Nanamin von Knightwalker ================================================================================ Kapitel 13: ------------ "Ich verstehe ja, dass ich Ihnen sagte, dass Sie mich bei jeder möglichen Mission einsetzen können, bei der ich auch nur irgendwie in Frage komme.", begann Suzuki und verschränkte die Arme vor der Brust, während sie den Kopf unbegeistert zur Seite neigte. "Doch warum gerade mit Satoru Gojo? Der Auftrag ist für einen Zweitrang, ein Spezialrang ist dabei doch vollkommen unterfordert." "Ich verstehe den Punkt, allerdings benötigen wir für den Motel Fall nun mal ein Pärchen und Gojo hat sich sogar selbst dafür angeboten." erklärte Yaga ruhig und blieb ungerührt an seinem Schreibtisch sitzen. "Aber das ist doch-", setzte sie erneut an, wurde allerdings sehr schnell ausgebremst. "Möchtest du etwa doch keinen Außendiensteinsatz?", kam es nur ungewohnt unterkühlt vom Rektor, woraufhin Suzuki jeglichen Widerstand aufgab. "Doch, natürlich." antwortete sie nach einem Moment ruhig und nahm wieder Haltung an. "Der Ort ist bekannt. Es handelt sich wohl um einen Fluch, der es hauptsächlich auf Paare abgesehen hat. Die genaue Planung übernimmt Gojo, setze dich bitte diesbezüglich mit ihm in Kontakt." "In Ordnung.", erwiderte die Grauhaarige lediglich und verabschiedete sich knapp, bevor sie das Büro verließ. Eine Mission mit Satoru Gojo. Ein Umstand, dem sie gerne aus dem Weg gegangen wäre. Normalerweise handelte es sich dann um sehr schwere, komplexe und gefährliche Missionen, doch in diesem Fall würde er sich wohl nur amüsieren und ihr nur den letzten Nerv rauben wollen. Schon jetzt spürte Suzuki, wie ihr Blutdruck anstieg und ihr Kopf wie doof ratterte. Warum hatte dieser Mann Interesse daran mit ihr zusammen zu arbeiten? Etwa wegen ihres Ausrutschers vom letzten Mal, als sie die Kontrolle verloren hatte? Überraschenderweise war kein neuer Tratsch von seitens der Familien gekommen. Also hatte der Weißhaarige wohl dichtgehalten. Doch warum würde er sonst dafür sorgen, dass er gemeinsam mit ihr eine Mission hatte? Sie wurde von den Familien offen genug als Schummel-Jujuzist gehandelt. Sie kritisierten, dass Suzuki ihren Rang nur innehätte, weil sie eine einfache Sphäre errichtet hatte, dass bisher nur ein einziges Mal und dann auch noch unbeabsichtigt. Solche Kommentare nagte ordentlich und Suzuki hatte sie nicht einmal wirklich bestreiten können. Also warum sollte Gojo, ein Mitglied der Familien, nun aus heiterem Himmel eine Mission mit ihr machen wollen. Wollte er nach ihrem Ausraster wissen, wie unfähig sie wirklich war? Sollte er für die obersten Auskundschaften? Dabei gehörte er doch den Unkonventionellen an, also warum sollte er-… "Möchtest du noch lange die Tür versperren?" Suzuki fuhr zusammen und blickte in die Richtung der Stimme. Der Mann mit der Augenbinde hob grüßend die Hand. "Jo, Nanami-chan. Schön dich zu sehen!", stellte er grinsend fest, wobei seine Stimme gespielt zuckersüß klang. Die Jujuzistin blickte etwas verdattert drein. "Ich wusste gar nicht, dass wir uns so nah stehen, 'Satoru'.", sprach Suzuki bemüht ruhig, wobei sie sich einen Schritt von ihm und der Tür entfernte und sich ihm nun frontal entgegenstellte. "Immerhin gehen wir doch übermorgen auf ein Date. 15 Uhr. Ich habe gehört, du isst gerne Kuchen, zufällig kenne ich dafür den perfekten Laden!" Die Grauhaarige brauchte einen kurzen Moment, um die Richtung dieser Unterhaltung zu verstehen... Sie begriff allmählich. So sah also scheinbar eine Missionsbesprechung mit Gojo Satoru aus. Gut zu wissen, dachte sie für sich selbst. "Ich hoffe doch, du als mein 'Date' lädst mich ein?" fragte Suzuki nach einem Augenblick und grinste. Mit Sicherheit konnte man ihr ihren Geiz im vollen Maß in den honigfarbenen Augen ablesen. "Selbstredend. Zieh dir doch auch bitte etwas Schickes an. Ich möchte dich mal in etwas anderem als deinem schwarzen Anzug sehen. Vielleicht ein süßes Kleid." "Ich schau mal, was sich machen lässt. Gleiches gilt dann aber wohl auch für dich.", erklärte sie und schauderte bei dem Gedanken, dass er sie scheinbar schon öfters als dieses und letztes Mal gesehen hatte. "Das klingt doch fair.", stellte Gojo begeistert fest und ging nun zur Tür des Direktors. "Ich melde mich.", verabschiedete er sich mit einer albernen Kussmiene und trat ins Büro. Es dauerte einen Moment, bis Suzukis gezwungen ruhiges Gesicht fast komplett rot vor Wut wurde und sie angepisst gegen einen der Sessel im Wartebereich vorm Büro trat. "Dieser- Ahhrg!", knirschte sie und raufte sich die Haare. Schon jetzt raubte der Typ ihr den letzten Nerv und ließ ihr graues Haar gefühlt noch grauer werden. Suzuki wusste zwar, dass eine Nachricht von Gojo kommen würde, als dann am nächsten Tag allerdings ein bunter Blumenstrauß auf ihrem Schreibtisch stand, als sie die Büroräume betrat, schaute sie doch ziemlich doof aus der Wäsche. Obwohl sie die Blumen allein wegen Gojo am liebsten geradewegs in den Müll gefeuert hätte, wäre es zu schade um diese gewesen. Seufzend begutachtete die Grauhaarige die Pflanzen. Vermutlich hatte er von jeder Blume im Laden eine genommen, damit die Wahrscheinlichkeit höher war, dass auch wenigstens eine dabei war, die sie mochte. Ihr selbst wäre ein Blumentopf bald lieber gewesen, dort musste sie den Pflanzen wenigstens nicht schon nach ein paar Tagen beim Sterben zusehen... Allerdings änderte es nichts daran, dass Suzuki keine Pflanzen von Gojo wollte. Bevor sie den Strauß nahm und sich auf die Suche nach einer Vase machte, fiel der Assistentin eine kleine Karte auf, die mank der Blumen positioniert war, und zog sie etwas skeptisch heraus. Gojos geschriebenes Geschwafel überflog sie schnell und vergaß es direkt wieder, lediglich ihren morgigen Treffpunkt merkte sie sich, bevor sie, wenigstens das Kärtchen, genüsslich in ihren Papierkorb feuern konnte. Die Tür klappte. "Blumen?", fragte ihr blonder Kollege, als er ebenfalls das Büro betrat. Diese ruhige, tiefe Stimme schaffte es beinahe immer Suzukis komplett schlechte Laune einmal um 180 Grad zu wenden. Sie blickte von der mittlerweile mit Wasser gefüllten Blumenvase zu Nanami, der die Büroräume betrat und musste unweigerlich lächeln. "Sie scheinen dir zu gefallen.", schlussfolgerte der Blonde falsch aus ihrer Reaktion. Suzuki wollte protestieren, doch sein nächster Kommentar unterbrach sie, "Sieht irgendwie zusammengewürfelt aus.”, schob er lediglich noch hinterher. Schmerzhaft ehrlich wie immer. Zum Glück hatte sie mit der Zusammenstellung des Blumenstraußes nichts am Hut gehabt. "Stimmt wohl." erklärte Suzuki amüsiert. "Etwas, dass mich länger begleitet, hätte mich mehr gefreut.", fügte sie an und platzierte die Blumen auf ihrem Tisch. Genau neben einer kleinen Topfpflanze, die sie einst von ihrem Kollegen bekommen hatte. „Hast du heute auch wieder so viel zu tun?“, fragte er und kam zu ihrem Schreibtisch hinüber und lehnte sich neben ihr ein wenig dagewesen, während er mit ihr sprach. „Keine Sorge, es ist nicht mehr als sonst, aber zum Glück endlich wieder ein Außeneinsatz.“, erklärte sie trotz des Stresses etwas lächelnd. "Vergiss bitte nicht-", begann Nanami ihr erklären zu wollen, aber Suzuki unterbrach ihn dieses Mal, „Keine Sorge.“, begann sie. Er wollte sie doch ohnehin wieder nur daran erinnern, dass sie sich pünktlich um seinen Bericht kümmern sollte. Da sie es vor zwei Wochen stressbedingt vergessen hatte. "Ich habe den aktuellen Bericht schon fast fertig. Ich lege ihn spätestens zur Mittagspause auf deinen Platz.“, erklärte sie selbstsicher grinsend und startete ihren Rechner, bevor sie allmählich Richtung Tür steuerte. “Willst du einen Kaffee? Ich gehe in die Küche, einen Tee kochen.", fragte sie und entfernt sich langsam immer weiter von ihm. "Gerne.", antwortete Nanami nach einer kurzen Pause gewohnt wortkarg und begab sich zu seinem eigenen Schreibtisch. Eilig begab Suzuki sich aus dem Raum, um so schnell wie möglich wieder zurück zu sein. Der Blonde sah ihr nur wortlos hinterher, wobei man ihm seine Gedanken ganz klar von seinem zerknitterten Gesicht ablesen konnte: 'Sicher hat sie es vergessen'. Und er sollte recht behalten, sie hatte ‘es‘ wirklich vergessen. Seit Suzuki am Abend beim Duschen auf die Idee gekommen war, dass Nanami sie vielleicht doch auf etwas Wichtigeres als seinen Bericht hinweisen wollte, hatte sie der Gedanke nicht mehr losgelassen. Aber was konnte es gewesen sein, dass sie nicht vergessen sollte? Die letzten Wochen waren ungewohnt stressig gewesen, eben weil sie Yaga beweisen wollten, dass sie wieder in den Außendienst konnte. Also lud er sie mit Arbeit voll. Er wollte sie austesten, immerhin war sie besonders anfällig für Stress und somit auch ihre Fluchkraft. Jetzt, wo die Jujuzistin von sich behauptete, in der Lage zu sein, wieder Missionen zu betreuen, sah der Direktor seine Chance ihren Willen zu testen. Aber Suzuki war sich sicher, wenn sie Missionen bloß wieder als ihren Alltag betrachten könnte, würde sich ihre Fluchkraft fügen. So die Vermutung. Aber dementsprechend konnte sie Yaga nichts Festes dafür ihre These liefern, also blieb er ihren Bitten gegenüber unbegeistert. Eine unstabile Assistentin wäre einem Jujuzisten keine große Hilfe. So wie damals war es aber auf keinen Fall mehr. Das musste auch Yaga gemerkt haben. Nach ihrer Begegnung mit Sakushi in Nakameguro hatte sie lange gebraucht, um zu verarbeiten, dass Kechi bei ihrem Auftrag in ihren gemeinsamen Akademiezeiten nicht gestorben war, so wie es damals leichtfertiger Weise vermutet worden war, nachdem ihr Körper nach dem Vorfall nicht aufzufinden war. Damals war Suzuki zwischenzeitlich nur noch eine Gefangene ihrer Hilflosigkeit. Es fiel ihr schwer aufzustehen, sich Essen zu zubereiten oder gar sich zu waschen. Alles war lästig und nichts schien, als wäre es notwendig. Aus diesem Loch hatten sie vor allem die Unterhaltungen während Ieiris Untersuchungen und die Besuche von Nanami geholt und ihr ein etwas Licht in ihre damalige Dunkelheit zurückgebracht. Während die Sitzungen mit Shoko unter der Woche waren und ihr allmählich wieder Routine schenkten, traf sie Nanami am Wochenende. Eigentlich wollten ihr Kollege und sie dies weiterhin beibehalten, doch jetzt ließ Yaga ihr scheinbar nicht einmal für diese kleine Freude Zeit. … Vielleicht wollte Nanami ihr ja mitteilen, dass er sowas für diese Woche wieder einplanen wollte. Und sie hatte ihn eiskalt unterbrochen, weil sie zu überzeugt von sich selbst geworden war … Oder wollte er ihr vielleicht doch eher sagen, dass er das nicht mehr wollte und sie etwas missverstanden hätte?! Dieser Gedanke ließ sie, einmal gedacht, nur noch nervöser werden, als sie ohnehin schon war. Die mittlerweile im Bett weitergrübelnde Suzuki raufte sich entnervt die Haare und rollte sich von einer auf die andere Seite. Sie musste dem morgen auf jeden Fall auf den Grund gehen! Über eine Idee, wie sie das am unpeinlichsten anstellen könnte, grübelte sie, bis ihr Wecker klingelte. Das ganze Aufstellen und Umstoßen von Gedanken bringt allerdings nur dann etwas, wenn Nanami überhaupt in der Akademie wäre und wie Suzuki feststellte, nachdem sie das Büro betrat und sich die müden Augen rieb, war er es nicht. Und scheinbar war er den gesamten Tag über nicht im Gebäude. Der Blonde war wohl wieder auf einer Mission mit Ino -dem Frischling, der vor kurzem seinen Abschluss an der Akademie gemacht hatte-, wie Ijichi ihr bei einer kleinen gemeinsamen Pause am frühen Nachmittag berichtete. Ein etwas bitteres Gefühl stieg ihr aus der Magengegend hinauf. In letzter Zeit kam es immer häufiger, wenn sie hörte, dass er mit jemandem auf Mission war. Es unterschied sich etwas von dem Gefühl, dass sie verspürte, wenn er einfach nur nicht da oder allein bei einer Mission war. Wobei keines davon auch nur ansatzweise angenehm war. "Aber sag mal Suzuki", begann Ijichi, als er die Tassen von seinem und ihrem Schreibtisch zusammenräumte, und deutete auf die Uhr an der Wand, "bist du nicht schon durch für heute? Geh lieber heim und leg dich etwas hin. Du siehst heute ziemlich fertig aus.", schlug der sich stets um sie sorgende Ijichi vor. "Selbst wenn, daraus wird eher weniger was. Ich bin nachher noch bei einer Mission, da lohnt sich das Schlafen leider nicht.", begann die Grauhaarige und räumte nebenbei langsam ihre Sachen zusammen. Ijichi schien ein regelrechtes Aha-Erlebnis zu haben, als sie das aussprach. Er sagte allerdings nichts weiter dazu. Er hatte wohl eins und eins zusammengezählt. Und besonders gesprächig über Missionen, die sie ärgerten, wie diese, war Suzuki ja ohnehin nicht, das wusste er. Sie tauschten lediglich noch Floskeln und Grußformeln aus und gingen ihrer Wege. Gespräche mit Ijichi waren stets angenehm. Sie machten Suzuki weder unruhig, noch wurden sie mit der Zeit anstrengend. Es war fast schon faszinierend, wie gut er sie verstand, allerdings kannten sie sich ja auch seit ihrem ersten Jahr an der Akademie, da ist so etwas sicher nicht ungewöhnlich. Ganz anders war das bei manch anderen Kollegen. Das gute Gefühl verließ sie augenblicklich, als sie bloß daran dachte, wen sie eigentlich mit anderen Kollegen meinte und welcher bei ihrer heutigen Mission auf sie wartete. Als Suzuki zehn vor drei schon vor dem vereinbarten Café stand, schaute sie einen kurzen Moment skeptisch drein. Es war so kitschig und zuckersüß, dass es schon fast einem Themen- oder Maidcafe gleichkam. Allerdings hatte sie im Endeffekt auch dagegen nichts gehabt, solange der Kuchen schmeckte. Essen war ihre Schwachstelle. Essen, dass ihr nichts kostete, sogar umso mehr. Das Einzige, was sie nun interessierte, war, ob Gojo es ausgesucht hatte, weil er diesen Style mochte oder weil er davon ausging, dass sie so etwas mochte. Erneut blickte sie auf die Uhr an ihrem Handgelenk, bevor sie eine kleine Falte ihres hellbraunen Hemdes glatt Strich. Dabei steckte dieses locker im hoch sitzendem Bind ihrer Hose. So wirkte es nicht zu streng, dennoch wollte sie Gojo feinere Kleidung nicht zugestehen, obwohl sie auch gerne Kleider oder Röcke trug. Sogar ihr Haar strich sie provisorisch noch einmal aus dem Gesicht, als musste sie Sorge haben, dass ihr Aussehen für dieses Treffen ausschlaggebend wäre. Es verging noch etwas Zeit, bis sie aus dem Augenwinkel wahrnahm, dass sich ihr dort jemand näherte. "Du bist ja schon da.", sprach die näherkommende Stimme Gojos. "Aber ich hörte schon, dass du sehr pünktlich sein sollst.", fügte er sein Lächeln lächelnd an. Suzuki hatte sich zu ihm umgewandt und ihm nur grüßend zugenickt. "Nanami-chan, wir sind heute auf einem Date, ein bisschen mehr Mühe musst du dir schon geben.", erklärte Gojo noch immer doof lächelnd. Suzuki zog eine Augenbraue hoch und blickte genervt zu ihm auf. "Bezahle mich ausreichend und ich füge mich.", erklärte Suzuki trotz allem in ihrer eigentlich üblichen aber gerade doch sehr gezwungenen Art. Ihre Aufmerksamkeit ging nun allerdings zu seiner Kleidung. Er trug ein dunkelblaues Jackett und ein weißes Hemd. Der weiße Kragen klappte an einer Stelle über den Rand. Am liebsten hätte sie es direkt gerichtet. So tat sie es auch bei Ijichi, Nanami und Nitta, die Neue. Letztere kam deutlich häufiger mit einem falsch geköpften Hemd oder einer schlecht gebundenen Krawatte ins Büro als die andere beiden, aber Suzuki war viel zu gern in ihrer 'Mutter' Rolle, als dass sie Nitta deswegen jemals einen Vortrag halten würde. Allerdings war Gojo nicht Nitta. "Ach Nanami-chan, du hast es doch schon einmal geschafft mich Satoru zu nehmen. Das kannst du ruhig beibehalten!", lamentierte der Jujuzist und gestikulierte wild umher, wobei sich der weiße Kragen immer mehr frei kämpfte. "Wenn du nicht weißt, wie man einen Anzug mit einem Hemd trägt, lass bitte die Finger davon. Sowas sieht nicht aus, wenn es nicht ordentlich ist.", meckerte die Grauhaarige, ihr innerer Monk wurde schon jetzt genug provoziert. Sie griff also kurzerhand nach seinem Kragen, richtete diesen sorgfältig und strich ihm über die Schulter des Jacketts. Dabei ignorierte sie gekonnt sein unnötiges Getue. "Oh~ Nanami-chan, du kannst ja richtig-", begann Gojo wieder mit seiner gespielten Art, woraufhin Suzuki ihn durch ein heftiges Ziehen an seinem Jackett unterbrach und finster ansah. “Dabei bist du doch sonst immer so nett zu Leuten im Anzug!”, sprach der Weißhaarige vorwurfsvoll und fast schon wie ein bockiges Kind. "Wie kommst du auf diese Idee?", antwortete sie verwirrt und ging direkt wieder etwas auf Abstand zu ihm, sobald sie fertig war. "Mit den Assistenten und Nanamin kommst du doch gut aus. Da fand ich diese Schlussfolgerung also gar nicht so weit hergeholt.", erklärte er ihr, wieder mit seinem breiten Grinsen. Die Grauhaarige blickte weiterhin nur doof drein, doch gab es auf, es zu verstehen und steuerte kommentarlos aufs Cafe zu. Gojo folgte ihr nur lachend. Scheinbar amüsierte ihr Verhalten ihn. Wie unglaublich lästig. Im Café kaute Gojo ihr gefühlt ununterbrochen das Ohr ab. Auch als der Kuchen und die Getränke kamen, nahm sein Unterhaltungsdrang nicht ab. Er hatte Unmengen von Kuchen, Eis und anderen Süßigkeiten bestellt. Der Kaffee mit fünf Stück Zucker war vermutlich das Ungesüßeste. Die Grauhaarige hatte sich da mit einem Eclair, ein paar Macarons und einem Tee mengentechnisch fast etwas fehl am Platz gefühlt. Suzuki schaltete beim Essen zwischenzeitlich vollkommen auf Durchzug, zu lästig war ihr Gojos Geschwafel. Diese Entscheidung war auf jeden Fall die Richtige gewesen, denn der Kuchen war unglaublich köstlich und sie schaffte es gar nicht ihre Freude darüber zu verbergen. Sein Lachen zog sie dann allerdings zurück in die Realität. "Genau das meine ich! Man kann dir die Emotionen geradewegs vom Gesicht ablesen. Wut, genervt sein, Freude: du zeigst einfach alles frei heraus!", erklärte er noch immer lachend und schob sich das letzte Stück seines ersten Tellers mit vor Zucker triefenden Torte hinter die Kiemen. "Ich mag es offen und ehrlich. Da muss ich doch nicht auf Biegen und Brechen versuchen, so zu tun als würde ich etwas mögen, obwohl ich nicht so empfinde, nur weil ich so anderen gefalle.", erwiderte die Grauhaarige und nahm einen Schluck von ihrem Tee. "Kein Wunder, dass du ein Auge auf Nanami geworfen hast!", sprach ihr gegenüber seiner Beobachtung aus, woraufhin Suzuki sich verschluckte und nervös hustete. "Also wirklich? Dann wünsch ich dir dabei besonders viel Erfolg!", sprach er noch immer mit seinem ekelhaft breiten Grinsen. "Mein lieber Herr Gojo-" "Aber, aber Nanami-chan. Wir waren doch schon bei Satoru.", korrigierte er sie. Schon jetzt hätte Suzuki ihm am liebsten das Grinsen aus dem Gesicht geschlagen. "Satoru", überwand sie sich und ballte die Hände, welche auf der Tischplatte ruhten, zu Fäusten, "sollte irgendeins dieser Worte an Nanami herangetragen werden-" "Kein Problem, liebe Nanami-chan. Bei mir wird dein Geständnis sicher sein, leiste mir doch einfach einmal die Woche bei Tee und Kuchen etwas Gesellschaft.", schlug Gojo vor und ließ sich sein Grinsen nicht durch ihre finstere Miene verderben. So eine billige, aber doch effektive Erpressung hatte er also auf Lager. Wie zu erwarten. Mit einem Mal hätte er sich ja wohl kaum zufriedengegeben, wenn sie ihn scheinbar so amüsierte. Suzuki atmete schwer aus und gab es dann auf. Gegen diesen Gegner hatte sie keine Chance. "Ich lade dich dann natürlich wieder ein.", fügte er an und Suzuki lächelte nur bitter. Sie schaffte es echt nur kurz so zu tun als ob. Gerade jetzt mit Gojo wäre es sicher gut gewesen, diese Fähigkeit zu besitzen. Einen kurzen Moment herrschte Stille, bis der Weißhaarige abermals das Wort an sich riss. "Ich habe gehört, du vertraust ihm blind.", sprach er und freute sich vermutlich über seinen halben Wortwitz, denn niemand wusste besser als Suzuki, dass er es nicht nur umgangssprachlich, sondern genau so meinte. Ihre Schwäche wurde zwischen den Familien offen kommuniziert. Der zu intensive Gebrauch ihrer Fähigkeit ließ die Jujuzistin kurzfristig erblinden. Das war allgemein bekannt. Um dies nicht mehr nur als Nachteil an sich lasten zu haben, hatte sie Nanami gebeten ihre Augen zu sein. Somit vertraute sie ihm bedingungslos ihr Leben an. "Ich vertraue seinem Urteil ohne Einschränkung, ja." "Oho? Du würdest also auch jemanden töten, wenn er es dir sagt?" Das Gespräch entwickelte sich in eine interessante Richtung. Suzuki blickte mit einem finsteren Grinsen zurück in Gojos mittlerweile verhältnismäßig ernste Visage. "Selbst wenn, was interessiert dich das? Besteht etwa die Sorge, dass unter deiner Aufsicht ein weiterer Fluchnutzer aus der Akademie entsteigen könnte?", ihr Grinsen brach ab und wurde wieder zu ihrer üblichen, fast schon ausdruckslos ernsten Miene, "Er verachtet Jujuzisten, aber er ist keineswegs bösartig. Sollte er jemals Mordlust empfinden, ist diese in dem Fall wohl keineswegs unberechtigt…" erklärte sie brummend. Nach einem Moment der Stille kam er mit einem Räuspern zurück zu seinem lockeren Selbst, ignorierte die angespannte Atmosphäre, die sogar die Leute an den Nebentischen mitbekamen und aß weiter. Allerdings tat sie es ihm gleich, als wäre nichts zwischen den beiden vorgefallen. Als zwischendurch eine Kellnerin vorbeikam und einige der Teller abräumte, blickte Suzuki irritiert auf, als sie das Klappern von mehr als drei Tellern vernahm. Hatte er nicht gut die doppelte Menge, wenn nicht sogar noch mehr gehabt? Und er war ebenfalls schon fast fertig? Suzuki verzog ihr Gesicht bei dem Gedanken kurz etwas angewidert. Hatte er überhaupt einen Bissen davon genossen? Wie konnte man etwas so Leckeres nur so verschlingen? "Deine Fluchkraft,", begann Gojo noch fast mit vollem Mund vom letzten Bissen. "Ich spür sie bis hier. Bist du immer so drauf?" Die Grauhaarige blickte ihn schief an, während sie ihre Tasse wieder zurückstellte, obwohl sie gerade einen Schluck trinken wollte. "Ich schätze schon.", antwortete sie, ohne seine Frage komplett verstanden zu haben. "Wie viel könnte das in etwa sein?" "Ich weiß nicht... wahrscheinlich nicht genug." Der Jujuzist sah von seinem leeren Teller zu ihr auf und machte einen skeptischen Laut, bevor er mit seiner Kuchengabel auf seinen Gegenüber deutete. "Du bist echt schwach." Erneut verzog Suzuki ihr Gesicht bitter. Sie wusste, dass sie nicht stark war, aber hören wollte sie es trotzdem nicht. Besonders nicht von Gojo. Während ihrer gesamten Ausbildung hatte sie von keinem Jujuzisten gehört, der wie sie durch zu viel Negativität nicht mehr in der Lage war Fluchkraft anzuwenden. Es ist einfach lächerlich. "Gerade schon wieder. Dein Körper bildet Fluchkraft, aber du gibst sie einfach an deine Umwelt ab. Ähnlich wie ein rauchender Schornstein." "Aha?", erwiderte sie verstimmt. "Schon mal überlegt, sie in deinen Blick zu investieren? Obwohl du nennst ihn doch Scan, oder? Ich habs mir nicht gemerkt, wobei er ja dem sixth eye in mancher Hinsicht ähneln, oder? Vielleicht könnte man ihn ja third eye nennen... Aber das wäre an der Stelle wohl doch zu anmaßend.", wank er lachend ab und sprach so locker, lustig und beiläufig wie immer mit ihr weiter. Und er hatte da echt irgendwo einen Punkt. Also der, mittendrin im ganzen Quark, den der Weißhaarige von sich gab. Dies brachte Suzuki nach einem Moment der Überraschung zum Grübeln. Wie sollte das bitte funktionieren? Wenn sie ihren Scan zu viel nutzte, machten ihre Augen doch Probleme. Aber… beim Rest ihres Körpers war dem nicht so... Oder? Als sie allerdings beim letzten Mal die Fluchkraft in ihre Fäuste konzentriert hatte, hatte sie doch keine solche Probleme… Aber würde das beim nächsten Mal auch so sein? Oder- Gojo musste wohl die tausend Fragezeichen, die um ihren Kopf schwirrten, erkannt haben und lachte. "Ein weiterer Punkt, weshalb wir uns weiterhin treffen sollten: ich könnte dich unterrichten. Ich bin ja immerhin dein geliebter Senpai und auch du sollst deine Vorteile aus meiner Gesellschaft ziehen!" Die Gedanken um ihre Fähigkeit verblassten etwas und sie blickte nun wieder schief zu ihrem Gegenüber. "Erpressung reicht dir wohl nicht als Absicherung, wie?" "Du hast es erfasst.", erwiderte er grinsend und ließ noch einmal seinen Blick schweifen, bevor er allmählich auf sein Handgelenk deutete und ihr damit ein ‚Wir müssen langsam los‘, vermitteln wollte. Stumm nickte sie ihm entgegen und trank ihren Tee aus. Gojo hatte währenddessen gezahlt, wodurch sie etwa zeitgleich fertig waren und aufbrechen konnten. Dann hieß es jetzt wohl endlich arbeiten. Sie haben sich gerade einmal zwei Seitenstraßen weit vom Platz entfernt, an dem das Cafe war, doch schon jetzt war nichts mehr von der belebten Stimmung zu spüren. Alles deutete daraufhin, dass etwas in der Gegend vorgefallen war. "Wie viele 'Unfälle' gehen auf das Konto des Fluchs?", fragte Suzuki, nachdem sie das von einigen Neonröhren erhellte Motel auf der anderen Straßenseite erblickte. "Sieben.", erwiderte Gojo und blickte sie an. "Der Eigentümer hat die Vorfälle erst spät gemeldet. Wollte dem Geschäft wohl nicht noch mehr Schaden, als es der Fluch ohnehin schon tat." "Sehr geistreich.", brummte die Grauhaarige nur verstimmt und zog die Stirn in Falten. "Jetzt mach doch kein so ernstes Gesicht, Nanami-chan.", riet Gojo ihr, legte Daumen und Zeigefinger auf ihre Stirn und schob die Falten amüsiert auseinander. "Immerhin darfst du eine schöne Zeit mit mir verbringen.", summte er grinsend und ließ von ihr ab, nachdem sie seine Hand wegschlug. "Gojo, du nimmst dir zuvi-" "Bleiben wir doch bei Satoru.", unterbrach er Suzuki, welche nun nur noch genervter dreinblickte. Lachend wandte er sich von ihr ab und ging einfach ins Motel voraus. Die Grauhaarige sah ihm einen Moment nach, atmete durch und versuchte die Wut etwas zu untergraben, doch gut funktionieren tat es nicht. Sie folgte dem Weißhaarigen dann, immerhin hatte sie eine Aufgabe zu erledigen. Die Absteige, die sie gerade betrat, war zwar einerseits kein Luxusschuppen aber auch nicht heruntergekommen. Der Besitzer musste sich wohl wirklich Mühen geben, das Geschäft irgendwie am Laufen zu halten. Suzuki nutze einen Moment der Ruhe, in dem der Jujuzist nicht mit dem Angestellten redete, und horchte. Solange wie sie den Fluch nicht hörte, musste sie auch nicht ihre Kraft für ihren Scan verschwenden. Er käme ohnehin nicht über das Foyer hinaus. "Ah~ bist du jetzt etwa doch unsicher? So schüchtern hätte ich dich gar nicht eingeschätzt.", riss Gojo ihre Aufmerksamkeit von der Umgebung wieder auf sich. Er tat scheinbar alles daran, dass die Leute dachten, sie wären hier wirklich auf einem Date. Sollte sie einfach versuchen mitzuspielen? Suzuki wandte sich zu ihm um und rang sich lediglich ein schiefes Lächeln über die Lippen. Der Mann am Tresen hatte sich gerade zu einem Brett mit Schlüsseln gedreht und reichte Gojo einen von diesen. Abgesehen davon hingen scheinbar alle Schlüssel am Holzbrett. Das hieß sie waren hier also wirklich so ziemlich allein. "Als kleine Aufmerksamkeit.", erklärte der Weißhaarige und schob ein kleines Stück Papier über den Tresen zum Mann dahinter. "Wir schätzen Diskretion. Absolute Diskretion. Holen Sie sich einen Kaffee, Sie sehen etwas unentspannt aus." Der Mann wurde beim Anblick des Papiers ganz blass und nickte nur heftig. Er verstand wohl sofort, was dies für ihn hieß, und machte sich daran den Laden zu verschließen. Dieser Typ hatte nicht nur Stärke, sondern auch Macht. Suzuki durfte sich nicht zu viel leisten, allerdings war er diesbezüglich wohl das ungefährlichste Mienenfeld unter den Familien, auch wenn er mit Abstand der stärkste von ihnen ist. Er war allerdings auch besonders schwer für sie einzuschätzen. Einerseits trug er immer so eine dumme Visage und benahm sich wie ein Idiot, andererseits hatte die Grauhaarige auch schon von Geschichten aus seiner Oberschul-Zeit gehört, in der er zum gnadenlosen Berserker wurde. Also musste sie sich wohl mit der Vorstellung abfinden, dass er der ungefährliche gefährliche Part im Ganzen war. "Na komm.", sprach der Weißhaarige und legte einen Arm um Suzuki und leitete sie nun zum Aufzug im Foyer. "Du wirst mutig. Dieser Arm ist dir wohl nicht wichtig.", zischte sie provokativ, wobei die Worte förmlich aus ihr platzten. So viel von ‚sie durfte sich nicht zu viel leisten‘… "Oh doch! Er ist einer meiner zwei Lieblingsarme!", erwiderte er empört, worauf Suzuki sich fast einen Pruster verkneifen musste, und drückte den Knopf, der die Fahrstuhltüren öffnete, woraufhin beide hinein gingen und die Tür sich hinter ihnen schloss. Suzuki blieb kurz noch so neben ihm stehen, doch befreite sich dann wortlos von seinem Arm. "Und ich dachte, ich hätte dich langsam mit meinem Charme um meinen Finger gewickelt.", erklärte er gespielt schmollend. Die Grauhaarige erwiderte nur ein träges seufzen und verschränkte die Arme vor der Brust. Gojo antwortete darauf überraschender Weise nichts. Dabei hatte die Assistentin wirklich mit weiterem Jammern oder Kommentaren gerechnet. Endlich oben angekommen, steckte Suzuki zuerst nur ihren Kopf aus der sich öffnenden Tür, Gojo allerdings steuerte direkt hinaus und ließ den Schlüssel in seiner Hand klimpern. "Na komm, Nanami-chan, wir haben noch einen langen Abend vor uns~", summte er grinsend, woraufhin sie nur verstimmt das Gesicht verzog. Er hatte scheinbar etwas im Sinn und egal was es auch war, es gefiel ihr nicht. „Süße Nanami, bloß nicht so stürmisch~“, summte Gojo und ließ seine Hände unter den Stoff ihres Oberteils und hinauf über ihre Taille gleiten. „Ich erwarte mehr als nur die abgesprochene Zusatzzahlung für diesen Service.“, knurrte Suzuki über ihn kniend, während sie sich mit einem Arm an seiner Schulter abstützt und mit der anderen dem Kragen seines recht weit aufgeknöpften Hemdes packte. „Sei doch nicht so kalt zu mir~“, hauchte er summend gegen ihr Brustbein, als er sich ihr entgegen lehnte. Die Grauhaarige wandte ihr Gesicht unter diesem unbehaglich warmen Gefühl auf ihrer Haut ab. Sie hatte diesem Zirkus nur zugestimmt, weil sie etwas knapp bei Kasse war und unter der Voraussetzung, dass sie die Zügel in der Hand behielt. Aber ob man das nun gerade so nennen konnte, wusste sie auch nicht recht… wohl eher nicht. „Sieh mich doch wenigstens an~“, summte der Weißhaarige jammernd und strich ihre Seite zu ihrem Rücken hinauf. Dabei erkannte man sofort, wie ihr nicht nur Wärme ins Gesicht stieg, sondern auch, wie ein Schaue durch ihren Körper zog. Nichts breitete mehr Unbehagen in ihr aus, als von Menschen, die ihr nicht nah standen, berührt zu werden, ohne dass sie die Berührung kommen sieht. Als seine Hände noch immer auf ihr ruhten, nachdem ihr Körper aus Reflex versuchte seine Griffel abzuschütteln, riss etwas in ihr. „Hört auf!“, zischte sie scharf und zerrte am Kragen seines Hemdes. „Ah~ Nanami-chan~“, summte er grinsend, doch ließ von ihr ab. Die Grauhaarige stöhnte entnervt und ließ seinen Kragen los, um von ihm aufzustehen. „Gehst du?“, fragte er und blickte ihr nach, während sie zur Tür ging. Für einen kurzen Moment blieb sie an der Tür stehen und stieß erneut ein Seufzen aus. „Nein, du bezahlst mich immerhin für den gesamten scheiß…“ „Wo willst du also-” „Ich brauche was zu trinken.“ „Aber in der Minibar ist doch-” „Wasser und Alkohol, genau.“, beendete sie seinen Satz indirekt und blickte ihn an. Er wank leise lachend ab, worauf Suzuki endlich das Zimmer verließ. Sie fuhr sich durchs Haar, als die Tür endlich ins Schloss eingerastet war. Je ein Blick beide Seiten den Gang hinunter genügten ihr, um den altmodischen Automaten zu finden. Während sie ging, scannte sie erneut den Raum. Noch immer bemerkte sie nichts. Nur das strahlende blau, welches von Gojo ausging, störte das Bild ein wenig. War seine Präsenz vielleicht zu stark und verjagte freiwillig den Fluch? Wobei ihr diese Idee zu absurd schien. Endlich am Automaten angekommen, bemerkte sie, dass auch hier der fehlende Betrieb nicht unbemerkt blieb. Er war nur spärlich bestückt. Sie konnte wohl von Glück reden, dass noch ein grüner Tee neben zwei Cola Dosen, verschiedenen Kaffeesorten und einigen kleinen Packungen mit Knabbereien in der Maschine waren. Als die Grauhaarige gerade den Tee aus dem Fach des Automaten ziehen wollte, stockte sie, als ihr Handy in ihrer Hosentasche klingelte. „Suzuki.“, beantwortete sie das Telefon, ohne überhaupt aufs Display zu schauen. „Bist du noch im Büro?“, begrüßte sie das vertraute Brummen ihres Kollegen. „Oh, Kento. Äh … Ja. Warum fragst du?“, sprach die Grauhaarige, scheinbar deutlich aus dem Konzept gebracht. Perfekte Voraussetzungen für Suzuki keine Konzentration finden zu können, um auch indirekt ihren Scan anzuwenden. So merkte sie also nicht einmal, dass ihr ein insektenartiger Fluch das Bein hinaufkletterte. Sie würde sofort erkennen, dass es ein Myrian war. Ein lästiger Fluch, der optisch an einen Tausendfüßler anmutete und stets von Lügen, Eifersucht und Affären angezogen wurde. Doch sie war zu unfokussiert. „Ich warte auf dich.“ „Wieso? Waren wir verabredet?“, fragte sie kleinlaut. War es etwa das, was sie vergessen hatte? Woran er sie erinnern wollte? Wollte er wirklich wieder mit ihr- „Genau. Aber scheinbar war es nicht so wichtig, immerhin warte ich schon eine halbe Ewigkeit. Weißt du überhaupt, wie spät es schon ist?“ Nein, wusste sie nicht. Dieses Motel hatte weder unverhangene Fenster noch Uhren. Ein gutes Hilfsmittel, um die Zeit zu vergessen. Prinzipiell keine schlechte Idee vom Betreiber des Hauses, doch solche Gedanken sollte die Assistentin gerade nicht verschwenden, denn allmählich drängten neben Nanamis Stimme auch noch andere Worte an ihr Ohr. Worte des Betrugs, von Untreue und Eifersucht. Sie wollte gerade auf die Uhr auf ihrem Telefon nach der Uhrzeit schauen, als ihr der ewig lange Körper eines schwarzen Tausendfüßlers, der ihren Arm wie ein Tattoo umwickelte, auffiel. Es stieg Panik in ihr auf. Aus einem Trieb heraus, versuchte sie es mit einem kräftigen Schwung von ihrem Arm zu bekommen, wobei sie lediglich das kleine Telefon aus ihrer Hand schleuderte, denn das Biest harkte sich fest in ihre Haut. Sie biss die Zähne zusammen, verkrampfte ihre Hand und spürte, wie das Vieh ihre Energie anzapfte. „Nana-?“, hörte sie noch leise die besorgte Stimme des Blonden aus dem Lautsprecher des Geräts, bevor sie mit einem leisen Knacken verstummte. Sie packte den Myrian, damit er nicht einfach abhauen konnte. Zuerst versuchte Suzuki ihre Fluchkraft in ihrer Hand zu konzentrieren, doch dieses Vieh zappelt wild geworden und stieß nur noch mehr der spitzen Beine in ihre Haut. Also konzentrierte sie scheinbar genug Fluchkraft, um diesen Fluch nervös zu machen, aber nicht genug, um ihn zu exorzieren. „Sa-toru..“, knurrte sie seinen Namen mit zusammen gebissenen Zähnen. Richtig um Hilfe rufen, schafft sie bei diesem Schmerzpegel nicht mehr, also konnte sie nur zu irgendwelchen Göttern beten und hoffen, dass er es dennoch irgendwie- „Muss wirklich erst ein Fluch an dir knabbern, damit du mich freiwillig so nennst?“, tauchte seine Stimme scheinbar plötzlich neben ihr auf. Gab der Fluch irgendwelche Gifte ab, dass sie ihn gar nicht mitbekommen hatte? Es schien als würde der Weißhaarigen den Fluch einfach wie einen Luftballon mit seiner Hand zerdrücken. Würde Suzuki nicht wissen, dass er das mit ihr auch machen könnte, wäre sie glatt beeindruckt von seinen Fähigkeiten. Durch die fehlenden Spitzen, die bisher ihre Wunden auf gewisse Art und Weise verschlossen hatten, traten nun enorme Mengen Blut aus den Wunden. Gojo griff nach ihrem Arm. Er schien irgendeine Fluchtechnik zu wirken, denn Suzuki spürte dabei regelrecht, wie immer weniger Blut aus den Verletzungen heraustrat. „Ich bin ausnahmsweise nicht gut in dieser Technik, also musst du nochmal zu Shoko und dich ordentlich von ihr behandeln lassen.“, erklärte der Weißhaarige und ließ von ihr ab, woraufhin er endlich die Flasche aus dem Fach des Automaten holte. „Ich habe Ijichi schon Bescheid gegeben, er sollte gleich da sein.“, erklärte Gojo ihr, während sie noch immer ein bisschen abwesend dastand. „… Waren es noch mehr?“, fragte die Grauhaarige träge und blickte ihn an. „Es waren noch weitere bei mir im Zimmer.“, erwiderte er bloß abwinkend und steuerte zum Fahrstuhl. Suzuki wollte gerade zum Aufzug hinüber gehen, als ihr wieder einfiel, dass sie ihr Telefon irgendwo hingeschleudert hätte. Sie sammelte es knapp unter einem fast eingegangenen Blumenkübel auf und stolperte hinüber zu Gojo in die Kabine. Sie versuchte, währenddessen das kleine Telefon zu starten, doch scheinbar ohne Erfolg. Der kleine Rundflug hatte ihm wohl den Rest gegeben. Suzuki seufzte kraftlos und lehnte sich gegen die Wand des Fahrstuhls, wobei sie das Rattern der Maschine spürte. „Ich besorg dir ein neues.“, kam es vom Weißhaarigen, als er ihren Missmut bemerkte. „Darum geht es nicht.“, sprach sie deutlich ruhiger als sonst. Es ging ihr um die Erinnerungen und Bilder, die verloren gingen, wenn sie sich ein neues Telefon besorgte. Der Speicher war zwar nicht enorm, aber dennoch hatte sie vieles dafür gegeben, sich die Dinge ein letztes Mal anzusehen. Die vielen Bilder ihrer Familie und ihres Hundes. Aber vor allem die wenigen Bilder, die sie in den letzten Jahren von Kento machen durfte oder eher heimlich machen konnte. Nach einem prüfenden Blick, als wolle er sicherstellen, dass er ihre Reaktion richtig deutete, nahm er ihr das kleine Telefon aus der Hand und schob es in die Innentasche seines Jacketts. Suzuki blickte ihn träge an, sichtlich unbegeistert von einem möglichen Versuch sie auf die Palme zu bringen. Allerdings hatte sie keinerlei Energie etwas dagegen zu tun. „Es ist wirklich eine Schande, wenn du eine noch tiefere Schnute als sonst schon ziehst.“, sprach der Weißhaarige mit einem spielerischen Grinsen. „Sei still.“, knirschte die Assistentin und verschränkt verstimmt die Arme vor der Brust, wobei ihr deutlich der verwundete Arm schmerzte. Abgesehen davon, dass sie es hasste, auf ihr mitunter sehr unfreundlich aussehendes Gesicht angesprochen zu werden, hatte sie gerade jetzt keinen Nerv für Gojos unnötigen Bemerkungen. Jetzt gerade wollte sie einfach nur weg, doch mindestens der Zwang ihren Arm von Shoko behandeln zu lassen, zeigte ihr die Notwendigkeit, Gojo zur Akademie zu begleiten. So fuhr sie mit Gojo und Ijichi zurück. Und in jedem Moment, in dem sie dort saß, wartete, behandelt wurde und in keinem Moment wusste, ob Kento sich vielleicht unnötig einen Kopf machte oder vielleicht eher noch sauer auf sie war, wurde die Grauhaarige unruhiger. Wobei es Suzuki eigentlich nur darum ging, ihm zu erklären, was los war. Er war doch immerhin sauer, dass sie ihn versetzt hatte, somit war es nur fair, wenn sie es ihm ausführlich erklärte. „Ich habe die Wunde weitestgehend behandelt und bandagiert. Du solltest dir selbst allerdings einen Gefallen tun und den Arm nicht unnötig belasten, damit die Verletzungen nicht aufplatzen.“, erklärte die Ärztin und ließ von Suzukis Arm ab, dessen Verband sie gerade fixiert hatte. „Falls du Schmerzen hast, kann ich dir gerne noch Schmerztabletten mitgeben.“, schlug Shoko vor und wollte schon einer Packung aus einem ihrer Schränke holen. „Alles gut, aber danke.“, sprach die Grauhaarige knapp, aber seufzend und erntete bloß selbige Reaktion von ihrer Freundin. „Es ist löblich, dass du deinen Tablettenkonsum geringhältst, aber nimm wenigstens welche, wenn dir das Einschlafen schwerfallen sollte.“, erklärte Shoko und legte ihre Stirn in Falten. „Ich nehme sie mit, wenn es dich glücklicher macht.“, sprach Suzuki träge, gab jeglichen Widerstand auf und stand nun endlich nach der sich ewig anfühlenden Behandlung auf und verließ das Zimmer. Am liebsten hätte sie augenblicklich geweint, als sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, zu stressig und zu viel waren all die Emotionen, die sie gerade spürte, doch wenigstens noch einen kleinen Moment, bis sie zuhause war, musste sie noch ausharren. Da war so viel, dass sie sagen, tun oder fühlen wollte, doch nichts davon konnte sie gerade zeigen, geschweige denn verstehen oder gar artikulieren. Sie hatte keine gute Herangehensweise für solche Fälle. Die zwei Weinflaschen in ihrer Tüte, die sie zusammen mit etwas Fertigessen im Supermarkt gekauft hatten, sprachen Bände. Vermutlich würde sie zuhause etwas trinken, bis ihr Verstand schwammig wurde und zocken, bis ihr die Augen schmerzten. Erst als Suzuki ihre Wohnungstür aufschließen wollte, schaltete sich der Autopilot ihres Gehirns ab. Sie war skeptisch geworden, als sie bemerkte hatte, dass die Tür nicht verschlossen gewesen war. Hatte sie vergessen die Tür abzuschließen, als sie gegangen war? So öffnete sie, mental schon auf den größten Schreck vorbereitet, die Tür und wurde vom angenehmen Licht ihrer kleinen Lampe empfangen, die zwischen ihrem Bett und dem großen Sessel auf einem Nachttisch stand. Sie stand einfach nur dort in der geöffneten Tür. Versuchte Fassung zu bewahren, sehr gut daran zu erkennen, wie sie sich an ihren Beutel zu klammern versuchte, um ihn nicht vielleicht doch fallen zu lassen. Nanami, der in ihrem Sessel saß, dort, wo sie jetzt eigentlich bei einer Flasche Wein bis in die Morgenstunden zocken wollte, blickte von seiner Lektüre auf, bevor er in einer Bewegung das Buch aus der Hand legte, aufstand und zu ihr hinüberkam. Der Blonde sagte nichts, schloss nur vorsichtig seine Hand, um ihre, die sich an den Beutel klammerte, um ihr diese Last endlich abzunehmen. Vorsicht stellte er die Tüte mit den Einkäufen zu Boden und begutachtet schweigend mit einem bitteren Ausdruck ihren Arm. Vorsicht zog er sie an ihrer Taille zu sich und schloss die Tür hinter ihr, sobald sie nicht mehr mitten im Eingang stand. „… Warum bist du hier…?“, presste die Grauhaarige die Worte hervor, wobei sie mehr als froh war ihn bei sich zu haben. Seinen Geruch, der sich allmählich um sie schloss, versuchte ihr beinahe all die fiesen Gedanken, die sie plagten, zu vernebeln. Zögerlich lehnte sie sich an ihn und spürte wie sich seine Arme vorsichtig um sie schlossen. „Weil ich wollte.“, sprach er nur knapp mit seiner tiefen Stimme und strich ihr mit einer Hand sanft über den Rücken. „Ich bin froh, dass du jetzt auch hier bist.“ Die Grauhaarige fühlte sich, als wäre sie nach einem ganzen Tag in der eisigen Kälte endlich in einen warmen Raum getreten. Jede Faser ihres Körpers wurde bei seinen Berührungen allmählich wieder warm. „… danke…“, sprach Suzuki noch leiser werdend und bröckelte regelrecht in seinen Armen. Sie wollte einfach nur noch weinen. Diese ganzen Gefühle waren viel zu viel. Und seine Worte waren nun der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. So drückte sie ihr Gesicht an seine Schulter und lehnte ihren Körper an ihn. Die Grauhaarige bebte unter Tränen stumm. Nanami verstand dabei wohl sofort, dass für die Assistentin alles ein wenig zu viel war, denn er hielt sie einfach und strich ihr in einem gleichmäßigen Rhythmus über den Rücken. So spürte er auch, wann das Schluchzen, dass das Beben verursachte, verebbte. „Lass mich dir dein Essen aufwärmen.“, sprach der Blonde ruhig und blickte zu Suzuki hinunter. „Wenn du willst, kann ich auch bleiben und dir helfen.“, schlug er vor, wobei er seiner Kollegin wohl keine andere Möglichkeit offenlegen würde, würde sie ablehnen. Doch mit Suzukis zögerlichen Nicken war eine weitere Diskussion ohnehin nicht notwendig gewesen. Gojo hatte extra ein paar Kontakte spielen lassen, um Suzuki ihr Telefon bis zum nächsten Morgen bringen zu können. So stand er frühs an ihrer Wohnungstür und klopfte. Ihm war die Überraschung ins Gesicht geschrieben, als ihm nicht die grauhaarige Assistentin, sondern Nanami die Tür öffnete. „Was gibt’s?“, fragte der Blonde knapp und nutzte das noch etwas irritiert sein seines Gegenübers. „Nanamin, wa-” „Sei leiser, sie schläft.“ Gojo war beeindruckt. Er wusste, dass etwas zwischen den beiden lief, doch nicht, dass es scheinbar schon so viel war. „Hast sie wohl erst spät schlafen lassen, wie?“, erwiderte der Weißhaarige grinsend und erntete nur einen unbegeisterten Blick. „Was willst du?“ „Ich habe Suzukis Schatz retten lassen.“, erklärte sich Gojo, ohne dass der Blonde groß nachhaken musste und reichte seinem Kollegen eine kleine Tüte, in der sich, wie er feststellte, ein Handy befand. Sie hatte Nanami erzählt, dass Gojo es ihr abgenommen hatte, hatte es allerdings als schlechten Streich abgetan. Sie wird sich über diese Entwicklung also wohl freuen. „Sonst noch was?“, fragte der Blonde nach. Auch wenn ihm danach war, wäre es wirklich zu unhöflich gewesen Gojo nun die Tür vor der Nase zu zuschlagen. „Grüße meine liebste Nanami-chan von mir, wenn sie wach ist.“, wank der Weißhaarige mit grinsender Visage ab und warf seinem Kollegen noch einen Kuss entgegen, bevor er sich lachend in Richtung Treppe umwandte und ging. Entnervt seufzend schloss der Blonde die Tür und fischte neugierig das Telefon aus der Tüte. Es war nicht mehr das Modell, dass sie vorher hatte, was also hatte der Depp mit ‚Schatz‘ gemeint. Als Nanami dann allerdings das Display aufleuchten ließ, wusste er warum. Unter der Uhrzeit und dem Datum zeigte sich ein Bild von ihm und Suzuki bei einer ihrer Familienfeiern, auf der sie gemeinsam waren. Vielleicht hatte ihr Bruder oder ihre Mutter das Foto gemacht. Eigentlich auch vollkommen egal. Alleine der Fakt, dass das scheinbar ein Schatz für sie war, gab dem Blonden ein warmes Gefühl in der Brust. So legte er das Telefon beiseite und ging wieder zurück. Eigentlich wollte er sich in den Sessel neben ihr Bett setzen und lesen, damit sie ungestört ausschlafen konnte, doch wie er sie zwischen Kissen und Decken so bequem zusammen kauern, sah, war sein Entschluss zurück zu ihr ins Bett zu steigen sehr schnell gefallen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)