Die Vertretung und die Folgen von Iwa-chaaan (Wenn Hündchen vor große Herausforderungen gestellt werden) ================================================================================ Kapitel 47: Unerwarteter Besuch ------------------------------- Samstag, 01.10. Die Ruhe hatte etwas Entspannendes. Joey war dabei, seine alte Wohnung auszuräumen und die Sachen in die Neue zu bringen und Roland half ihm dabei. Mokuba war bei Freunden zu Besuch und er hatte dem Personal für das Wochenende freigegeben. So war Seto heute ganz allein in der Villa und er konnte nicht leugnen, dass es ein angenehmes Gefühl für ihn war. Endlich konnte er ohne Sorgen durch die Gänge schlendern, ohne dass irgendwer hinter der nächsten Ecke wartete und irgendetwas von ihm wollte. Es war mittlerweile Mittag und er hatte sich nach einem geschäftigen Vormittag vorgenommen, den restlichen Tag etwas zu entspannen. Seine Genesung schritt gut voran und er wollte das nicht gefährden. Zwar kribbelte es in seinen Fingerspitzen, doch wenn er das jetzt nicht ordentlich abheilen ließ, würde er noch viel länger damit zu tun haben und das war eine absolute Horrorvorstellung für ihn. Also kochte er sich eine Kleinigkeit in der Küche, nahm den Teller mit ins Wohnzimmer und machte es sich dort gemütlich. Nach dem kurzen Essen griff er das Buch, welches er schon gestern Abend hier angefangen hatte, nachdem alle anderen im Bett gewesen waren und schlug es erneut auf. Es gab nichts Besseres, als ein gut geschriebenes Werk, um die Zeit wie im Flug vergehen zu lassen. Doch seine Gedanken schweiften immer wieder ab, wollten sich mit anderen Dingen als mit der Handlung beschäftigen und nach einer halben Stunde gab er es frustriert auf. Da war immer wieder die Frage, was Joey eigentlich in ihm sah. Erst recht nach ihrem Date letzte Woche. Sie waren alle Beide viel zu tief mit ihren Erzählungen gegangen und ihm war noch immer nicht klar, wie er es so weit hatte kommen lassen können. Es war nicht gut, dass der Blondschopf so viel über ihn wusste, das war klar, aber er hatte es in diesem Moment nicht verhindern können. Seine Worte waren draußen gewesen, ehe er sie hatte einfangen können. Und wie Joey sich danach neben ihm ans Klavier gesetzt hatte. Dieser Blick hatte etwas tief in ihm berührt, etwas von dem er nicht wusste, was es war, aber es machte ihm Angst. Denn er wusste, dass dieses Etwas mächtig war. Sehr mächtig. Irgendwie musste er sich dagegen wehren, damit es nicht die Kontrolle über ihn übernahm. Das würde ihn nur in Teufelsküche bringen und das durfte er nicht zulassen. Dennoch konnte Kaiba auch nicht leugnen, dass der Sex mit dem Hündchen mehr als nur gut war. Sie waren zwar noch recht harmlos dabei, aber dennoch schaffte es der Kleinere immer wieder, ihn mehr als nur zu befriedigen. Es war ihm überhaupt nicht klar, wie er das hinbekam, doch er konnte es nicht abstreiten. Wahrscheinlich war auch das der Grund, warum sie alle paar Tage in seinem Bett landeten. Es wäre schade, wenn das demnächst vorbei war, doch beim Firmenjubiläum würden sie seinen Ausstieg verkünden. Bis dahin wollte der Blondschopf auch sein Konzept für das Personal vorlegen und er hatte seine Schuldigkeit getan. Dann würde alles wieder seinen gewohnten Gang gehen, also naja, abgesehen von den Änderungen, die dann in Angriff genommen werden würden. Es war noch immer absurd, wenn er daran dachte, dass ausgerechnet Joey Wheeler einen tiefgreifenden Einfluss auf seine Firma hatte, obwohl er nur ein paar Wochen da gewesen sein würde. Der Blondschopf hatte ihn wirklich überrascht und nicht nur ihn. Die Geschäftswelt war ziemlich – wie hatte Hiro das in einem Telefonat genannt? Ach ja – entzückt von diesem Newcomer, der so schnell lernte und einen Konzern wie die Kaiba Corporation im Griff hatte, wenn natürlich auch mit viel Hilfe von anderen. Dem Blondschopf standen nach dem Abschluss also alle Türen offen, um etwas aus sich zu machen, wie er es vorhatte. Und es wäre mehr als seltsam, würde er ihm bei Veranstaltungen als ebenbürtiger Mann gegenüberstehen. Ob er sich jemals daran gewöhnen könnte? Er bezweifelte es stark. Mokuba hatte jedenfalls einen hervorragenden Riecher bewiesen. Woher hatte er gewusst, dass Joey das irgendwie hinbekommen würde? Dass er ganz neue Talente in sich entdeckte, die der Blonde nicht einmal selbst gekannt hatte? Die Klingel des Tores am Grundstückseingang durchbrach die Stille und seine Gedanken und stirnrunzelnd legte Kaiba sein Buch beiseite. Er stand auf, um an der Haustür auf den Monitor zu schauen. Wer sollte ihn auf einen Samstagnachmittag stören? Er erwartete keinen Besuch und unangemeldeter war er noch nie ein Freund von gewesen. Als einer der beiden Männer den Polizeiausweis in die Kamera hielt, öffnete er das Tor. Ob sie neue Informationen zu dem Unfallfahrer hatten? Na hoffentlich! Er wollte das Thema gern mal abschließen, damit er sich wieder auf wichtigere Dinge konzentrieren konnte. Es dauerte einen Moment, ehe sie die Haustür erreicht hatten und Kaiba öffnete sie, um sie einzulassen. „Mr. Kaiba?“ „Ja, der bin ich. Treten Sie ein.“ Er machte einen Schritt zur Seite und mit einem freundlichen Nicken traten die Männer ein. Er führte sie in den kleinen Salon, wo sie sich auf der Sofagruppe niederließen. „Was führt Sie her? Haben Sie den Unfallfahrer endlich gefunden und festgenommen?“ „Ja, das haben wir. Die Ermittlungen sind noch nicht ganz abgeschlossen, aber wir haben ihn in Gewahrsam genommen. Wir sind aber aus einem anderen Grund hier.“ Ein anderer Grund? Seto verzog keine Miene, aber er konnte sich nicht vorstellen, warum die Polizei sonst zu ihm wollte. Seine Methoden waren legal, er hatte sich nichts zu Schulden kommen lassen. „Klären Sie mich auf“, forderte er nach einer Gesprächspause und einer der Polizisten räusperte sich. Wenn er sich die Zwei genau anschaute, schienen sie unruhig zu sein. War ihnen der Besuch hier unangenehm? „Wir sind wegen des Todes von Mr. Wheeler hier.“ Joeys Vater? Wie kamen sie denn jetzt darauf? Die ganze Sache wurde immer verworrener und er noch ungeduldiger. „Sie müssen das schon spezifizieren.“ „Aufgrund unserer Datenlage haben wir Ermittlungen bezüglich des Todesfalls aufgenommen. In den letzten Jahren sind mehrere Streifen zur Wohnung der Wheelers gerufen worden. Meistens ging es dabei um Ruhestörung und Joey Wheeler wurde mehrfach ermahnt, sich angemessen zu verhalten. Nun stellt sich uns die Frage, ob ein Streit womöglich eskaliert ist und Mr Wheeler Senior deswegen verstarb.“ „Das kann unmöglich Ihr Ernst sein.“ Geradezu empört wischte er die Aussage mit einer Handbewegung weg. Es war ausgeschlossen, dass das der Wahrheit entsprechen konnte. Nach allem, was er jahrelang durchmachen musste, ohne dass es irgendjemanden interessiert hatte, kam die Polizei jetzt auch noch so an!? „Wir sind dazu verpflichtet, jeder Spur nachzugehen, Mr. Kaiba. Und als Ihr Lebensgefährte haben wir ein paar Fragen bezüglich Mr. Wheeler an Sie.“ „Wären Sie immer jeder Spur nachgegangen, hätten Sie Joey ein jahrelanges Marthyrium erspart! Sein Vater hat gesoffen, ihn geschlagen und misshandelt! Und Sie sagen ihm, dass er sich „angemessen“ verhalten soll!? Mir wird schlecht. Aber genug der Reden. Ich werde Ihnen beweisen, was ich meine. Einen Moment.“ Ruckartig stand Kaiba auf und verließ den Salon, ohne sich auch nur eine ihrer Fragen anzuhören. Er brauchte Luft. Einen Moment der Ruhe. Diese Ungerechtigkeit ließ ihn vor Wut schwindelig werden und ohne zu überlegen, stolzierte er in das Arbeitszimmer. Unwirsch griff er seinen Laptop und marschierte wieder zurück. Er konnte nicht zulassen, dass das so im Raum stehen blieb. Auch wenn er keine Beziehung mit Joey wollte, so konnte er das nicht so lassen. Das war er ihm schuldig, nachdem was er alles für ihn und seinen kleinen Bruder getan hatte. „Hier. Sehen Sie sich diese Dokumente an. Vor Jahren wurde Joey ins Krankenhaus eingeliefert und der behandelnde Arzt war zum Glück kein Idiot und hat Fotos der Verletzungen gemacht. Und jetzt sagen Sie mir nicht, dass er Schuh- und Handabdrücke irgendwie selbst verursachen könnte. Sein Vater war anscheinend in der Lage, gute Miene zu machen, aber ich lasse nicht zu, dass Sie hier die Wahrheit verdrehen.“ Er drehte den Polizisten den Bildschirm zu und zeigte ihnen die Dokumente, die seine Mitarbeiterin ihm geschickt hatte. Die beiden Männer studierten sie, machten sich Notizen und murmelten Dinge, die er nicht verstand, doch es interessierte ihn auch nicht. Hauptsache sie begriffen, was für Idioten sie waren. Er hatte für solche Mätzchen keine Zeit. Trotzdem würde er zur Sicherheit Yuuto über den Besuch informieren, damit er notfalls eingreifen konnte. „Nun, schicken Sie uns diese Daten bitte zu. Wir werden Sie eingehend prüfen. Bitte beantworten Sie uns dennoch ein paar Fragen.“ Anstatt etwas zu sagen, machte er nur eine Handbewegung und nebenbei versandte er die Dateien an das nächste Polizeirevier. Vielleicht sollte er noch den Polizeipräsidenten mit einem gepfefferten Kommentar in Kopie nehmen, damit klar war, was für ein ausgemachter Unsinn das hier war. „Wie ist Joey Wheeler so?“ „Er kann ein ziemlicher Trottel sein, der gefühlt den ganzen Tag essen kann. Er lächelt persönliche Probleme grundsätzlich weg, weil er niemandem zur Last fallen will. Ich habe seinen Vater trotz unserer Beziehung nie persönlich kennengelernt, weil sich Joey dafür schämte. Erst nach seinem Tod hat er mir so wirklich erzählt, was alles passiert war. Doch er hat ein großes Herz und gibt notfalls sein Leben für die, die ihm wichtig sind. Daher hat er auch die Firma übernommen, als ich im Krankenhaus war. Er denkt nicht großartig nach, sondern hilft einfach.“ Ja, so war er. Abgesehen davon, dass er unglaublich treu und loyal war. Und irgendwie schaffte er es, ihn mit seinem Grinsen von allen Problemen abzulenken. Stop! Das spielte keine Rolle. Das Köterchen hatte sich in den letzten Wochen viel zu sehr in seinen Gedanken eingenistet. Dabei würde er demnächst wieder weg sein und er seinem Leben nachgehen können. Mit der Bezahlung von Serenitys Studium und der Befreiung der Anschuldigungen durch die Polizei war seine Schuldigkeit dann auch getan. Er brauchte wieder Ordnung in seinem Leben. „Und Sie sind der felsenfesten Überzeugung, dass Joey Wheeler seinem Vater nichts angetan hat? Dass sich die Wut nicht doch in einem Moment entladen hat?“ „Keinesfalls. Er würde sein Leben nicht einfach so in den Ruin treiben. Dafür hat er noch viel zu viel vor.“ „In Ordnung. Dann vielen Dank für Ihre Zeit und die Daten. Sollten sich noch Fragen ergeben, melden wir uns.“ „Wenn Sie in der Lage sind, richtig lesen zu können, haben sich alle Fragen erledigt. Schönen Tag noch.“ Sie standen auf und er brachte sie zur Tür. Kaum, dass sie außer Sichtweite waren, schüttelte er verständnislos den Kopf. Arbeiteten bei der Polizei nur Idioten? Kein Wunder, dass so viele Taten unentdeckt blieben. Vielleicht sollte er sich da mal einmischen, um den Laden auf Vordermann zu bringen. Nein, er hatte genug mit seiner Firma zu tun. Da konnte er keine weiteren Baustellen gebrauchen. Doch eine kleine Email an den Polizeipräsidenten könnte vielleicht etwas Wirkung entfalten. Es war früher Abend, als Joey in die Villa zurückkehrte und nur ein paar Minuten später war auch Mokuba wieder da. Er hörte es, weil die Tür zum Wohnzimmer nur angelehnt war, in dass er sich erneut zurückgezogen hatte. Das Buch hatte er zur Hälfte gelesen, doch jetzt war es mit der Ruhe vorbei, denn er hörte schon die näherkommenden Schritte der Beiden. „Hallo Seto! Wir sind wieder da! Wie geht es dir?“ „Mir geht es gut, Moki. Hattest du auch viel Spaß bei deinen Freunden?“ „Ja, es war super!“ Seto wuschelte seinem kleinen Bruder lächelnd durch die Haare und schaute zu Joey, der seltsam bedröppelt in der Tür stehen geblieben war. „Alles in Ordnung?“ „Ja, der Umzug lief gut. Ich muss nur noch die Kisten wieder auspacken, aber das mache ich in den nächsten Tagen ganz in Ruhe, wenn sich die Zeit findet. Trotzdem war es anstrengend und ich wünsche euch noch einen schönen Abend. Schlaft später gut und bis morgen.“ „Waaas? Ich dachte, wir spielen noch etwas“, jammerte Moki, doch Joey entschuldigte sich und verschwand in Richtung seines Zimmers. Wie konnte die Polizei nur glauben, dass er seinen eigenen Vater getötet hätte? Das war doch unglaublich. Die Empörung über diese haltlose Anschuldigungen wollte einfach nicht verschwinden. „Ach schade“, murmelte Moki und setzte sich neben ihn. Er löste den Blick von der Tür und schaute seinen kleinen Bruder an, als er entgegnete: „Er wird bestimmt die Tage noch mit dir spielen. So ein Umzug ist sehr anstrengend, selbst für ein Köterchen wie ihn.“ „Ich weiß nicht … Irgendwie glaube ich, da war noch etwas anderes bei ihm, aber offenbar will er darüber nicht reden. Naja, spielen wir dann noch etwas, Seto!?“ „Ja, meinetwegen“, stimmte er zu und beobachtete zufrieden, wie der Schwarzhaarige alles vorbereitete. Doch was der Kurze gesagt hatte, dürfte wohl ins Schwarze treffen. Wahrscheinlich war er sentimental geworden, als er den Ort der jahrelangen Schickanierung betreten hatte und wer konnte es ihm verübeln? Vielleicht konnte er nun wirklich damit abschließen und sich auf seine Zukunft konzentrieren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)