Gemeinsame Sache von KatieBell (Von miesen Plänen bis zum Leben) ================================================================================ Kapitel 2: Auf was kann man verzichten? --------------------------------------- _________________ ƸoƷ Zeit für die Abrechnung, auch wenn sie ziemlich früh dran war. Sie lag daher mit dem Bauch auf dem Ausguck des Astronomieturmes und hatte ihren Aufsatz über verschiedene Asteroidengürteln vor sich liegen. Links neben ihr hatte sie einiges an Süßigkeiten gehortet, denn es würde eine lange Nacht werden. Zu ihrer rechten lag ihr Smartphone, welches sie aus ihrem Koffer mitgenommen hatte. Sie hatte nie wirklich viele Muggelsachen mit nach Hogwarts genommen, aber manchmal tat es gut, alte Gewohnheiten von Zuhause um sich zu haben. Bei Musik konnte sie sich eh immer besser konzentrieren und so schrieb sie fließend ihren Aufsatz hinunter. Katie hörte nicht, wie jemand die Wendeltreppe hochschritt, da sie mit ihren Knopfkopfhörer im Ohr, die Musik nach summte, die gerade über die Offline-Bibliothek von Spotify lief. Abwesend griff sie mit ihrer linken Hand zur Seite und vergrub ihre Finger in eine Tüte mit Schokobonbons. Ein Glück, dass ihr Dad ihr welche nachgeschickt hatte. Alicia war verrückt nach den süßen Schokoladenkugeln, die so typisch für Muggel waren. Sie nahm eine Hand voll heraus und ließ vier davon neben ihren Aufsatz fallen. Schnappte sich dann eines und zog an beiden Enden, um das Bonbon aus der Folie zu drehen. Den Müll warf sie einfach rechts neben sie und schob sich die Kugel in den Mund. Die dunkelblonde Gryffindor wollte gerade wieder ihre Feder in die Hand nehmen, als plötzlich ihr rechter Knopfkopfhörer herausgezogen wurde. Sie erschrak so heftig, dass sie sich ebenso den linken rauszog und zu ihrer Rechten hochsah. „Merlin, Flint!“, keuchte sie, als sie den Schwarzhaarigen erkannte, „Du kannst dich doch nicht so anschleichen!“, kam es aufgebracht über ihre Lippen und setzte sich dabei auf. „Ich hab mich nicht angeschlichen, Bell. Offenbar hast du nichts gehört, aufgrund von diesem Teil. Außerdem erinnere ich mich vage, das wir verabredet waren um halb elf.“, sagte er direkt und pflanzte sich neben sie in einen Schneidersitz, „Und es ist zufällig halb elf. Ich bin pünktlich.“ Unbemerkt von ihm, sah sie kurz auf die Uhrzeiteinblende ihres Handys und musste feststellen, dass er Recht hatte. Doxymist. Sie hätte besser darauf achten sollen. Antworten würde sie ihm jedoch nicht. Was hätte sie auch sagen sollen? Dass sie zu vertieft in diesen einen Song war und in ihrem Kopf nur noch Planeten und Sterne ihre Kreise zogen? Sie käme sowieso nicht zu einer Antwort, denn er setzte erneut an. „Du hast dich ja richtig häuslich eingerichtet, Bell.“ Katie bemerkte seinen Blick, den er über ihr „Schlachtfeld“ wandern ließ. Fast schon die halbe Packung der leeren Folien, der Schokobonbons lag auf einem Haufen. Darunter war auch eine angefangene Haribo-Colorado Packung, eine Stange Twix und American Cookies, die sie bisher nicht geöffnet hatte. Sie aß ziemlich viel durcheinander, aber manchmal... hatte sie einfach solche Fressattacken. Ein Glück, dass sie so einen guten Stoffwechsel hatte und noch nicht aufgegangen war, wie ein Hefekloß. „Wie lange bist du schon hier oben? Ich glaube nicht, dass ich dich beim Abendbrot gesehen habe.“ „Zwei Stunden.“, murmelte sie dann leise und fragte sich tatsächlich, wieso ihm ihr Fehlen aufgefallen war. „Wieso hast du mich dann erst so spät hier hin bestellt? Hätten die Zeit auch sinnvoller nutzen können.“, grinste er dann auf einmal und in Katies Magen machte sich ein merkwürdiges Gefühl breit. Flirtete Flint gerade mit ihr, oder bildete sie sich das nur ein? Zugegeben. Wenn er es täte, dann tat er das auf eine angenehme Weise und nicht wie McLaggen. Abrupt schüttelte sie innerlich ihre Gedanken beiseite. Wenn sie jetzt weiter darüber nachdachte, dann würde sie wieder an diesen Kuss denken und... verdammt. Es spukte schon in ihrem Kopf herum. „Was ist das eigentlich?“, fragte der Slytherin neben ihr und deutete auf das rechteckige Gerät, dessen Display schwarz war. „Wüsste nicht, was es dich angeht.“, zischte sie dann, wieder mit Fassung in ihrer Stimme. „Du machst es einem echt schwierig, sich normal mit dir zu unterhalten, Bell.“, seufzte er und positionierte sich etwas um. Er legte sich zur Seite, stützte seinen Kopf mit der linken Hand ab und sah zu ihr hoch. Mit einem weiteren Grinsen auf den Lippen. „Eine normale Unterhaltung willst du?!“ Jetzt verstand sie gar nichts mehr. Seit wann war Flint nur so erpicht darauf, human mit ihr zu reden? Das einzige was sie in all den Jahren gelernt hatte war, dass der Slytherinkapitän alles andere als redselig war. Vor allem ihr gegenüber. Da kamen meistens nur Beleidigungen rüber, missfallende Blicke, oder gehässiges Lachen. Von einem normalen Gespräch war nie irgendeine Anspielung! „Es ist... faszinierend, wie schnell man dich aus dem Konzept bringen kann. Kein Wunder, dass McLaggen einen Narren an dir gefressen hat.“ „Was soll das denn jetzt heißen?!“, kam prompt ihre Gegenfrage und sie sah, wie er leise vor sich her lachte. „Hat unsere Show wenigsten geholfen?“, fragte er stattdessen und riss damit alles aus dem Kontext. „Welche-“, begann sie erneut, doch stoppte, als sie seinen Blick betrachtete, „Oh. Das meinst du...“, murmelte sie dann leise und schnaufte. Gab ihm aber erneut keine Antwort. Sie wollte da eigentlich auch gar nicht darüber sprechen. Es reichte ihr schon, dass sie ständig daran denken musste. Katie sah auf ihren Aufsatz und dann zu ihrem Smartphone. Ihr Blick wanderte weiter zu ihm. Er hatte zum Glück seine Augen abgewandt und hatte sich einer der Folienpackungen geschnappt und sah sich wohl gerade den Schriftzug darauf an. Am liebsten würde sie jetzt ganz schnell das Weite suchen. Flint verwirrte sie. Immer mehr und es gefiel ihr gar nicht. Er war irgendwie nicht mehr der 17-Jährige, den sie all die Jahre dachte, sie würde seine Art kennen. Irgendetwas war anders. Doch eine Bewegung unterhalb des Astronomieturmes erweckte ihre Aufmerksamkeit. Leicht sah sie zwischen den Gitterstäben des Geländers hindurch und erkannte den Ravenclawkapitän, Roger Davies, wie er auf den Schwarzen See zuging. Kurz schwankte ihr Blick zu Flint, der immer noch ihre Fresspackungen begutachtete, daher nahm sie einfach ihr Handy in die Hand und drückte auf den seitlichen Knopf. Das Display begann zu leuchten und erhellte fast den ganzen Aussichtsturm. Das Licht war so grell, dass sie kurz die Augen zusammenpetzen musste und im nu bemerkte sie dann auch noch den stechenden Blick des Schwarzhaarigen auf sich. „Wieso leuchtet das auf einmal?“, hörte Katie ihn fragen und sah im Augenwinkel, wie er sich wieder aufsetzte, „Das ist kein magisches Artefakt, oder?“ Sie seufzte laut aus. „Das ist ein Muggelgegenstand, Flint. Daran ist nichts magisch.“, seufzte sie wieder, entsperrte den Bildschirmschoner, in dem sie ein Schloss auf dem Display einfach mit ihrem Finger nach oben schob und den Launcher für Spotify freigab. Doch darauf achtete sie kaum. Tippte auf den mittleren angezeigten Knopf im Display und der Launcher rückte in den Hintergrund. Sie sah nur schnell auf die Uhrzeit, die auf dem Display groß angezeigt wurde und sah dann wieder runter zum Schwarzen See. „Davies ist viel zu früh dran...“ „Besser früh, als zu spät, oder?“, kommentierte Flint und sie merkte, wie er ein Stückchen näher an sie rutschte, „Nochmal zu meiner Frage, von vorhin... was hast du mit diesen Dingern da-“, kam es von ihm und deutete auf ihre Knopfkopfhörer, die auf ihrem Aufsatz lagen, „-gemacht.“ „Musik gehört.“, antwortete sie prompt. „Mit dem Teil?“, fragte er wieder und zeigte auf das Gerät in ihren Händen. „Ja, bei Merlin... sind wir hier bei „Frag mich alles, was du willst“, oder was?!“, knirschte sie nun genervt. „Vielleicht?“, grinste er und kam noch ein Stück näher. Wieder stieg ihr dieser Zitronengeruch in die Nase. Wenn es nicht Flint wäre, der diesen Duft trug, könnte man das schon als angenehm empfinden. Aber da das nicht der Fall war, versuchte sie sich so unnahbar wie möglich zu geben. Was alles andere als leicht war. „Was für Musik hörst du denn gern so?“ Sie vermied es ihn anzugucken und schaute stattdessen hinunter. Sie konnte sehen wie Davies auf und ab ging am Ufer. Wieder sah sie auf die Uhr. Es war fünfzehn vor elf. Noch immer etwas früh, aber wenn sie sich richtig daran erinnerte hatte sie die Treffen auf etwas kurz nach elf angesetzt. „Hey Bell. Ich rede mit dir.“ „Zum Teufel nochmal, Flint! Konzentrier dich auf das hier!“, und zeigte wütend auf den Ravenclaw hinunter, „Er schwimmt nicht rüber!“ „Ist das mein Problem?“, kam es endlich wieder arrogant von ihm zurück, „Das alles war dein Plan gewesen. Ich war nur dein Lakai, der den Köder ausgelegt hat.“ „Als ob du ihn nicht auch bloßstellen wolltest!“ Kurz war es still zwischen ihnen, bevor er antwortete. „Und was gedenkst du, was ich da jetzt machen sollte? Ihm ein Imperius aufzwingen, dass er auf diese verkackte Insel schwimmt?!“ „Nein?! Natürlich nicht!“ „Bei Salazar,...“, murmelte er, wollte schon erneut ansetzen, als sich Davies endlich wie gewollt bewegte, „Da guck. Mach doch nicht so ein Stress. Alles läuft nach Plan.“ Katie seufzte erleichtert aus, als Davies seine Bekleidung ablegte und nur noch in Boxershorts in den See ging. Doch die Kleidung lag viel zu offensichtlich am Ufer. Wenn Diggory später dazu kam, würde er diese sicherlich entdecken und es auch als Jungenkleidung identifizieren. Wieder sah sie auf die digitale Uhr, bevor sie zu Flint sah. „Die Klamotten müssen da weg.“ „Und was siehst du mich da an?“ Sie hasste sich dafür, was sie gleich aussprechen würde. Aber in dem Moment ging ihr Plan einfach vor. All die Tage, die sie sich von Oliver vorführen ließ und McLaggens blöden Anmachsprüche ausgesetzt war. Nicht zu vergessen, dass sie Roger Davies hasste, für die Aktion, die er gebracht hatte und sie bei ihrer Hauslehrerin tief in ihrem Ansehen gesunken war. Sie wollte ihm zeigen, wer hier gefährlicher war. Aber dafür musste alles reibungslos laufen und Flint war nun mal... da. „Okay. Von mir aus, stell mir jede Frage, die dir durch deinen Trollhirn geht, wenn du mir dafür die Klamotten beiseite schaffst!“ „Jede?“, grinste er, „Den ganzen restlichen Abend?“ „Von mir aus.“, knirschte sie und sah zurück zum Ufer, „Machst du jetzt?“ Sie sah wie er seinen Zauberstab aus seiner schwarzen Hose zog, als sie ihn davon abhielt. „Nicht damit!“, zischte sie, „Wenn das jemand sieht, das Klamotten durch die Luft schweben. Benutzt du dein Hirn eigentlich, oder dient es nur zur Dekoration?!“, kam es giftig von ihr. Er verzog sein Gesicht zu einer miesen Fratze und sie dachte zuerst, er würde jetzt ebenso mit Beleidigungen umher werfen. Doch offenbar konnte er sich rechtzeitig bremsen. „Mit was denn dann? Ich lauf ganz sicher nicht die vielen Stockwerke hinunter, nur um-“ „Müsstest du sowieso, wenn Diggory auch endlich auftaucht.“ Sie meinte, sie hätte ihn Knurren gehört. Doch er steckte den Stab zurück und stand auf, bevor er sich zur Wendeltreppe wandte. „Wehe du vergisst unseren Deal.“, sagte er eindringlich und deutete auf sie beide. „Mach ich schon nicht. Bin ja keine Schlange.“, murmelte sie und hörte wie er, ohne etwas zu sagen, die Stufen hinabsauste. Katie währenddessen stand auch kurz auf, um sich ein Fernglas aus einer der Regalen zu schnappen. Nach einer Zeit, war es richtig anstrengend für ihre Augen, den Blickkontakt auf den See zu halten, je weiter weg Davies schon geschwommen war. Der Plan war eigentlich recht simpel. Den schwierigsten Teil hatten sie mit dem Auslegen der Briefe ja bewältigt. Jetzt erst einmal hieß es nur warten und beten, das Davies nicht auf der kleinen Insel, der sich im Mitten des Schwarzen Sees befand, verschwand. Und dass Diggory noch auftauchte, den selben Weg nahm, ohne Klamotten oder zumindest soweit, dass es ihm peinlich sein würde, wenn man ihn so sehen müsste. Und es würde ihm peinlich sein. Dafür würde sie sorgen. Auch wenn Diggory an der miesen Intrige beteiligt war, von vor ein paar Tagen, hatte Katie auch einen anderen Hintergrund, den sie bisher niemanden anvertraut hatte. Nicht mal ihren Freundinnen. Sie hatte schon lange nach einer Gelegenheit gesucht, Diggory mit seinem fehlerhaften Verhalten auffliegen zu lassen. Denn wegen ihm... verlor sie eine gute Freundin. Sie setzte sich auf ihre Knie und hob das Fernglas an ihre Augen. Sah erneut an den Gitterstäben vorbei und sah Flint, wie er vorsichtig ans Ufer schlich. Katie seufzte, als sie ihn ungeniert beobachtete. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er in seiner Freizeitkleidung unterwegs war. Das war ihr vorher wirklich nicht aufgefallen. Seine Hose vielleicht. Aber da dachte sie zuerst an die normale Schulhose. Tatsächlich trug er aber eine locker sitzende Jogginghose und ein graues T-Shirt mit dem Logo der Falmouth Falcons. Wenn sie genau darüber nachdachte, passte der Quidditchverein zu ihm. Die Spielweise der Falcons erinnerte sie, an die der Slytherins. Foulten gerne, spielten unfair und waren brutal. Nicht umsonst war das Motto dieser Quidditchmannschaft „Lasst uns siegen, und wenn nicht, lasst uns Schädel spalten“. Passender könnte sie es nicht beschreiben. Sie sah durchs Fernglas, wie er Davies Klamotten einsammelte und sie in einem Busch versteckte, bevor er kurz zu ihr hochsah. In dem Moment schlug ihr Herz so wild gegen ihre Brust, dass sie es kaum ertragen konnte. Sie nahm kurz das Fernglas herunter und versuchte ihre Atmung unter Kontrolle zu bringen. Flints durchdringender Blick erinnerte sie gerade wieder an seinen gehauchten Kuss. Sie musste sich eingestehen,... dass der schwarzhaarige Slytherin nicht schlecht aussah. Wenn sie genauer darüber nachdachte. Zumindest eindeutig besser, als McLaggen. Bei dem Gedanken schüttelte sie sich angeekelt. Erneut wurde sie aus ihren Gedanken gerissen und bemerkte, wie Flint unten am Ufer komische Zeichen mit den Händen machte und deutete auf die Brücke. Sie hob das Fernglas wieder, schwang mit ihrem Blick zu diesem Teil des Gelände von Hogwarts hinüber und sah tatsächlich, wie der Hufflepuffschüler gerade den Anfang der Brücke betrat. Wieder zurück auf Flint gerichtete, nahm sie erneut das Fernglas von ihren Augen. Wedelte nun mit den Armen und deutete auf die Brücke. Flint schien schnell zu schalten und ging bei genügend Abstand in Deckung. Nur eine Minute später trat Diggory ans Ufer und entledigte sich sofort seine Kleidung, bevor er ins Wasser sprang. Um die kleine Insel ebenso anzusteuern. Als dieser weit genug entfernt war, kam Flint wieder hervor, schnappte sich Davies Kleidung aus dem Busch und auch die von Diggory am Ufer und beeilte sich, über die Brücke, wieder zurück zu ihr auf den Astronomieturm zu kommen. Katie beobachtete wieder den Schwimmenden, der schon die Hälfte der Strecke hinter sich hatte. Erneut legte sie das Fernglas nieder und riss ein Blatt ihres Pergamentbogens ab. Schnell schrieb sie eine anonyme Nachricht. In der sie Davies und Diggory erwähnte, die sich nachts außerhalb des Schlosses befanden. Schrieb den Ort dazu und faltete das Papier zu einem Flieger zusammen. Gerade als Flint wieder die Treppen hochkam, hatte sie den Zauber gesprochen, der den Flieger in die Lüfte erhob und sich über das Geländer auf zum Empfänger machte. „Fliegender Memo...“, hörte sie ihn sagen, „Hab mich schon gefragt, wie du es sie wissen lassen willst, ohne überführt zu werden.“ Sie drehte sich halb zu ihm um. Er schien abgehetzt zu sein und ließ den Klamottenberg geradewegs einfach zu Boden fallen. Danach ging er auf sie zu und setzte sich erneut neben sie. „Also...“, schnaufte er kurz und Katie musste schlucken, „Welche Musik?“ „Das ist das, was dich interessiert?“, fragte sie mit hochgezogenen Augenbrauen. Jetzt fiel ihr auch auf, dass sich Schweißperlen auf seiner Haut abzeichnete. Was ihr ein weiterer angenehmen Schauer über ihre Haut bescherte. War das jetzt immer so, wenn sie ihn nur ansah? Was war denn bitte falsch mit ihr? Das war immer noch Marcus Flint. Slytherinkapitän. Olivers größter Konkurrent. Der Junge, mit dem sie gerade gemeinsame Sache machte. „Bell.“, riss er sie aus den Gedanken. Sie konnte gerade so ein „Was“ verschlucken, doch ihr verwirrter Blick sprach offenbar Bände. „Dein Musikgeschmack.“ „Verschieden.“, seufzte sie dann knapp und mied seinen Blick wieder. „Das war sehr ungenau.“ Das wusste sie auch. Aber ehrlich gesagt, wusste sie nicht, wie sie darauf antworten sollte. Sie hörte vieles durcheinander. Mal Pop, Rock, sogar Techno ab und an. Besonders in Situationen, wenn ihr Oliver wieder so richtig auf den Senkel ging und sie ihn damit bewusst ignorieren wollte. Ein klein wenig hörte sie sogar Rap. Nicht so den aggressiven Rap, sondern mit sinnvollen und emotionalen Storys dahinter. „Damit hast du Musik gehört, oder?“, hörte sie ihn fragen, konnte aber nicht schnell genug reagieren, als er ihr Smartphone in die Hände nahm. „Hey!“, stieß sie aus und wollte es ihm abnehmen, doch er zog es aus ihrer Reichweite. „Wie macht man das an?“ „Gib das her!“ Sie versuchte abermals daran zu kommen, unterschätzte dabei jedoch ihr Gleichgewicht und im nächsten Moment fiel sie gegen ihn. Sie spürte sofort einen Arm um sie. „Wird da jemand nervös?“, hauchte er ihr entgegen, worauf sie stocksteif reagierte. Sie versuchte abermals das Klopfen ihres Herzens herunterzuspielen. Als sie genügend Willenskraft zusammenkratzte, drückte sie sich von ihm weg und er ließ sie zum Glück auch widerstandslos gehen. „Nein. Wieso sollte ich?“, kam es aus ihr heraus. Sie klang dabei ziemlich sicher, was sie ein bisschen überraschte. Denn ihr Herz war da mehr als zwiegespalten. „Dachte nur... weil sich da eine Gänsehaut auf deinen Armen bildet.“, grinste er dann unverschämt. Mist. Wieso war er nur so ein guter Beobachter? Das machte sie wirklich jetzt nervös. „Sagst du mir jetzt, wie du darüber Musik hören kannst?“ „Wenn du dann endlich Ruhe gibst?!“, zischte sie. „Mal sehen.“ Abermals schnaufte sie tief durch, doch erwiderte nichts auf dieses Kommentar. „Na schön. Rechte Seite, den unteren Knopf.“ „Unterer... Knopf. Ah... jetzt leuchtet es wieder. Wieso ist es überhaupt wieder ausgegangen?“ „Wenn man lange nichts damit macht, schaltete es sich automatisch in den Standby-Modus, um Akku zu sparen.“ „Was ist ein Akku?“ „Eine... Energiequelle, die das ganze betreibt. Ist der irgendwann leer, geht es komplett aus und ohne Aufladung an eine Stromquelle, wird es auch aus bleiben.“ „Okay... einleuchtend...“, murmelte er, „Und jetzt?“ „Schieb das eingeblendete Schloss nach oben.“, erklärte sie es ihm Schritt für Schritt, „Am besten mit dem Zeigefinger.“ „Welches... oh. Das da?“ Sie nickte und beobachtete ihn genau, wie er versuchte die Tastensperre zu lösen. Ein paar Versuche brauchte er, bevor ihr Hintergrundbild des Startmenüs aufleuchtete. Ein bisschen war es ihr unangenehm, dass sie ausgerechnet ein Foto, als Hintergrundbild verwendete, dass sie mit Leanne und Cho zeigte. Doch sie überging es relativ schnell und zeigte dann auf das grüne Icon auf dem Display. „Da drauf tippen.“ Er tat es ohne etwas zu sagen und wieder öffnete sich der Spotify Launcher, mit der letzten Playlist, die sie gehört hatte. Eine Reihe von Songs von Nico Santos. Sie hörte ihn gerade ziemlich häufig. „Klick da drauf.“, sagte sie und deutete auf den Song „Safe“ und zeitgleich nahm sie ihre Knopfkopfhörer in die Hand, die immer noch an dem Gerät angeschlossen waren, und reichte ihm einen. „Was soll ich damit?“ „Ins Ohr oder willst du über die Lautsprecher hören und Gefahr laufen entdeckt zu werden?“ „Nein.“, erwiderte er zügig und nahm den linken Knopf, den sie ihm in seine Handfläche fallen ließ. Sie schob sich den rechten ins Ohr und als sie sicher war, dass er bereit war, drückte sie dann einfach auf play. Is this life for livin'? Oh, ease my mind, ease my mind Tell me I'm forgiven Ease my mind, oh, ease my mind Oh, stay close Don't go, I gotta know Or until tomorrow I'll be starrin' out the window Thinkin', "Please, keep her safe, keep her safe" Until tomorrow I'll be watchin' every shadow Thinkin', "Please, keep her safe, keep her safe" (*) „Ziemlich... schnulzig.“ Sie überging sein Kommentar. Sie dachte auch nicht wirklich, dass ihm das gefallen könnte. Aber schließlich wollte er wissen, was sie gerne hörte. Hier war also die Antwort. „Hast du auch was anderes?“ „Dann gib her. Ich such schnell.“, sagte sie seufzend und nahm ihm das Ding widerstandslos ab. Schnell tippte sie sich in ihre Bibliothek. Sie hatte direkt einen Song im Kopf, der ihm... vielleicht besser ansprach. Katie hoffte nur, dass sie es in ihrer Offline-Bibliothek finden würde. Denn Online könnte sie das nie anhören, geschweige denn herunterladen. Dadurch dass es auf dem Hogwartsgelände keine Verbindung zum Internet gab, oder zumindest jedes Mobilenetz störte. So gab es nur die Möglichkeit in Hogsmead Empfang zu bekommen. Dort aber auch nur eine schwache 3G Verbindung. Merlin, sie hoffte, er würde sie niemals danach fragen. Sie kannte sich eigentlich recht gut aus, mit dem Erklären von Muggeldingen. Lee hatte sie früher immer bei Muggelkunde geholfen und Angelina hatte sie auch schon das eine oder andere Male etwas erklären müssen. Aber alles was mit dem Mobilennetz zutun hatte, verstand sie selbst nicht so recht. Sie wusste nur dass 3G langsameres Internet war, als 4G. Logisch. „Wie viele Lieder hast du da drauf?“ „Eigentlich unbegrenzt... wenn ich Internet hätte.“, murmelte sie halb automatisch. „Internet?“ So viel zu dem Thema, ihm das erklären zu müssen... „Zwing mich nicht, das genauer zu erläutern. Das ist viel zu komplex gerade...“, sagte sie zugleich und seufzte wieder, doch war erleichtert, dass er nichts mehr dazu sagte. Katie öffnete ihre selbst ernannte Playlist „Random Songs“ und scrollte durch die mega lange Liste. Wenn sie normal nach einem Lied suchte, würde sie es einfach oben in die Suchleiste eintippen, aber da sie ja keine Internetverbindung hatte... manchmal nervte sie das wirklich. „Ich hab's.“, murmelte sie für sich, doch offenbar hatte er es mitbekommen. „Dann lass hören. Aber wehe, es ist wieder so ein-“ „Nein, nein. Wirklich nicht.“, warf sie dazwischen und drückte erneut auf Play. Yeah La Freak! La Freak! Ya ya ya! Let's go! I'm laid back, I'm feeling this Tonight's the night, I just wanna let it go Hit the playback, I know you feeling this Come on baby, let's get ridiculous! Come on, come on, come on, come on Baby let's get ridiculous Come on, come on, come on, come on Baby let's get ridiculous (**) „Und?“ „Viel besser. Guter Beat. Bisschen verrückt, aber gut. Wie heißt der Künstler?“ „Redfoo.“ „Noch nie gehört. Ist er ein Muggel?“ „Wahrscheinlich.“, sagte sie leise. „Kann man darüber auch Lieder von den Schwestern des Schicksals hören?“, war dann seine nächste utopische Frage. Sicherlich klang er interessiert, aber Katie konnte ihm nur einen sarkastischen Blick zu werfen. „Ich bezweifle das, Flint.“ Er nickte nur, während sie ihr Smartphone auf den Boden vor sich legte und sie hörten beide das Lied weiter. Ohne das jemand etwas sagte. Es war angenehm. Neben ihm sitzen, ohne ein böses Wort zwischen ihnen oder andere gehässige Dingen. Sie fühlte sich in seiner Gegenwart fast, wie ein normaler Teenager. Gerade wenn man beachtete, dass sie beide normal gekleidet waren. Sie trug wieder ihr Holyhead Harpies Shirt, nur diesmal mit einer Leggins bekleidet, dessen Farbe ebenso schwarz war, wie die seiner Hose. Flint und sie waren eigentlich Grund auf verschieden. Allein schon, da er ein Reinblut war, während sie zwischen zwei Welten groß wurde. Sie schätzte beide Leben, irgendwie zumindest. Klar gab es Vor- und Nachteile, aber das gab es immer. Unauffällig schielte sie zu ihm rüber. Er bewegte seinen Kopf zur Musik und kurz konnte sie nicht anders, als darüber zu lächeln. Kaum zu glauben, dass sie in den letzten Tagen so viel mit ihm geredet hatte, wie all die Jahre davor nicht. Die meiste Zeit war sie ihm eher aus dem Weg gegangen. Es reichte ihr schon, das Oliver sich immer lautstark über ihn beschwerte. Sollten die beiden Siebtklässler sich doch die Köpfe einschlagen. Sie wollte da immer rausgelassen werden. Mittlerweile dachte sie viel zu oft an ihn. Sie wollte es sich die letzte Nacht schon nicht eingestehen, dass er total suspekt reagierte. Wie zum Beispiel auch, was sein Problem mit Diggory war. Ja, er war Hufflepuffs Quidditchkapitän und somit ein weiterer Rivale von ihm, aber das war's auch schon. Oder gab es da etwas, was sie übersah? „Wie hat es Diggory eigentlich geschafft, dass du gesperrt wurdest?“, kam es dann einfach über sie. Er sah abrupt zu ihr, bevor er mit den Schultern zuckte. „Bleibt mein Geheimnis.“, konterte er dann. „Ich hab dir auch die Sache mit Davies gesagt.“, kam es etwas eingeschnappt über sie. „Und? Das hast du ganz freiwillig preisgegeben. Ich hab nicht danach gefragt.“, und sah wieder auf den Schwarzen See zurück. Sie seufzte genervt und sah ebenfalls von ihm ab. Schön. Sollte er doch die Fresse halten. Vorhin bat er um ein normales Gespräch und jetzt, da sie so etwas wie Smalltalk halten wollte, blockte er ab. Versteh einer diesen Slytherin... „Dein Tritt war im übrigen gut.“, kam es dann doch, nach ein paar Sekunden, über seine Lippen. „Was?“, wandte sie sich wieder zu ihm. „Das mit Davies.“, sagte er und sah erneut zu ihr, „Er konnte sich vier Tage nicht gescheit auf die Bank setzen.“, grinste er, was ihr auch ein kurz die Mundwinkel hochziehen ließ. „Hat er auch verdient.“ „Definitiv.“, grinste er noch breiter, „Sah gut aus im Unterricht. Er hatte es sich mit seinem Rumgerutschte, mit fast allen Lehrern verscherzt.“ Jetzt musste sie doch ein bisschen darüber lachen, worauf sein Grinsen nicht verschwand. Doch danach verfielen sie beide wieder in Schweigen. Der Song war zu Ende und sie hörte schon den Ansatz des neuen Liedes, welches in ihrer Playlist sich befand. „River“ von Bishop Briggs. Oh Gott. Das musste sie unbedingt skippen! Schnell schnappte sie sich ihr Smartphone, entsperrte es in Windeseile und drückte auf den rechten Pfeil. Sie atmete erst erleichtert aus, als das nächste Lied anklang. Oh nein. Ariana Grande „God is a woman“ Das musste auch weg! Katie übersprang jedes Lied sofort, bis sie etwas Neutrales fand und erst als sie das Mobilgerät wieder weglegte, sah sie sein süffisantes Grinsen. „Wieso hast du das weggemacht? War doch Recht spannend.“ Sie ignorierte seinen Kommentar. Bei Merlins Bart, war ihr das unangenehm. Bisher schämte sie sich ja nur für wenige Dinge. Was sie manchmal für Musik hörte, war darunter jedoch noch nie. Aber wenn Flint, die selbe Musik hörte, in denen es um den... Beischlaf und Beziehungen ging und sie direkt neben ihm saß... da hörte es bei ihr einfach auf. Das musste er nicht mitbekommen. In dem Moment wünschte sie sich ein bisschen mehr Privatsphäre. Was natürlich gerade jetzt völlig fehl am Platz war. Immerhin saß sie mit ihm hier auf den Astronomieturm und wartete darauf, dass die Hauptshow endlich losging. Apropos... Katie überwand die angespannte Stimmung und lehnte sich zu den Gitterstäben vor. Umgriff diese und sah hinüber zur Insel. „Sind die tot, oder was...“, murmelte sie und sofort spürte sie Flints Atem an ihrer Wange. „Oder zu tiefst im Boden versunken, wie du gerade.“, flüsterte er heiser, woraufhin sie direkt zurückwich. „Kannst du das bitte lassen?!“ „Ich mache dich also doch nervös.“, grinste er weiter. „Und wenn schon!“, kam es unkontrolliert aus ihr heraus, „Mindestabstand, Flint.“, sagte sie nun bestimmend und schob ihn auf eben diesen Abstand, von einem halben Meter. „Glaubst du, ich lass mich auf Davies Niveau herabsinken?“ Seine Frage warf sie komplett aus der Spur. Sie konnte weder sagen, ob es beleidigend war, oder gar... verletzend. Sie atmete tief durch und war gewollt ihn erneut zu ignorieren. Doch weit gefehlt. Irgendwie konnte er wohl die Sache nicht einfach auf sich beruhen lassen. „Ich merke, wenn jemand abgeneigt von mir ist. Das sehe ich tagtäglich. Aber du hingegen, reagierst ganz anders.“ Okay. Hier stimmte eindeutig etwas nicht mit Flint! Hatte er sich irgendwelche illegale Substanzen reingezogen, oder war ihm einfach die Sperre zu Kopf gestiegen? „Was willst du damit sagen?“, fragte sie dann doch, obwohl sie gar nicht darüber reden wollte. Am besten war es, er würde die Klappe halten. Denn wieder begann ihr Herz unaufhörlich hart in ihrer Brust zu schlagen und die Nervosität stieg, je näher er ihr plötzlich kam. „Ich wette,... du denkst an den Kuss und würdest es gerne wiederholen.“, lächelte er dann, was eher doch schon als Grinsen durchgehen dürfte. Länger darüber nachdenken konnte sie jedoch nicht. Er rutschte plötzlich noch weiter zu ihr und hatte seine Hände an ihre Hüfte gelegt. Katie wollte ihn stoppen. Wirklich. Ganz wirklich! Aber die Wärme die von ihm ausging und sich in ihr ausbreitete, ließ sie in eine Schockstarre verfallen. Doch noch im selben Moment, bevor sie widererwartend seine Lippen auf ihren spüren konnte, hörte sie plötzlich lautstarke Stimmen zweier Schüler, die sich über etwas beschwerten. Katie schluckte den Kloß hinunter und zum Glück, ließ er erneut von ihr ab. Der Moment, der sich so schnell aufgebaut hatte, hatte sich genauso schnell wieder verflüchtigt. Sie schickte Stoßgebete zu Merlin und schaute abermals durch die Stäbe. Bloß schnell diese Situation überspielen und tun, als sei nichts gewesen. Katie richtete ihr Blick daher viel lieber nach unten und erkannte dort dann Davies und Diggory, die panisch ihre Sachen suchten. Dabei konnte sie wunderbar ihren Dialog verstehen. „Wer denkst du, steckt dahinter?“, fragte Davies angesäuert und suchte in den Büschen, nach seinen Klamotten. „Keine Ahnung,... wie kam der Brief denn zu dir?“, fragte der blonde Hufflepuff und rieb sich über die Arme. „Ein Zweitklässler aus meinem Haus, hat mir den gegeben. Er konnte mir aber nicht sagen, von wem er kam. Bei dir?“ „Das Teil war einfach in meiner Schultasche drin. Vermutlich hat derjenige ihn mir zum Mittagessen zugesteckt.“ „Ich wette darauf, dass Bell damit drinhängt!“ „Katie? Niemals...“ „Ach, komm schon, Cedric! Bell ist die Einzige, die so einen großen Hass auf uns beide schiebt.“ „War ja auch nicht ganz so korrekt, was du gemacht hast, Roger.“ „Zieh jetzt ja nicht den Schwanz ein! Du hast mitgemacht!“ „Mach ich gar nicht, aber wir wollten Wood in die Bibliothek locken, nicht sie. Du hast sie regelrecht sexuell belästigt. Sie ist fünfzehn...“ „Das hat dich ja auch nicht gestört, als du mit Chang angebandelt hast.“ „Mit dem Unterschied, dass sie mich nicht abgelehnt hatte.“ „Was willst du von mir, Ced?! Ich bin kein Heiliger, okay?!“, rief er wütend, „Und Bell ist nun mal heiß. Was spricht dagegen?!“ „Du hättest einfach nicht weitermachen sollen, nachdem sie dir schon einen Korb gegeben hatte.“ „Merlin, Ced. Zieh den Stock aus'm Arsch und hilf mir lieber, unsere Klamotten zu finden!“ „Wenn Katie damit zutun hat, werden wir die nie finden.“ „Ich mach sie fertig, ich sag's dir. Diese Halbblut-Schlampe kann was erleben...“ Katie schluckte hart. Okay. Das die beiden sauer sein würden, war abzusehen. Aber irgendwie breitete sich ein unwohles Gefühl in ihr aus, wenn sie Davies so in rage reden hörte. „McGonagall in Anmarsch.“, hörte sie Flint leise sagen und erst jetzt fiel ihr wieder ein, dass er ebenso anwesend war. Sie schaute zur Brücke und erkannte tatsächlich ihre Hauslehrerin, die direkt auf die beiden Kapitäne zulief. Ohne ihren Blick abzuwenden, tastete sie zu ihrem Mobilgerät, welches sie auch direkt fand. Sie löste den Anschluss der Kopfhörer, worauf die Musik sofort stoppte. Sie schloss ihren Musikplayer und öffnete dafür die Kamera. Hielt ihr Smartphone den beiden entgegen und zoomte noch ein bisschen näher heran. „Was machst du da?“, fragte Flint. „Fotos. Das beste Druckmittel, falls Davies noch was fieseres einfällt.“, murmelte sie vor sich hin. Doch kaum das erste Mal auf den Auslöser geklickt, blitzte es und Katie fluchte leise, bevor sie abrupt aus dem Sichtfeld gezogen wurde. Gerade noch rechtzeitig hatte Flint sie vom Geländer weggezogen, bevor vielleicht Diggory oder Davies sie beide erblickten. Denen war das Blitzlicht sicherlich aufgefallen. Sie bemerkte seinen grimmigen Blick. „Sorry, hab vergessen den Blitz auszuschalten.“, murmelte sie daraufhin. Eine Antwort von ihm kam nicht. Dafür aber Professor McGonagalls herrische, schrille Stimme. „Was bei Merlin, treiben zwei Siebtklässler, nachts außerhalb des Schlosses, Mr. Diggory? Mr. Davies?“ „Ehm... schwimmen, Professor?“ „Um Mitternacht?“, kam es eine Oktave höher, „Konnten Sie sich nicht zu einer angemessenen Uhrzeit zum Planschen verabreden?“, fragte sie und Katie hörte den sarkastischen Unterton tief in ihrer Stimme, „Fünfzig Punkte Abzug für jeden von Ihnen! Machen Sie, das sie reinkommen!“ „Aber, Professor... unsere Kleidung...“, begann Diggory, doch verstummte, als er den strengen Blick seiner Verwandlungslehrerin sah. „Das haben Sie sich selbst zu zuschreiben. Zack, zack, die Herren!“, zeigte sie in Richtung des Schlosseingangs, „Und damit Sie mich auch richtig verstehen, können Sie sich beide von Ihren Sportaktivitäten verabschieden.“ „Aber, Professor!“, stieß der Ravenclaw nun entrüstet aus. „Keine Widerworte, Mr. Davies. Zwei Spiele, wie auch schon Mr. Flint und Miss Bell zuvor. Was ist denn in diesem Jahr los mit Ihnen allen?!“, keifte sie weiter. Doch zugleich wurden die Stimmen leiser, da sich alle drei immer weiter entfernten. Katie sah sich derweil das gemachte Foto an. Es war zum Brüllen. Wie sie dort standen. Begossen, wie zwei nasse Pudel. Sie überlegte schon fieberhaft, ob sie es schaffte das Foto irgendwie auszudrucken. Sie könnte es ihrem Vater zuschicken und fragen... obwohl. Nein. Besser nicht. Was würde er von seiner Tochter denken, wenn sie zwei Kerle, halbnackt fotografierte und bat ihn das auf Papier zu drucken?! Gab es vielleicht einen Zauber, bei dem sie das Abbild auf ein Pergament kopieren ließ? Darüber sollte sie sich die nächsten Tage in der Bibliothek schlau machen. Vielleicht könnte sie Hermione danach fragen. Sie war schließlich Muggelgeborene und kannte sich ebenso bestens mit der Technik der Muggel aus und war ein Ass im Zaubern. Oder, sie fragte Professor Flitwick. Das fiel doch bestimmt unter Zauberkunst. Sie müsste ja das spezielle Foto nicht erwähnen. Nur rein... theoretisch danach fragen. Die Gryffindor war so in ihren Gedanken und Überlegungen versunken, dass sie mal wieder kaum etwas von ihrem Zeitgenossen mitbekam. Erst das leichte Räuspern, ließ sie herumfahren. „Was?“ „Egal, was du dir da ausdenkst. Vergiss es. Du kommst damit in Teufelsküche, Bell.“ „Wieso das denn?“, fragte sie schnell nach und hörte ihn leise Seufzen. „Das hier war zwar ziemlich amüsant, aber ich würde es auch dabei belassen. Diggory und Davies sind nun auch gesperrt. All das, was wir erreichen wollten. Lass gut sein.“ „Du hast keine Ahnung.“, murmelte sie dann missmutig und sah von ihm ab. „Dann erkläre es mir.“ „Wieso sollte ich? Das ist meine Angelegenheit und geht dich überhaupt nichts an.“, zischte sie. Ihre Stimmlage war um mehrere Grad gesunken. Wieso machte Flint plötzlich einen auf Moralapostel? Was war eigentlich überhaupt mit ihm los? Sonst war er sich doch nie zu schade, für einen fiesen Schachzug. Außerdem konnte es ihm doch völlig egal sein. „Treib es mit Davies nicht auf die Spitze, Bell. Du weißt nicht, mit wem du dich da anlegst.“ „Ach und du weißt es, oder wie?“ „Glaub mir. Davies ist zwar ein Ravenclaw, aber er hätte genauso gut auch in Slytherin eingeteilt werden können. Ich kenne ihn länger, weit über meine Schulzeit hinaus. Er hat dich schon auf dem Kieker. Mach's nicht noch schlimmer.“ Ihr war durchaus bewusst, dass er sie warnte. Aber im Endeffekt, ging es ihr doch gar nicht um Davies. Ihn wollte sie nicht weiter in die Scheiße reiten. Sie wollte einfach gar nichts mehr von ihm. Das Foto, welches sie machte, diente einem ganz anderen Zweck, den sie Flint aber sicherlich nicht auch noch auf die Nase binden würde. „Bell...“, begann er erneut, nun mit einer etwas ruhigeren Stimme, „Mit ihm ist wirklich nicht zu Spaßen.“ „Meine Güte, es geht mir nicht um das Arschloch, okay?!“, rief sie dann wütend ihm entgegen und verteufelte sich zugleich selber. Wieso konnte sie sich nicht einmal an ihren eigenen Vorsätzen festhalten? Flint musste sie nur ansehen und einfach alles brach aus ihr heraus. Als hätte er ihr Veritaserum beim Mittagessen untergejubelt. Das war doch zum Verrückt werden! „Geht's nicht?“, fragte er verblüfft nach, „Um was denn... Moment. Wieso um Diggory?“, entschlüsselte er ihre gesagten Worte. „Das geht dich nichts an.“, schoss es direkt zurück und sammelte ihre Knopfkopfhörer ein, „Wie oft noch?“ Warf diese in ihre Tasche und gabelte auch jeglichen Müll auf, sowie die angebrochenen Fresspakete. „Hey...“ „Nochmal Flint, es geht dich nichts an.“ „Doch, geht es sehr wohl. Warum hast du so einen großen Hass auf Diggory? Er hat doch nur Davies erfundene Geschichte bestätigt...“ Katie war gerade dabei ihren Aufsatz in ihre Tasche zu stopfen. Dabei war es ihr egal, ob dieser zerknitterte. Musste sie das eben noch einmal sauber abschreiben. War ihr jetzt egal. Doch abermals sprach er sie an und hielt sie sogar davon ab, weiter ihre Sachen einzupacken. Seine Hand berührte ihre Handgelenk und es schien, als würde sich ein Knoten lösen. Sie sah ihn nur kurz an, bevor sie ihr Schweigen erneut brach. „Weil er der Grund ist, das Cho kein Wort mehr mit mir redet.“ „Chang?“ „Kennst du sonst noch wen, mit dem Namen?!“, fauchte sie schon fast so schrill, wie McGonagall zuvor. „Okay... und... wieso?“ Sie wollte wirklich den Mund halten. Wollte ihm nicht noch mehr, aus ihrem Privatleben erzählen. Er brachte sowieso schon viele ihrer Gedanken durcheinander. Ihr ganzes Weltbild über ihn bröckelte und war kurz vorm Einsturz. Aber sie konnte es abermals nicht aufhalten, da sie das schon zu sehr und zu lange belastete. „Letztes Jahr... da... hat er mich abgefangen und... hat mich dumm von der Seite angemacht. Da war er schon mit ihr zusammen und dann...“, machte sie kurz eine Pause, „Ich hab ihn beobachtet, wie er öfters zu ihr sagte, das er keine Zeit hätte und am Ende mit irgendwelchen Tussis abzog.“, sprach sie schnell hinunter, „Ich konnte es mir einfach nicht mehr mit ansehen, wie er sie nach Strich und Faden verarscht. Ich hab es Cho gesagt, auf meine direkte Art und Weise eben, aber sie hat mir kein Stück geglaubt.“, knirschte sie, „Stattdessen hat sie mich beschimpft und behauptet, ich wäre eifersüchtig.“, zischte sie leise abfällig, „Das Beste war aber, als sie anfing über meine Herkunft abzulästern.“, schloss sie ihren Vortrag, „Und das jedes mal, wenn ich auch nur an ihr vorbei gelaufen bin.“, mit einem bitteren Nachgeschmack. Fast schon automatisch zog sie ihr Smartphone zu sich und holte es aus dem Standby-Modus. Das Foto, immer noch als Hintergrund zu haben, war ein Widerspruch in sich. Das wusste sie. Aber sie konnte einfach nicht los lassen. Cho hatte so harte Sachen gesagt und sich nicht nur einmal seitdem über sie lustig gemacht. Dabei war sie einer der wenigen Freundinnen, die sie außer Leanne, noch zu sich nach Hause einladen konnte. Ohne dass sie sich jemals daneben benahm, oder Angst haben müsste, die Nachbarn würden auf sie aufmerksam werden. „Was hast du mit dem Foto vor?“, fragte der Schwarzhaarige erneut und sie merkte den stechenden Blick von ihm. „Ich werd's schon nicht öffentlich irgendwo in die Große Halle hängen. Ich zeig es nur ihr. Damit sie mir endlich glaubt.“ „Was beweist das Foto denn?“, fragte er jedoch weiter, „Das ist eine Schnapsidee. Darauf ist nichts zusehen, außer dass er mit Davies am Ufer des Schwarzen Sees steht. Außerdem...“, sagte er und stoppte kurz, bevor er wieder seufzte, „Bist du so erpicht darauf, eine Freundin zurückzugewinnen, die dich aufgrund deines Blutstatus Monatelang erniedrigt hatte? Darauf kannst du echt verzichten, Bell.“ „Warum gibst du dich dann mit mir ab?“ Dieser Satz kam so schnell über ihre Lippen gerutscht, dass sie es nicht einmal bereute. Im Gegenteil. Plötzlich war es so einfach, ihm knallhart ins Gesicht zu sagen, was sie von ihm hielt. Das sie nicht verstand, wieso er ein so großes Interesse an ihrer Person hatte, obwohl das all die Jahre nicht zu sehen war. Das bittere daran war, dass er es vermutlich nie gezeigt hätte, wenn sie sich diesen perfiden Plan mit Davies und Diggory nicht ausgedacht hätte und ihn einweihte. Denn sie ging auf ihn zu. Nicht andersherum! „Also sag mir, Flint. Kann ich darauf verzichten?“ Er blieb stumm. Das erste Mal, seit dieser Nacht, hatte sie ihm wortwörtlich den Wind aus den Segeln genommen. Aber gut so. Nach seiner Meinung konnte sie auf solche Menschen ja verzichten. „Dacht ich mir.“, murmelte sie und schloss ihre Tasche, nachdem sie ihr Mobilgerät ebenso dort hineingeworfen hatte. Sie stand auf. Etwas unbeweglich, da sie schon zu lange in der Position verweilt hatte. Aber sie blendete es aus. Sie wollte nur noch schnell weg hier. Weit weg von ihm. Denn... warum auch immer, spürte sie die Tränen schon kommen. Sie schluckte es verzweifelt herunter. „Bell, warte...“, fand er dann seine Stimme wieder und rief ihr hinterher, als sie gerade die Wendeltreppe erreichte. Doch auch das ignorierte sie. Eilig lief sie die Stufen hinunter und erst auf halber Strecke, ließ sie ihre Tränen dann endlich ihren freien Lauf. ƸoƷ ______________________ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)