Die Vertretung und die Folgen von Iwa-chaaan (Wenn Hündchen vor große Herausforderungen gestellt werden) ================================================================================ Kapitel 35: Kantinenbesuch -------------------------- Montag, 19.09. Am liebsten hätte er Joey den ganzen Tag geküsst. Eigentlich war der erste vorhin nur dafür gewesen, um seine Klassenkameraden davon zu überzeugen, dass sie wirklich bereits fast zwei Jahre ein Paar waren – immerhin konnten sie Mokis Plan jetzt nicht einfach über den Haufen werfen –, doch als er gemerkt hatte, dass sich Joey in diesen Kuss fallen ließ, hätte er ihn am liebsten an Ort und Stelle verführt. Ein Grund, weshalb er den Blonden auch erst am Ende der Pause ein zweites Mal geküsst hatte, bevor er sich doch noch zu dummen Dingen hätte hinreißen lassen können und wieder war das Hündchen voll eingestiegen und raubte ihm fast den Atem. Verdammt, er wollte den Blondschopf. Und zwar so schnell wie möglich. Doch nach dem Telefonat und dem vorgezogenen Essen würde er sich wohl noch etwas gedulden müssen. Außerdem meldete seine innere Stimme Zweifel an, ob das wirklich seine klügste Idee war, aber er schob sie ab und beschloss, zu sehen, wie Joey auf weitere Annäherungen reagierte. Wenn er das so tat wie bisher, würde er den Kleineren noch heute Nacht verführen und wenn sie dafür morgen zu spät zur Schule kamen, dann war das eben so. Der Unfall hatte ihm bewusst gemacht, dass auch er nicht unverwundbar war und dass auch er nur dieses eine Leben zur Verfügung hatte, also warum sollte er es dann nicht auch nutzen? Es war ihm zwar ein Rätsel, warum er plötzlich so heftig auf das Hündchen reagierte, aber schlussendlich spielte es auch keine Rolle. Es war ja nicht so, dass er plötzlich in ihn verliebt war. Er wollte den Sex mit ihm, ihn körperlich spüren und hatte die leise Vermutung, dass eine Nacht mit ihm sehr befriedigend sein würde. Mehr nicht. Nach zwei weiteren Mathestunden und einer Japanischstunde war Mittagspause und das bedeutete, dass alle in die Kantine gehen mussten. Joey kam nach dem Klingeln wie ein braves Hündchen sofort zu ihm und Arm in Arm verließen sie den Klassenraum. Es war schlau von dem Blonden gewesen, das so einzufädeln, denn er konnte seinen Fuß entlasten, ohne wie ein Schwächling zu wirken und gleichzeitig so tun, als wären sie ein Liebespaar. Ihm war noch immer schleierhaft, wie Moki auf diese absurde Idee gekommen war und er war im Krankenhaus wirklich kurz vor einem Herzinfarkt gewesen, als er das zu hören bekommen hatte. Doch mittlerweile konnte er mit seinem Gewissen vereinbaren, dass Wheeler das doch besser gemanaged hatte, als erwartet. Viel besser. Es gab keine einzige Beschwerde über ihn und selbst das Getuschel der Abteilungsleiter hielt sich überraschenderweise in Grenzen, was er so hörte. Wie es schien, hatte der Blondschopf sich komplett reingekniet und eigentlich sollte ihn das nicht wundern. Schon immer schien die Devise bei ihm zu lauten: Ganz oder gar nicht. Trotzdem konnte er nicht leugnen, dass er froh war, wenn er endlich wieder fit war und sich allein um seine Firma kümmern konnte. Und das Versprechen, dass er Wheeler danach nie wiedersehen musste, war ebenfalls verlockend. Immerhin war ihm vollkommen klar, dass er nur auf den Blonden so reagierte, weil sein letzter Sex schon einige Zeit her war. Und vielleicht wollte er nach diesem einschneidenden Erlebnis auch einfach jemanden haben, der bei ihm war. Das war für die nächsten Wochen für ihn ok, aber dann war es auch wieder in Ordnung, wenn er allein war und seine Zeit der Firma widmete. Die beanspruchte ihn nämlich schon genug. Er spürte, wie Joey neben ihm verkrampfte, weil auch ihm bewusst wurde, was der Gang zur Kantine bedeutete und aus einem Impuls heraus strich er ihm beruhigend über den Rücken und beugte sich leicht zu ihm, um zu flüstern: „Einfach ignorieren.“ „Das sagt sich so leicht … Du musstest das Gerede ja auch noch keine drei Wochen mitmachen …“ „Überlass das mir.“ Das hier würde heute auf jeden Fall der anstrengendste Teil des Tages werden, denn alle Schüler konnten sie zusammen sehen und Kommentare abgeben – als wären sie irgendwelche Ausstellungsstücke. Sie betraten die Kantine und wie zu erwarten war, waren auch hier sofort sämtliche Blicke auf sie gerichtet. Seto drückte seinen Arm leicht in Joeys Rücken, damit dieser gerade ging und so mehr Selbstbewusstsein ausstrahlte. Das konnte bei einigen Leuten schon Wunder bewirken. Sie stellten sich hinter dem Kindergarten in die Schlange und Joey quatschte nebenbei etwas mit Duke und Tea, um sich abzulenken, während er selbst auf sein Handy schaute, um die neuesten Emails zu studieren. Da das Restaurant bei ihm in der Nähe war, wären sie wahrscheinlich gegen 21 Uhr wieder zu Hause, das war in Ordnung. Dann konnte er immer noch schauen, wie sich der Abend entwickelte. „Ich fass es nicht. Der reiche Sack ist tatsächlich eine Schwuchtel!“, rief plötzlich ein Schüler und Seto verdrehte genervt die Augen. Doch er kam gar nicht dazu zu antworten, denn Joey war bereits dabei: „Lieber eine glückliche Schwuchtel als ein dummes Arschloch! Und jetzt verpiss dich, du homophober Wichser!“ „Ach, wie süß. Das kleine Hündchen verteidigt sein Herrchen. Holt er sich beim Vögeln denn auch keine Flöhe von dir?“, flötete der Typ und brach zusammen mit ein paar anderen aus seiner Clique in schallendes Gelächter aus. Kaiba schüttelte nur – ohne aufzusehen – den Kopf, doch wie zu erwarten, sprang der Blondschopf natürlich sofort darauf an und auch Tristan und Duke waren bereit, sich einzumischen und ihren Kumpel zu unterstützen. Seto verstärkte seinen Griff um Joeys Taille und spürte, wie seine Muskeln bis zum Äußersten angespannt waren. Noch ein Kommentar und hier würde die große Prügelei losgehen. Das sollte er verhindern, denn es schmälerte die Aussichten des Hündchens auf einen Schulabschluss enorm und dieser Idiot war es nicht wert, deswegen von der Schule zu fliegen. „Joey, ignorier ihn. Du willst doch nicht wegen ihm deinen Abschluss verpassen“, versuchte er den Blondschopf zu beruhigen, doch der Kleinere zitterte bereits vor Wut. Sie schmissen sich noch weitere Beleidigungen gegenseitig an den Kopf, bis Joey endgültig bereit war, loszustürmen. Seto riss ihn in letzter Sekunde beinahe mit Gewalt zu sich herum, hielt ihn ganz eng bei sich und küsste ihn ein drittes Mal heute. Sofort entspannten sich die Muskeln des Hündchens und bereitwillig erwiderte er den Kuss ebenso leidenschaftlich. Eine Hand legte der Blonde in seinen Nacken, um ihn nah bei sich zu behalten und Seto musste sich eingestehen, dass er gar nicht weg wollte. Durch den Saal ging ein Raunen, dass wie eine Welle erst lauter und dann wieder leiser wurde. Offenbar waren die anderen Schüler nicht davon ausgegangen, dass sie von nun an so offen mit ihrer „Beziehung“ umgehen würden, wo sie jetzt offiziell war. Seine zweite Hand legte Joey auf seinen Oberkörper, da, wo sein Herz war, und Seto fragte sich, ob er spürte, dass es schneller als sonst schlug. Er selbst hingegen kraulte wieder den Nacken des Hündchens und so blieben sie einige Sekunden stehen, die anderen ausblendend, und konzentrierten sich auf diesen Kuss und mussten aufpassen, dass sie es nicht übertrieben. Also löste Kaiba den Kuss wieder, bevor sie die Kontrolle verloren und nahm zufrieden wahr, dass der Rest schwieg. Zumindest für ein paar Sekunden, ehe ein paar anfingen zu klatschen und zu johlen, was ihn dazu veranlasste, eine Augenbraue zu heben, als er sich umschaute. Was war denn jetzt wieder deren Problem? Auch Joey schien verwirrt zu sein, hatte noch immer die Hand auf seiner Brust liegen und schaute sich ebenfalls um. „Lasst euch bloß nicht von den Idioten ärgern. Ihr seid ein tolles Paar und passt toll zusammen“, sagte eine Schülerin, die Kaiba im selben Jahrgang vermutete. Er nickte ihr nur kurz zu und Joey bedankte sich bei ihr, dann schlenderten sie weiter Richtung Tresen, da die Schlange vor ihnen bereits fast weg war, um sich das Mittagessen abzuholen. Selbstverständlich hatte Kaiba einen Koch eingestellt und förderte die Kantine, damit sie auch vernünftiges Essen serviert bekamen und nicht irgend so einen Fraß, der einen wahrscheinlich noch vergiftete. „Kannst du das Tablett tragen oder soll ich dir helfen?“, fragte Joey ihn und Seto winkte ab. „Das sollte gehen. Ich geh dann schon mal vor.“ „Mach das, ich komm gleich“, meinte der Blonde und Kaiba griff sich sein volles Tablett und marschierte zielstrebig zu dem Tisch, an dem der Kindergarten immer aß. Den leichten Schmerz im Fuß ignorierte er dabei. Ohne zu fragen, setzte er sich neben Tea und Joey, der hinter ihm war, nahm ihm gegenüber und neben Yugi Platz. „Hoffentlich kehrt bald wieder Ruhe ein. Diese Kommentare gehen mir so auf die Eier“, brummte der Blonde sichtlich genervt, begann zu essen und seine Freunde stimmten ihm zu. Es war komisch, nicht allein zu essen, wie er es sonst immer tat, aber er stellte überrascht fest, dass es so in Ordnung war. Anscheinend gewöhnte er sich langsam an den Kindergarten. Ob das jetzt wirklich gut war, ließ er mal dahingestellt, doch Joey zuliebe würde er sich so oder so damit abfinden müssen. Wieso eigentlich ihm zuliebe? Als wäre er in ihn verliebt. Er wollte ihn im Bett haben, das definitiv, aber das hieß noch lange nicht, dass er Gefühle für den Blonden entwickelt hatte. Das war ausgemachter Blödsinn. „So schnell werden die sich leider nicht einkriegen. Dafür sind diese Idioten viel zu engstirnig, als dass sie damit klarkämen, dass es schwule Männer gibt“, erwiderte Kaiba und Joey seufzte. „Ja, da hast du wohl recht. Und natürlich sind sie auch nicht in der Lage, sich um ihre eigenen Probleme Gedanken zu machen, sondern hacken lieber auf anderen herum. Ich bin so froh, wenn das Schuljahr rum ist.“ „Hast du denn mittlerweile einen Plan, was du nach der Schule machen möchtest?“, fragte Tea interessiert, lenkte so das Thema in eine andere Richtung und der Angesprochene entgegnete geheimnisvoll: „Ja, ich habe einen Plan, aber er steht noch nicht zu 100% fest, daher werde ich ihn auch noch nicht verraten.“ Seto hob eine Augenbraue und war doch neugierig, was für ein Plan das sein sollte. Und er ignorierte den leichten Stich, den er aufgrund dieser Aussage spürte, denn er war sich sicher, dass er in diesem Plan keine Rolle spielte. Und das wurmte ihn. Viel zu sehr, denn es sollte ihm egal sein. Er hatte eine Firma zu leiten und musste sich um seinen kleinen Bruder kümmern. Da blieb keine Zeit für eine feste Beziehung. Wieso schwankten seine Gedanken so sehr bei dem Thema? Das war so anstrengend. Was hatte Mokuba nur mit dieser Schnapsidee angerichtet? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)