Wegweiser von rokugatsu-go ================================================================================ Kapitel 1: Alles auf Anfang --------------------------- Sakura war sich nicht sicher, ob Sasuke ihr tatsächlich zugehört hatte. „Hast du verstanden, was ich gesagt habe?“, hakte sie nach, während sie unter einem Baum sitzend Rast machten. Sie hatten das Dorf, in dem Sakura Sasuke gefunden hatte, nach ein paar Stunden verlassen. Er hatte sich dort etwas Proviant besorgen wollen, um sich danach auf den Weg in die Berge zu machen. Dass Sakura plötzlich aufgetaucht war, hatte ihn ein wenig aus der Fassung gebracht, doch direkt wieder wegschicken wollte er sie auch nicht und wie sie ihm ebenso schnell klar gemacht hatte: Sie ließ sich auch nicht so einfach wieder wegschicken. „Ich werde dich ein Stück begleiten“, hatte sie ihm resolut erklärt und Sasuke hatte gleich gemerkt, dass er aus der Nummer nur herauskam, wenn er erst einmal einfach darauf eingehen würde. Ein Stück weit wäre wohl mehr als fair. „Weißt du eigentlich, dass du sie durch deine Abwesenheit verletzt? Besonders Sakura leidet darunter, auch wenn sie es nicht zugibt.“ Sais Worte von damals waren ihm sofort in den Sinn gekommen, dicht gefolgt, von dem, was Naruto ihm gesagt hatte: „Du musst Sakura sagen, warum du nicht hier bleiben kannst. Sie vermisst dich schrecklich.“ Nein, einfach wegschicken konnte er sich wirklich nicht. Nicht nach allem, was sie seinetwegen schon hatte durchmachen müssen. „Ich habe verstanden, du hättest gerade gesagt, dass Naruto Vater werden würde“, reagierte Sasuke endlich auf Sakuras Frage und schüttelte den Kopf. „Aber das kann doch unmöglich-“ „Doch“, erwiderte sie amüsiert. „Genau das habe ich gesagt.“ Sasuke starrte sie entgeistert an. „Naruto?“ Sakura nickte. „Naruto Uzumaki?“ „Du kannst mir das ruhig glauben.“ „Kleiner als ich, blond, dämliches Grinsen?“ „Wie viele Naruto Uzumakis kennst du denn sonst noch?“ Einmal kräftig ausatmend lehnte sich Sasuke wieder gegen den Baum. „Darüber komme ich nicht so schnell hinweg.“ Angesichts seiner Reaktion musste Sakura herzlich lachen und in diesem Moment fragte Sasuke sich, wann er sie das letzte Mal so hatte lachen sehen. Es musste schon sehr, sehr lange her sein. Ob das je aufhören würde? Diese Probleme, die Lücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu schließen? Ihm fehlten so viele Jahre mit seinen Kameraden, seinen Freunden. Manchmal kam er sich wie ein Beobachter vor, wie ein Außenstehender, der auf diese Gruppe von sich untereinander vertrauten Leuten blickte und sich fragte, ob es dort einen Platz für ihn gab. „Freust du dich nicht für Naruto und Hinata?“ Die Kunoichi wischte sich die Tränen weg, die sie gelacht hatte. „Hm?“ Er schreckte aus seinen dunklen Gedanken hoch. „Doch. Natürlich.“ Nüchtern betrachtet, war dies gar nicht so natürlich. Bis vor einigen Jahren hatte Sasuke Naruto noch töten wollen und wenn er dies geschafft hätte, dann würde Naruto heute nicht …. Nein, unterbrach er sich selbst, er musste endlich damit aufhören, so zu denken. Auch wenn seine Gedanken nichts als die Wahrheit widerspiegelten. „Du bist trotzdem aus Konoha weg?“, fragte er Sakura stattdessen. „Ich habe ihn gefragt, ob er ohne mich klar käme und er meinte ja. Ich glaube aber, dass ich ihn in einen Zwiespalt gebracht habe. Wahrscheinlich wollte er, dass ich bleibe, aber er wusste, wie sehr ich gehen wollte“, antwortete sie und wurde umgehend ein wenig wehmütig. „Jetzt verpasst du bestimmt, wie Naruto langsam durchdreht.“ „Hah, langsam? Du kennst doch Naruto. Der macht nie etwas langsam. Ich denke, eine Weile werden die bestimmt auch mal ohne mich zurecht kommen. Ich hoffe es zumindest.“ Sie blickte etwas traurig drein und Sasuke fragte sich, ob er sich für die Idee, die ihm gerade kam, schämen sollte. Wenn er Sakura nach einer gewissen Zeit wieder heimschicken wollte, dann müsste er ihr vielleicht nur genügend Heimweh einreden. Natürlich würde sie das erst einmal traurig machen, aber es wäre eine sichere Strategie, um sie wieder nach Konoha zu lotsen. „Da fällt mir ein“, ergänzte Sakura. „Ich soll dir noch etwas von Kakashi ausrichten.“ „So?“, fragte der Uchiha überrascht. „Mm-hm“, machte sie und klang wieder fröhlicher. „Er sagte, er würde dir den Kopf abreißen, wenn du mich schlecht behandeln solltest.“ Obwohl sie nur einen Witz hatte machen wollen, wunderte sich die Kunoichi, ob Sasuke sich das zu sehr zu Herzen nahm, so blass wie er plötzlich wurde. Sie konnte nicht ahnen, dass er sich fragte, ob sie seine Gedanken lesen konnte.   „Wieso in aller Welt müssen wir schon wieder ins Gebirge?“ Entsetzt starrte Sakura auf die Berglandschaft, die vor ihnen lag. Vor gerade einmal ein paar Wochen, nachdem sie Sasuke gefunden hatte, waren sie schon einmal durch ein Gebirge gekraxelt. Sie waren gerade erst von dort wieder hinabgestiegen, ein paar Meilen gelaufen und hatten in einem kleinen Dorf ihre Vorräte aufgefüllt. Der erste Berg war noch machbar gewesen. Es war dort oben zwar teilweise auch schon bitterkalt gewesen, aber es war noch nicht Winter gewesen. Mittlerweile herrschten auch am Fuße des Berges eisige Temperaturen und alles war von einer dicken Schneedecke bedeckt. Im Dorf hatte man sie noch gewarnt, dass es auf dem Berg oft zu schweren Schneestürmen kam und die Lawinen auch nicht ohne waren. „Ich habe es dir doch erklärt.“ Sasukes Antwort war – wie fast immer – kurz und knapp. In letzter Zeit klang er außerdem auch noch meist alles andere als gut gelaunt – beziehungsweise, als das, was man bei ihm unter guter Laune verstehen konnte. „Ja, schon verstanden. Irgendein Mönch hat dir gesagt, es gäbe irgendwo auf irgendeinem Berg der Umgebung angeblich einen Schrein, der einer Kaguya gewidmet wäre. Aber wieso musst du den ausgerechnet im tiefsten Winter suchen? Das ist Wahnsinn, Sasuke. Du bist auch nicht unverwundbar.“ „Ich muss aber jedem Hinweis nachgehen. Das habe ich dir erklärt. Und momentan ist dies der einzige Hinweis, den ich habe.“ „Dann lass uns woanders nach einem anderen Hinweis suchen.“ Die Stimmung der jungen Frau tat es der Außentemperatur gleich und sank immer weiter. „Das ist nicht so einfach!“, murrte der Uchiha. „Ich habe ewig nach dieser einen Spur gesucht. Das ist alles, was wir haben.“ „Und was versprichst du dir davon? Glaubst du, da wird geschrieben stehen, was Kaguya eigentlich vorhatte und vor wem sie sich gefürchtet hat? Vielleicht gibt es diesen Schrein gar nicht mehr oder vielleicht ist er einer anderen Kaguya gewidmet.“ „Um das herauszufinden, muss ich ihn erst einmal finden! Wenn dir das zu beschwerlich ist, dann geh nach Hause zurück!“ Nein, natürlich hatte er sie nicht derart anfahren wollen. Allerdings war sie hartnäckiger als er angenommen hatte. Dass sie hartnäckig war, war ihm schon vorher bekannt gewesen, aber dass sie so unnachgiebig war, machte seinen Plan zunichte. Eigentlich wollte er durch das Wählen besonders anstrengender Routen sie nach einiger Zeit zum Umkehren zwingen. Doch Sakura hielt mit ihm mit, egal, was er machte. Er musste tatsächlich auf diesen Berg, um der Spur nachzugehen, aber spätestens jetzt wollte er Sakura nicht mehr dabei haben. Es konnte dort oben wirklich gefährlich werden und er wollte gar nicht daran denken, was wäre, wenn ihr etwas zustoßen würde. „Ich begleite dich“, sagte Sakura in einem deutlich ruhigeren Tonfall und zumindest äußerlich unbeeindruckt von seinem Wutausbruch. „Wenn du so irre bist, jetzt da hoch zu wollen, kann ich dich unmöglich alleine gehen lassen.“ Sasuke grummelte entnervt. „Das ist zu gefährlich.“ „Sag ich doch.“ „Deswegen gehe ich allein.“ „Nein, tust du nicht. Ich begleite dich.“ „Nein, du bleibst hier.“ „Wenn du nicht zurückkommst, weiß ich nicht, ob es ist, weil dir etwas zugestoßen ist oder weil du abgehauen bist.“ Ihre trockene und offen vorwurfsvolle Aussage ließ Sasuke heftigst stutzen. „Wie kommst du denn darauf, dass ich-“ „Also bitte.“ Die Kunoichi kreuzte ihre Arme vor der Brust. „Glaubst du, ich merke nicht, dass du die ganze Zeit schon versuchst, mich zur Rückkehr nach Konoha zu bewegen? Diese umständlichen Routen, diese ständige Fragerei, ob ich mir keine Sorgen um Narutos und Hinatas Baby mache. Du hältst mich für so blöd, dass ich nicht merke, was du vorhast?“ Einen Moment lang sagte Sasuke nichts. Er hatte seine ungewollte Begleiterin wieder einmal unterschätzt. Ihr Recht geben wollte er deswegen jedoch noch lange nicht. „Du scheinst paranoid zu werden.“ Sakuras Miene nahm deutlich zornigere Züge an. Was fiel dem Kerl eigentlich ein? „Kein Wunder“, gab sie patzig zurück, „wenn man es mit dir zu tun hat, kann man nicht anders als langsam verrückt zu werden.“ Auf ihre Retourkutsche hin musste der Uchiha erst einmal kräftig schlucken. Früher wäre es undenkbar gewesen, dass sie ihm so etwas an den Kopf geworfen hätte. Das Bild von ihr, das er von früher hatte, passte immer und immer weniger mit der gegenwärtigen Realität zusammen. Sein erneutes Schweigen beunruhigte Sakura nun doch ein wenig. War sie zu weit gegangen? Aber er hatte dies provoziert und sie verstand einfach nicht, wieso er sie von sich stoßen wollte. Sie hatten sich in den letzten Wochen erstaunlich gut vertragen. Auch wenn sie die meiste Zeit schweigend nebeneinander hergelaufen waren, hatte Sakura dennoch das Gefühl gehabt, ihm noch nie zuvor so nahe gewesen zu sein. Es waren nur sie beide. Kein Team um sie herum, keine Mission, die erfüllt werden musste. Sie hatten alle Zeit der Welt und Sakura wollte diese nutzen, um herauszufinden, was er ihr nun bedeutete. Alles, was sie wusste, war was er ihr einmal bedeutet hatte. Dass sie nicht das Bedürfnis verspürte, ihn wie ihr zwölfjähriges Ich ohne Unterlass anzuhimmeln und vollzuquasseln, war ein erfrischendes, erhebendes Gefühl. Jetzt hatte sie die Möglichkeit, ihn tatsächlich kennen zu lernen und sie würde nicht den Fehler machen, ihn zu bedrängen. „Ich zwinge dich nicht bei mir zu bleiben“, unterbrach Sasuke endlich die Stille. „Im Gegenteil. Ich will, dass du nach Hause zurück gehst. Du nervst mich, Sakura.“ Angesichts der ihr so schmerzlich bekannten Phrase zuckte die junge Frau erschrocken zusammen. Im gleichen Augenblick wandte Sasuke ruckartig seinen Blick von ihr ab, drehte sich um und machte sich ohne ein weiteres Wort auf den Weg zum Berg, der sich vor ihnen so bedrohlich erhob. Glaubte dieser Kerl wirklich, er könnte sie damit abfertigen? Glaubte er wirklich, sie wäre immer noch das kleine Mädchen von damals, das sich so sehr seine Aufmerksamkeit gewünscht hatte, dass es durch diese Worte hatte vernichtet werden können? Sakura ballte ihre frierenden Hände zu Fäusten und stapfte ihm durch den Schnee hinterher. Immerhin half ihre kochende Wut etwas gegen die Kälte. Schnell bemerkte Sasuke, dass er keinen Erfolg mit seinem letzten Schachzug gehabt hatte. Ihre Sturheit trieb ihn zwar fast auf die Palme, aber so weit, sie tatsächlich zu verletzen, hatte er eigentlich auch nicht gehen wollen und er schämte sich für seine Worte. Dass er trotzdem zu diesem Mittel gegriffen hatte, lag zum einen daran, dass er sich manchmal wirklich schlecht unter Kontrolle hatte und zum anderen daran, dass er nicht wusste, was er ihr sonst sagen sollte. Ehrliche und offene Gespräche waren nicht seine Stärke. Naruto hatte ihn damals beinahe umbringen müssen, ehe er endlich über seine Gefühle hatte sprechen können. Das einzig andere, was ihm eingefallen war, außer Sakura zu sagen, sie nervte ihn, war sie mit einem Genjutsu außer Gefecht zu setzen. Doch in dieser Kälte, mitten in der Wildnis, konnte er sie auch nicht einfach zurücklassen. Nun folgte sie ihm also. „Hhhhnnnn“, stöhnte Sasuke in die eiskalte Luft hinein.   Seit knapp zwei Tagen hatte sie kein Wort mehr als nötig mit ihm geredet. Alle paar Meter warf Sasuke einen Blick zurück auf Sakura, die hinter ihm ging und offensichtlich mehr und mehr mit den beschwerlichen Bedingungen zu kämpfen hatte. Er konnte ihre Zähne klappern hören und manchmal, wenn ihre Lippen ein zu deutliches Blau annahmen, stoppte er, um die Luft mit einem Feuerjutsu zu erwärmen. Es gab hier oben keine Vegetation, mit der er ein Feuer hätte machen können und so war dies alles, was ihnen an Wärme blieb. Er war wütend auf sich selbst, dass er nicht mehr unternommen hatte, um sie vom Mitkommen abzubringen. Wenn ihr hier oben etwas passierte, würde er sich dies nie verzeihen können und all seine Bemühungen, seine bisherige Schuld zu sühnen, wären praktisch umsonst gewesen. Denn Sakura zu verlieren, wäre eine Sünde, die sich durch nichts in der Welt wieder gutmachen ließ. „Sakura!“, schrie er in ihre Richtung durch den unerbittlichen wehenden Wind. „Pass auf, hier auf dem Bergkamm rutscht man leicht ab!“ Er musste ein paar Mal blinzeln, um ihr schwaches Nicken zu sehen. Hatten die Anstrengungen der letzten Tage auch an seinen Kräften gezerrt? Ständig sah er verschwommen. Weil ihre Bewegungen immer schwerfälliger wurden, warf Sasuke immer mehr Blicke zu ihr zurück. Und so sah er, was er unter keinen Umständen hatte sehen wollen: Sakura machte einen falschen Schritt, rutschte von dem schmalen Weg in Richtung der Rückseite des Berges ab und wie sie entsetzt die Augen aufriss, als sie ihren Fehltritt bemerkte, fiel sie bereits in die Tiefe. „Sakura!! Sakura!!“ Dem jungen Mann blieb beinahe das Herz stehen. In Windeseile aktivierte er sein Mangekyou und ließ sein Susanoo entstehen, dass sich mit ihm zusammen der Kameradin entgegen stürzte und sie auffing. Er konnte gerade einmal erleichtert ausatmen, als ein Schmerz durch seinen Körper fuhr und sein Susanoo sich wieder ins Nichts auflöste. Es war Glück im Unglück, dass sie nun aus nicht mehr allzu hoher Höhe auf frisch gefallenen Schnee stürzten. Die Kunoichi sprang als Erste wieder auf und eilte, so schnell ihr erschöpfter Körper sie tragen konnte, zu ihrem Gefährten, der wenige Meter neben ihr gelandet war. „Was ist mit dir??“, rief sie ihm besorgt entgegen. „Hast du dir was getan?“ Noch bevor sie ihm aufhelfen konnte, richtete Sasuke sich wieder auf. „Nein“, antwortete er und war selbst erschrocken darüber, wie sehr er außer Atem war. „Ist nichts. Und bei dir?“ „Alles soweit in Ordnung. Ich bin abgerutscht.“ „Habe ich gemerkt.“ „Danke, dass du mich aufgefangen hast“, sagte Sakura sichtlich betreten. Fühlte sie sich nun schlecht, weil sie ihm doch zur Last geworden war? Der Uchiha schalt sich selbst für diesen Gedanken. Er wollte sie nicht als Last sehen – und noch viel weniger wollte er, dass sie sich als solchen empfand. „Wir sind wohl bis zur Mitte der Bergrückseite gefallen“, schätzte er, ihren Satz ignorierend, während er sich umsah und erneut heftig blinzeln musste. Nun waren sie soweit gekommen und hatten sich nicht einmal auf der Bergspitze nach dem Schrein umsehen können. Dort wieder hochzusteigen, konnten sie in ihrer momentanen Verfassung kaum bewerkstelligen. Doch erst einmal war Sakura nicht mehr in akuter Gefahr und Sasuke stolperte innerlich selbst darüber, wie viel wichtiger als alles andere ihm dies war. „Was … was ist das?“ Plötzlich entdeckte die Kunoichi etwas und deutete mit ihrem Finger zu einem wenige Meter entfernten Felsvorsprung, der eine merkwürdige Form hatte. Er sah nicht natürlich aus, sondern wie in den Berg gesprengt … wie von Menschenhand gemacht. Ohne weiter darüber nachzudenken, griff Sasuke sich Sakuras behandschuhte Hand und stapfte mit der überrumpelten Frau zu dem Felsvorsprung. An besagter Stelle angekommen, staunten sie nicht schlecht, denn dort befand sich eine kleine Höhle, mitsamt eines kleinen Schreins darin. „Ist das etwa …?“, begann Sakura und stellte enttäuscht fest, dass der Uchiha beim Betreten der Höhle ihre Hand losließ. Sorgfältig suchten Sasukes Augen sofort die Höhle nach weiteren Hinweisen ab. Er wusste nie, wonach er eigentlich suchte, wenn er Kaguyas Spuren verfolgte, aber irgendetwas musste hier sein. Der ganze Ärger durfte nicht umsonst gewesen sein. Außerdem wollte er nicht wieder bei Null anfangen müssen. „Sakura!“, sagte er ungeduldig. „Siehst du hier irgendetwas Auffälliges? Egal was, irgendetwas, das dir ins Auge springt?“ „Bisher nicht.“ In der Höhle befand sich nichts außer einem von Wand zu Wand gespanntem Strohseil, hinter dem ein hölzerner Altar stand, über dem sich wiederum ein bereits teilweise eingefallenes, hölzernes Dach befand. „Hier muss etwas sein! Such genauer!“ Sein zunehmend aufgekratzter Tonfall beunruhigte Sakura. Er klang nicht gereizt, wie sie es sonst von ihm kannte, sondern mehr gehetzt. Und dass er immer schwerer atmete, gefiel ihr auch ganz und gar nicht. „Sasuke …“ Sie befreite eine ihrer Hände aus ihren Handschuhen und als der Uchiha sich zu ihr drehte, legte sie ihm die Hand auf die Stirn. „Du glühst ja!“, rief sie erschrocken aus. „Du hast Fieber!“ Bei der plötzlichen Berührung zuckte er zusammen, ehe seine Schultern enttäuscht in sich zusammensanken und er mit beinahe bedröppelter Miene dastand. Deswegen fühlte er sich also so schwach. Das konnte er jetzt nun wirklich nicht gebrauchen. Sachte schob er ihre Hand beiseite. „Das ist egal. Such weiter.“ Er nahm von neuem den Altar unter die Lupe, während Sakura missmutig schnaubte. Dieser Sturkopf! Aber was sollte sie machen? Er würde nicht von diesem Berg runter gehen, ehe sie nicht irgendetwas gefunden hatten. Auf einmal bemerkte sie die winzigen Trümmer, die direkt neben dem Eingang lagen. Sie kniete sich hin und hob einige der größeren Steinfragmente hoch. Auf ihnen waren Schriftzeichen zu erkennen. Wie Puzzleteile setzte Sakura die Steine wieder so gut es ging zusammen. Anscheinend waren die Fragmente mal Teil eines Torii-Eingangstors gewesen. „Was machst du da?“ Sasuke drehte sich wieder zu ihr um und kam näher. „Der Komidori-Schrein“, las Sakura von den zusammengesetzten Teilen ab. „Komidori?“, wiederholte er perplex. „Das ist eine Stadt weit entfernt im Westen.“ „Warte, ich habe noch mehr“, sagte die Kunoichi, während sie weiter puzzelte. „Das hier könnte 'Unterschrein' heißen.“ Trotz einsetzender, heftiger Kopfschmerzen dachte Sasuke intensiv nach. „Heißt das … das hier ist ein Unterschrein des Komidori-Schreins?“ „Sieht ganz danach aus.“ „Dann müssen wir als nächstes nach-“ Bevor er den Satz beenden konnte, schwankte der Uchiha nach vorne und bevor er den Boden unsanft erreichte, fing seine Begleiterin ihn auf. „Verdammt ...“, grummelte Sasuke geschlagen. „Wir müssen als erstes heil von diesem Berg runter, damit du wieder gesund wirst“, sagte Sakura in einem Befehlston, den sie immer anwandte, wenn ihre Patienten nicht das taten, was sie ihnen empfohlen hatte. Naruto, Sai und Kakashi waren im Besonderen schon des Öfteren die Adressaten dieses Tons gewesen. Sie war stets froh, dass außer ihr wenigstens Yamato noch vernünftig und somit um einiges pflegeleichter war – sonst würde ihr dieses Team noch den letzten Nerv rauben. Sakura spürte, wie sie plötzlich ihre Reservekräfte mobilisieren konnte; als würde allein der Umstand, dass Sasuke in Gefahr war, verborgene Kräfte in ihr freisetzen. „Wir stützen uns jetzt gegenseitig ab. Dann werden wir es bestimmt schaffen.“ Auf ihre resolute Erklärung hin nickte Sasuke schwach und richtete sich mit ihrer Hilfe wieder auf. Er hatte sie wirklich unterschätzt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)