Nanamin von Knightwalker ================================================================================ Kapitel 10: ------------ „Hier hast du die Zusammenfassungen der Meetings, die du verpasst hast.“, erklärte Ijichi und deute auf einen Stapel Papier auf Suzukis Schreibtisch. „Ende der Woche ist leider schon das nächste, es wäre gut, wärst du bis dahin auf dem aktuellsten Stand. Die Bestellung der neuen Schuluniformen möchte Yaga ab diesem Jahr in deine Hände legen. Dadurch, dass du für die Außeneinsätze wegfällst, sollst du erst einmal mehr arbeiten im Büro übernehmen. Ich hoffe, dass ist in Ordnung für dich?“, fragte der Schwarzhaarige gewohnt unruhig aber dennoch geordnet und blickte seine Grauhaarige Kollegin an, die versuchte zwischen den verschiedenen Papieren und Klebezetteln auf ihrem Tisch einen Sinn oder gar einen Zusammenhang zu finden. „Wird schon.“, erwiderte sie knapp lachend und strengte etwas ihre Augen an, um weiterhin einigermaßen klar sehen zu können. Ihr Augenlicht war zwar schon lange wieder da, doch noch immer spielten ihre Auge ihr streiche. So hatte sie manchmal das Gefühl, als würden sie ihren Fokus verlieren oder nicht scharf stellen wollen. „Wenn du Probleme hast, gib mir einfach Bescheid.“, versuchte Ijichi ihr ein wenig bei zu stehen und legte leicht seine Hand auf ihre Schulter. Suzuki bemühte sich ihn dafür ein wenig an zu lächeln. Immerhin war sie doch wirklich froh, dass er ihr half und das sie endlich wieder arbeiten konnte, doch… irgend etwas schnürte ihr den Brustkorb zu. Ijichi verließ als letzter der Assistenten, die zum Außendienst aufbrachen, das Büro und ließ Suzuki mit den Papieren zurück. Diese saß einfach nur da und blickte abwechselnd vom Papier in der einen Hand zu jenem in der anderen. Hätte sie die Sachen die dort standen auf Anhieb verstehen sollen? Wenn sie etwas falsch machen würde, würde es ihre Arbeit stark beeinflussen? Würde sie das alles überhaupt schaffen? Alleine die Protokolle der Versammlungen waren doch bald hundert Seiten lang. Und die Uniformen sollten auch bestellt werden. Hatten sie nicht eine neue Schneiderei beauftragt? Müsste sie dann nicht auch noch Stoffart, Menge und Zusammensetzung mit denen klären? Würde sie das überhaupt alles schaffen? Wenn nicht hätte Ijichi noch mehr Arbeit als ohnehin schon. Dadurch, dass sie ausfiel, übernahm der Sekretär ihre Außeneinsätze, da konnte sie nicht auch noch versagen und ihm die Büroarbeit aufbürden. Aber würde sie das überhaupt schaffen? Diese Wand die sich da gerade vor ihr aufbaute erschien unendlich hoch und unüberwindbar. Sollte sie nicht vielleicht einfach aufgeben? Aber dann wäre sie Ijichi nur eine Belastung. Oder wäre sie ihm in jeden Fall eine Belastung? Würde sie etwas falsch machen, müsste auch er es überarbeiten. So drehten ihre Gedanken unter ihrem schneller werdenden Atem immer weiter Kreise um sich und sperrten sie in eine scheinbar unendliche Spirale. War es vielleicht schon eine Stunde, wenn nicht sogar länger, die sie so mit allmählich zitternden Händen da saß, als der Sekretär zurück ins Büro kam. Er wollte sie eigentlich nur nach dem Stand der Dinge fragen, stockte aber erschrocken, als er erst viel zu spät bemerkte, wie aufgelöst Suzuki wirkte. Schmale Schimmer unter ihren Augen deuteten sogar daraufhin, dass sie etwas geweint haben muss. Ihr Körper wirkte auf ihn wie erstarrt, nicht in der Lage irgendetwas zu tun. Vorsichtig trat er an sie heran und nahm ihr das Papier aus der einen Hand, dass an der Stelle, an der sie es gehalten hatte, ganz zerknittert war. Erst jetzt realisierte die Grauhaarige ihn und versuchte die ungleichmäßige Atmung zu verlangsamen und die Starre zu lösen. Für einen kurzen Moment hielt er sanft ihre Hand fest. „Bleib sitzen und versuche einfach durch zu atmen. Ich hole dir etwas zu trinken, in Ordnung?“, erklärte Ijichi und wirkte auf seine Kollegin mit einem Mal so unglaublich beruhigend, als hätte er für alles eine Lösung. Also tat Suzuki wie er es ihr gesagt hatte. Sie legte auch das andere Stück Papier aus der Hand, blieb sitzen und atmete. Shoko hatte ihr während den Sitzungen die ein oder andere Atemtechnik gezeigt, die sie nutzen konnte, um sich einfacher zu beruhigen und es funktionierte wirklich, wie sie jedes Mal wieder überrascht feststellte. Dadurch kam ihr ihr eigener Körper nicht mehr so zu geschnürt vor. Es dauerte nicht lange, bis Ijichi mit einer Tasse dampfenden Tees zur Grauhaarige zurückkam und diese vor ihr auf den Schreibtisch abstellte. „Lass mich dich ordentlich einarbeiten. Das hätten wir von Anfang an machen sollen.“, erklärte der Brillenträger mit einer Art Lächeln und zog sich einen Stuhl an ihren Schreibtisch heran. Stumm blickte Suzuki ihn an und bedankte sich nickend für seine Hilfe, bevor sie erwartungsvoll erst zu ihm und dann abwechselnd auf die Zettel schaute. Zu aller erst deutete er auf die Unterlagen der Sitzungen. „Wenn du es nicht schaffst, die Protokolle zu lesen, fasse ich es gerne für dich zusammen. Es ist dann nur bei weitem nicht so detailliert und es kann sein, dass es zwei, drei Ecken geben wird, bei denen du vielleicht etwas überfragt bist, aber im Notfall fragst du bei diesen Punkten nach den Stellen im Protokoll und liest sich einfach nach.“, erklärte er und deutete als nächstes auf den kleinen Klebezettel vor sich mit der Telefonnummer der neuen Schneiderei. „Die Materialien und groben Grundzusammenstellungen hat Yaga bereits abgesprochen. Deine Aufgabe ist es, die Maße der neuen Schüler“, er deutete auf einen weiteren Zettel mit verschiedenen Namen, Maßen und Informationen, „und deren extra Wünsche zur Schneiderei durchzugeben.“, erklärte der Brillenträger und stellte sicher, dass Suzuki auch wirklich alles mitschnitt, was er ihr erklärte, damit sie kein Problem mit der Arbeit haben würde, so ging er alles mit ihr durch, sodass er sie bis zur Mittagspause in jedes notwendige Detail eingewiesen hatte. Es war mühselig und teilweise an manchen Stellen sicher auch fast etwas kleinschrittig gewesen, doch sie war unglaublich froh, dass er sie so an die Hand genommen hatte. Es erinnerte sie beinahe an ihr erstes Jahr an der Akademie. Da hatte Ijichi sich auch regelmäßig um die Unwissende aus dem ersten Jahr gekümmert, die er mit abgeschleppt hatte. Meistens waren es mehr organisatorische Sachen, von denen Suzuki zum damaligen Zeitpunkt einfach noch nichts verstehen konnte, dafür hatte sie bis dato schlicht und ergreifend zu wenig mit der Welt des Jujutsus zu tun gehabt. Schon damals hatte er ihr also viele Dinge erklären müssen, die sie zuvor noch nie gehört hatte und ihr vollkommen neu waren. Da Suzuki jemand war, der abschaltete, sobald sie etwas nicht verstand oder verzweifelte, wenn einen Aufgabe zu groß erschien, verstand Ijichi schnell, dass eine ruhige und aufeinander aufbauende Taktik die beste Option für die Grauhaarige war. Zudem musste er unglaublich geduldig gewesen sein, eben anders als es die Grauhaarige die meiste Zeit über war. Suzuki half Ijichi dafür sozusagen mit ihrer Ungeduld, wenn jemand zu lange für eine Zuarbeit brauchte oder Ijichi allgemein mal wieder nicht den Mund aufbekam. Sie sorgte auch dafür, dass er das richtige Essen bekam, wenn sie mal Essen waren und der Schwarzhaarige versehentlich das falsche Gericht vom Kellner bekam. Vielleicht war es gerade dieser Kontrast und, der sie so gut zusammen arbeiten ließ und Interaktion im gesamten so sehr angenehm machten. „Lass uns gemeinsam Mittagessen gehen, dann können wir beide gestärkt nach der Pause weitermachen.“, schlug der Ältere mit einem ungewohnt aber sehr angenehmen, ruhigen Lächeln vor. Suzuki nickte und ordnete noch eilig Kreuz und quer liegende Papiere, bevor sie aufstand. „Ich lade dich ein, Senpai.“, grinste sie ihm durch ihr eigentlich sonst so müde wirkendes Gesicht entgegen. Irgendwie musste sie ihm ja für seine Mühen danken. „Du bist doch heute erst wiedergekommen. Ich muss dich doch einladen!“, erwiderte Ijichi nur unsicher wie immer und verfällt somit in bekannte Muster. „Nein, nein. Ich bestehe darauf.“, knirschte Suzuki unter einem festen Lächeln, um ihm zu signalisieren, dass es besser wäre, wenn er sich einfach direkt seinem Schicksal fügen würde, da sie nicht locker lassen würde. Er tat ja beinahe so, als wäre es ein katastrophaler Umstand gewesen, dass er von seiner jüngeren Kollegin und Freundin eingeladen wurde. Wobei Suzuki eine Einladung von ihm in den meisten Fällen anfangs auch immer ausschlagen würde. „In Ordnung. In Ordnung.“, wank er ab und schob den Stuhl zurück an seinen ursprünglichen Platz, bevor sie gemeinsam das Büro verließen, um zu Mittag zu essen. Im Interesse beider nicht in der direkten Umgebung des Akademie, um nicht noch einem anderen Kollegen in der wohl verdienten Pause zu begegnen. Ähnlich wie Suzuki und Nanami es in ihren gemeinsamen Pausen auch häufig getan hatten, wenn sie vor dem Zwischenfall mit Kazuko in ihrer Pause von einer Mission zur anderen unterwegs waren. Suzuki spürte, wie sie bei diesem Gedanken regelrecht in süßen Erinnerungen schwelgte. Ihr blieb vorerst wohl wirklich nichts anderes über, als zu hoffen, dass sie bald auch wieder für und besonders mit Nanami zusammenarbeiten konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)