Der Weihnachtsbaum ist katzensicher, oder? von Calafinwe ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Ich wälzte mich in meinem Körbchen. Der Tag hatte wie üblich angefangen, mein Diener war aufgestanden und hatte mir mein Katzenfutter Nr. 33 hingestellt. Ich hätte viel lieber Katzenfutter Nr. 25 gehabt, aber mein Diener ging auf meine bettelnden Blicke und das Streichen um seine Beine nicht ein. Stattdessen hatte er sein Datapad vom Tisch genommen und war gegangen. Und nicht wieder gekommen. Und hat mich noch länger warten lassen. Aus Frust habe ich die Krümel aus meinem Klo heraus gescharrt. Und danach das Katzenfutter Nr. 33 zur Hälfte verputzt. Der Hunger trieb es rein. In der Hoffnung, dass mein Diener doch noch mal kommen würde, habe ich mich aufs Bett verzogen und bin eingeschlafen. Ein Geräusch hat mich geweckt, aber ich konnte nicht herausfinden, was es war. Obwohl ich das ganze Quartier zweimal abgelaufen bin. Danach habe ich an der Scheibe gesessen und versucht, die leuchtenden Punkte zu fangen, die auf der anderen Seite vorbei rauschten. Nie gelang es mir! Verärgert habe ich gemaunzt und mich dann über den Rest meines mittlerweile angetrockneten Katzenspezialfutters Nr. 33 hergemacht. Ekelhaft! Schließlich kehrte mein Diener zurück, begleitet von seinem Freund, den er immer Geordi nannte und der mich nicht mochte. Ich mag ihn auch nicht.  Interessiert schaute ich dabei zu, wie mein Diener ein großes, grünes Ungetüm ins Quartier zerrte und Geordi mit einer Kiste folgte und diese auf den Boden stellte. Ich setzte mich in meinem Körbchen auf und versuchte, die Kiste genauer zu inspizieren. Leider konnte ich nicht erkennen, was sich darin befand. “Geordi, geben Sie mir bitte den Ständer”, meinte mein Diener. Geordi griff in die Kiste und holte ein großes, grünes und rund geformtes Ding heraus. “Jetzt müssen wir ihn da reinstellen.” Geordi platzierte sein rundes Ding auf dem Boden und mein Diener hob das grüne Ungetüm hoch. Nach einigem Werkeln hatten sie das Ungetüm und das Ding soweit miteinander befestigt, dass das Ungetüm von alleine stand. Es sah wie eine Pflanze aus. Neugierig sprang ich von meinem Körbchen auf den Boden, stellte meinen Schwanz auf, blieb aber trotzdem in sicherer Entfernung. “Na, Spot? Willst du uns helfen?”, fragte mein Diener. Ich blinzelte ihn an und schnurrte leicht, hielt mich aber zurück. Wer wusste schon, was die noch alles in ihrer Kiste hatten? “Data, glauben Sie wirklich, dass es eine so gute Idee ist, einen Weihnachtsbaum in Ihrem Quartier aufzustellen?” “Interessant, dass Sie das ansprechen, Geordi. Ich habe Guinan gefragt, ob ich den Baum im Zehn Vorne aufstellen darf, aber sie hat es abgelehnt.” Ich hörte Geordi grummeln. Ob er hungrig war? “Ok, womit wollen Sie anfangen, Data? Kerzen oder Kugeln?” “Meinen Berechnungen zufolge ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kugeln nicht mehr schön hängen, wenn man zuerst sie und danach die Kerzen anbringt, höher, als wenn man es anders herum macht.” “... Verstehe. Sie meinen wegen dem Gewicht der Kerzen?” “Exakt!” “Data, ich verstehe immer noch nicht, warum Sie sich so genau an die Baupläne der Erde des 21. Jahrhunderts halten. Jeder weiß doch, dass die damals nicht besonders innovativ waren. Allein die ganzen Batterien für die Kerzen, was für eine Verschwendung!” “Geordi, wäre ich nach Ihrer Argumentation gegangen, hätte ich im Wald eine Tanne absägen müssen …” “Ja, schon … Aber ein replizierter Gummitannenbaum mit Kunstschnee?” “Ich verspreche Ihnen, dass es hinterher nicht mehr auffällt, wenn der Baum komplett geschmückt ist, die Kerzen brennen und mein restliches Quartier abgedunkelt ist.” Ich hörte Geordi grunzen. Interessiert legte ich den Kopf schief und sah zu, wie die beiden weitermachten. Zuerst befestigten sie längliche Stäbchen auf den Zweigen. “Geordi, Sie müssen schon an jeder Seite des Baums Kerzen auf die Zweige stecken.” “Warum denn, wenn Sie ihn hinterher eh in die Ecke stellen?” Mein Diener ging nicht weiter darauf ein. Stattdessen steckte er heimlich zwei der Stäbchen noch mal um, als Geordi sich gerade weggedreht hatte. Selbst mir waren die Bewegungen meines Dieners manchmal viel zu schnell. Als sie fertig damit waren, die letzten Stäbchen, die sie Kerzen nannten, anzubringen, reichte Geordi meinem Diener ein kleines Kästchen. “Wollen Sie’s mal probieren? Nicht, dass eine der Kerzen falsch repliziert wurde und nicht funktioniert.” “Sie haben wohl recht.” Mein Diener nahm das Kästchen, drückte drauf und sah dann skeptisch auf den Baum. Geordi umrundete ihn einmal. “Drücken Sie noch mal.” Mein Diener tat, wie Geordi ihm riet. Frechheit! Wenn ich ihn anmaunzte, weil ich mein Katzenfutter Nr. 25 wollte, obwohl er mir etwas anderes hingestellt hatte, reagierte er nie. “Da ist tatsächlich eine defekt?”, meinte mein Diener überrascht. Er drückte noch mehrmals auf das Kästchen. “Na ja, ist ja auch egal. Kommen Sie, lassen Sie uns auf die Kugeln aufhängen.” “Ich muss sagen, ich bin nicht zufrieden.” Geordi grummelte wieder. “Data, es ist doch nur eine von 20 Kerzen, die nicht funktioniert. Das fällt doch nicht auf.” “Aber Geordi, eigentlich sollte der Replikator kein Problem damit haben. Theoretisch müsste er tausende Kerzen replizieren können, ohne dass es Ausfälle gibt!” Mein Diener war sichtlich irritiert. Geordi brummte nur. “Und was wollen Sie jetzt unternehmen?” “Ich sollte den Replikator auf Fehler überprüfen!” “Data, finden Sie das nicht etwas übertrieben?” “Eigentlich nicht. Stellen Sie sich vor, wir befinden uns in einem Kampf, müssen eine Plasmaleitung austauschen und der Replikator funktioniert nicht richtig” “Ist ja gut Sie haben ja Recht!” Mein Diener stand auf. “Was ist?”, fragte Geordi. “Sagen Sie nicht, Sie wollen den Replikator jetzt reparieren?” “Je schneller, desto besser!” “Hören Sie, das kann doch auch Barclay oder einer der anderen machen.” Mein Diener sah irritiert auf Geordi herab, der sich wieder über die Kiste gebeugt hatte, blieb aber im Raum. “Sie haben wohl Recht.” “Also lassen Sie uns den Baum schmücken!” Geordi griff nach einigen Dingen in der Kiste und reichte sie meinem Diener. Es waren glitzernde Bälle, die mein Diener jetzt in dem Baum platzierte. Ich spürte, wie sich meine Pupillen verengten, als sie den glitzernden Bällen folgten, die nach und nach aus der Kiste kamen. Ich maunzte einmal. Geordi und mein Diener sahen zu mir. Ich stand auf und schwänzelte herum, begierig darauf, einen der glänzenden Bälle zu bekommen. Aber sie ignorierten mich. Unverschämtheit! Stattdessen hingen sie sie weiter in den Baum. Ich tat, als wäre ich nicht weiter interessiert und fing an, mich zu putzen. Zu erst meine Nase und die Ohren, schließlich meine Hinterläufer. Danach fläzte ich mich auf den Boden, putzte mein Bäuchlein und ignorierte die beiden. “Ich versteh aber jetzt immer noch nicht, was Sie damit bezwecken. Weihnachten wird schon seit einigen Jahrhunderten nicht mehr gefeiert, soweit ich weiß”, meinte Geordi. “Ich weiß, trotzdem halte ich es für wichtig, auch die spirituelle Natur des Menschen zu erforschen.” “Verstehe. Und wie kamen Sie auf Weihnachten?” Die beiden schmückten den Baum weiter und achteten gar nicht auf mich. Mittlerweile hatte ich mich an die Bettkante gerollt und sah ihnen schnurrend dabei zu, wie sie mittlerweile glitzernde Schlangen an dem Baum befestigten. So viele Lichter und blingbling, mir schwirrten die Augen und meine Schwanzspitze zuckte. Am liebsten hätte ich den Baum aus der Nähe betrachtet, aber ich traute mich nicht und blieb auf meinem Platz am Bett. “Ich habe mich natürlich über verschiedene spirituelle Richtungen informiert. Im Islam soll man beim Ramadan zum Beispiel einen Monat lang tagsüber fasten. Immer von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Das könnte ich gar nicht umsetzen. Ich kann mich ja schlecht morgens deaktivieren und abends wieder einschalten lassen. Beim jüdischen Jom Kippur wird ebenfalls gefastet, aber das Fest ist auch dazu gedacht, sich zu versöhnen …” “Mit wem müssen Sie sich versöhnen?”, unterbrach Geordi die Litanei meines Dieners. Mein Diener zog eine Augenbraue hoch. Er schien über Geordis Frage nachdenken zu müssen. “Ich bin mir sicher, dass es den ein oder anderen gibt …” Geordi grunzte wieder. “Data, Sie sind doch die zarteste Seele, seit es Androiden gibt …” “Vielen Dank!” Geordi griff wieder in die Kiste und zog eine Tüte heraus. Ich setzte mich wieder auf, meine Pupillen vergrößerten sich wieder. “Wollen Sie den Kunstschnee wirklich noch drauf werfen?” “Natürlich, es soll so originalgetreu wie möglich aussehen!” Geordi reichte die Tüte an meinen Diener und stand dann ebenfalls auf. Mein Diener öffnete die Tüte, griff hinein und warf dann weiße Krümel auf den Baum. Das meiste blieb in den Ästen hängen, doch ein paar der Krümel fielen zu Boden. Mein Körper fing an zu Kribbeln, ich setzte mich auf meine Hinterläufer. Mein Diener warf eine zweite Hand voll weißer Krümel auf den Baum und ich sprang auf jene, die zu Boden segelten. Dabei streifte ich einige Äste des Baumes und manche der glitzernden Bälle klimperten. “SPOT!”, rief mein Diener entrüstet. Ich blieb liegen, wo ich war, weiße Krümel zwischen den Pfoten, und blickte mit großen Pupillen zu meinem Diener auf. Er beugte sich zu mir herab, aber ich sprang schnell davon und verschwand im angrenzenden Raum. “Das könnte ein Problem werden …”, hörte ich Geordi sagen. Was er damit wohl meinte? “Ich bin mir sicher, Spot ist nur neugierig. Und eben verspielt. Wenn der Baum endgültig geschmückt und ich den Kunstschnee vom Boden gesaugt habe, wird es keine Probleme mehr geben …” “Wenn Sie das sagen …” Ich verzog mit hinter den Arbeitstisch meines Dieners, fing wieder an, mich zu putzen und ignorierte die beiden. Irgendwann würden sie unser Quartier schon verlassen und ich konnte den Baum in Ruhe inspizieren. Ich wälzte mich wieder herum und träumte von den glitzernden Bällen, die an dem Baum hingen. Wie ich sie nach und nach vom Baum herunterholen und durch das ganze Quartier jagen würde. Dann hätte ich die besten Spielbälle weit und breit und die anderen würden vor Neid erblassen. Vor allem Minka, die mir neulich die Maus weggeschnappt hatte. Von Bällen und Glitzermäusen träumend schlief ich schließlich ein. Einige Zeit später wachte ich wieder auf. Das Quartier war fast komplett abgedunkelt, nur im Hauptraum leuchtete etwas. Ich streckte mich ausgiebig, erst die Vorderpfoten, gähnte, streckte dann die Hinterpfoten noch einmal einzeln und gähnte erneut. Danach putze ich mir die Nase, ehe mich die Neugierde ins andere Zimmer trieb. Dort stand der glitzernde Baum und glänzte vor sich hin. Ich schaute hin und her, aber mein Diener und Geordi waren nirgends zu sehen. Neugierig stellte ich meine Nase in die Luft, aber mein Diener und Geordi waren auch nicht zu riechen. Und auch sonst niemand. Ich war allein. Langsam näherte ich mich daher dem Baum mit den glitzernden Bällen und blickte an ihm empor. Setzte mich aufrecht hin und ließ die Schwanzspitze zucken. Nach einigen Momenten ging ich ein paar Schritte um den Baum herum. Er war auf der einen Seite ziemlich stark mit den bunten Bällen, den weißen Krümeln und den leuchtenden Stäben geschmückt. Nur hinten herum war er noch hauptsächlich grün, was mich irritierte. Hatte mein Diener nicht zwei der leuchtenden Stäbe an der Rückseite platziert gehabt? Ich schnüffelte wieder neugierig, aber der Baum strömte keinerlei Geruch aus. Pikiert sah ich mich wieder in unserem Quartier um. Warum stellten sie so einen Baum auf, wenn er dann nicht nach Baum roch? Gelangweilt betrachtete ich wieder eines der glitzernden Bälle. Nahm Maß… ...und sprang aus dem stand hoch. Das Bällchen bekam ich nicht zu fassen, stattdessen ruderte ich mit meinen Krallen durch die Zweige, ehe ich im Astwerk Halt fand. Ich schüttelte meinen Kopf und schleckte mir über die Nase. Als ich wieder klar im Kopf war, versuchte ich, mich am Baum hoch zu hangeln, aber das war keine gute Idee. Der Baum fing bedrohlich zu schwanken an, die glitzernden Bälle klirrten mit den leuchtenden Stäbchen aneinander. Schließlich kippte der Baum um. Bevor er mich unter sich begraben konnte, sprang ich zu Boden und flitzte verängstigt zum Bett hinüber. Die weißen Krümel segelten zu Boden, viele der glitzernden Bälle kugelten in alle Richtungen davon. Ich flitzte wieder weg vom Bett und hinüber zu einem der Bälle, der mich schon die ganze Zeit in den Bann geschlagen hatte. Als ich ihn anstupste, kugelte sich der Ball auf dem Boden. Ich schlug fester mit der Tatze zu und er sprang davon in Richtung Tür und hinaus. Ich wollte ihm nach, blieb aber dann verdutzt zwischen zwei schwarzen Beinen auf dem Boden liegen und blickte irritiert nach oben. “SPOT!!”, schimpfte mein Diener. Er schien empört zu sein, bückte sich nach mir und hob mich hoch. So schlimm konnte es nicht sein, was ich gemacht hatte, denn mein Diener fing umgehend an, mich zu Kraulen. “Und Sie streicheln Ihre Katze auch noch …”, meinte Geordi, der den glitzernden Ball aufgehoben und ebenfalls in unser Quartier getreten war. “Was für eine Bescherung!”, meinte mein Diener. “Eines steht fest: Den nächsten Weihnachtsbaum montieren wir katzensicher!”, stellte Geordi fest. Was er damit wohl meinte? ~ FIN ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)