Die Vertretung und die Folgen von Iwa-chaaan (Wenn Hündchen vor große Herausforderungen gestellt werden) ================================================================================ Kapitel 41: Romantisches Dinner ------------------------------- Dienstag, 20.09. Die Limousine hielt auf dem Parkplatz und Kei öffnete ihm die Tür. Mokuba hatte ihn vorhin auf die Idee mit dem Essen gebracht und einmal mit dem Köterchen auszugehen, erschien ihm vertretbar zu sein, damit der Plan weiterhin funktionierte. Außerdem war es die richtige Gelegenheit, um dem Blonden für seine Hilfe zu danken. Dass er sich so gut um Mokuba gekümmert hatte, rechnete er ihm sehr hoch an und dass er sich so in die Firma gestürzt hatte, um auch das zu meistern, nötigte ihm Respekt ab. Und das hier war dafür ein guter Anlass. Joey stieg auf der anderen Seite aus und kam sofort um den Wagen herum. Zwar konnte er auf die Krücke schon verzichten, da sein Fuß gut abheilte, aber der Arzt und Mokuba bestanden darauf. So wollte er sich gerade auf den Weg machen, als ihm ein Arm um die Taille gelegt wurde. „Geht es so besser?“, erkundigte sich das Hündchen und er nickte ihm leicht lächelnd zu. „Ja danke.“ Sie schritten zum Eingang, wo ein Ober die Gäste empfing und Kaiba sprach ihn direkt an, ehe dieser es tun konnte. „Ich hatte einen Tisch für Zwei auf den Namen Kaiba reservieren lassen.“ „Einen Moment bitte.“ Flink huschten die Augen über das Reservierungsbuch, bis er ihn gefunden hatte und einen Haken machte. „Folgen Sie mir bitte.“ Obwohl ihm klar war, dass Joey bestimmt gern in einem Fastfood Laden gegessen hätte, hatte er sich für ein Sternerestaurant entschieden. Alles andere wäre unter seiner Würde und soweit ging seine Dankbarkeit dann doch nicht. Der Ober führte sie einmal durch den gesamten Laden in einen Bereich, der etwas geschützter lag und wo nicht jeder sofort sehen konnte, dass sie dort waren. Direkt an der Fensterfront, draußen war nur zwei Meter entfernt ein Fluss, der die Lichter der Stadt reflektierte, blieb der Ober stehen und bat sie mit einer einladenen Geste, sich zu setzen. „Vielen Dank“, hörte er den Blonden sagen und vorsichtig nahm er ihm die Krücke ab und stellte sie vorübergehend in den Regenschirmständer. Das war Joey – pragmatisch wie immer. „Wow, das sieht echt schön aus.“ Sein Hündchen sah sich die Aussicht an und er hatte doch gewusst, dass es ihm gefallen würde. So wie ihm selbst die Aussicht gefiel – allerdings nicht die nach draußen. Zwar wollte er das am liebsten noch immer leugnen, doch es brachte nichts. Ihm gefiel Joey und er wollte ihn. So wie er ihn gestern schon gewollt hatte, aber heute würde er ihn nicht davonziehen lassen. Das hatte er einmal mit ihm tun können, ein zweites Mal würde er unterbinden. Im Licht der gedimmten Lampe über ihnen wirkten Joeys Augen wie flüssiges Gold und ihr Blickkontakt blieb – er schien sich endlos zu ziehen –, bis sich der Ober räuspernd bemerkbar machte und Kaiba schaute ihn genervt an, was diesen aber nicht abschreckte. Stattdessen bekamen sie die Karten vorgelegt und in der Mitte wurde noch eine Kerze entzündet. „Darf ich den Herren bereits etwas zu Trinken empfehlen?“, erkundigte er sich und Joey schaute kurz zu ihm rüber, als er schon die Bestellung aufgab: „Wir hätten gern den teuersten Champagner, den Sie zu bieten haben.“ „Natürlich, sehr wohl.“ Damit verschwand der Mann wieder und ließ sie allein. „Gibt es etwas zu feiern, von dem ich nichts weiß?“, wollte der Blondschopf irritiert wissen und beugte sich dabei leicht vor. „Es ist Teil meines Dankes, dass du dich während meiner Abwesenheit um Mokuba gekümmert hast. Das ist etwas, wofür ich dir sehr dankbar bin. Der Kurze hat es so schon nicht leicht und dass du dich so selbstverständlich um ihn kümmerst, hat mich sehr beruhigt, als ich wieder wach war.“ „Das macht man so unter Freunden, Seto.“ Joey hatte seine Stimme gesenkt, damit sie niemand hören konnte, da der Teil nicht zur offiziellen Version passte und er erwiderte ebenfalls leiser: „Nein, auch Freunde machen das nicht automatisch. Nimm das Kompliment einfach an, in Ordnung?“ „Bald sind das ganz schöne viele.“ Das freche Grinsen entlockte ihm ein belustigtes Schnauben, aber der Blonde hatte recht. Was ihn anging, schien er zurzeit mit Komplimenten nur so um sich zu werfen. Das war nicht gut. Der Blondschopf würde sonst nur übermütig werden. „Ich hätte da auch noch eine Frage an dich“, fing Joey an und Kaiba lupfte eine Augenbraue, gab ihm aber zu verstehen, dass er fortfahren sollte, als der Ober schon wieder bei Ihnen war. Dieser Mann hatte ein unglaublich schlechtes Timing, schoss es dem Brünetten durch den Kopf und sie warteten, bis der Champagner geöffnet worden war und sie Gläser vor sich stehen hatten. Dann wurde die Flasche noch in den Kühler auf dem Tisch gestellt und der Ober zog sich zunächst zurück, als Kaiba ihm klargemacht hatte, dass sie sich noch nicht entschieden hatten. Im Hintergrund begann ein Pianist am Klavier zu spielen und Joey schaute ihm einen Moment lang wie gebannt zu, dann riss er sich förmlich davon los und schaute ihn wieder an. Mit einem beinahe schon schüchternen Lächeln hob er das Glas und Kaiba erwiderte die Geste und sie stießen an. „Auf deine baldige, vollständige Genesung“, sagte der Blondschopf und er nickte nur. Der Champagner schmeckte wirklich hervorragend, obwohl er nur selten so etwas trank, doch das hier gehörte zur Scharade und zu seinem Dank, da konnte er das schon einmal tun. „Also was für eine Frage hattest du?“, nahm Seto den Gesprächsfaden wieder auf und stellte das Glas ab. Der Blondschopf tat es ihm gleich, räusperte sich nervös und fing an zu reden: „Also eigentlich sind es mehrere Fragen und ich möchte deine ehrliche Meinung zu allem!“ „Ich bin immer ehrlich zu dir“, versicherte er, obwohl er sich fragte, was da jetzt alles auf ihn zukam und Joey nickte. „Also erstens: Würdest du wirklich so ein Konzept umsetzen, wenn ich es dir vorlege? Weder Yuna noch du haben auf mich den Eindruck gemacht, dass euch sonderlich interessiert, was ich da von mir gebe.“ „Selbstverständlich würde ich das tun, wenn es sauber und nachvollziehbar ausgearbeitet wurde und die Firma nicht in den Ruin treibt. Ich kann deinen Punkten durchaus folgen, nur halte ich sie persönlich für nicht so wichtig wie du. Sieh es als deine Meisterprüfung an: Überzeuge mich und es wird genauso umgesetzt, wie du es dir vorstellst.“ Die Augen des Hündchens wurden immer größer und für einen winzigen Augenblick glaubte er, Unsicherheit in ihnen zu sehen, doch da war das auch schon wieder weg. Irrte er sich vielleicht? „Ich werde dich überzeugen. Und wenn du danach die ersten neuen Quartalszahlen siehst, wirst du dich fragen, warum du es nicht schon viel früher getan hast.“ „Herausforderung angenommen.“ „Gut! Dann zu meiner nächsten Frage –“ „Warte kurz, Joey. Lass uns erst für ein Gericht entscheiden, bevor du gleich wieder unterbrochen wirst, in Ordnung?“ Ein Rotschimmer bildete sich auf den süßen Wangen und hektisch nickend versteckte er seinen Kopf hinter der großen Karte, was ihn amüsierte. Der Kleine konnte so schüchtern richtig niedlich sein. Dann studierte er die Menus, die angeboten wurden und kaum, dass er sich entschieden hatte, tauchte bereits der Ober wieder auf. Immerhin war sein Timing dieses Mal besser. Sie bestellten Vorspeise, Suppe und Hauptgericht und danach bedeutete er dem Hündchen, seine weiteren Fragen zu stellen. „Denkst du, dass ich das in Zukunft auch tun könnte? Eine Firma leiten? Also nicht deine, denn das ist ja deine, aber so generell. Vom Prinzip her, weißt du?“ Du meine Güte, wieso war er denn jetzt so unsicher? Manchmal verstand er einfach nicht, was in ihm vorging. „Natürlich könntest du das. Sonst hätte ich dich schon am Sonntag, aus dem Krankenhaus heraus, gefeuert. Jeder Firmenboss muss in die Themen eingearbeitet werden und fällt nicht einfach vom Himmel und du hast in der kurzen Zeit so unglaublich viel gelernt und anscheinend ein sehr gutes Gespür. Es spricht nichts dagegen, dass du zukünftig in eine Firma einsteigst oder selbst gründest. Außerdem hast du den Vorteil, dass du bereits einen Namen in der Wirtschaft hast, wenn du deinen Abschluss in der Tasche hast. Es würde mich nicht wundern, wenn Headhunter auf dich zukommen, um dich in verschiedene Firmen zu locken.“ Wieder diese tellgroßen Augen des Blondschopfs. Was hatte er denn gerade? Er wollte doch ehrliche Antworten, also wieso wirkte er so seltsam auf ihn? „Ich ähm … danke. Danke, das bedeutet mir wirklich viel, dass du das glaubst.“ „Joey, was ist los?“, fragte er und seine Stimme klang selbst in seinen Augen überraschend sanft. Sein Gegenüber wandte den Blick ab, schaute aus dem Fenster und sah durch die Spiegelung hindurch den fast pechschwarzen Fluss, der sich durch die Stadt schlängelte. Nur die Lichter der umstehenden Geschäfte beleuchteten ihn ein wenig und Kaiba glaubte, dass sein Vertreter gerade ganz woanders war. In Ruhe trank er einen Schluck und ließ ihm seine Ruhe, die er brauchte, bis die leise Stimme an sein Ohr drang. Das Klavierspiel übertönte es beinahe und so musste er sich anstrengen, die Worte auch zu hören: „Bisher hat niemand so richtig an mich geglaubt. Nein warte, das ist falsch. Yugi, Tea und Tristan glauben an mich, aber wenn es darum geht, nach der Schule etwas aus meinem Leben zu machen, sehe ich auch ihre skeptischen Blicke. Dabei wissen auch sie nicht, was alles passiert ist … Yuuto war der erste, der mir Mut zusprach, während du noch bewusstlos warst und ich habe das erste Mal in meinem Leben das Gefühl, dass ich es zu etwas bringen kann. Dass ich nicht dieser elendige, nichtsnutzige Versager werde, von dem meine Eltern – besonders mein Vater – immer ausgingen. Dass in mir vielleicht doch noch Dinge sind, die ich selbst erst noch entdecken muss, aber die mich etwas in meinem Leben erreichen lassen. Und was die Führung einer Firma angeht, vertraue ich deinem Urteil. Deswegen fühle ich mich geehrt, dass du mir das zutraust.“ Mit so einer tiefgehenden Antwort hatte er nicht gerechnet und es verunsicherte ihn, dass Joey seinen Panzer so stark fallenließ. Dass er nicht alles weglachte, wie er es sonst so oft in der Vergangenheit getan hatte. Außerdem musste er aufpassen, was er entgegnete, denn der Blonde wusste nicht, dass er von den Schulden wusste. „Deine Eltern sind dumm, wenn sie so etwas von dir behaupten. Das ruiniert die eigene Erziehung.“ Joey lachte einmal bitter auf, starrte noch immer nach draußen, bis plötzlich schon wieder dieser Ober an ihrem Tisch auftauchte. Der Blondschopf riss sich von dem Anblick los und nickte ihm zu, als dieser die Suppen servierte. „Naja, das Thema hat sich jetzt ja auch zur Hälfte erledigt“, brummte Joey, als die Bedienung wieder verschwunden war und Kaiba spürte diesen Drang in sich, die Stimmung aufzulockern. Es passte nicht zu seinem Hündchen, dass er so verbittert war. Das fühlte sich nicht richtig an. Auch wenn er sie nach allen Informationen, die er bekommen hatte, absolut nachvollziehen konnte. Aus einem Impuls heraus legte Kaiba eine Hand auf die von Joey und dieser schaute ihn überrascht an. „Du musst nichts sagen, was du nicht willst. Aber lass dir gesagt sein, dass du nach allem, was du in den letzten Wochen für Mokuba und mich getan hast, vieles bist, aber kein Nichtsnutz, kein Versager und auch kein Idiot. Du hast nicht nur ein großes Herz bewiesen, sondern auch viel Köpfchen. Lass dir nichts von anderen einreden. Die haben keine Ahnung. Ich kann nicht leugnen, dass ich dich früher auch so gesehen habe, aber jeder mit ein kleinem bisschen Verstand wird erkennen, dass du dich stark verändert hast und das in einer eindrucksvollen Art und Weise.“ Wie gebannt hörte der Blondschopf ihm zu und beugte sich leicht vor. Reflexartig stellte Kaiba die Kerze an den Rand des Tisches, ohne sie anzusehen, dafür waren diese goldenen Augen viel zu besonders. Sie nahmen ihnen gefangen und im nächsten Augenblick überwanden sie beide die letzten Zentimeter und Seto glaubte, dass ein Feuerwerk in ihm explodierte, als sich ihre Lippen berührten. Es war ein sanfter, zärtlicher Kuss und dauerte nur einen Moment, ehe Joey ihn leicht errötet löste und sich verlegen räusperte. „Dann, also dann guten Appetit, ja?“ „Ja, dir auch“, erwiderte der Brünette leicht lächelnd und mit klopfendem Herzen löffelte er die hervorragende Suppe. Was war da gerade passiert? Sie hatten sich geküsst, aber das ja auch nicht zum ersten Mal. Mehr oder weniger leidenschaftlich taten sie das seit über einer Woche, doch keiner hatte sich so intensiv angefühlt, so … gefühlvoll. Die Küsse in der Schule waren verlangend gewesen, die im Krankenhaus vor den Ärzten notwendig, aber dieser hier … Für eine Sekunde hatte er das Gefühl gehabt, dass ihn ein ganz besonderes Gefühl eingefangen hatte. Nein, das konnte nicht sein. Er wollte den Sex und er respektierte ihn mittlerweile, aber alles weitere war ausgemachter Unsinn. Sobald er gesund war, würde Joey aus der Firma scheiden und er ihn dank seines Versprechens nie wieder sehen. Doch wieso fühlte sich dieser Gedanke plötzlich so falsch an? Er ließ sich doch nicht von einem Hündchen – einem ziemlich süßen nebenbei bemerkt – einwickeln. Nein, das würde er zu verhindern wissen. Außerdem hätte er gar keine Zeit für ihn. Mokuba kam ja schon viel zu kurz. Um sich vor den Gedanken zu drücken, die sich unaufhörlich damit beschäftigten, ob er sich nicht doch in das Hündchen verliebt hatte, beschloss Kaiba, das Gespräch wiederzubeleben. „Hattest du eigentlich noch weitere Fragen an mich? Das ist deine einmalige Gelegenheit, sie zu stellen.“ Überrascht sah Joey auf und nickte langsam. „Ja, da wären in der Tat noch welche …“ „Dann los. Du nimmst doch sonst kein Blatt vor den Mund“, neckte er ihn und spürte ein leichtes Zucken unter seiner Hand. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass sie noch immer auf Joeys lag. Während des Kusses und selbst während sie jetzt ihre Suppe aßen, hatte er sie nicht weggenommen. „Hast du manchmal Zweifel, wenn du Entscheidungen für die Firma triffst? Immerhin haben sie weitreichende Konsequenzen.“ „Hattest du Zweifel?“ „Ja natürlich! Ich kenne die Firma schließlich nicht so gut wie du. Und ich will ja, dass sie gut läuft.“ „Und was hast du dann getan?“ „Meistens mit Yuuto, Yuna, Yukiko oder Roland gesprochen. Sie haben mir dann gewisse Zusammenhänge erklärt und ich habe dann nochmal neu abgewägt, wie die Entscheidung ausfallen sollte und sie dann getroffen“, erklärte der Blondschopf leicht irritiert und musterte ihn. „Da ich die Firma kenne, muss ich das nur in seltenen Fällen tun, aber natürlich hat man Zweifel, wenn schwierige Entscheidungen anstehen. Dabei kann es um ganz verschiedene Dinge gehen. Leute entlassen, Projekte einstampfen, neue Strategie in Verkauf oder Kundendienst und auch die Umstellung des Personalwesens. Das sind tiefgreifende Prozesse, die sich in jeden Winkel der Firma auswirken und wenn man gezwungen ist, so etwas zu entscheiden, muss das Hand und Fuß haben. Also denkt man drei Mal darüber nach, ehe man sie fällt. Aber so lange du sie vor dir selbst vertreten kannst, kannst du sie auch allen anderen gegenüber vertreten.“ Joey nickte langsam und ein kleines Lächeln legte sich auf diese betörenden Lippen. Du meine Güte, seit wann war er so offen? Wie kam er dazu, so viel von sich preiszugeben? Das tat er sonst nie und er achtete normalerweise strikt darauf, dass er das nicht tat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)