Die Vertretung und die Folgen von Iwa-chaaan (Wenn Hündchen vor große Herausforderungen gestellt werden) ================================================================================ Kapitel 52: Abschied -------------------- Freitag, 14.10. „Es tut mir leid, Joey …“, murmelte Yuuto und schritt auf ihn zu. Er legte ihm beruhigend eine Hand auf den Rücken und streichelte ihn etwas und der Blondschopf beruhigte sich allmählich wieder. Nach den Worten von Mr. Kido hatte er es einfach nicht mehr ausgehalten. Seto war seine große Liebe, das war ihm in dem Moment bewusst geworden und er spürte, wie sein Herz in 1.000 Teile zersprungen war, als Kaiba das Büro wieder verlassen hatte. „Dann geh“, hatte er kalt gesagt und Joey wären beinahe wieder die Beine weggesackt. Einen Moment hatte er vergessen zu atmen. Das war alles so unwirklich gerade. Heute Morgen war er noch aus Kaibas Privatschlafzimmer gekommen, was sonst kaum einer zu Gesicht bekam, weil sie letzte Nacht wieder miteinander geschlafen hatten und jetzt stand er hier in seinem Büro, verloren und nicht sicher, ob Mr. Kido recht hatte, wenn er sagte, dass sich das Herz im Laufe der Zeit wieder zusammensetzen lassen würde. „Danke Yuuto. Ich hätte es wissen müssen … Warum sollte ausgerechnet ich – der Straßenköter – den kalten, berechnenden Firmenchef erweichen können? Das klappt vielleicht in Disney Filmen, aber nicht im wahren Leben. Ich werde jetzt einen Freund anrufen und ihn bitten, mich nachher abzuholen. Im Statement Ende nächster Woche wird stehen, dass ich Kaiba betrogen habe und deswegen die Beziehung beendet habe. Dann werden mich noch ein paar Tage die Reporter belagern und dann ist es endlich vorbei. Also entschuldigt mich bitte, ja?“ Joey merkte, dass die Zwei sich ansahen und darüber nachdachten, ob sie es wagen sollten, ihn umzustimmen, doch sie gaben schließlich nur zustimmende Laute von sich und verließen das Büro. Mit zittriger Hand holte er sein Privathandy heraus und wählte Yugis Nummer. „Hey Alter …“, murmelte er mit Tränen erstickter Stimme und hörte sofort, dass statt Yugi nun Yami am Telefon war, als er fragte, was los sei. „Kurzfassung ist: Ich habe mich wirklich in Kaiba verliebt, aber er sich nicht in mich. Kannst du mich in drei Stunden von der Firmenfeier abholen? Natürlich werden die Reporter dann die nächsten Tage auch dich belagern und Ende der nächsten Woche will ich ein Statement veröffentlichen, dass ich Kaiba betrogen habe und deswegen die Beziehung beendet habe. Wahrscheinlich werden sie dann schnell auf dich kommen. Also wenn du das wegen der Medien nicht tun willst, dann verstehe ich das-“ „Sei nicht albern, Joey. Ich werde da sein.“ „Danke …“, murmelte der Blonde erleichtert und legte wieder auf. Ein paar Minuten blieb er noch in dem leeren Büro stehen, hätte am liebsten einfach weiter geheult, aber er musste das jetzt noch schaffen. Danach konnte er wochenlang weinen und sich in seinem Liebeskummer vergehen, aber jetzt musste er sich zusammenreißen. Er verdrängte die Erinnerungen, die er mit diesem Büro verband, ganz tief in seinen Hinterkopf, atmete durch und stellte sich gerade hin. Schnell trank er noch das Glas Wasser aus, das er mit hochgenommen hatte und schritt zur Tür. Der Countdown begann. Drei Stunden. Im Gang standen die anderen Drei unangenehm schweigend, warteten auf ihn und ohne ein Wort zu sagen, bog er in das WC ab, um sich kurz das Gesicht zu waschen. Er schaute in den Spiegel und erschrak, wie elendig er aussah. So konnte er sich unten nicht blicken lassen. Schon erstaunlich, was Kaiba aus mir gemacht hat … Ungewollt einen guten Geschäftsmann, was wohl niemand erwartet hätte. Am wenigstens ich selbst … Und jetzt? Ein Wrack, weil er meine Liebe nicht erwidert … Nach ein paar Minuten hatten sich seine Augen etwas beruhigt und er beschloss, dass er sich so wieder in die Öffentlichkeit wagen konnte. Also öffnete er die Tür und nickte den Dreien zu. „Bringen wir es hinter uns“, sagte er schlicht und stieg in den Aufzug. Die Männer folgten ihm, Roland und Yuuto unsicher, wie sie sich verhalten sollten. Joey nahm es ihnen nicht übel. Die Zwei waren sehr in Ordnung und sie sorgten sich um ihn, was er unheimlich lieb von ihnen fand. Sie konnten ja auch nichts dafür, dass ihr Chef ein lebendiger, in Menschenform gegossener Eisberg war. Doch sei es drum. Jetzt musste er sich konzentrieren. Kaum, dass Roland die Tür zum Saal geöffnet hatte, schlang Joey lächelnd einen Arm um Seto und betrat gemeinsam mit ihm wieder den Saal. Er fühlte sich jetzt besser, hatte den ganzen Ballast des Abends rausgelassen und Kaiba vor die Füße geworden. Er wusste jetzt, wie es in ihm aussah und Joey konnte in drei Stunden damit beginnen, das alles hinter sich zu lassen, in seine kleine Welt zurückkehren und anfangen, die Scherben seines Herzens aufzusammeln. Seto musterte ihn kurz misstrauisch, als er so gut gelaunt neben ihm lief und Joey lächelte ihn freundlich an. Wenn er glaubte, dass er keine schauspielerischen Fähigkeiten hatte, dann würde er ihm jetzt das Gegenteil beweisen. Sie unterhielten sich gemeinsam mit Hiro, Yuna und noch anderen Geschäftspartnern und obwohl es sich falsch anfühlte, Arm in Arm mit Kaiba dazustehen und Smalltalk zu betreiben, spürte der Blondschopf eine innere Ruhe, wie seit dem Morgen nicht mehr. So sehr das alles wehtat und sein Herz einfach zu zerbrechen drohte, war da die Erlösung, dass endlich alles raus war. Dass er Gewissheit hatte, wie es um sie stand. Natürlich wünschte er sich, dass der CEO sich auch ihn verliebt hatte, doch in den letzten Wochen hatte er immer geschwankt. Hatten sich bei Kaiba Gefühle entwickelt? War es nur Schauspielerei gewesen? Jetzt hatte er die Antwort, auch wenn sie ihm den Boden unter den Füßen wegzog. Doch die klare Ansage würde ihm helfen, irgendwann damit abschließen zu können. „Mr. Wheeler?“ Seto klopfte ihm sanft mit der hand auf den Rücken und irritiert blinzelte er. Verdammt, er war so in Gedanken gewesen, dass er gar nicht mitbekommen hatte, dass sich schon die nächste Person genähert hatte. Eine Dame stand in einem atemberaubenden, dunkelblauen, langen Abendkleid vor ihnen. Die hellbraunen Haare waren zu einer kunstvollen Hochsteckfrisur verarbeitet wurden und nur einzelne Strähnen rahmten ihr schmales Gesicht ein. Sie war wahrscheinlich etwa doppelt so alt wie er, doch bei ihrer Ausstrahlung war das nicht weiter von Bedeutung. Mist, arbeitete sie hier? Kannte er sie? Nein, so eine schöne Frau wäre ihm doch sicherlich aufgefallen. „Guten Abend, Ms.?“, fragte er vorsichtig und gab ihr einen aufgehauchten Abendkuss, als sie die Hand ausstreckte. „Ito. Sachiko Ito ist mein Name. Ihre Manieren sind wirklich äußerst vorbildlich“, sagte sie mit einem Lächeln, was er freundlich erwiderte. „Eigentlich sollte das kein herausstechendes Merkmal sein, aber in der heutigen Zeit stolpert man doch darüber, nicht wahr?“ „Ja, da haben Sie leider recht. Seto, schön, dich wohlauf zu sehen. Wie geht es dir?“ Irritiert, dass sie ihn mit dem Vornamen ansprach, schaute er zu dem CEO rüber, der sie ebenfalls formvollendet begrüßte und antwortete: „Der Unfall ist Vergangenheit. Ich bin wieder vollständig genesen. Es freut mich, dass du es ebenfalls hierhergeschafft hast, Sachiko.“ „Als würde ich mir dieses Ereignis durch die Lappen gehen. Erst recht, wo du endlich einen Partner gefunden hast, der dich zum Schmelzen gebracht hat.“ Sie zwinkerte ihnen zu und Joey hoffte, dass ihm das Lächeln nicht verrutschte. Schnell nahm er unauffällig einen Schluck seines Champagners, um nichts zu sagen, denn alles, was ihm auf der Zunge lag, war zu sarkastisch. Zu ehrlich. „Gerade du solltest wissen, dass es in dieser Welt nicht ohne eine Fassade geht. Dass man stark wirken muss, um weiterzukommen. Welcher Geschäftsmann hat mich denn anfangs ernst genommen? Da musste ich mich eben anders geben, um das zu kriegen, was ich haben wollte.“ Nanu? Seit wann sprach Kaiba so offen darüber? Und was sollte das heißen: „stark wirken muss“? War er es nicht? Das konnte sich Joey nicht vorstellen. „Natürlich weiß ich das. Nur im Gegensatz zu dir kann ich die Maske auch jederzeit wieder abnehmen und ich ich selbst sein. Aber du mein Lieber, hast das doch bis zu deinem Unfall verlernt. Also Bravo an Sie, Mr. Wheeler, dass Sie ihm seine Fassade eingerissen haben. Das wurde dringend Zeit.“ „Man tut, was man kann“, murmelte er in sein Glas und bemerkte den Seitenblick Setos, den er aber ignorierte. Irgendwie kam er sich vollkommen fehl am Platz vor, aber leider waren alle so beschäftigt, dass keiner auf die Idee kam, ihn anzusprechen. Wo war denn Hiro, wenn man ihn mal brauchte? „Ich bin im Übrigen erschüttert, dass du mir nicht schon viel früher erzählt hast, dass du in einer Beziehung bist!“ „Ich wüsste nicht, was dich mein Liebesleben angeht“, entgegnete der CEO trocken und der Blondschopf hatte genug. Er wollte jetzt wissen, wer sie war! „Verzeihen Sie meine Neugier, aber darf ich fragen, woher ihr euch kennt?“ „Wie? Sie wissen gar nicht, wer ich bin?“ Verdutzt schüttelte Joey den Kopf und Sachiko stemmte eine Hand in die Hüfte, in der anderen hielt sie ebenfalls ein Champagnerglas. „Ich war Gozaburo Kaibas Privatsekretärin. Anfangs habe ich ihm geholfen, in die Firma eingearbeitet zu werden, doch als ich schwanger wurde, bin ich aus dem Unternehmen raus, um mich um meine Tochter und meinen Mann zu kümmern. Dennoch pflegen wir einen regelmäßigen Kontakt“, erklärte sie lächelnd und Joey nickte verstehend. Kaiba hatte nicht alle Brücken zu seiner Vergangenheit gekappt? Irgendwie irritierte ihn diese Erkenntnisse, aber das Gefühl der Eifersucht, weil sich die zwei duzten und so einen vertrauten Eindruck machten, verschwand. Ha! Warum sollte er überhaupt noch eifersüchtig werden? Sie waren ja nie zusammen gewesen. Im Hintergrund hörte der Blondschopf mit einem Ohr, wie Yukiko den Höhepunkt des Abends ankündigte und er wandte sich den Beiden wieder zu. „Verzeihen Sie, aber wir müssten zurück zur Bühne.“ „Ja natürlich, geht ihr nur. Es freut mich, dass ich Sie kurz kennenlernen durfte und vielleicht ergibt sich ja noch eine Gelegenheit.“ „Es war schön, dich mal wiederzusehen. Grüß deine Familie bitte, ja?“, verabschiedete sich auch Kaiba und mit einem seltsamen Gefühl schritt er mit einem Arm um Kaiba gelegt zur Bühne, wo sie die Verlosung durchführen sollten. Beim Eintreten hatte jeder einen kleinen Zettel mit Ziffern bekommen und nun würden 50 Nummern aus der Lostrommel gezogen werden und jede bekam einen kleinen Preis. Joey und Seto zogen abwechselnd die Nummern aus dem Topf und nach gut einer halben Stunde war auch der letzte Teil der Veranstaltung beendet. Danach verabschiedeten Seto und Joey die Gäste, was sie zwar schnell und effizient erledigten, doch bei 5.000 Gästen dauerte das halt doch eine ganze Weile, doch es war Joey wichtig, jedem wenigstens einmal zu danken und die Hand zu schütteln, also zog er es durch und ließ Kaiba so keine andere Wahl als mitzumachen. Am Ende wurde es unnatürlich still in dem riesigen Saal. Es waren nur noch ein paar Leute da, die er allesamt kannte. Plötzlich war alles so groß und leer und der Blondschopf hatte das Gefühl, in seinem eigenen Herzen zu stehen. Scheiße, das war alles so verrückt. Kurzentschlossen schritt Joey auf Yuuto zu, umarmte ihn kurz und flüsterte ihm ins Ohr: „Ich danke dir für alles. Lass uns demnächst auf einen Kaffee treffen, ja?“ „Das machen wir, Joey. Versprochen.“ Er umarmte auch Yuna und Yukiko nacheinander und bedankte sich bei ihnen für ihre Hilfe in der schwierigen Zeit. Sie hofften, ihn bald wiederzusehen und wünschten ihm alles Gute für die Zukunft. Die Personalchefin ließ es sich nicht nehmen, dass er nach dem Ende der Schule sich gerne bewerben könne und er entgegnete leicht lächelnd, dass er sich das überlegen werde, wenn es so weit war. Sie wusste ja nicht, was eben passiert war, daher nahm er es ihr auch nicht übel, aber es tat weh. Denn ihm war klar, dass nach diesem Gespräch alle Türen zur Kaiba Corporation für immer geschlossen waren. Er würde es nicht ertragen können, im selben Gebäude wie Seto zu arbeiten. Schließlich wandte er sich Roland zu, überlegte einen Moment, dann umarmte er auch ihn, obwohl es sich komisch anfühlte, dem Assistenten so nah zu sein. Ihn konnte er irgendwie am schwersten einschätzen, lag vielleicht an der Sonnenbrille. „Auch dir danke für alles. Könntest du mir einen letzten Gefallen tun und mir meine Sachen in die Wohnung bringen?“ „Natürlich. Ich bringe alles morgen früh zu dir. Und wenn du sonst mal Hilfe brauchen solltest, hast du meine Telefonnummer.“ „Danke, Roland.“ Da Mokuba bereits zu Hause war, weil er noch nicht so lang aufbleiben durfte, konnte er sich von diesem jetzt nicht verabschieden, aber er würde ihm nachher noch eine Nachricht schicken und ihn um ein Treffen bitten, damit er es ihm erklären konnte. Er hatte den Kleinen so sehr in sein Herz geschlossen, dass er ihm das gern selbst erklären wollte. Er blieb vor Seto stehen und musterte ihn. Er sah unglaublich gut aus in dem Frack und Joey wünschte sich trotz allem, dass er ihn jetzt umarmte und ihm sagte, dass er ihn doch liebte und ihn bat, mit ihm zu kommen, doch er tat es nicht. Er erwiderte den Blick, der so kalt und unnahbar war, dass Joey ein kalter Schauer über dem Rücken lief. Andererseits hatte der CEO ihn noch nie mit seinen Blicken verscheuchen können. Also ließ er sich da jetzt auch nicht von beeindrucken. „Danke Kaiba. Auch wenn du ein Arschloch bist, habe ich die letzten Wochen sehr viel gelernt. Über das Geschäftsleben, über Führungsstärke, über Vertrauen, die Schauspielerei, über mich und auch über dich. Und ich bin trotz allem froh, dass du den Unfall so gut überstanden hast und wieder fit bist. Ich wünsche dir alles Gute und dass die Firma weiterwachsen kann. Deine Angestellten und du … Ihr habt euch das verdient. Oh, und ich werde mein Versprechen dir gegenüber trotzdem nicht brechen, denn du hast recht: Ich bin stark und lasse mich nicht mehr unterkriegen.“ Ohne eine Reaktion abzuwarten, drehte sich Joey um und verließ den Saal. Es war alles ernst gemeint, was er gesagt hatte, denn es war eine großartige Firma und Kaiba leistete einen tollen Beitrag. Immerhin hatte er aus einer zerstörerischen Kriegsfirma eine Spielefirma gemacht, die Kindern mit neuen Spielzeugen Unterhaltung versprach und ihnen half, eine schöne Kindheit zu haben. Das war eine wundervolle Sache. Ein paar hartnäckige Fotografen schossen Fotos von ihm, wie er mit gesenktem Kopf allein das Gelände verließ und in Yamis Auto, das bereits am Straßenrand parkte, einstieg. Er schnallte sich an und sein bester Freund gab Gas. Er hatte seinen Freund begrüßen wollen, doch er konnte nur noch weinen. Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen und schluchzte hemmungslos. Es war vorbei. Der Traum war geträumt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)