On the Cusp von _Scatach_ (Teil Zwei der BtB-Serie) ================================================================================ Kapitel 4: Stupid Bird ---------------------- Was zur Hölle mach ich hier eigentlich?   Shikamaru würde es niemals glauben, wenn er es nicht bereits tun würde. Und mit diesem Gedanken im Kopf gab es nichts anderes zu tun, als weiter so vorzugehen wie geplant.    „Dämlicher Vogel.“, murrte Shikamaru mit einer Hand in die Hüften gestemmt, während sich die andere um seine derzeitige Waffe der Wahl klammerte.    Ein Netz.   Er hatte es in einer Ecke eines der Hirschgehege gefunden. Für einen flüchtigen Moment hatte er sogar eine Schleuder und einen dicken fetten Stein in Betracht gezogen, aber der Falke hatte es geschafft, ihn mit spielerischen Kreisen und Sturzflügen seiner Reizbarkeit und Verärgerung zu berauben.    Und dann wäre es beinahe zu einer weiteren Runde gekommen, bei der er von dem Vogel durch den Wald gejagt wurde.    Ich brauche ein größeres Netz.   Shikamaru senste mit dem Ende in ein paar experimentellen Kurven und Neigungen durch die Luft und beäugte das große, flatternde Gewebe, obwohl er es bereits auf Löcher überprüft hatte. Er hielt den Falken hin. Und der Vogel wusste das nur zu gut. Über ihm im Baum squawkte der Dämliche Vogel spöttisch und legte den Kopf mit jedem Schwung des Netzes in neurotischen kleinen Rucken von Seite zu Seite.    Shikamaru stierte finster zu ihm hinauf. „Ugh. Du gehst mir so auf die Nerven.“   Unbeeindruckt begann der Falke, sein Gefieder zu putzen und breitete die Flügel aus, als hätte er gerade das wunderbarste Kompliment überhaupt erhalten. Shikamaru hatte ihm bereits mehr Beleidigungen entgegen geschleudert, als er wiederholen konnte. Doch wenn man bedachte, dass er ihr gemeinsames Spiel ‚Wegrennen-und-dabei-bombardiert-werden‘ immer verlor, war der Vogel einfach der König und er nichts weiter als ein Idiot mit einem Netz.    „Scheiß drauf.“, grollte Shikamaru und bewegte sich vorwärts, während er das Netz wie eine Klinge hielt.   Er hätte sein Jutsu eingesetzt, wenn er nicht befürchtet hätte, dass es den Vogel ernsthaft in Angst und Panik versetzen würde. Sein Zögern war mehr als unpraktisch, wenn man die Tatsache bedachte, dass er ja eigentlich wollte, dass der Vogel verschwand. Ihm so Angst zu machen, dass er ohne Wiederkehr davon flog, wäre also die beste Lösung. Zu dumm nur, dass sich jedes Mal, wenn er sich die beste Idee zurecht gelegt hatte, wie er den Falken erschrecken könnte, ein seltsames Gefühl in seiner Magengegend breit machte, das seine Stimmung versäuerte und ihn immer wieder dazu brachte, die Strategie aufzugeben.    Und er hatte niemals über die tiefere Ursache dafür nachgedacht.   Er wollte die Möglichkeit nicht in Betracht ziehen, dass ein Teil von ihm an dem verrückten Vogel und seinen nervigen Spielchen hing und ihn hier behalten wollte.   Handhabe das einfach wie eine Chūnin Mission.   Das sollte nicht allzu schwer sein. Team 10 hatte während der Genintage unendlich viel Zeit damit verbracht, in D-Rang Dramen Katzen ausfindig zu machen und Tiere zu retten. Und anders als Ino und Chōji hatte Shikamaru nie Mitleit gehabt, wenn es um Katzen ging, die idiotisch genug waren, um in Bäumen festzustecken, oder um Hunde, die dumm genug waren, an Orten festzuklemmen, die so unbequem und unmöglich zu erreichen waren, dass selbst die simpelsten physikalischen Gesetz ‚Du willst mich wohl verarschen‘ zu schrien schienen.    Peinlicherweise überfiel ihn genau dieser Gedanke, als er damit begann, den mit Dornenranken umwickelten nervigen Baum hochzuklettern, auf dem der Vogel saß. Die Äste waren dicht verzweigt und krümmten sich auf eine Weise, die darauf schließen ließ, dass die Natur irgendwann während der Entstehung des Baumes mehr als verwirrt gewesen sein musste.    Jo…so wie ich…   Shikamaru neigte den Kopf fort von der kratzigen Rinde.    Ich sollte doch eigentlich clever sein…   Er schnaubte und brachte einen beeindruckenden Schlangenmensch-Trick zustande, der seine Rippen verkrampfen ließ, während er versuchte, das Netz durch die Äste zu fädeln und seine Füße prekär auf einem dünnen Zweig abstellte.    Wirklich clever…   Der Falke ließ ein leises ‚Kee‘ hören, das sich in Shikamarus Verstand sehr nach Belustigung anhörte.    „Schön, du hältst jetzt lieber mal still.“, befahl er grummelnd und fand einen festen Halt in einem Astloch. „Ich werde dir sicher nicht hinterher jagen wie der letzte Idiot.“   Vorher fall ich wahrscheinlich runter und brech mir meinen verfickten Hals.   Der Falke beobachtete ihn mit einer Ruhe, die ihn zur Weißglut trieb; beinahe neugierig – vielleicht sogar herablassend. Shikamaru funkelte das Tier zornig an, schwang das Netz herum und verfehlte so eindrucksvoll, dass der Falke ein hämisches Pfeifen ausstieß, während er spöttisch den Ast entlang hoppelte.    Shikamaru warf ihm einen verärgerten Blick zu. „Verdammt.“   Herausfordernd legte der Vogel den Kopf schief und zwinkerte ihn an.    Shikamaru verlagerte die Hüfte und drehte sich sehr sehr langsam. Mit derselben Vorsicht hob er das Netz an und achtete darauf, dass auch noch die kleinste Bewegung kalkuliert und ruhig war, während er den Chakrafluss beständig in die Ballen seiner Füße fließen ließ.    Langsam.   Vollkommen gelangweilt von dem Schneckentempo des Schattenninjas und den vorsätzlichen Bewegungen, die sowieso zum Scheitern verurteilt schienen, verlor der Falke das Interesse und widmete sich wieder seinen Federn, ohne Shikamaru auch nur die geringste Beachtung zu schenken, als der begann, seinen Fang zu berechnen.    Okay, los geht’s.   Shikamaru stemmte sich etwas hoch, justierte noch einmal seinen Griff an dem Netz und schätzte den Winkel ein.    Das kann nicht schiefgehen.   Er atmete langsam ein, bereitete sich auf seinen Angriff vor – und erstarrte, als ein ersticktes Geräusch von unten ertönte.   Zur Hölle…?   Shikamaru reckte den Hals nach hinten, spähte auf den Boden und wäre erbleicht, wenn er stattdessen nicht vor Demütigung rot angelaufen wäre.    Fuck.   Kiba stand unter dem Baum und hatte einen Arm als Stütze um Chōjis Schultern geschlungen. Eine Hand hielt er hart gegen seinen Mund gepresst und seine Wangen wurden in einem verzweifelten, hyperventilierenden Anfall nach innen gesogen und wieder aufgebläht, als er versuchte, irgendwie sein Lachen in sich zu halten. Chōji machte einen deutlich besseren Job darin, seine Belustigung im Zaum zu halten, auch wenn er so breit grinste, dass sich seine Augen zu zwei winzigen Halbmonden zusammengezogen hatten.    Shikamaru stierte sie vernichtend an; nicht in der Lage, in seiner derzeitigen Position viel mehr zu tun.    Und dieser Bastard von Hundeninja wusste das auch ganz genau.    Kibas Gesicht hatte inzwischen die Schattierung seiner Tattoos angenommen und sein Körper schüttelte sich mit dem Beginn der heulenden Art von Lachen, das den Vogel ganz sicher auffliegen lassen würde. Und dann tat Kiba etwas, das Shikamaru wünschen ließ, der Inuzuka hätte nach einem Shuriken gegriffen, statt nach dem entsetzlichen Gegenstand, den er mitgebracht hatte.    Kiba ließ eine Hand in seiner Jacke verschwinden und zog eine vertraut und klobig aussehende Kamera heraus.    Shikamarus Augen weiteten sich.    Oh fickt euch. Das darf doch nicht wahr sein.   Er schoss ein mörderisches und warnendes Funkeln auf den Hundeninja und seine tiefbraunen Augen verdunkelten sich zornig, während er den Kopf schüttelte.    „NEIN…“, formten seine Lippen geräuschlos.   Kiba richtete sich etwas aus und nickte nachdrücklich; sein gesamtes Gesicht legte sich aufgrund der Anstrengung in Falten, sein hysterisches Lachen irgendwie in sich zu halten. Fast schon spastisch zuckte er auf der Stelle, während er sich bemühte, die Kamera zum Laufen zu bringen.    Shikamaru überlegte ernsthaft, die Stange auf dem Kopf dieses Dreckskerls zu zerbrechen.    Warnend hob er das Netz und sein Mund formte lautlos: „Ich mein‘ es ernst…“   Der Vogel hörte auf, sich zu putzen.    Alle drei erstarrten.    Shikamarus Griff um das Netz verstärkte sich, während er unbeholfen in den Ästen hing und noch immer die Arme gehoben hatte. Den Augenblick ausnutzend neigte Kiba seine Handgelenke, um die Kamera Stück für Stück nach oben zu richten; seine angespannte Miene ähnelte inzwischen einem Kugelfisch, der kurz davor war zu platzen.    Shikamarus Auge zuckte.    Gleich platzt mir `ne Ader…   Der Falke plusterte die Federn auf und neigte seinen Kopf zu Kiba und Chōji hinunter, bevor er etwas weiter den Ast entlang hüpfte und wieder mit der Pflege seines Gefieders anfing.   In dem beständigen Kampf mit seinem Stolz und dem Grund dafür, ihn zu opfern, ließ Shikamaru seinen finsteren Blick zu dem Vogel wandern. Er musste ihn einfangen. So nah wie jetzt war er noch nie mit einem Gegenstand an ihn heran gekommen, der dazu gedacht war, ihn zu fangen. Der Vogel war übermütig geworden. Und jetzt war die beste Gelegenheit, seinen Mangel an Wachsamkeit auszunutzen.    Und sich dazu auch noch einen Schnappschuss einzufangen.   Sein Blick zuckte hinunter zu Kiba. Der Hundeninja bebte noch immer auf der Stelle und versuchte, die Kamera ruhig zu halten.    Gott, wie peinlich…   „Kein Druck, Nara.“, zischte Kiba und trommelte mit den Fingerspitzen auf die Kamera. „Aber ich werde den Augenblick einrahmen.“   „Halt’s Maul.“, knurrte Shikamaru leise und richtete sein zorniges Funkeln auf Chōji. „Ich hasse dich.“   Chōji grinste und gab ihm ein ‚Daumen hoch‘.   Shikamaru presste einen Fluch zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und mit akribischer Anstrengung begann er, seinen Körper ein wenig weiter zu drehen, während er Chakra in seinen Füßen konzentrierte und sich durchdrückte; sein langer Oberkörper streckte sich, um seine Reichweite so weit wie möglich auszudehnen.    Er könnte Kiba giggeln hören.   Ugh.   Naja, zumindest würde er direkt auf dem Idioten landen, sollte er wirklich runter fallen. Was für ein Glück, dass Naruto nicht auch noch dabei war; das hätte er niemals ertragen. Während er begann, sich langsam zum äußersten Ende des Astes zu schieben, bog er langsam seinen Arm und bereitete sich darauf vor, das Netz in einer Kurve zu schwingen, die dem Falken die wenigsten Fluchtwege lassen würde, indem er ihn gegen den Baum einkesselte.    Und dann ging der Kamerablitz los. „Scheiße!“   Der Vogel ließ ein schrilles Kreischen hören und schoss himmelwärts; das Netz strich noch gegen die Klauen, als Shikamaru einen letzten Versuch unternahm, ihn zu fangen. Doch stattdessen verfing sich das Gewebe in einem Gewirr von Ästen und zwang Shikamaru dazu, sich scharf zu drehen, um zu verhindern, dass er in den Baumstamm krachte. Und diese neue Position ließ ihn halb an der Netzstange hängend zurück, während er am Rand eines dünnen Astes schwankte; mit Chakra und dem Netz als einzigen Halt.    Fuck!   Ein weiteres Blitzlicht flammte auf.    „Verdammt, Kiba, lass das!“   Ein heulendes Lachen explodierte unter ihm. „Beweg dich nicht Shikamaru! Bleib genau, wie du bist!“    „Red keinen Scheiß!“, knurrte Shikamaru und stierte vernichtend zwischen seinen Armen nach unten, während er versuchte, die Balance zu halten, obwohl sich mehrere Äste wie knöcherne spottende Finger in ihn stachen, wann immer er nach einer besseren Position suchte.    „Ah was für ein Bild, Nara!“ Kiba ging an der Wurzel des Baumes in die Hocke, richtete die Kamera nach oben und seine Fangzähne zeigten sich in einem wilden Grinsen. „Oooh Mann, du bist echt gefickt!“, lachte er und schnappte hysterisch nach Luft. „Wenn du dich auch nur einen Zentimeter bewegst, dann musst du sowas von dran glauben!“   Shikamaru verdrehte den Kopf und spähte über die Neigung seines Schulterblattes zu den hervorstehenden Ästen und scharfen Zweigen, die alle dazu bereit schienen, ihn in all die peinlichsten und privaten Regionen zu stechen.    Warum zur Hölle muss diese Scheiße eigentlich mir passieren…?   Oder eher, wie zur Hölle konnte diese Scheiße eigentlich passieren? Auf einmal schien es gar nicht mehr so simpel zu sein, sich über dämliche Katzen lustig zu machen; jetzt, da er sich in derselben blamablen Situation befand.    Ein weiteres Blitzlicht ließ seinen Kopf heftig nach hinten rucken und weiße Punkte tanzten in seinem Sichtfeld. „Würdest du endlich mit dieser gott verfickten Kamera aufhören!“   Kiba wippte auf den Füßen vor und zurück; mit einer Hand winkte er mit dem klobigen Gegenstand, während er die andere mit einem süffisanten Grinsen an sein Ohr hielt. „Wie heißt das Zauberwort?“   Chōji kicherte und ignorierte Shikamarus mörderisches Funkeln. Der Akimichi umrundete den Baum und formte das Zeichen für sein Expansionsjutsu. Shikamaru nutzte die Gelegenheit, um eine Hand aus dem Griff zu lösen und Kiba seinen Mittelfinger entgegen zu strecken.    Kiba macht ein Foto davon. „Es ist so cool, wenn du brillanten dämlichen Scheiß machst, Shikamaru. Das passiert einfach nie.“ Veranschaulichend wedelte er mit der Kamera. „Aber jetzt habe ich den Beweis, dass sogar ein Genie ein Hohlkopf sein kann.“   „Shikamaru!“ Chōjis vielfach vergrößerte Hand hob sich wie ein rettender Riese und bot eine Erlösung aus der Hölle der Demütigung an. „Du kannst loslassen, ich fang dich auf.“   Shikamaru warf seinem Kumpel einen flachen Blick zu. „Oh, also jetzt willst du mir helfen?“   Chōji kicherte. „Ich muss Kiba diesmal leider zustimmen, Shikamaru. Du machst nie dummes Zeug, also ist das gerade irgendwie surreal und auch ziemlich hammermäßig.“   „Wie die Schmerzmittel, auf die ich dank euch sein werde.“   „Nah, lass einfach das Netz los und ich fang dich auf.“   „Auf keinen Fall.“   Kiba sprang zurück und suchte nach einem Winkel, aus dem die Situation für Shikamaru noch peinlicher aussehen würde. „Ich glaube ja, dass Shikamaru auf eine Art Äste-Bondage steht!“, rief er und seine Augen schimmerten vor überflutender Belustigung.    Shikamaru stierte ihn finster an. „Idiot.“   „Baumumarmer.“   „Halt’s Maul.“   „Komm schon, Shikamaru. Du weißt, dass ich dich nicht fallen lasse.“   „Ist es falsch, dass ich eigentlich überhaupt nichts dagegen hätte?“, knurrte Shikamaru und fragte sich ernsthaft, ob ein gebrochener Nacken weniger schmerzen würde, als mit der Kamera eingefangen worden zu sein.   „Beeil dich schon, ich warte!“, plärrte Kiba nach oben und hielt besagte Kamera bereit.    Shikamarus Miene wurde noch düsterer, während er seine Optionen gegeneinander abwog und halb in der Luft baumelte. Vielleicht könnte er das, was er gemacht hatte ja auch rückwärts tun?   Pff..ja klar…   Mit den Zehen tastete er sich die dünne Rinde entlang, doch gleich darauf seufzte der Schattenninja und ergab sich in das Unvermeidliche. Er justierte seinen Griff und spähte nach unten auf die ausgestreckte Handfläche, die unter ihm schwebte.    Und dann stürzte der Falke mit einem schrillen Kreischen herab.   „Scheiße!“ Shikamaru ließ aus reinem Instinkt das Netz los.    Chōji fing ihn auf und schloss seine Finger schützend um seinen Teamkameraden.    Doch der Vogel hatte es gar nicht auf Shikamaru abgesehen; er beschrieb eine Helixdrehung direkt an ihm vorbei auf Kiba zu.    „Was zum…?!“ Der Hundeninja sprang auf die Füße und zog schutzsuchend den Kopf ein. Die Klauen des Falken gruben sich durch das zerzauste Chaos seiner Haare. „Hey! Shikamaru! Pfeif deinen verrückten Vogel zurück!“   Shikamaru linste grinsend durch Chōjis Finger. „Wie heißt das Zauberwort?“, rief er ihm nur zu.    „Nicht witzig!“ Kiba fuchtelte mit der Kamera herum, um den Falken abzuwehren und ein weiteres Blitzlicht ging in dem Prozess los – direkt in sein eigenes Gesicht. „SHIT!“   Shikamaru lachte leise. „Was für ein Trottel.“   Die wilde Lichtexplosion versetzte den Vogel in kreischende Raserei. Rasiermesserscharfe Klauen klackten aufeinander und hakten sich in die Kamera, fanden einen festen Griff an dem Plastik und entrissen sie Kibas Fingern.    „HEY!“, keifte der Hundeninja, und fuchtelte blind mit einer Hand durch die Luft. „Gib das wieder her!“   Shikamarus Augen wurden groß und seine Augenbrauen schossen vor Belustigung und Überraschung nach oben. Der Vogel hatte sich gerade ein paar ordentliche Pluspunkte bei dem Nara verdient.    Trotzdem solltest du den Mist lieber stoppen, bevor es noch außer Kontrolle gerät.   Shikamaru klopfte mit den Knöcheln gegen Chōjis Handfläche, was den Akimichi dazu veranlasste, ihn abzusetzen und die Finger zu öffnen. Der Schattenninja schlenderte gelassen von der Hand seines Freundes, als wäre es der Normalste der Welt, auf diese Weise durch die Gegend getragen zu werden, während er sich Flocken aus Rinde von der Kleidung wischte.    „Kiba, hör schon auf, ihn anzugreifen, dann lässt er dich auch in Ruhe.“   „Argh! Ich kann keinen verfickten Scheiß sehen!“, grollte Kiba und hüpfte über die Lichtung, während er versuchte, die gestohlene Kamera wieder zu fassen zu bekommen. „Bin ich überhaupt in der Nähe? Ich seh nur Punkte!“   Chōji begann mit wenig hilfreichen Kommentaren und dirigierte Kiba mit lauten Hinweisen aus „heiß, kalt, warm, wärmer, ‚uh, ganz knapp‘“ durch die Gegend. Derweil kreischte und flatterte der Vogel ununterbrochen im Kreis um Kibas Kopf, während die Kamera in hämischer Nähe von seinen Klauen baumelte; immer nur wenige Millimeter außerhalb der Reichweite des Inuzuka.    „Hurensohn!“, grollte Kiba und drehte sich in engen Kreisen um die eigene Achse. „Shikamaru! Komm schon! Pfeif ihn zurück!“   „Tz. Selbst wenn ich das könnte, würde ich das nicht machen.“   Chōji lachte und klopfte Shikamaru auf die Schulter. „Alles vergeben oder? Also wie sieht’s aus, bist du jetzt nicht froh, dass ich ihn mitgebracht habe?“   Shikamaru schürzte die Lippen und rieb sich mit einer Hand über den Mund, als er versuchte, sein Schmunzeln fortzuwischen. „Ich hasse dich immer noch.“   „Und ich liebe diesen Vogel immer noch.“, lachte Chōji und brachte Shikamaru dazu, zumindest den Hauch eines Kicherns hören zu lassen.    Ein lautes Bellen zog ihre Aufmerksamkeit fort von Kiba und auf die Ankunft eines großen weißen Hundes, der bereit war, sich mit in das Chaos zu stürzen. Ohne sich überhaupt über die Ursache des Problems bewusst zu sein, kam Akamaru mit einem wilden Kläffen zwischen den Bäumen angesprungen, das den Vogel mit der Kamera in den Krallen in die Baumkronen hinauf scheuchte.    „NEEIIIIN!“, heulte Kiba dem Himmel entgegen, eine Hand ausgestreckt und die Knie gebeugt; es war wie eine Szene aus einer amateurhaft-dramatischen Tragödie.   Und das Beste daran war, dass es eben gar kein Schauspiel war.   Shikamaru lachte auf und das leise, raue Geräusch wurde von einem Lächeln verfolgt, das sich scharf und definiert über sein Gesicht legte. „Jo, alles ist vergeben.“, schmunzelte er und brach gleich darauf in weiteres Gelächter aus.    Chōji sah ihn schief und fast schon fassungslos an; seine Augen waren weit und sein Mund hing in einem überraschten Lächeln offen. Als hätte er diese Reaktion von seinem Freund nicht erwartet.   Scheiße…ist es wirklich so lange her, seit ich das letzte Mal vor jemandem gelacht habe?   Energisch tat Shikamaru so, als hätte er Chōjis Blick nicht bemerkt und konzentrierte sich stattdessen auf Kibas verzweifelte Pose, während der Hundeninja seinen Verlust an Erpressungsmaterial beklagte.   „Nein, nein, nein…“, jammerte Kiba immer wieder und suchte das Blätterdach nach irgendeinem Zeichen oder einer Bewegung des Vogels ab.    Endlich begriff auch Akamaru, dass keine unmittelbare Gefahr drohte und hörte auf, Kreise um Kiba herum zu ziehen. Er legte den Kopf schief und seine Schlappohren stellten sich aufmerksam auf, als er dem Blick seines Herrchens hinauf zu den Baumkronen folgte.    „Das ist jetzt aber wirklich zu blöd, Inuzuka.“, sagte Shikamaru gedehnt und schüttelte den Kopf.    „Arrgh! Verdammt!“ Kiba beschrieb einen engen Zirkel und fuhr sich fahrig mit den Fingern durch sein Haar, um frustriert die braunen Strähnen zu umklammern. „Er hat sie geklaut!“ Immer wieder fiel sein Mund auf und schnappte zu, während er hinauf in das Blätterdach stierte und dabei so gequält aussah, als hätte der Vogel ihm das Herz heraus gerissen. „Er hat die verfickte Kamera geklaut!“   „Jo, wirklich gut beobachtet.“ Shikamaru knickte die Hüfte gegen einen Baum ein und seine Stimme war heiser vor Lachen, als sein Blick zu etwas auf Kibas Schulter fiel; seine Augen leuchteten mit einer frischen Woge Belustigung auf. „Schätze mal, dass sogar dumme Genies einen Notfallplan haben.“   Kiba schüttelte den Kopf und starrte weiter aussichtslos in die Bäume, bis Shikamarus Worte zu ihm durchdrangen. Aus den Augenwinkeln warf er dem Schattenninja einen säuerlichen Blick zu. „Hey, halt die Klappe. Das hast du ganz sicher nicht geplant.“   Shikamaru presste die Lippen aufeinander und sein Magen verkrampfte sich gegen die Welle aus Lachen, die sich in ihm aufbaute. „Klar…“    Kibas Augen verengten sich argwöhnisch. „Das ist absoluter Bullshit.“   Shikamaru zuckte mit den Achseln; sein Grinsen schlich sich beinahe auf seine Gesichtszüge. „Eher Vogelscheiße.“   Chōji brach in schallendes Gelächter aus und warf dabei den Kopf in den Nacken. „Du hast echt die mieseste Art von Glück, Kiba.“   „Was?“ Kiba runzelte die Stirn, bis ihm so langsam die Erkenntnis dämmerte und seine Augen weit aufflogen. Ruckartig drehte er den Kopf und sein Blick richtete sich schlagartig auf die Ursache ihrer Belustigung. „Oh, du willst mich wohl verscheißern! NEIN!“   Chōji kicherte und blinzelte mit Tränen in den Augen auf den dicken klobigen Fleck, der zähflüssig auf der Schulter von Kibas Flakjacke hing. „Oh hey, Shikamaru, ich glaube das ist dein Shogi Spielstein.“   Shikamaru legte den Kopf schief und kniff ein bisschen die Augen zusammen, um Vogelkot-Klumpen auf Kibas Schulter besser in den Fokus zu bekommen und seine Lippen bogen sich zu einem Grinsen.    „Schachmatt.“   Kibas wildes Heulen schreckte die Nara Hirsche zu einem panischen Sprung auf, doch das Geräusch, der dem Schrei folgte, brachte einen Hirschbock dazu, sich wieder umzudrehen und den Kopf zu heben; die Ohren stellten sich hoch auf, als sie den aufwühlenden und sehr vermissten Klang auffingen.    Shikamarus Lachen.    Es wurde rauchig über Kibas Brüllen getragen und rollte warm und entspannt hinauf in die Baumkronen und zwischen den Bäumen hindurch; jagte einen Geist qualvollen Kummers und schmerzhafter Traurigkeit fort, der den Wald seit Tagen heimgesucht hatte.   oOo   Eine Aura aus Stille hing schwer im Herzen der Hyūga Residenz.   Wie ein ungesungenes Klagelied; erfroren in kalten Lungen.    Atme…   Neji atmete scharf ein. Er spürte, wie sich sein Magen gegen einen verspäteten Tremor zusammenkrampfte, als er die Schwelle auf den Innenhof überschritt und augenblicklich die seltsame Stimmung bemerkte.    Was ist hier passiert?   Eine schwere niederdrückende Statik schien in jedem Molekül der Luft zu hängen und seinen Atem zu verdichten. Die seltsame Empfindung von Spannung schien die Ruhe aus ihm zu ziehen wie ein Parasit und sonderte dafür eine ominöse Kälte ab, die ungesehen die Wände entlang und über seine Haut kroch; sie stellte seine Härchen auf und ließ seine Nerven straff ziehen.    Chakra…   Neji nahm es wahr und aktivierte vollkommen automatisch sein Byakugan, um den Innenhof zu scannen. Seine unheimlich definierten Pupillen verjüngten sich wie zu scharfen Nadelspitzen und folgten dem Chakra, das in sein Sichtfeld kam; Flackern, Wirbelungen und die Flut einer blauweißen Aura bluteten in seinen monochromen Blick.    So viel Chakra…   Der Hof schien damit förmlich aufgebläht zu sein. Eine kühle und stagnierende Ansammlung von verbrauchter Energie, die sich stellenweise ausbreitete, um die kuppelförmigen Strukturen des Kaitens zu formen; und weniger gefestigte Formationen von Jutsumustern, die ihm unbekannt waren.    „Neji-niisan.“   Neji blinzelte und die zusammengezogene Oberfläche seiner Augen glättete sich zurück zu ihrem makellosen, opaleszenten Kristall. Die Byakuganvenen ebneten sich, als er sich umwandte und seinen ruhigen Blick auf seine jüngste Cousine richtete. Sie stand außerhalb der Reichweite der Sonne und ihr Gesicht wurde von einem langen Schatten verdeckt, der scharf darüber fiel; ein Spalt aus Schwarz, der ihre Gestalt zu halbieren schien.    Neji neigte den Kopf. „Hanabi-sama.“   Sie stand nahe dem Trainingsraum auf der Veranda und hatte sich ihr Haar in einem festen Zopf nach hinten gebunden, der seine eleganten Wellen an ihrem Scheitel begann und über ihre Schulterblätter fiel. Unter einem blassen ärmellosen Oberteil mit V-Ausschnitt trug sie das Standard Ninja-Netzshirt und dazu passende weiße Hosen.    Obwohl er sie gegrüßt hatte, antwortete sie ihm nicht sofort.   Sie kam auch nicht zu ihm.    Sie blieb einfach nur gegen einen Pfosten der Veranda gelehnt und hielt sich in der Kühle der Schatten. Energisch versuchte Neji, sich nicht auf das Kribbeln auf seiner Haut zu konzentrieren und trat einen Schritt nach rechts, damit die Nachmittagssonne auf sein Gesicht treffen konnte. Sie tauchte seine hohen Wangen in goldene Pinselstriche.    Doch die Wärme schaffte es kaum, den Chakradunst zu durchdringen.    Neji spähte kurz umher, bevor er seinen Blick auf das beschattete Gesicht richtete. „Was ist hier passiert, Hanabi-sama?“   „Willkommen zuhause.“, grüßte Hanabi nur; ihre Stimme war hohl und leise.   Sie sagte kein weiteres Wort, sondern musterte ihn beinahe schon wachsam.    Seltsam.   Neji senkte eine Schulter und ließ seine Ninjatasche in seine Armbeuge gleiten, während er nach vorn trat; seine Muskeln spielten und spannten sich an gegen den fast schon klaustrophobisch wirkenden Druck von Chakra.    „Danke.“, antwortete er neutral und fing mit den Augen ein Funkeln von Stahl auf. Hanabi drehte ein paar Shuriken in ihren schlanken Fingern und schob sie immer wieder wie Spielkarten zusammen.    Was zur Hölle ist hier los?   Neji zögerte für einen Moment, bevor er den tiefen Samt seiner Stimme zu seinem beruhigendsten Tenor formte. „Ist Hiashi-sama beim Rat?“   „Nein.“ Hanabi schlang in einem abrupten Zucken einen Arm um den Pfosten; flink wie ein Katzenschweif und zerrte die Shuriken wie eine Kätzin über das Holz, die ihre Krallen schärfte.    Neji beobachtete dieses seltsame Verhalten mit dem leichtesten Zucken an seinen Augenwinkeln.    Und dann traf die Sonne auf die Shuriken.    Ein Schimmern frakturierten Lichtes fiel auf ihr Gesicht.    Es flammte wie ein dünnes Blitzlicht über die bösartige Verbrennung, die die blasse Neigung ihres Kiefers zeichnete und sich wie roter Kalk über ihren Hals zog.    Neji blieb vollkommen ruhig, doch eine Welle aus Kälte flutete seine Wirbelsäule hinunter und ließ seine Haltung noch starrer werden als sein Gesicht. „Was ist mit dir passiert?“   Hanabi stand schweigend da und beäugte ihn mit einer unlesbaren Flachheit auf dem Gesicht, die seltsam heimsuchend wirkte. Was aber noch viel schlimmer war, war die Tatsache, dass er diesen Ausdruck nur zu gut kannte. Er hatte einst mit demselben Geist in sich gelebt; er hatte zu ihm zurück gestarrt durch Augen, die einst seinem Vater gehört hatten. Augen, die er geerbt hatte; und eine Heimsuchung, die er mit ihnen geerbt hatte. Eine, die von der raschen Vergänglichkeit zischen Bestimmung und Entscheidung sprach – oder eher diesem gefürchteten Schwebezustand, der daher rührte, dass man zwischen beidem gefangen war.    Stirnrunzelnd trat er einen Schritt näher. „Was ist mit dir passiert, Hanabi-sama?“   Einzig und allein das ruckartige Kratzen der Shuriken verriet ihm, dass sie ihn wirklich gehört hatte. Doch da war etwas, das er nicht sah – bis sie ihm in die Augen blickte. Und dann wurde es ihm so schnell klar, dass sich das kalte Unbehagen, das seine Wirbelsäule entlang kroch, auch in einem Aufblitzen in seinen blassen Iriden bemerkbar machte.    Scharf zog er den Kopf zurück und sein Tonfall sackte tief ab. „Wo ist Hinata-sama?“   Hanabis Fingernägel gruben sich in den Pfosten und die Shuriken schnitten sich in ihre Handfläche. „Denkst du, dass ich schwach bin, Cousin?“   Neji blinzelte; von der Frage nur vage aus dem Konzept gebracht. Seine Aufmerksamkeit lag anderswo und seine Augen zuckten auf der Suche nach ihrer älteren Schwester scharf über den Innenhof. „Ich denke nicht, dass du schwach bist.“   „Nein. Du denkst überhaupt nicht an mich, oder?“   Was?   Nejis Blick schnellte zurück zu der jüngeren Hyūga und die Konturen seines Gesichtes spannten sich mit geübter Gefasstheit an, um dünn seine Besorgnis zu verschleiern. „Wo ist deine Schwester?“   Hanabis Augen flammten wie zwei eisige Juwelen auf; kalt und schneidend und viel zu hart.    Doch Neji blieb von dieser Miene völlig unbeeindruckt; hätte sie ohne große Mühe und schlagartig zertrümmern können, wenn er sich dazu entschließen würde, diesen Ausdruck zu erwidern. Doch stattdessen begegnete er ihr noch direkter und das Sonnenlicht warf einen wilden Schein auf sein Stirnband – ein Glühen, das vollkommen im Vergleich zu dem verblasste, was damit drohte, sich gefährlich in seine Augen zu stehlen.    „Was ist hier geschehen?“, wollte er wissen.    Der Hauch eines Tränenstroms flutete die Winkel von Hanabis Augen. Rasch blinzelte sie sie fort und hob ein Stück weit das Kinn, während sie ihren Arm um den Pfosten zurückzog, um dabei schmale klauenartige Rillen in das Holz zu ritzen.    Neji versuchte es mit einer anderen Herangehensweise und ließ den prägnanten Verschluss seiner Schultern etwas fallen, um eine weniger strenge Haltung anzunehmen.    Seine Augen wurden weicher und sein Ton sanfter. „Hanabi, was ist mit dir passiert?“   „Du hast ihr gezeigt, wie es geht.“ Hanabi spie das ‚Du‘ aus, als wäre es reinstes Gift und ihre Stimme bebte unter ihrem Schmerz. „Also solltest du die Antwort eigentlich wirklich wissen.“   Nejis Augen weiteten sich und seine Zunge zog sich in einer scharfen Kurve zurück, als sich seine Zähne hart aufeinander pressten und er einen Atem dazwischen hervor zischte.    Diese Bastarde!   Kaum hatte ihn dieser Gedanke getroffen, als ihm eine schneidende Kälte den Rücken hinauf jagte und sich an seinem Nacken niederließ. Aus reinem Instinkt drehte er den Kopf und neigte den Kiefer, um durch seine dichten Strähnen über den Innenhof spähen zu können.    Sein Blick richtete sich auf die ernsten weißen Augen von zwei Mitgliedern des Haupthauses, die ihn beobachteten.    Neji presste hart die Lippen aufeinander, um sich davon abzuhalten, sie in einem Knurren nach hinten zu ziehen.   Diese ‚Züchtung‘ der Hauptfamilie nahm ohne zu übertreiben den Löwenanteil des Hyūga Stolzes ein. Doch für Neji waren sie nichts weiter als ein Schwarm Geier, der sich stets in Sicherheit am Rand aufhielt. Raptoren aus purer Tradition, die sich selbst mit makellosen Federn schmückten; Federn, die ihr verschlingendes und zerstörerisches Verlangen danach verbargen, dem grausamen und verdrehten Spiel zuzusehen, das zwischen Hyūga Geschwistern und Cousins in einem bösartigen Kampf darum ausgetragen wurde, wer der Stärkere war. Es war nichts anderes als ein primitiver Kampf ums Überleben.   Neji drehte seinen Kopf noch ein Stück weiter.    Einer der Hyūga Ältesten hob das Kinn; seine blassen Augen waren von Falten an den Rändern wie vernarbt und die Ebene seiner zerfurchten Stirn hob sich erwartend. Doch es war der jüngere Mann, der Nejis Blick wie einen fixierten Scheinwerfer hielt; unerschütterlich und kalt. Herablassend, befehlend…   Kontrollierend…   Hyūga Hitaro.   Hiashi’s Cousin.   Hitaro hob seinen breiten Kiefer und eine dunkle Braue wanderte in einem weiteren von unzähligen unausgesprochenen Befehlen nach oben; Befehle, die Neji ebenso gut kannte wie jedes andere Zweigmitglied auch. Manchmal bestanden die Aufforderungen des Haupthauses schon aus kaum bemerkbaren Bewegungen. Doch Neji beherrschte die Sprache dieser tonlosen Erwartungen fließend. Und diese hier sprach sechs Worte ohne ein einziges Geräusch.   „Du wirst dich vor mir verneigen.“   Neji stählte seinen Kiefer, als jede Faser in ihm zum Leben erwachte wie Vipern, die angreifen wollten – aber diese Vipern könnten genauso gut Ketten sein; banden ihn nieder in verzweifelter Vergeblichkeit. Während er unbeirrt Hitaros Blick hielt, wog Neji die Konsequenzen ab, sollte er sich weigern.    Doch dann wandte sich sein Blick Hanabi zu.    Sie starrte aus verletzten und hart werdenden Augen zu ihm auf. Und auch ihr Ausdruck sprach ein wortloses Wispern. Eine Anschuldigung ohne einen einzigen Klang.   „Du solltest mich beschützen.“   Götter…wenn ihn das nicht hart an einem Ort traf, der immer noch viel zu empfindlich war, um dort einen Schlag einstecken zu können.    Er schloss die Augen und atmete gefasst ein, bevor er sich tief vor Hanabi verneigte, Hitaro nichts weiter als seinen Rücken darbot und einfach fort lief.   oOo   Vierzehn Tage.    Für Shikamaru war es aus vielen Gründen eine zeitliche Bewährungsprobe gewesen. Und die meisten davon bezogen sich vor allem darauf, eine Kluft zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu schaffen, die groß genug war, damit er sich von seinen Gedanken distanzieren und sie aufspalten konnte. In seinem Verstand, geschah die Vergangenheit nicht jetzt, also gab es auch keinerlei Grund, zuzulassen, dass sie die Gegenwart beeinflusste.    Es bewahrte ihn vor der Schuld, der Trauer, der Reue.   Manchmal bewahrte es ihn auch davor, sich zu erinnern…   Doch leider wusste niemand diese brillante evasive Taktik jemals zu schätzen.    Und niemand war hartnäckiger darin, sich dem zu widersetzen wie seine Mutter.   Also hätte es ihn eigentlich nicht überraschen sollen, als er mit einer unkooperativen Shojitür konfrontiert wurde, als er versuchte, sein Haus zu betreten; und mit einigen Splittern, nachdem er die automatische Taktik ‚Gewalt findet immer einen Weg‘ angewandt hatte.    Es hätte ihn auch nicht überraschen sollen, dass diese Taktik fehlschlug.    Shikamaru war sich ziemlich sicher, dass es daran lag, dass seine Mutter – und vermutlich die meisten Frauen - die schiere Definition und der Inbegriff der Frage „Was passiert, wenn man unbewegliche Objekte mit unaufhaltsamer Kraft trifft?“ waren.    Sie gewinnt. Das ist es, was passiert. Verdammt.   Yoshino hatte das Haus vollkommen verrammelt und verriegelt.    Schon wieder.    „Lästige Frau.“   „Was ist los?“, fragte Chōji und schielte über Shikamarus Schulter.    „Nichts.“, seufzte Shikamaru und ließ seine Stirn gegen die Tür sinken. Mit der Seite seiner Faust hämmerte er mit einem dumpfen Pochen gegen den Rahmen. „Mom!“   „Uh, Shikamaru…“, rief Kiba.    „Was?“   „Dieser verrückte Vogel…du hast ihn aus Hanegakure mitgebracht oder?“   „Jo.“   „Huh, klar.“ Der Hundeninja stand ein paar Schritte entfernt auf der Veranda und hatte die Hände in seinen Achselhöhlen vergraben. Er hatte eine finstere Miene aufgesetzt und bebte auf der Stelle, während er düster zu dem Nara Wald stierte. Er hatte seine zerfetzte Jacke ausgezogen und die Nase gegen den Gestank des Vogelkots und den dampfigen Geruch entfernten Regens gerümpft.   „Das erklärt es, weißt du.“, sagte Kiba.  Chōji sah zwischen den beiden hin und her. „Erklärt was?“   „Er ist besessen.“   „Er ist nicht besessen.“, wies Shikamaru diese Aussage etwas zu vehement ab; besonders wenn man die Tatsache bedachte, dass Kiba hier durchaus einen plausiblen Punkt angesprochen haben könnte. „Du hast ihn nur angepisst.“   Kiba gab ein Geräusch von sich, das entweder Ausdruck einer Verdauungsstörung oder eine leise Beleidigung sein könnte. Doch Shikamaru konnte es ihm nicht wirklich verübeln. Wenn man alle Aspekte mit einbezog, dann hatte Kiba einen berechtigten Grund, verschreckt zu sein.   Denn der Falke war für eine zweite Runde zurück gekehrt.    Und diesmal war er nicht zum Spielen gekommen.    Sehr zur Beunruhigung des Nara hatte er einen sofortigen Angriff gestartet und war direkt auf den Hundeninja losgegangen. Er hatte das Oberteil des Inuzuka in Fetzen gerissen und das Gewebe in einen Zustand versetzt, der aussah, als wäre Kiba in ein Kreuzfeuer aus Kunai und Shuriken geraten. Jetzt stand er da; mit einem fasrigen Anschein dessen, was mal ein beigefarbenes Shirt gewesen war. Seine Jeans starrten vor Dreck und waren von Krallenspuren abgewetzt. Bloßgelegte Haut zitterte gegen die Kälte, die mit den Wolken heran rollte.    „Ich hasse deinen Vogel.“   „Es ist nicht mein Vogel.“, grummelte Shikamaru und hämmerte erneut mit der Faust gegen die Tür. „Und ich habe dir gesagt, dass du ihn nicht anpissen sollst.“   „Du hast mit einem verfickten Netz nach ihm geschlagen und dich hat er trotzdem nicht angegriffen!“   „Ich habe Glück. Du nicht.“   „Oh, wirklich?“, fragte Kiba mit übertriebener Überraschung und vollführte eine ausladende Geste, die sein erbärmliches Aussehen von Kopf bis Fuß einfasste. „Er hat auf mich gekackt, mich angegriffen und meine Kamera geklaut!“   „Das ist nicht deine Kamera.“, bemerkte Chōji.    „Das ist nicht der Punkt.“   „Und es ist auch nicht mein Problem.“, knurrte Shikamaru und versuchte noch einmal, die Tür zu öffnen. „Scheiße.“   „Sie hat nicht damit gerechnet, dass du wieder hierher kommen würdest, oder?“, fragte Chōji   „Ne…“   „Bist du dir sicher?“ Kiba legte die Stirn in Falten und ließ seine Tirade für einen Moment gut sein; aber auch nur deswegen, weil diese Verzögerung bedeutete, dass er noch länger in der Kälte rumstehen musste. Hüpfend gegen die kühle Luft kam er zu ihnen herüber. „Also warum ist das Haus denn so verriegelt?“   Shikamaru schürzte die Lippen und seine Faust verkrampfte sich gegen den Türrahmen. Wenn er die Frage einfach ignorieren würde, dann wäre das besser als zu lügen. Es wäre ohnehin zu viel Aufwand, sich eine Geschichte um eine Wahrheit herum auszudenken, von der er manchmal bezweifelte, dass sie jemals stattgefunden hatte.    Sie war wie ein fragmentierter und surrealer Albtraum, den er zu vergessen versuchte.    Doch die Erinnerung an diese Nacht kam immer wieder wie ein Aufblitzen zu ihm.    Wie ein stroboskopartiges Flackern; grell und brutal, wie die Blitze es in der Nacht gewesen waren, als Neji höllisch versessen auf Vergeltung und wie ein Henker auf ihn losgegangen war.   Shikamaru presste seufzend seinen Kopf gegen die Tür.    Stirnrunzelnd zog Chōji eine Tüte Barbecue Chips hervor, und das Knistern der Packung wurde von dem Rascheln von Blättern ertränkt, als Shikamaru in die Hocke ging, um sie vom Boden fort zu wischen.    „Uh, Shikamaru, was machst du da?“   „Ich breche in mein eigenes Haus ein.“, murrte er nur halb sarkastisch, während er über die Schulter spähte. „Kiba, geh mal aus dem Weg, du blockierst das Licht.“   Kiba schlurfte grummelnd zur Seite und Akamaru winselte. Der Hund legte den Kopf in den Nacken und peitschte seinen Schwanz in einem beruhigenden Tätscheln zaghaft gegen die Beine des Inuzukas, während er sich näher kuschelte, um etwas Wärme zu teilen.    Shikamaru ließ sich auf ein Knie nieder und faltete seine Finger in zwei raschen Zeichen. „Kage Nui no Jutsu.“   Eine schwarze Ranke löste sich von seinem Schatten und verbreitete sich zu einer spachtelartigen Form, die durch den Spalt unter der Tür glitt. Shikamaru schloss die Augen und zerrte die Karte seines Zuhauses vor sein inneres Auge. Dementsprechend dirigierte er den Schatten und konzentrierte genug Chakra, um das Ende zu verjüngen und den Kontaktpunkt zu der Tür flach und fixiert zu halten.    Fast geschafft.   Das Türschloss klickte, bevor er es erreichen konnte.    Mist.   Die Tür wurde zurück gezogen.   Aus reinem Instinkt duckte sich Shikamaru und rollte zur Seite weg; gerade so entging er dem Schwung der Katana Klinge. Mit einem zischenden Knacken traf das Schwert auf der Terrasse ein und sandte Holzsplitter in alle Richtungen.    Chōjis Mund klappte auf, während seine Chipspackung zu Boden segelte.    Kiba allerdings musste seine Kiefer zuschnappen lassen, um sich vom Lachen abzuhalten; vollkommen unbeeindruckt von der brutalen Reaktion einer wilden – und möglicherweise wahnsinnigen – Mutter.    „Mom!“, bellte Shikamaru und sprang zurück auf die Füße, während er eine Hand nach außen hielt. „Was zur Hölle? Ich bin’s!“   Yoshino schob den Kopf aus der Tür und Shikamaru erhaschte den kürzesten Blick auf eine ängstliche Art von Wildheit, die er noch nie zuvor in ihren Augen gesehen hatte.    Doch kaum richtete sich ihr Blick auf ihn, war es auch schon fort. „Im Ernst, warum hast du es nicht einfach mit der Vordertür versucht?“   „Das habe ich.“ Shikamaru ließ seine Hand sinken, hielt seine Stimme aber ruhig. „Sie war abgesperrt. Wie jede andere Tür und jedes verdammte Fenster im ganzen Haus.“   Yoshino schniefte und ihre Augen fielen hinab auf die Narbe auf seiner Wange, bevor sie an der Klinge zerrte und sie aus der Veranda löste. Seufzend sah sie auf den hässlichen Riss, den sie im Holz hinterlassen hatte. „Jetzt muss ich das irgendwie kitten und abschleifen.“   Shikamaru starrte sie für einen langen Moment an und seine Augen zuckten ungläubig. „Das hätte mein Kopf sein können.“   „Naja, du kannst froh sein, dass du die Reflexe deines Vaters hast, oder?“, wiegelte Yoshino ab und ihr Blick wurde ruhiger, als er auf Chōjis nervöses Gesicht fiel. „Macht mein Junge dir Ärger, Chōji-kun?“   Der Akimichi grinste verlegen und klopfte Shikamaru auf eine Schulter, als der Schattenninja seine Mutter fassungslos anfunkelte und die Hände in die Hüften stemmte, während er ein Bein einknicken ließ und den Kiefer anspannte.    Chōji lächelte entwaffnend. „Kiba und ich kommen schon mit ihm klar, Nara-san.“   Shikamaru warf einen mörderischen Blick über die Schulter, als Kiba laut genug hustete, um sowohl sein Lachen zu verschleiern und gleichzeitig die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Kaum sah Yoshino zu dem Inuzuka hinüber, da verwandelte er seine Gesichtszüge zu dem Ausdruck eines getretenen Welpen.    „Kami, Kiba-kun, was ist mit deinen Sachen passiert?“, fragte Yoshino gleichermaßen besorgt und argwöhnisch.   Kiba fuhr mit einer Hand über sein zerfetztes Oberteil und schüttelte den Kopf. „Shikamaru hat versucht, mich zu warnen, Nara-san.“   „Wiederholt.“, fügte Shikamaru hinzu.    „Wiederholt.“, stimmte Kiba ein wenig zu entgegenkommend zu. „Aber ich konnte es einfach nicht. Ich konnte einfach nicht zulassen, dass dieser Hund ihn zerfleischt.“   Shikamarus Kiefer klappte nach unten und er würgte ein sprachloses Schnauben hervor.    Du willst mich verarschen oder…?   Doch bedauerlicherweise war es das offenbar nicht der Fall.    Und während Shikamaru nur zu gut wusste, dass Kiba ihn niemals bei irgendetwas überlisten würde und auch nicht überlisten könnte, wenn es um strategisches Denken ging, gab es dennoch eine Sache, die der Hundeninja deutlich besser verstand als er.   Frauen.    Yoshino blinzelte skeptisch und ihr Blick zuckte auf der Suche nach einer List rapide zwischen den beiden Teenagern hin und her.   Shikamaru erhielt nicht einmal die Chance, seinen Mund auf zu machen.    Kiba wechselte viel zu schnell die Taktik und umklammerte seine Seite, während Akamaru auch schon tief und laut zu winseln begann und die Flanke des Inuzuka mit einer nassen besorgten Nase anstupste. Kiba spielte seine Rolle makellos und wimmerte bei dem Kontakt, als würde es wirklich weh tun.    „Ich bin schon ok, Junge…“ Er tätschelte nachsichtig den Kopf seines Hundes. „Du hast das auch richtig gut gemacht; hast Shikamaru beschützt, während ich das Vieh abgewehrt habe.“   Chōji schob sich hinter Shikamaru, um sein breites Grinsen zu verstecken.    Und Shikamaru sah mehr als bereit dazu aus, Kiba zu ein paar echten Verletzungen zu verhelfen.    Doch zum fassungslosen Schock ihres Sohnes, schmolz Yoshino beim Anblick des Köters, der sich schauspielhaft um den Inuzuka sorgte, geradezu dahin. Shikamaru machte sich eine dicke fette Notiz über tierische Taktiken und deren Auswirkungen. Vielleicht erklärte das auch, warum sein Vater sie immer wieder zu den Hirschen lockte, wenn sie an manchen Tagen seltsam still war.    Und damit dämmerte ihm auch, wie still sie seit der Nacht gewesen war, in der Neji ihn angegriffen hatte.    Für drei ganze Tage war sie mehr eine Fremde in ihrem Haus gewesen als das namenlose Gesicht, das ihr Zuhause verwüstet und ihren Sohn attackiert hatte. Daher auch die dramatische Abriegelung der Nara Residenz. Shikaku sagte nichts dazu und gab ihr nach; und bestand darauf, dass Shikamaru dasselbe tat, doch für den jungen Schattenninja war es nichts weiter als eine irritierende und mehr als lästige Überreaktion.    Es geht mir gut. Sie könnte endlich über das, was passiert ist, hinwegkommen.    Es war nichts im Vergleich zu dem, auf das sein verdammtes Leben tagein tagaus hindeutete.    Jede einzelne Mission trug das Risiko in sich, niemals wieder nach Hause zurück zu kehren.    Doch aus irgendeinem seltsamen Grund, hatte diese Sache seine Mutter sehr hart getroffen und sein Vater bot keinerlei Hinweise an – weder kryptisch oder andersartig – warum das so war.    Seltsam…   Er blinzelte sich von seinen Gedanken zurück, als Yoshino Kiba ins Haus rief und Shikamaru auftrug, passende Klamotten für seinen ‚tapferen Freund‘ rauszusuchen, der ihn vor einem tollwütigen Hund gerettet hatte, der mindestens doppelt so groß wie Akamaru gewesen war.    Ja klar…   Kiba humpelte zur Tür und entwickelte auf dem Weg Verletzungen, die Akamaru mit klagendem Winseln und besorgten Stupsern unterstützte.    Un-fucking-fassbar.   Der Hundeninja warf Shikamaru ein schiefes Grinsen zu, als er an ihm vorbei wackelte.    Shikamarus Mundwinkel fielen mit einem Stirnrunzeln nach unten. „Ich glaub’s nicht, dass sie darauf reingefallen ist.“   Chōji lachte auf. „Sieh zu und lerne, Kumpel. Ha und das ist eine weitere Sache, von der ich nie die Gelegenheit bekomme, sie zu dir zu sagen.“ Er seufzte zufrieden und seine runden Wangen verzogen sich zu einem Schmunzeln. „Yep, dieser Tag wird klasse!“   „Für dich vielleicht.“, grummelte Shikamaru kopfschüttelnd. „Irgendwas sagt mir, dass ich in Tränen aufgelöst sein werde, bevor das alles vorbei ist.“   ________________ So und es geht wieder weiter mit Shikamaru und Neji ;) Ich hoffe ja, dass ich mich bei der ködiantischen Schreiberei ganz gut schlage und dass ich euch zum Lachen bringen konnte ;) Würde mich natürlich wieder sehr über ein paar Kommentare freuen! ;)  Ja und zwischen drin war es dann wieder etwas ernster...und für alle, die vielleicht sogar ein bisschen enttäuscht waren, dass Hiashi in BtB nicht ganz so der Kotzbrocken ist, wie man es erwarten würde - hier habt ihr jemanden, den ihr aus tiefstem Herzen verabscheuen könnt und es wäre ja auch zu einfach, Neji jetzt einfach gar nicht mehr leiden zu lassen, deshalb stelle ich vor : Hyūga Hitaro -  quasi der Joffrey Baratheon der BtB Serie, wenn man so will, wenn es darum geht, wie sehr man einen Charakter hassen kann (zumindest bei mir) ^^   Ich hoffe auf jeden Fall sehr, dass euch das Kapitel gefallen hat!! Vielen Dank auch an alle meine lieben Reviewer/innen und Leser/innen!! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)