Die Vertretung und die Folgen von Iwa-chaaan (Wenn Hündchen vor große Herausforderungen gestellt werden) ================================================================================ Kapitel 31: Ohnmacht -------------------- Samstag, 17.09. „Sei bitte nicht zu hart zu ihm, okay?“, bat Mokuba und schaute ihn mit diesen Kulleraugen an, die Seto regelmäßig zur Verzweiflung brachten, weil er dem Schwarzhaarigen in diesen Situationen fast nie etwas abschlagen konnte. „Wheeler kennt mich nicht anders.“ „Seto, ich meine das ernst. Er hat in den letzten Wochen so viel für uns getan und selbst auf so viel verzichtet. Und er hätte jeden Grund gehabt, abzulehnen. Aber er hat es nicht getan und sich dieser riesigen Herausforderung gestellt und sie wirklich gut gemeistert. Also mach es ihm nicht so schwer, ja?“ Seto nickte schweigend und brummte etwas Unverständliches in die Kaffeetasse, als er einen Schluck trinken wollte. Zugegebenermaßen schien sich der Köter gemausert zu haben, was er die Woche über so mitbekommen hatte. Das Ganze schien ihm recht gut zu liegen und mit mehr Übung konnte er irgendwann vielleicht auch ein Geschäftsführer werden, das musste er wohl oder übel zugeben, aber die Kaiba Corporation war seine Firma! Und die würde er freiwillig niemandem überlassen! Das Köterchen konnte sich, wenn es soweit war, seine eigene Firma suchen oder aufbauen. „Ich bin dann auch oben. Bis später, Mokuba“, verabschiedete sich Seto und krückelte zurück in den ersten Stock. Mokuba allerdings folgte ihm und kurz vor seinem Arbeitszimmer blieb der Brünette abrupt stehen. Die Medikamente bekamen ihm nicht, sonst hätte er doch schon früher daran gedacht! „Mokuba. Sag mir bitte nicht, dass Wheeler gerade in meinem Arbeitszimmer sitzt.“ Das war sein eigener Raum und abgesehen von seinen engsten Vertrauten – zu denen der Köter garantiert nicht gehörte – durfte sich niemand dort aufhalten. „Nein, er hat es nicht einmal betreten. Nur vom Flur aus reingeschaut“, antwortete Mokuba irritiert und Seto bemerkte im Augenwinkel, wie der Kleine zu ihm aufschaute. „Wirklich?“ „Ja Seto, wirklich. Ich habe extra die Überwachungsaufnahmen aufbewahrt, auch wenn ich Joey gegenüber ein schlechtes Gewissen deswegen habe … Aber du kannst es dir alles anschauen. Er meinte, er würde schon viel zu viele Grenzen überschreiten und wenigstens dein Heiligstes wollte er unberührt lassen. Yuuto und Roland mussten die Akten alle in das andere Zimmer tragen, weil Joey sich weigerte, es auch nur zu betreten.“ „Danke Mokuba. Das werde ich nachher tun … Also wo steckt Wheeler?“ Anstatt es zu sagen, wuselte Mokuba vor ihm den Gang entlang und führte ihn zu dem kleinen Arbeitszimmer, welches Seto schon fast wieder vergessen hatte. Ohne anzuklopfen – er war hier schließlich zu Hause – marschierte er rein und entdeckte Joey hinter dem Schreibtisch sitzend und auf einen Monitor schauend. Nebenbei machte er sich Notizen auf einem Block und schien so konzentriert zu sein, dass er ihn noch nicht einmal bemerkt hatte. „Also bis später“, nuschelte Mokuba und verschwand wieder in den Weiten der Villa. Seto nickte knapp, krückelte dann näher an den Schreibtisch und ließ sich auf einen der Stühle fallen. Hatte er jemals auf dieser Seite eines Schreibtischs gesessen? Bei Gozaburo damals vielleicht … Ansonsten konnte er sich an so eine Konstellation nicht erinnern. Und er hatte sich geschworen, dass es nie wieder dazu kommt und jetzt? Der Blonde brachte alles durcheinander. „Wir warten noch eben, bis Yuuto und Roland da sind und dann starten wir“, murmelte Joey und kniff die Augen leicht zusammen, dann notierte er sich wieder etwas auf dem Notizblock. Kaiba bemühte sich wirklich, Mokubas Rat zu befolgen und nicht so hart zu dem Blondschopf zu sein, aber wenn der ihn noch einmal ignorieren sollte, würde er sich zu Wort melden und zwar sehr ausfallend. Und dann auch noch gestern Abend im Aufzug … Wie war er dazu gekommen, dem Köterchen ein Küsschen zu geben? Das war so unter seiner Würde. Es war doch niemand auf dem Flur gewesen! Insgeheim kannte er den Grund natürlich, aber es kam ihm schon schwach vor, ihn nur zu denken. Dass er beruhigt war, dass er nicht allein das Krankenhaus verlassen musste. Dass da jemand war, der ihm Halt gab. Nein, das klang schon in Gedanken erbärmlich! Tief durchatmend bemerkte der Blauäugige, dass die Tür erneut geöffnet wurde und die anderen Zwei eintraten. Dann konnten sie ja endlich starten. Kaiba hörte sich in Ruhe die Zusammenfassung an und studierte nebenbei noch weitere Akten. Die Entwicklung der neuen Duel Disk war fast beendet und die Marketingvorbereitungen in vollem Gange. Außerdem verlief die Entwicklung eines neuen Brettspiels ebenfalls sehr gut. Die von Joey korrigierten Grafiken gefielen ihm sehr gut und gaben den Bildern viel mehr Persönlichkeit. Was Bilder anging, konnte man dem Blonden offenbar wenig vormachen. Es war kurz vor dem Mittagessen, als Kaiba noch etwas sehr Wichtiges einfiel. Also schaute er Joey an und fragte: „Wie steht es eigentlich um die Vorbereitungen für das Firmenjubiläum?“ „Das musst du Yuuto, Roland und Mokuba fragen. Das haben sie übernommen.“ „Aber du bist derzeit der Boss und hast die finale Entscheidung.“ Es klingt so falsch, den Köter als Boss zu bezeichnen. Das ist doch alles ein schlechter Traum! Ein Alptraum! „Ja, aber ich bin hier nur als Vertretung und eine Firmenfeier, an der geladene Gäste und auch die Presse teilnehmen, sollte von Leuten geplant werden, die mit der Firma vertraut sind. Daher habe ich sie gebeten, eine Präsentation vorzubereiten mit allen Showaspekten, Essen, Trinken, und natürlich einen Kostenplan. Das sollen sie mir morgen vorstellen. Also uns.“ Der Kleine überraschte ihn immer wieder, wie er feststellte. Andererseits – wenn Kaiba so darüber nachdachte – passte es wie die Faust auf’s Auge. So gern Wheeler auch die Klappe aufriss und sich überschätzte, so wusste er meist doch, wann es wichtig war, sich zurückzuhalten. Zumindest hatte er das Verhalten des Öfteren beobachtet, wenn es um seine Freunde ging. „Gut, dann warten wir darauf. Wo stecken Yuuto und Roland überhaupt? Sie wollten doch nur kurz Unterlagen holen.“ „Bestimmt sind sie in der Küche hängen geblieben, weil das Essen schon fertig ist“, mutmaßte Joey grinsend und klappte den Laptop zu. Offenbar wollte er auch zum Essen und Kaiba konnte eine Kleinigkeit ebenfalls vertragen, also stand er vorsichtig auf und griff sich seine Krücke. „Geht es oder brauchst du Hilfe?“ „Es geht“, erwiderte er knapp und humpelte zur Tür, die Joey ihm freundlicherweise öffnete. Eigentlich hätte er ihn lieber heruntergeputzt, wie er es immer getan hatte, aber Mokuba hatte recht, wenn er sagte, dass er ihm viel zu verdanken hatte. Und wenn Seto ehrlich zu sich war, war er mehr dafür dankbar, dass sich der Blonde um Mokuba gekümmert hatte als um die Firma. Das hätten sein Stellvertreter, Yuuto und Roland auch hinbekommen, aber dass er seinem kleinen Bruder eine Stützte gewesen war ... Dafür war Seto wirklich dankbar. Und irgendwie musste er sich dafür auch erkenntlich zeigen, allerdings hatte er noch keine Ahnung wie. Das würde sich in den nächsten Wochen hoffentlich noch ergeben. Innerlich seufzend stand er vor der Treppe und machte sich in inneres Memo für alle Fälle eine Rolltreppe oder einen Aufzug einbauen zu lassen, damit – falls Mokuba oder er noch einen Unfall haben sollten – sie wenigstens problemlos die Stockwerke wechseln konnten. Plötzlich spürte er einen Arm um seine Kniekehlen und einen auf seinem Rücken und vorsichtig wurde er hochgehoben. „Was soll das, Köter!?“ „Ich habe keine Lust, jetzt noch eine Stunde zu warten, bis ich essen kann. Bis dahin bin ich verhungert“, meckerte Joey und trug ihn langsam die Treppe herunter. Das war ja sowas von peinlich! Er – Seto Kaiba – wurde die Treppe heruntergetragen! Was war mit seiner Autorität!? Wie kam die Töle dazu, diese einfach so zu untergraben? Und dann ignorierte diese Flohschleuder auch noch seine Wut! So ging das nicht. Er musste dringend einen Hundefänger rufen, der ihn aus dieser Villa entfernte. Unten angekommen, setzte Joey ihn wieder vorsichtig ab und marschierte einfach in die Küche vor, ohne ihn weiter zu beachten, setzte sich an seinen Platz und wartete gemeinsam mit den anderen auf ihn. Seto atmete tief durch, strich sich über sein Hemd und zählte innerlich bis zehn. Umbringen würde nur noch mehr Ärger bringen. Das musste er sich unbedingt vor Augen halten. „Und? Kommt ihr gut voran?“, fragte Mokuba neugierig und Yuuto nickte. „Ja, die Nachbesprechung ist wie geplant fertig und nach dem Essen planen wir die nächste Woche vor. Aber ich denke, gegen 18 Uhr werden wir damit auch fertig sein und dann ist Feierabend“, erklärte der Anwalt lächelnd und Mokuba grinste. Offenbar freute sich sein kleiner Bruder auf den Besuch heute Abend, während er gut und gerne darauf verzichtet hätte. Wheeler in seiner Villa dulden zu müssen, war schon schlimm genug. Das Essen war relativ in Ordnung, sofern sich seine Nerven in dieser Situation beruhigen konnten und das gestaltete sich um einiges schwerer, als er gedacht hatte. Doch Mokuba lachend zu sehen, entspannte ihn beinahe augenblicklich und er lächelte den Kleinen an. Er war froh, dass es ihm nach diesem Schock wieder gut zu gehen schien. Um nichts in der Welt wollte er, dass es ihm schlecht ging. Dafür hatten sie zu viel gemeinsam geschafft und er war der wichtigste Mensch in seinem Leben. Sein Glück hatte für ihn oberste Priorität. Die Nachmittagsbesprechung verlief sehr konstruktiv und sie waren tatsächlich pünktlich um 18 Uhr fertig geworden. „Yuuto? Bleibst du bitte noch einen Moment?“ Joey und Roland erhoben sich und schauten kurz verwirrt zwischen ihnen hin und her, dann verließen das Büro und der Anwalt blieb noch sitzen. „Was gibt es?“ Kaiba wartete, bis die Tür auch wirklich geschlossen war und musterte sein Gegenüber dann. „Weißt du, warum die Zusammenarbeit mit der Marketingagentur beendet wurde?“ „Ja, ich kenne den Grund“, antwortete Yuuto schlicht und Kaiba schätzte es, dass er das Geheimnis von Joey nicht sofort ausplapperte. Es hatte halt seinen Grund, warum er mittlerweile auch sein Familienanwalt war. „Sehr gut. Dann hast du hoffentlich trotz Wheelers Widerstand eine Anzeige vorbereitet?“ „Habe ich, aber noch nicht aufgegeben. Wieso fragst du?“ „Es gibt keinen Grund an seiner Geschichte zu zweifeln. Auch auf mich hat dieser Oda schon einen seltsamen Eindruck hinterlassen, nur hat er sich das bei mir nicht getraut. Mich widern solche Menschen an und ich will, dass du diskret dafür sorgst, dass er seine gerechte Strafe bekommt.“ Yuuto nickte und tippte kurz auf seinem Smartphone herum, steckte es dann wieder weg und schaute ihn leicht fragend an. „Findest du das richtig, das hinter seinem Rücken zu machen? Er sagte ausdrücklich, dass ich mich nicht darum kümmern soll.“ „Das hat er mir auch gesagt. Er will nicht, dass das in der Öffentlichkeit zerrissen wird, was ich sehr gut verstehen kann. Außerdem macht er sich Sorgen, dass sich das auf den Ruf der Firma auswirken könnte, was sehr nett, aber dumm ist. Es ist mir egal, was das für einen Eindruck hinterlässt. So etwas gehört verdammt nochmal bestraft.“ Kaiba spürte, wie sein Blut bei dem Thema in Wallung kam, doch er konnte nichts dagegen tun. Das alles regte ihn furchtbar auf und auch wenn er es schätzte, dass Joey – wie er – alles der Firma unterordnete, gab es doch ein paar Grenzen für ihn. „In Ordnung. Ich werde mich darum kümmern. Joey lassen wir erst einmal außen vor?“ „Ja, nach Möglichkeit soll er erst eingeweiht werden, wenn es erforderlich ist.“ Yuuto nickte, schien noch etwas sagen zu wollen, überlegte es sich aber anders und stand auf. „Ich werde mir unten noch etwas zu trinken holen und mit Mokuba sprechen.“ Kaiba machte eine zustimmende Geste und der Anwalt verschwand aus dem Raum. Eigentlich hatte er noch weiterarbeiten wollen, doch sein Kopf fühlte sich etwas schwummrig an, weshalb er beschloss, eine Pause zu machen. Seto krückelte dieses Mal allein die Treppen herunter und war gerade angekommen, als es an der Tür klingelte. Eines der Hausmädchen tauchte aus einem der Räume im Erdgeschoss auf und öffnete eine der Flügeltüren. Der Kindergarten stand bereits da und begrüßte sie freundlich, als sie eingelassen wurden. Kaiba beäugte sie misstrauisch, war aber zufrieden, als sie im Eingangsbereich ihre Schuhe auszogen. Immerhin etwas Benehmen hatten sie vorzuweisen. „Hey Schatz, kann ich dir noch helfen oder kommst du so klar?“, wollte eine Stimme hinter ihm wissen und irritiert drehte sich Kaiba um. Joey kam gerade entspannt lächelnd in Anzughose und Hemd, was er schon den ganzen Tag trug, die Treppe herunter und Seto hob eine Augenbraue. Seine Freunde wussten doch, was Sache war, oder nicht? Oder dachten sie auch, dass sie ein Paar waren und sie mussten die Show hier auch abziehen? Nein, das konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Als ob der Köter den Kindergarten anlog … So in Gedanken bemerkte Seto nicht, dass Joey bereits bei ihm angekommen war und ehe er es realisierte, küsste der Blonde ihn kurz, wie er es immer tat, wenn andere Menschen da waren. Reflexartig erwiderte Seto den Kuss zum ersten Mal und konnte nicht glauben, dass er seinen Freunden nicht die Wahrheit gesagt hatte. Aber wieso überhaupt hatte er erwidert!? Was war denn nur los mit ihm? „Nein, ich komm klar. Hab du einen schönen Abend“, murmelte er irritiert und wollte sich gerade umdrehen, als Joey neben ihm gefährlich schwankte. „Ist alles in Ordnung?“ „I-ich –“ Gerade noch rechtzeitig konnte er den fallenden Körper mit seinem linken Arm auffangen. „Joey?“ Auch die anderen kamen jetzt zu ihnen rüber gelaufen, nachdem sie den Kuss aus Sicherheitsabstand heraus beobachtet hatten und leicht verstört wirkten. Kaum zu glauben, aber er konnte das zur Abwechslung verstehen. „Macht die Tür auf!“, befahl Kaiba, ließ seine Krücke fallen und hob Joey mit beiden Armen hoch. Da sein rechter Arm noch eingegipst war, war das nicht ganz einfach, aber auch nicht unmöglich. Die aufkommenden Schmerzen ignorierte er für den Moment. „Was ist passiert???“, fragte Mokuba aufgeregt – wahrscheinlich hatte er seine schneidende Stimme gehört –, als er die Treppe herunterkam, um den Kindergarten zu begrüßen. „Joey ist bewusstlos!“, rief Tea aufgeregt und öffnete eine der Doppeltüren zum kleinen Salon. Schnellen Schrittes trat Seto ein – ignorierte den Schmerz in seinem Fußgelenk und den Arm – und legte den Blonden vorsichtig auf das Sofa. „Mokuba, hol ein Glas Wasser“, forderte er und legte eine zusammengefaltete Decke unter Joeys Beine. Wahrscheinlich war es ein Schwächeanfall. Warum auch immer, denn so sportlich, wie er war, sollte sein Kreislauf sehr stabil sein. Sein kleiner Bruder rannte aufgeregt in die Küche und kam bereits nach ein paar Sekunden zurück. Er stellte das Glas auf den kleinen Beistelltisch und kniete sich vor das Sofa. Seto beobachtete interessiert, wie er sofort nach dem Handgelenk griff und den Puls überprüfte. Und auch erst jetzt nahm er wahr, dass der Kurze leicht zitterte. „Roland, rufen Sie unseren Hausarzt!“, befahl Moki und der Assistent war sofort dabei. Auch Yuuto kam jetzt, durch den Rummel angezogen, in den Raum, um zu sehen, was los war. „Mokuba, was hast du denn? Wahrscheinlich ist es nur sein Kreislauf. Die letzten Wochen waren anstrengend“, sagte Duke leise, doch sein kleiner Bruder schüttelte energisch den Kopf. „Das ist egal! Ich will, dass er untersucht wird! Seit Battle City … Seitdem Joey …“ Dem Kleinen brach die Stimme weg und er hielt weiter die Hand des blonden Chaoten. Besorgt setzte sich Seto neben ihn, darauf achtend, dass er sein verletztes Bein gerade machen konnte und zog Mokuba zu sich. „Was ist los, kleiner Bruder? Was war beim Battle City Turnier?“ „Nach dem Duell gegen Marik … Als er zusammengebrochen war … I-ich war ja als erster da und da … da habe ich es gespürt“, stammelte der Kleine zittrig, noch immer Joeys Handgelenk haltend und halb auf seinem Schoß sitzend. Die anderen um sie herum hörten dem Schwarzhaarigen still zu. Es dauerte einen Moment, bis sich Moki wieder so weit gefangen hatte, dass er fortfahren konnte: „Er … er war tot. Marik hatte mit dem Angriff des Ra im Reich der Schatten Joey so viel Lebensenergie abgezogen, dass er tot war! Die Ärzte haben mir das bestätigt. Mehrere Minuten war er tot und die Ärzte sagen, es ist ein medizinisches Wunder, dass er keine Folgeschäden davongetragen hat!“ Eine Welle des Unglaubens und des Schocks durchflutete den Salon und ließ alle schweigen. Nur das leise Schluchzen des kleinen Kaibas war zu hören. Auch Seto war geschockt. Ihm war klar gewesen, dass diese Duelle im Reich der Schatten nichts Normales waren und dass sie eine sehr große Belastung sein konnten, doch bei dem Turnier hatte niemand sterben sollen. Nicht einmal für ein paar Minuten. „Warum hast du das nicht schon vorher erzählt?“, fragte Seto leise, streichelte seinem Bruder durch die struwweligen Haare und wiegte ihn leicht hin und her. „Weil … weil … Als Joey wieder so fit war und Yugi unterstützen wollte, da … da schien es ihm ja gut zu gehen. Und ich wollte nicht, dass ihr euch alle auch so große Sorgen macht. Da habe ich allen gesagt, dass sie das für sich behalten sollen.“ „Wer … soll was … für sich behalten?“, murmelte eine Stimme und aufgeregt schoss Mokuba sofort nach oben. Seto drehte sich lediglich um. Da er einen langen Oberkörper hatte, konnte er nun Joey direkt in die hellbraunen, schwachen Augen sehen. Sie wirkten erschöpft, abgekämpft und Seto konnte den Blick nicht von ihnen abwenden. Er sah den Schmerz in ihnen, den er versuchte zu verbergen, doch in diesem Augenblick konnte er in diesen Augen lesen wie in einem offenen Buch. Es ging dem Blonden nicht gut und es belastete ihn doch mehr, als er zugeben wollte. „Joey!“, riefen die anderen und der Blonde brach den Blickkontakt ab und wandte sich zunächst an Mokuba, der leise schluchzend den Kopf auf seinen Oberkörper gelegt hatte. „Hey Kleiner, alles gut. Nur ein kleiner Schwächeanfall, weil ich die Woche zu wenig geschlafen habe … Ich werde heute Nacht ordentlich schlafen und morgen bin ich wieder topfit. Du weißt doch, dass ich nicht so schnell unterzukriegen bin.“ Mokuba nickte leicht und schien sich auch allmählich wieder zu beruhigen. „Entschuldigt Freunde, aber anscheinend war die Woche mit drei Stunden Schlaf pro Nacht wohl doch etwas anstrengender, als ich dachte. Wir treffen uns die Tage nochmal in Ruhe, ja?“ „Ja natürlich, kein Problem. Ruh du dich ordentlich aus und mach morgen einen freien Tag, ja?“ Tea lächelte ihn leicht an und drückte kurz seine Hand. Sie wartete ein Nicken ab und trat dann beiseite, als Seto dazwischenredete. „Von mir aus könnt ihr auch hier übernachten und morgen den Tag mit ihm verbringen. Dann habe ich wenigstens mal einen Tag Ruhe vor ihm.“ „Echt? Ist das wirklich in Ordnung?“, hakte Tristan nach und Kaiba nickte. „Ja, solange ihr euch leise und gesittet verhaltet. Sonst lasse ich euch sofort rausschmeißen und Hausverbot erteilen“, drohte Kaiba, doch der Kindergarten sah ihn nur glücklich an und grinste. „Danke“, nuschelte Joey und lächelte ihn sanft an, was Seto dazu veranlasste, dieses Mal den Blickkontakt als Erster abzubrechen. Nicht, dass er noch einen Rotschimmer auf den Wangen bekam, so süß, wie das Lächeln ausgesehen hatte. Das wäre viel zu peinlich. „Ich tu das für Mokuba, weil er euch mag“, brummte er genervt und stand vorsichtig wieder auf. Sein Körper verlangte nach der Aktion nach seinen Schmerzmitteln und es gab keinen Grund, ihm diese vorzuenthalten. Zur Abwechslung erwiderte Joey nichts, sondern lächelte nur. „Bis morgen dann. Frühstück gibt es um 9 Uhr“, informierte er alle und verließ mit Yuuto den Raum, als der Hausarzt hereineilte. Der Anwalt ließ ihn eintreten und verabschiedete sich dann bei ihm und sie vereinbarten, morgen alle einen freien Tag zu machen, sodass Yuuto erst Montag wieder in die Firma kommen musste. Selbstverständlich würde Seto morgen noch weiter Unterlagen durchsehen, aber dafür brauchte er den Anwalt nicht. Doch jetzt würde er seinem Körper auch erst einmal die wohlverdiente Ruhe gönnen, die er brauchte, um sich weiter zu erholen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)