Immer dienstags von DieLadi ================================================================================ Kapitel 13: ------------ Die Woche verflog. Das Wochenende verging geradezu im Fluge, weil wieder mal soviel Arbeit anstand, dass Greg auch Samstag und Sonntag im Büro erschien. Und ehe er sichs versah, war es Dienstag Abend. Bei Mycroft sah die Sache anders aus. Für ihn schienen diese paar Tage dahinzuschleichen wie Schnecken, und die Zeit schien einfach nicht vergehen zu wollen. Die ganze Welt schien sich verschworen zu haben, denn es war so friedlich wie lange nicht, was ja grundsätzlich eine gute Sache war. Die Lösungen für diverse Probleme schienen einfach zu funktionieren, neue Probleme tauchten nicht auf. Kein einziger Staat in Osteuropa, dem nahen Osten, Südamerika oder sonst wo machte irgendwelche dummen Dinge. Kein neuer Diktator tauchte auf, keiner der alten Diktatoren machte mehr Ärger als es allgemein üblich war. Wenig zu tun also für Mycroft Julius Cesar Holmes, dem Kopf hinter der britischen Regierung, und viel zu viel Zeit, zu grübeln und sich die Haare zu raufen. Das Wochenende wahr besonders schlimm. Nachdem er Anthea zum dritten mal unfreundlich angemotzt hatte, was er sonst nie tat, hatte sie ihn mit der Bemerkung, er sei ja schlimmer als sein Bruder, wenn dem langweilig sei, aus dem Büro geschmissen und ihn nach Hause geschickt. Er solle sich entspannen. Ha! Entspannen! Wie sollte das möglich sein mit der Ungewissheit, ob Gregory ihnen beiden noch einmal eine Chance geben würde? Aber was sollte man tun, es blieb ihm nichts anderes übrig, als die Sache auf sich zu kommen zu lassen, und so lief er zu Hause auf und ab wie ein Tiger im Käfig und wartete, dass die Zeit verginge und es nun endlich Dienstag werde. Und schließlich war es soweit. Es war Dienstag, es war früher Abend, und es war Zeit, sich zurecht zu machen. Er gab sich besonders viel Mühe. Es war ihm klar, dass er nicht gerade durch klassische männliche Schönheit bestach. Nun, jedenfalls empfand er das so. Die Nase zu schmal, die Stirn zu hoch, das Haar zu schütter ... andererseits, was ihm hier fehlte, machten seine schlanke Figur und seine Eleganz wieder wett. Und so stand er lange vor dem Spiegel, länger als er das gewohnt war, denn normalerweise war er nicht von Selbstzweifeln geplagt, was seine Garderobe und ihre Anwendung betraf. Doch heute ... Schließlich nahm er die Hilfe seines Butlers George, der treuen Seele, in Anspruch, der ihm half, einen Anzug auszuwählen, der seine natürliche Eleganz unterstrich und edel war, dabei aber doch schlicht und dezent wirkte. Dazu selbstredend das passende Hemd sowie einen gut abgestimmte Krawatte. Schließlich war er zufrieden und konnte nur hoffen, dass sein Anblick Gregory gefiel. Also machte er sich auf zum „Arlecchino e Colombina“. Er ging zu Fuß, denn er wollte den Kopf frei kriegen und die frische Luft würde ihm dabei helfen. Seinen Wagen schickte er los, um Gregory abzuholen. Er betrat das Restaurant und wurde zu ihrem Tisch geleitet. Er bat um ein Glas Wasser, denn sein Hals war trocken, was sicher an der Aufregung lag. Würde Gregory wirklich kommen? Oder hatte er es sich womöglich anders überlegt, und würde ihn hier einfach sitzen lassen? Vielleicht hatte er das ja sogar verdient ... Doch nein, ein solches Verhalten würde nicht zu Gregory passen. Mycroft seufzte. Du liebes Bisschen, er benahm sich ja wie ein liebeskranker Teenager. Wenn seine Freunde und Feinde auf dem politischen Parkett ihn so sehen könnten, Gott bewahre! Er trank das Wasser mit einem Zug leer und bestellte ein weiteres. Und dann blieb ihm nur noch, zu warten. Jedes mal, wenn die Tür des Restaurants sich öffnete, hob er hoffnungsvoll den Kopf. Doch nein, es war nicht Gregory. Ein Paar trat ein, offenbar in romantischer Stimmung, denn sie gingen Hand in Hand zu ihrem Tisch, und schauten sich die ganze Zeit verliebt an. Eine Familie, Mutter, zwei Söhne, eine Schwiegertochter und ein Enkelkind. Die Mutter hat Geburtstag, dachte Mycroft, sie feiern, allerdings herrscht unangenehme Spannung zwischen ihnen ... die Schwiegertochter hasst die alte Dame, was auf Gegenseitigkeit beruht. Ihr geschätzter Gatte hat keine Ahnung von den Animositäten zwischen der Gemahlin und der Frau Mama. Der zweite Sohn ist nervös ... er will etwas wichtiges zur Sprache bringen, und er weiß nicht, wie die Familie, insbesondere die alte Matriarchin, das ganze aufnehmen wird ... es geht um ...oh, eindeutig, er will sich outen. Der nervöse junge Mann dort hinten an dem kleinen Tisch ist sein Freund und er will ihn den anderen vorstellen. Na, wenn das mal gut geht ... Wieder öffnete sich die Tür. Ein Mann trat ein, sah sich suchend um und verließ das Lokal wieder. Und Gregory war immer noch nicht da. Die verabredete Zeit war seit wenigen Minuten vorüber. Mycroft schluckte trocken und trank sein zweites Glas Wasser leer. Was sollte er tun, wenn Gregory tatsächlich nicht kam? Was konnte er überhaupt tun? Es würde ihm nichts weiter übrig bleiben, als es zu akzeptieren. Er würde ... ja, er würde Gregory einen letzten Blumenestrauß senden, mit einer Karte, auf der er noch einmal um einmal um Verzeihung bat. Und dann würde er ihn in Frieden lassen. Er würde trauern um die vergeben Chance. Er würde trauern um eine verlorene Liebe. Möglicherweise würde auch sein Herz zerbrechen. Und doch, er würde es akzeptieren und Gregory seinen Weg gehen lassen. Es war das einzige, was er mit Würde und Anstand tun konnte. Erneut öffnete sich die Tür. Mycroft hielt den Atem an. Es war bereits eine halbe Stunde über die vereinbarte Zeit hinaus, und es war unwahrscheinlich, dass es sich bei dem dort Eintretenden um Gregory Lestrade handelte ... und doch, Mycroft hoffte. Er hoffte so sehr. Wenn er das jetzt nicht ist, dachte Mycroft, dann werde ich aufstehen und gehen und das alles hinter mir lassen und nicht mehr zurück blicken. Er schloss kurz die Augen für ein Stoßgebet, und als er sie wieder öffnete ... … stand Gregory Lestrade vor ihm und lächelte sein schönstes Lächeln. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)