aber möchtest du den kleinen Mann vielleicht sehen?“ Takeru ließ seinen Bruder los und grinste ihn an. „Aber klar doch.“ Als sie das Zimmer betraten, lag Sora im Bett und hielt, ein Lächeln im Gesicht, ihren und Yamatos Sohn im Arm. Takeru ging auf sie zu und sagte: „Herzlichen Glückwunsch.“ Sie erwiderte das Lächeln ihres Schwagers und drehte sich dann so, dass er den Kleinen besser sehen konnte. „Hat er schon einen Namen?“, fragte der Jüngere nun an seinen Bruder gewandt. Dieser warf seiner Frau kurz einen Blick zu und als diese zur Bestätigung nickte, sagte er: „Wir haben gedacht, da du uns in unserer schwersten Zeit so viel Hoffnung geschenkt hast, würden wir ihn gerne Kibo nennen.“, antwortete Yamato. Takerus Augen weiteten sich. Dann breitete sich auf seinem Gesicht ein Lächeln aus. „Das ist ein wirklich schöner und passender Name.“, sagte er und betrachtete den kleinen Kibo, die kleine Hoffnung von Yamato und Sora.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)