TreasureQuest von irish_shamrock (Auf magischer Schatzsuche) ================================================================================ Kapitel 1: TreasureQuest - Auf magischer Schatzsuche ----------------------------------------------------   TREASUREQUEST   Auf magischer Schatzsuche ✰☆✰ Sie war sich der ihr übertragenen Aufgabe durchaus bewusst. Und doch hatte sich Luna die Notwendigkeit ihrer Person in dieser Sache weit weniger nervenaufreibend vorgestellt. Galt sie stets als besonnen, ruhig und ein wenig seltsam – gingen ihr die Ruhe und Besonnenheit mit jeder Minute fühlbar abhanden. Eben noch hatte sie den kleinen Haufen quirliger Zauberlehrlinge unter Kontrolle, da lief Hugo Weasley mit einer Art brennender Fackel hinter den Mädchen her. Luna mochte Kinder. Wirklich. Und die Sprösslinge ihrer engsten Freunde waren ihr nicht weniger Familie, als die Eltern selbst. Doch mit dem Alter, so hieß es wohl, blieben auch die lieben Kleinen nicht länger handzahm. Kleine Kinder – kleine Sorgen. Große Kinder ... – Nun, sie wollte diesen abgedroschenen Worten keinen Glauben schenken. Allerdings würde sie ihre Meinung, nach diesem Abenteuer, wohl sicherlich ändern müssen. Es sollte ein ungewöhnlich heißer Tag werden. So versprachen es die Muggel-Wetterleute in dem Flimmerkasten, den die Nichtmagier schlicht als Fernsehgerät bezeichneten. Luna kannte sich aus. Harry und Hermine hatten ihr bereits zu Schulzeiten von diesen Dingen berichtet, die in der Welt der Zauberer teils mit Faszination und anderseits mit Skepsis betrachtet wurden. Doch viel zu spät erst, nach dem zweiten, großen Krieg, schien es möglich, dass sich beide Seiten einander annäherten. Wie dem auch sei: Luna störte sich nicht an diesen schrägen Objekten oder Utensilien, mit denen die Muggel hantierten oder sich die Langeweile vertrieben. Wieder sah sie von ihrem Tun auf. Gerade hatte sie die letzten Worte einer weiteren magisch-wissenschaftlichen Arbeit überflogen, als sich der Wettermann im Fernsehen zu der großen Karte hinter ihm umwandte, um den Zuschauenden eine Vorhersage für die nächsten Tage nahezubringen. Lang nicht mehr hatte die Britische Insel unter solch erdrückenden Temperaturen geächzt. Zuletzt, so entsann sie sich, musste es im Jahr 1995 gewesen sein, dass eine Hitzewelle das Land für sich eingenommen hatte. Fragend schoben sich ihr die hellen Augenbrauen zusammen. In den letzten Tagen erschienen ihr die Temperaturen nicht weniger drückend und die Luft war nicht weniger von einer feuchten Schwüle durchsetzt. Ihr Blick huschte zu den Fenstern. Der Himmel schien so klar und freundlich und strahlend, dass nicht einmal ein paar kleine Wölkchen dort oben verweilten. Tief sog Luna die morgendliche Luft in ihre Lungen. Sie würde diese Abhandlung noch ein letztes Mal lesen, ehe sie diese Rolf zu einer erneuten Lesung übergab. Dass er zu Untersuchungszwecken in Tschetschenien verweilte, störte sie nicht. Er sei einem Wesen auf der Spur, das sich selbst seinem Großvater, dem einzigartigen Newt Scamander, nur ein einziges Mal hatte zeigen wollen. Lang noch hatte Newt nach diesem magischen Geschöpf gesucht, doch es blieb verschwunden und zeigte sich, gemäß den Aussagen anderer Forscher, nur in einem gewissen, zeitlichen Abstand. Sie ließ Rolf ziehen. Wenn es ihm gelänge, sich jener magischen Kreatur zu nähern, so hätte er seinem Großvater einen großen Dienst erwiesen. Lunas Arbeit selbst würde noch etwas warten können, bis sie den kritischen Blicken und Worten Rolfs unterkam. Eine Eule des Ministeriums war es, die Lunas Vorhaben erneut unterbrach. Sie stutzte, da es nicht bei einem Boten blieb. Gleich drei wunderschöne Tiere drängten sich vor dem Küchenfenster. Eine der Eulen erkannte sie als jene des Zaubereiministers. Kingsley Shacklebolt schickte nur selten eine Nachricht. Umso erstaunter war Luna, als der Vogel unter drängendem Klackern des Schnabels verlangte, sie möge endlich das Fenster öffnen. Zu ihrer Überraschung war es nicht Minister Shacklebolt, der ihr schrieb. Sorgsam entnahm sie die Briefe, steckte jedem noch einen Eulenkeks zu und entließ die Überbringer wieder in den Tag. Hoffentlich ließ sich nicht ein übereifriger Muggel dazu hinreißen, Fragen zu stellen. Oft sah sie diese seltsamen Menschen mit Klemmbrettern und Ferngläsern über die Wiesen streifen. Drei kleine Rollen Pergament lagen vor ihr. Sorgsam entfaltete Luna das Papier. Die erste Nachricht, die mit dem Emblem des Zaubereiministers versehen, erwies sich als eine Bitte Hermine Granger-Weasleys. Hermine sei mit dem Minister im Ausland zur Kontaktknüpfung und benötige dringlichst Lunas Hilfe beim Hüten ihrer Kinder Rose und Hugo. Sie entschuldige sich auch im Namen Rons für diesen plötzlichen Überfall und versprach, Luna bei der nächsten Gelegenheit für diese Unannehmlichkeiten zu entschädigen. Luna stutzte. Auch der zweite Brief enthielt bittende Worte. Harry und Ginny Potter, er als Auror auf Mission und Ginny, ihre gute, wenn nicht sogar beste Freundin seit Schulzeiten, als Profi-Quidditch-Spielerin in den Weiten der Welt unterwegs, erbaten sich der Güte Lunas, sie möge sich der drei Kinder annehmen. Beim dritten Schreiben glaubte Luna, ihre Freunde erlaubten sich einen üblen Scherz mit ihr: Neville und Hannah Longbottom, er Professor in Hogwarts und Hannah Betreiberin des Tropfenden Kessels, erhofften sich Luna als Stütze bei der Aufsicht der Zwillinge. Neville erklärte, er könne Hogwarts aufgrund von Seminaren nicht verlassen, und die Kinder vor Schulbeginn durch die Gänge wandeln zu lassen, sei nicht gestattet. Hannah betonte, wie leid es ihr täte, doch sie müsse den Pub für fünf Tage schließen, da sie zu einer Messe geladen war, die sich mit Spirituosen und anderen Köstlichkeiten beschäftige. Ungewöhnlich und höchst suspekt erschienen Luna die Worte, waren sie doch auf den heutigen Tag und mit dem Wunsch datiert, sich der Kinder für eine Weile anzunehmen. Ein lauter Knall war es, der Luna eiligst ins Wohnzimmer trieb. Dort, im Kamin stehend und mit Ruß und Pulver versehen, ragte die rundliche Gestalt Molly Weasleys auf. Verdutzt blinzelte Luna gegen das Erscheinen des Besuchs an. Mit einer Molly Weasley in ihrem Kamin hatte selbst Luna im Leben nicht gerechnet. »Luna, Liebes«, erhob Molly die Stimme, kletterte ein wenig unbeholfen aus dem offenen Kamin und putzte sich den Staub von der Kleidung. Die Haut der Dame war leicht gebräunt und die eigentlich recht strenge und doch gütige Frau erschien ihr in diesem Augenblick entspannt. Zu entspannt, wie Luna nach wenigen Augenblicken feststellen musste. »Euer Kamin müsste gefegt werden, Kind.« Luna neigte den Kopf, konnte sich jedoch keinen Reim auf das plötzliche Auftauchen Mollys machen. »Mrs. Weasley? Was -?« »Luna, Liebes, ich muss gleich wieder los, am Pool gibt es Cocktails. Keine Ahnung, warum Arthur und ich nicht schon früher auf die Idee mit dem Reisen gekommen sind?« Molly wedelte die gefallenen, undurchsichtigen Worte mit einer raschen Bewegung beiseite. »Liebes«, setzte sie von Neuem an, »hat dich der Brief erreicht?« Luna öffnete die Lippen, doch Mrs. Weasley schien recht ungeduldig, was eine Antwort anbelangte. »Sie meinen die Briefe?« »Die?« Molly Weasley stutzte. »Nein, Schätzchen, Ginny hat mir gesagt, dass sie ihr Anliegen nur in einen Brief verpacken würde.« »Ich habe drei bekommen. Von Hermine und Ron, Ginny und Harry und Hannah und Neville.« Lunas Erklärung ließ Molly den Kopf schütteln. »Mrs. Weasley?« »Es tut mir leid, Liebes, aber Arthur und ich können nicht auf die Kleinen aufpassen. Ich dachte, dass Ginny oder Ron dich informiert hätten? Ich hatte ihnen gesagt, dass sie dich rechtzeitig fragen und nicht einfach davon ausgehen sollen, du könntest dich der Kinder annehmen. Und was die Longbottoms betrifft -« Luna hob abwehrend die Hände und seufzte innerlich. »Es … ist in Ordnung, denke ich.« Mrs. Weasleys Lippen bogen sich zu einem gütigen Lächeln. »Du bist ein gutes Mädchen, Luna. Meine Kinder wissen gar nicht, was für einen Schatz sie mit dir bekommen haben. Ich werde ihnen nach unserem Urlaub ins Gewissen reden, wie anmaßend und unhöflich ihr Verhalten dir gegenüber ist. Glaube mir, Liebes, das wird noch heiter!« Auch Lunas Mund verzog sich zu einem, wenngleich ein wenig angespannten, Lächeln. »Bevor ich es vergesse, Liebes: Die Kinder warten im Fuchsbau auf dich«, erklärte Mrs. Weasley noch, ehe sie, abermals den Kopf schüttelnd unfeine Flüche vor sich her murmelte, die da in etwa lauteten: Wie kann man nur so unvernünftig sein? Denen werde ich die Leviten lesen. Das arme Mädchen, einfach die Kinder bei ihr abzuladen. So habe ich sie nicht erzogen! Mit einem Puff war die rundliche Hexe wieder in die Karibik entschwunden und eine ratlose Luna blieb zurück. Da weder den Briefen noch der Aussage Molly Weasleys zu entnehmen war, wie lang sich Luna der Kinderschar ausgesetzt sah, zog sie es vor, den großen Schrankkoffer, der sie einst und immer auf den Reisen nach Hogwarts begleitet hatte, mit sich zu nehmen. Mithilfe des Mobilcorpus-Zaubers, machte sich Luna mit ihrem Schrankkoffer auf den Weg über die Wiesen, Felder und Hügel Ottery St. Catchpoles zum Hause der Weasleys. Ein wenig Bewegung, so entschied sie, würde ihren steifen Knochen und das Tageslicht ihren müden Augen guttun. Doch Luna musste sich sputen. War ihr doch der Zeitpunkt des Eintreffens der Kleinen nicht bekannt. Umso mehr trieb sie sich zur Eile. Der Fuchsbau, der dem Charme ihres Elternhauses scheinbar in nichts nachstand, ragte einsam auf dem großen Feld vor ihr auf. Das Haus der Familie Weasley schien chaotisch und doch mit einer gewissen Struktur versehen. Luna betete, dass noch keines der Kinder dorthin gebracht worden war. Noch war es still. Kein Laut zuhören. Das Vertrauen der Weasleys in Luna, Harry, Hermine oder Neville schien grenzenlos, gehörten sie seit Jahren der Familie an, ob nun durch Heirat oder lange Freundschaft verbunden. Wer die Kinder zum Fuchsbau bringen würde, hatte ihr Molly nicht verraten. Vorsichtig drückte Luna die Tür zur Küche auf, rief in den Raum hinein und bekam Stille zur Antwort. Erleichtert ließ sie die angespannten Schultern sinken, befahl ihren Koffer ins Zimmer und inspizierte das, was sich vor ihr auftat. Mit dem Auszug der Kinder und wirkte das Haus Mollys und Arthurs ein wenig einsam und allein. Und nun, da es auch noch auf die Hausherren verzichten musste, erschien die Idee, Luna und die Rasselbande hier unterzubringen, geradezu perfide perfekt. Luna strich durchs Haus, warf je einen knappen Blick in die Zimmer und vergewisserte sich, dass sie noch nicht mit kreischenden Stimmen zurechnen hatte. Mit der Ruhe schien es jedoch alsbald vorbei. Zu ihrer Überraschung war es Ginny, die den Weg über die trockene Weide zum Fuchsbau fand, im Schlepptau sieben kleine, quirlige Knirpse. Der Stress, die Anspannung und die Hitze des herannahenden Mittags machten der Profispielerin sichtlich zu schaffen. Ein kümmerliches Lächeln zierte das Gesicht der rothaarigen Hexe, ehe sie den Kindern erlaubte, auf Luna zuzustürmen. »Loony Auntie Luna«, kreischten die Kleinen drängten einander aus dem Weg, um sich der Aufmerksamkeit Lunas zu versichern. Schnell rief sich Luna im Geiste Kinder und Namen auf. Die Potters: James Sirius, Albus Severus und Lily Luna Die Granger-Weasleys: Rose und Hugo Die Longbottoms: Ellis und Franklin Bis auf James, der im Dezember seinen zehnten Geburtstag beging, und Hugo und Lily, die beide erst sechs Lenzen zählten, waren Albus, Rose sowie Ellis und Franklin etwa im selben Alter. »Es tut mir leid, Luna«, sagte Ginny, senkte betreten den Blick und drehte einen Becher mit Tee in ihren Händen, sobald sie mit Luna und den Sprösslingen das angenehm kühle Haus betrat und sich am langen Küchentisch niederließ, um Atem zu schöpfen. »Wir wollten dich nicht überfallen. Aber irgendwie … kam alles zusammen.« Abermals erklärte Ginny die Situation, entschuldigte sich mit bittenden Worten bei ihrer Freundin und versprach, die Kompliziertheit der Umstände wiedergutzumachen. So lang Ginnys wachsamer Blick über ihnen weilte, hielten sich die kleinen Kniesel zurück. Sowie sich diese jedoch von ihren Söhnen, der Tochter, den Nichten und Neffen verabschiedete, beschwor sie für Luna die Hölle auf Erden herauf. Kreischende Mädchen, raufende Jungen. Es fehlte ihr noch, dass der Fuchsbau in Flammen aufging. Und beinahe war jenes Unglück nur knapp abzuwenden, als Hugo Weasley – wo auch immer sich dieser kleine Teufel einer Fackel bemächtigt hatte – hinter der Meute herlief und schrie: »Nieder mit dem Königreich, ihr Barbaren!« Luna fragte nicht, wo der Sechsjährige solch Sätze aufgeschnappt hatte, doch es gelang ihr gerade noch, den brennenden Holzstab mit Aguamenti zu löschen. Hugo neigte den Kopf, als sich das Ende der Fackel tropfend und qualmend vor seinen Augen auftat. »Papa liest mir Piratengeschichten vor, und Geschichten von Rittern, die Königreiche befreien.« Luna zwang sich ein Lächeln auf die Lippen. »Möchtet ihr vielleicht etwas weniger … Feuriges spielen?« Die Jungen hielten inne und sahen sie auf eine Weise an, die Luna einen grausigen Schauer über den Rücken schickte. »NEIN!« War die einstimmige Antwort der kleinen Biester und wieder – den Stab nunmehr als Schwert umfunktioniert – trieb Hugo die Schar vor sich her. Auch wenn das Innere des Hauses unordentlich wirkte, wollte Luna nicht riskieren, dass Dinge zu Bruch gingen, zu Staub zerfielen oder fortschwammen. Ginny hatte den Kindern eingebläut, auf Lunas Worte zu hören, doch innerhalb weniger Augenblicke war die Gruppe plötzlich in alle Winde verstreut. Die Mädchen fand Luna in Ginnys ehemaligem Kinderzimmer vor. Offenbar war ihnen das rabiate Spiel der Brüder nicht geheuer, sodass sie einen ruhigeren Ort bevorzugten. Kurz reckte Luna die Nase in die Luft, ehe sie einen Blick auf Rose warf, die bedrückt an einer Strähne roten Haares zwirbelte. Der beklommene Ausdruck auf ihrem Gesicht und der Geruch nach angesenkten Haaren erklärten ihren Rückzug. »Das verzeihe ich ihm nie!« Doch statt schniefender, trauriger Worte, quollen diese mit einem bösartigen Unterton von den Lippen der Weasley-Tochter. Luna schloss die Tür und stieg die Stufen zum Wohnzimmer hinab. Der Krach, ein lauter Knall – all das konnte nichts Gutes bedeuten. Mit flinken Schritten eilte Luna hinaus auf den Hof und fand die Jungen in der alten Scheune vor. Dort, so wusste sie, bewahrte Arthur Weasley all die Muggel-Gegenstände auf, deren Sammlung er hütete, wie einen Schatz. Alte Empfänger, Garten- und Küchengeräte – sogar einen Traktor beherbergte der Schuppen. Und auf jenem landwirtschaftlichen Vehikel thronte James Potter, ähnlich einem Kutscher auf dem Kutschbock und wies seine Kameraden an. Diese waren wie Pferde vor dem Gefährt gespannt. Franklin voran, Albus und Hugo folgend. »Was treibt ihr hier drinnen?«, erhob Luna die Stimme. Verdutzt blickten die Pferde einander an. »Wir spielen Kaiser«, erklärte Albus. »James ist Nero.« »Eigentlich wollten wir Gladiator spielen«, sagte Hugo, der diesen vermaledeiten Stock noch immer mit sich führte und gleichsam auf diesen verwies, »aber ich habe ihn Franklin ins Auge gepiekst.« Alarmiert hastete Luna zu dem Longbottom-Spross, dessen Brille ihm ein wenig schief auf der Nase saß. »Alles in Ordnung, Frank?« Dieser wandte sich ab, wollte nicht, dass Luna ihn eines akribischen Blickes unterzog. »Es ist nichts passiert.« Doch Luna überging den Protest und langte nach dem Kinn des Jungen. Die Augen waren ihm tränennass und das linke Augenlid schwoll ihm bereits zu. Luna hoffte, dass Molly Medizin im Hause hatte, denn mit sieben Kindern ins St. Mungo zu reisen, bedeutete drei schlohweiße Haare mehr auf dem Kopf. Sie verengte die Augen, wies die Raufbolde an, von dem alten Traktor herunterzugehen und ihr nicht von der Seite zu weichen. Missgestimmt folgten ihr die Knirpse ins Haus. »Das nächste Mal spielen wir Musketier«, forderte James. »Papa hat mich das Buch lesen lassen.« Luna fragte nicht, was ein Musketier war – ein magisches Geschöpf war es jedenfalls nicht. In dem Teil des Fuchsbaus, der sich als Badezimmer erwies, gelang es Luna ein wenig Diptamessenz aufzuspüren. In der Hoffnung, dass jene Mixtur auch bei derartigen Verletzungen half, träufelte sie Franklin ein wenig davon ins Auge. Unbeholfen stolperte Franklin vor ihr her. Im Wohnzimmer fand sie die anderen drei vor. Statt Hugo war es Albus, der bedrückt am Saum seines T-Shirts nestelte, als habe er seinen Freund gepiesackt. Tief sog Luna die muffige, von Hitze erfüllte Luft in ihre Lungen. Fast war sie geneigt, sich die pochenden Schläfen zu massieren, kündigte sich doch bereits ein leichter Schwall von Schmerz an. »Tante Loony«, hob Franklin an. Luna warf ihm einen mitleidigen Blick zu. »Ich habe hunger.« »Ich auch«, pflichtete Hugo bei. »Ich auch«, sagte James und wie aufs Wort erklang ein klagend-knurrendes Geräusch, während Albus nur zustimmend nickte. Lunas Blick wanderte auf der Suche nach einer Uhr umher. Neben einer Menge unnützem Muggel-Klimbim, fand sie tatsächlich einen Zeitmesser, der wohlweislich auf den Kaminsims drapiert worden war und dessen Zeiger auf die verschnörkelte Zwölf vorrückten. Zu ihrer Enttäuschung hatte ihr weder Molly noch Ginny eine Liste zukommen lassen, was diese Truppe kleiner Bergtrolle zu essen pflegte. Sie rief nach den Mädchen, erst ein Mal, dann erneut, bis sich Ellis über das Treppengeländer beugte. Missgestimmt leisteten sie Lunas Bitte Folge und begaben sich in die Küche. Da saßen sie nun, die sieben Zwerge und warteten auf das, was kommen sollte. Da sich die Potters und Weasleys ein wenig besser im Fuchsbau zurechtfanden als Luna, fand sie so eine Beschäftigung, die darin bestand, dass die Kinder in der Speisekammer nach den Zutaten suchen sollten, die sie für eine Mahlzeit als geeignet empfanden. Neben Kartoffeln, deren Verarbeitung noch recht einfach war, hatte James nach einem Fisch gegriffen. »Ihh, James!«, empörte sich Lily. »Tu ihn weg!« »Den würde nicht einmal Krummbein essen wollen«, stimmte Rose ihrer kleinen Cousine zu. Luna schwante Übles, doch als der älteste der Potter-Brüder den Fisch wieder dorthin zurücklegte, wo er ihn aufgespürt hatte, hoffte sie, dass ihm der Schalk nicht noch mehr im Nacken saß. »Wie kläglich«, sagte Hugo, der das magere Ergebnis betrachtete. Zwiebeln, Karotten, besagte Kartoffeln, zwei, drei Stängel irgendeiner Pflanze, deren Name den Kindern unbekannt war, Brot, Butter, Eier, ein paar Äpfel. »Können wir Kuchen backen?«, fragte Rose, deren Blick nicht von den Äpfeln weichen wollte. »Zum Mittagessen?« Luna neigte den Kopf und überlegte. Nicht nur, dass sie bei dem Gedanken an ihre kümmerlichen Backkünste das kalte Grausen überkam, auch fasste sie flink im Kopf zusammen, was das Kochen für acht Personen bedeutete: Chaos »Ein anderes Mal«, gab Luna zur Antwort. Rose' Enttäuschung hielt sich in Grenzen, dennoch überkam Luna ein merkwürdiges Gefühl. Sie trug die Verantwortung für diese Schar kleiner Hexen und Zauberer. »Also schön«, hob sie an und besah sich die spärliche Ausbeute an Lebensmitteln. »Aber bevor wir Kuchen backen, wird etwas Anständiges gegessen.« Bejahend wurde ihr Vorschlag abgenickt. Auch wenn die Wahl des Essens nicht allen Kindern zusagte, so einigten sie sich auf eine Suppe, bestehend aus Kartoffeln, Möhren und Zwiebeln, dazu eine Scheibe Brot. Mit einem Schlenker des Zauberstabes schälte, pellte und schnitt sich das Gemüse von allein. Fasziniert sahen die Kinder der Hexe bei den Vorbereitungen zu. »Oma macht das auch immer so«, meldete sich Albus zu Wort. »Albus will später Koch werden«, erklärte Lily, erntete einen bösen Blick ihres Bruders und zuckte die Schultern. »Du bist der Einzige, der ständig bei Oma in der Küche ist.« »Ich will Auror werden, wie Papa«, sagte Hugo. Auf die Worte Hugos hin, entbrannte eine Diskussion über die spätere Berufswahl. Die kleine Lily wollte in die Fußstapfen ihrer Mutter treten. Nicht jedoch, was das Spielen von Quidditch betraf. Seit einiger Zeit verdiente Ginny nicht wenige Galleonen zusätzlich, als Berichterstatterin. Rose schien mehr zur Pflege und Fürsorge zu tendieren. Sie plapperte bereitwillig darüber, wie sie den alten Knieselkater der Familie Weasley regelmäßiger Untersuchungen unterzog und dass sie nur allzu gern seine Verletzungen bandagierte. »Mama sagt, du bist Forscherin, stimmt das, Tante Loony?« Es war Ellis Longbottom, die sich in den letzten Minuten ausgeschwiegen hatte, aber dennoch interessiert den Worten ihrer Freunde lauschte. »Ich forsche und suche«, bestätigte Luna, den Blick über die Meute schweifend um zufrieden festzustellen, dass das Große Gezänk bei Tisch ausgeblieben war. »Was suchst du denn?« Scheinbar nicht minder von der Neugierde gepackt, hakte Franklin bei der Tante nach. Aufmerksam geworden, spitzte Albus die Ohren. »Vielleicht Schätze?« Lunas Antwort verstummte im Nirwana des Moments, als ein Vorschlag den nächsten jagte. »Können wir Schätze suchen?«, rief Franklin aus. »Bitte, Tante Loony, können wir einen Schatz suchen?« Auch die Mädchen schienen dem Vorhaben nicht abgeneigt. »Ja, wie Piraten!«, stimmte James mit ein. »Ja, wie die Piraten in den Geschichten von Papa.« Von der Euphorie gepackt, begannen die Augen Hugo Weasleys zu leuchten. Luna kam nicht einmal dazu, den Kindern zu erklären, was genau sie versuchte zu suchen und zu erforschen. Die Kinder schossen sich auf den Wunsch ein, auf Schatzsuche zu gehen. Im Haus zu suchen, erschien Luna mehr als zu unvorsichtig. Sie wusste ja nicht einmal, welchem Schatz sie nachjagen sollten. Doch die Kinder ließen ihr nicht genug Zeit, sich den Kopf darüber zu zerbrechen. Stolz und ein wenig überheblich präsentierten ihr die Jungen, allen voran James und Hugo, ein altes Buch, das sich mit Sagen und Mythen befasste: Magische Mythen, sagenhafte Sagen und zu suchenden Schätze – prangte auf dem Einband. Der Autor, ein gewisser Cornfield Webster-Lyonne, rühmte sich damit, die letzten Geheimnisse Südenglands erforscht zu haben. »Er war ein Forscher, genau wie du, Tante Loony!« Luna sah sich dem ausweglosen Strahlen kindlicher Gesichter ausgesetzt. Dass Mister Cornfield Webster-Lyonne ein Schwindler war, erzählte sie den Kindern nicht. Sie wusste das. Auch ihr Vater wusste das. Hatten beide doch jedes noch so abstruse Wort des Mannes durchschaut. Sie hatten jeden von Mister Webster-Lyonne genannten Ort bereist, jeden Stein berührt, den auch der vermeintliche Historiker unter die Lupe genommen haben mochte. Doch wer waren sie, einem Muggel-Forscher zu beweisen, dass er sich irrte? Abermals überkam sie ein innerlicher Seufzer. Hier, rund um das Haus der Weasleys, gab es nur Feld, Weide, Wiese. Da war kein Wald, den es lohnte durchkämmt zu werden. Was ihr jedoch in Erinnerung kam, war eine Geschichte, die ihr Xenophilius vor Jahres einst beinahe jeden Abend erzählte. Pandora war erst vor wenigen Wochen bei einem Experiment verunglückt und hatte eine klaffende Wunde im Herzen ihres Kindes und des Gatten hinterlassen. Als Trost für sich und sein Kind, hatte es sich Xenophilius zur Aufgabe gemacht, seiner kleinen Luna das Leiden mit Geschichten erträglicher zu machen. Ein wehmütiges Gefühl breitete sich in Luna aus. Auch wenn sie kaum älter war als die Kinder, die sie nun hüten musste, hatten es ihr Vater, Freunde und andere ermöglicht, dass der Verlust nun nicht mehr allzu sehr schmerzte. »Mir ist ein Ort eingefallen, der voller Schätze ist«, entkam es ihren Lippen, an denen die Kinder hingen, als wäre jedes Wort ein versprochenes Abenteuer. Sie wappnete sich bereits für die Klagen, die unweigerlich kommen mussten, wenn die Kleinen erfuhren, welches Ziel die bevorstehende Wanderung markierte. Mit einem Schlenker zauberte Luna Linien auf ein Stück Pergament, das mit jedem Strich zu altern schien. Abermals besahen sich die Kinder das Schauspiel, wirkten angetan, wenn nicht sogar ein wenig ehrfürchtig. Und auch wenn Hugo beharrte, noch nie von dem Flecken gehört zu haben, da weder sein Vater noch das Buch von Webster-Lyonne etwas darüber berichtet hatten, fügte er sich der Gruppe. Luna wies die Rasselbande an, sich mit der Verpflegung einzudecken. Eine Flasche Tee, ein Apfel. Sie hoffte, nicht zu lang unterwegs zu sein. Sorgsam war der Zauberstab verstaut, die Rucksäcke und Taschen geschultert. Im Gänsemarsch liefen sie vor ihr her. Ein alter Kompass diente den Jungen zur Orientierung. James, als Ältester, schritt voran. Doch noch eh sie eine knappe Meile Richtung Osten gelaufen waren, entbrannte die erste Diskussion darüber, wer als Anführer infrage kam. Wo der Streit bei Tische fehlte, quoll und qualmte nun der Zank. Verständnislos sahen die Mädchen einander an. Rose verdrehte die Augen und Ellis hatte für diese Situation lediglich ein Kopfschütteln übrig. Als der erste Schubser Franklin ins Stolpern brachte, erhob Luna die Stimme: »Ein Kompromiss.« »Kompro – was?«, fragend Lily neigte den Kopf. »So nennt man einen Vorschlag, mit dem alle Beteiligten leben können«, erklärte Luna in raschen Worten und war versucht, Albus von einem weiteren Stoß abzuhalten. »Wenn wir eine Meile gelaufen sind, darf ein anderer Anführer sein.« Nun war es an den Jungen skeptisch einander anzusehen. »Nur die Jungs«, verlangte Hugo. »Nein!«, protestierten Lily und Rose wie aus einem Mund. Einzig Ellis schien nicht daran interessiert, vorweg gehen zu wollen. Die Sonne verbrannte ihnen beinahe die Nacken. Die Kleinen hatten diesem Kompromiss, wie Tante Loony ihn nannte, zugestimmt. Auch wenn sich niemand sicher war, ob sich die Tante dieses Wort nicht einfach nur ausgedacht hatte, um weiteren Streitigkeiten aus dem Wege zu geben. James und Rose beschlossen unabhängig von einander, das Wort nachzuschlagen oder einen anderen Erwachsenen nach dessen Bedeutung zu fragen. Die Reihenfolge des jeweiligen Leiters der Gruppe wurde anhand des Alters festgelegt. Dass Hugo, als Jüngster dieses quirligen Haufens, als Letzter mit Kompass und Karte drankam, missfiel ihm sichtlich. Doch Ellis redete beschwichtigend auf ihn ein und übergab ihm freiwillig ihren Platz, was jedoch nicht bedeutete, dass Hugo zwei Mal den Anführer spielen durfte. Er rückte nur einen Platz nach vorn. Albus war es, der den Tross an einen Fluss führte. Nun, es war weniger ein Fluss als ein Bächlein. Das Unkraut hielt das Rinnsal fest im Griff. »Wir müssen springen!« »Was?« James sah seinem kleinen Bruder über die Schulter. Zu seinem Ärger musste er sich eingestehen, dass es Albus etwas besser gelang, sich mit Karte und Kompass zurechtzufinden, als ihm. Der kleine Graben war überschaubar und zur Verblüffung der Anwesenden war es Lily, die den ersten Sprung wagte. In Luna reifte der Gedanke, dass diese Aktion Lilys, käme sie in wenigen Jahren nach Hogwarts, dem sprechenden Hut gefallen und dieser sie in das Haus der Löwen, nach Gryffindor, schicken würde. Wundern würde es Luna nicht. Der Potter-Tochter folgten die anderen nach. Luna, als wachsames Auge, sprang als Letzte und landete ein wenig unsanft auf ihm Hintern. Die Gesichter der Mädchen zierte Sorge, doch den meisten Jungen schien dieser komische Augenblicke alle Selbstbeherrschung abzuverlangen. Der Fuchsbau war nicht einmal mehr ein kleiner Punkt am Horizont. Die Hügel von Ottery St. Catchpole ließen sie alsbald hinter sich. Und wie von Luna befürchtet, meldete sich die erste, zarte Stimme und verlangte nach einer Pause. Der Wagemut Lily Lunas hatte nichts mit ihren schmerzenden Füßen gemein, über die sich das Mädchen beschwerte. Luna verwies auf ein kleines Wäldchen, das ihnen Schatten bot. Lily riss sich tapfer zusammen, verlangte jedoch, dass sie dort rasteten. Es war Franklin, der verdutzt feststellen sollte, dass dieses Wäldchen jenes war, das als Ziel markiert wurde. Wieder sah sich Luna skeptischer Blicke ausgesetzt. Doch mit dieser Wanderung hatte sie einen großen Teil des Nachmittags überbrücken können. »Man erzählt sich, dass dieses kleine Waldstück verzaubert ist«, erklärte Luna. »Du bist eine Hexe, Tante Loony«, protestierte James. »Ja, und gerade weil sie eine Hexe ist, muss es wahr sein«, fiel Rose in die zweifelnden Worte James' ein. »Ich glaube ihr kein Wort«, stimmte Albus seinem Bruder zu, doch Hugo hielt dagegen. »Lasst sie ausreden!«, forderte er an seine Cousins gewandt. Knapp räusperte sich Luna, ehe sie mit ihrer Geschichte fortfuhr: »Ein Mädchen, das hübscheste Wesen, dass es in der Grafschaft gab, sollte mit einem Oger verheiratet werden.« Die Mädchen schrien auf und die Jungen verzogen angewidert die Gesichter. »Was ist ein Oger?«, fragte Lily. »So etwas wie ein Troll – nur grün«, sagte Hugo und erhielt ein bestätigendes Nicken der Tante. »Ah, so wie der Hulk?«, riet Franklin und erntete verwirrte Blicke. »Vermutlich«, pflichtete Ellis ihrem Bruder bei. Da die Zwillinge eine Muggel-Schule besuchten, war ihnen jener, grüne Held durchaus bekannt. Luna ließ sich nicht von den Fragen abbringen, sondern schilderte die Worte, die einst ihr Vater vorgetragen hatte. »Dieser Oger war aber kein netter Oger -« »Das sind sie nie«, unterbrach Hugo abermals den Vortrag. »Hugo!« rügte ihn Lily, mit dem Wunsch, er möge Tante Loony nicht noch einmal unterbrechen. Hugo schürzte beleidigt die Lippen, setzte sich ins Gras und schmollte. Schwer atmete Luna aus. »Wie ich bereits sagte, war dieser Oger nicht besonders nett. Weder freundlich noch gütig. Er wohnte in diesem Wald und die Bewohnter ringsum wagten nicht, ihn zu vertreiben, da er die umliegenden Dörfer vor Eindringlingen beschützte.« »Also war er doch nett?!« Ellis legte grübelnd den Kopf schräg. »Er schützte die Dorfbewohner, verlangte aber dennoch eine Gegenleistung für seine Dienste«, fuhr Luna fort. »Wie kann er denn überall sein?«, fragte Albus. Rose' Ellenbogen fuhr aus und stieß ihm unsanft in die Rippen. »Ist egal«, zischte sie. »Jetzt hört doch endlich zu!« Dankbar nickte Luna die Hilfe des Mädchens ab. »So geschah es, dass jedes Dorf, das von dem Oger beschützt wurde, einen Tribut darbringen sollte. Ein Tribut ist -« »Wir wissen, was ein Tribut ist«, sagte James. »Wir haben die Filme gesehen.« Luna wusste nicht, von welchen Filmen er sprach. »Oh, gut, dann … Wo war ich? Ah, ja. Diese Tribute, also Opfergaben, sollten die hübschesten Mädchen sein, die das jeweilige Dorf aufbieten konnte. Doch keines der Mädchen konnte sich mit der Schönheit Keevas messen. Sie galt als das bezauberndste Wesen weit und breit. Am letzten Tage des Lughnasadh sollten dem Oger dann, auf dem Dorfplatz, die Mädchen gezeigt werden. Keeva, die von ihm auserkoren wurde, floh vor dem Ungetüm in diesen Wald hinein. Keeva, Nachfahrin einer großen Hexe, trug stets ein Amulett um den Hals, das sie schützen sollte. Der Oger wusste nicht dass in jenem Jahr die Dorfältesten zusammenkommen waren, um seinem Treiben Einhalt zu gebieten. Sie waren nun stark genug und unterstützten einander in Verbundenheit, dass das Opfer ihrer Kinder nicht länger nötig wurde. Keeva war in diesen Wald geflüchtet, um sich diesem raubenden Ungeheuer zu stellen. Wind pfiff tosend durch die Bäume, zerrte an den Wipfeln und ließ das Holz krachen. Sobald der Oger den schützenden Boden betrat der ihm einst Sicherheit und Unterschlupf bot, entflammte ein Feuer die Bäume ringsum. Doch die Flammen nagten nicht an den Blättern und Rinden, sie errichteten einen Kreis und hinderten den Waldbewohner daran, zu entkommen. Man sagt, dass der Oger und das Mädchen in einem Lichtschein, der so bunt war, wie ein Regenbogen, verglühten. Zurück blieb die Kette mit dem Anhänger, den die Dörfler zum Dank und Schutz in eine Truhe legten und diese hier, an jenem Ort – tief im Herzen des kleines Waldes, vergruben. Viele hatten danach gesucht. Muggel, Hexen, Zwerge, Riesen - doch fanden sie nichts als bloßen Boden, bedeckt mit Moos, Steinen und Zweigen.« »Wie schön – und traurig«, murmelte Ellis, wagte es aber nicht, weiter in den Wald hineinzusehen. »Solang die Vögel noch singen, ist alles gut«, sagte Rose, die Ellis' Scheu bemerkt hatte und erntete fragende Blicke. »Das – das hat unsere Oma – die Mummy unserer Mum - immer gesagt.« »Suchen wir jetzt den Schatz?«, quengelte Hugo und marschierte geradewegs in den Wald hinein, ohne auf protestierende oder mahnende Worte zu achten. »Tante Loony?«, hob Lily an, als die Gruppe weiter in den kleinen Wald vordrang. »Wissen die Muggel von dieser Legende?« Luna hatte, ähnlich des kleinen Mädchens, den Blick über den Boden schweifen lassen. Unrat lag dort verstreut. Alte Flaschen, Verpackungen von Süßigkeiten, etwas, das aussah wie ein Luftballon, aus dem jegliches Gas entwichen war. Luna verbot den Kindern, irgendetwas anzufassen oder mitzunehmen. »Aber was ist, wenn wir die Truhe finden?«, rief Albus hinter sich. Luna öffnete die Lippen, besann sich jedoch. Das, was sie in aller Heimlichkeit mit sich führte, sollte eine Überraschung sein. Sie war sich sicher, dass es keinen Schatz gab, keine Truhe, die ein verzaubertes Amulett beherbergte. Doch sie wollte die Kleinen nicht enttäuschen und war, zu ihrer Verwunderung, in Arthurs alter Scheune über eine Kiste gestolpert. Mit einem Alterungszauber und unter Zuhilfenahme anderer, magischer Mittel gelang es ihr, eine ansehnliche, verwitterte Truhe zu gestalten. Der Reducio-Zauberspruch half ihr dabei, die Kiste so zu verkleinern, dass diese in der Umhängetasche Platz fand. Sorgsam suchten sieben Augenpaare den Boden unter ihren Füßen ab. Das erschrockene Keuchen der Mädchen, wenn einer der Jungen wieder Unsinn anstellte, erfüllte den Wald. Äste knackten, eine leichte Brise ließ die Blätter rascheln. Erleichtert ließ sich Luna auf einem moosbewachsenen Stein nieder. Hier war es angenehm kühl, doch allzu lang durften sie nicht mehr verweilen, da ihnen noch ein langer Fußmarsch bevorstand. Die Kinder noch in Sichtweite entschied sie, dass es an der Zeit war, der elendigen Suche ein Ende zu bereiten. Rasch und eilig wurde die Truhe zwischen zwei kleinen Steinen drapiert. Ein Schlenker ihres Zauberstabs später, fügte sich das kleine Kästchen in die Umgebung ein. Luna rief die kleinen Entdecker zu sich, tat, als sehe sie die Kiste zu ihren Füßen nicht und wandte sich bereits zum Gehen, als die Stimmen der Kinder das Wäldchen erhellten. Es war ein Drängen und Keifen. Jedes der Kinder beharrte darauf, die Truhe zum Fuchsbau zu schleppen. Karte und Kompass schien längst nicht mehr aktuell, wenn das Bergen eines Schatzes mit so viel Aufregung verbunden war. Ellis schien eine genügsame Seele zu sein, doch auch sie beharrte darauf, das Kästchen tragen zu dürfen. Der Erkundungseifer der Jungen trieb diese flink in Richtung Heimat. Fußlahm und erschöpft zog Luna nach. Es war Lilys Stimme, die die Aufmerksamkeit Lunas auf sich zog. »Mummy«, rief das Mädchen und der Hexe fiel beinahe hörbar ein Stein vom Herzen, als sich der flammend rote Schopf Ginny Potters in ihr Sichtfeld schob. Die Kinder versammelten sich um die Frau und plapperten unaufhaltsam von ihrem Treiben und dem Erfolg, den ihre Schatzsuche gebracht hatte. Ginny musste ihr die Erschöpfung angesehen haben, so lotste sie die Kleinen ins Haus und wies Luna Arthurs Lieblingssessel im Wohnzimmer zu. »Ihr hattet wohl einen aufregenden Tag?« Ginnys heiteres Lachen ließ Luna nur noch mehr im Polster versinken. »Wir haben dir mit sieben Kindern wohl ein wenig viel zugemutet, was Luna?« Luna hatte den Ellenbogen auf die Armlehne gestützt und hielt ihren wummernden Kopf in der Hand. »Sieh es als Feuertaufe«, hob Ginny an und erntete, wohl zum ersten Mal in all den Jahren der Freundschaft zu Luna Lovegood, einen bösen Blick. »Immerhin leben sie noch.« »Noch«, knurrte Luna und gab dann ein ergebenes Seufzen von sich. Das Trappeln von Füßen erbat die Gunst der Hexen. Aufgereiht, wie die Perlen auf einer Schnur, postierten sich die Kinder vor ihnen. Noch hatte niemand versucht, die Truhe zu öffnen. Nach diesem äußerst langen Tag eine Tatsache, die in Luna ein ungutes Gefühl auslöste. »Wir wollten sie mit dir zusammen öffnen«, sagte Hugo. Ginny hob fragend eine Augenbraue. »Hugo?«, riet sie mahnend. Dieser verzog die Lippen und antwortete zerknirscht: »Wir haben sie nicht aufbekommen.« Ginnys Lachen wehte durch das Wohnzimmer und auch Lunas Mundwinkel zuckten. Tief sog Luna Luft in ihre Lungen. Sie erhob sich, baute sich vor der Meute auf, ehe sie nach ihrem Zauberstab langte und leiste flüsterte: »Alohomora« Ein klickendes Geräusch erklang, das in erstaunten Lauten der Kinder beinahe unterging. Luna trat einen Schritt zurück und die sieben stürzten sich auf die kleine Kiste. Neben Süßigkeiten wie Bertie Botts Bohnen jeder Geschmacksrichtung, sieben Schachteln Schokofrösche und Lakritz-Zauberstäbe, barg die Truhe zudem Gummischnecken, Säuredrops und einen Fetzen Pergament. »Was steht denn da drauf?«, fragte Lily, die sich des Schnipsels bemächtigt hatte und nunmehr auf den Schoß ihrer Mutter krabbelte. »Der beste Weg, einen Freund zu haben, ist der, selbst einer zu sein«, sagte Ginny, nachdem ihr auffordernder Blick keinen der Älteren zum Vorlesen animieren konnte. Zu beschäftigt waren die Kinder damit, zu naschen, zu rascheln und einander mit den Zauberstäben verhexen zu wollen. Ginnys Lippen zierte ein Lächeln, als sie zu Luna herübersah. »Das ist von R. W. Emerson.« Doch Luna ließ nur ein Zucken der Schultern erkennen. »Mum, Mum!«, rief James und wartete nicht darauf, dass Ginny ihm Gehör schenkte. »Wir haben schon Pläne für Morgen!« »Für Morgen?«, riet Ginny, deren Lächeln nunmehr verrutschte. Eifrig nickte James. »Ja, und Tante Loony soll dabei sein!« »A-«, hob die Potter-Gattin an, doch James wandte sich zu seinen Kameraden um, um deren Einverständnis zu sichern. Bejahend segneten sieben Köpfe seine Worte ab. »Ja, denn Morgen suchen wir Atlantis!«, rief James aus und die Gruppe fiel in seinen Ruf mit ein. Folgendes Zitat fand hier Verwendnung Der beste Weg, einen Freund zu haben, ist der, selbst einer zu sein. Ralph Waldo Emerson - US-amerikanischer Philosoph und Schriftsteller Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)