Lass dein Herz darauf vertrauen von rokugatsu-go ================================================================================ Kapitel 3: Näher (Yama) ----------------------- „Fiut.“ „Ich hab dir schon tausendmal gesagt, du sollst deine Pseudopfeiferei lassen.“ Eine kurze Pause entstand. „Fiut.“ „Hältst du es für so klug, mich noch wütender zu machen?!“ Auf Kuroganes heftiges Grollen hin presste Fye seine Lippen zusammen, doch der Schelm stand ihm immer noch ins Gesicht geschrieben. Der Magier sah von seinem Standardplatz auf seinem Futon zu dem anderen Mann hoch. „Fi-aaah!“ Fye schrie auf, als der Ninja ihn mit einer Hand grob an den Haaren packte und ihn an seiner blonden Mähne ein Stück vom Boden hochhob. „Ich hatte dich gewarnt!“ Eine ganze Welle von „Kuro“ plus verschiedener Spitznamen-Endungen gab der zappelnde Magier von sich. Nach wirklicher Entschuldigung klang nichts davon. Das Pfeifen war auch nicht der wahre Grund, weswegen Kurogane so sauer auf seinen Kameraden war. Das Projekt „Vermeidung des Tods des Magiers, um die Kinder nicht traurig zu machen“ hatte eine erhebliche Schwachstelle: den Magier selbst. „Ich hab es dir schon so oft erklärt! Du sollst im Kampf in den hinteren Reihen bleiben!!“, brüllte Kurogane ihn erzürnt an. Der Vollidiot hatte sich wieder einmal zu weit nach vorne gewagt, sodass er von feindlichen Nahkämpfern attackiert worden war. Fye war zwar ohne große Verletzungen davon gekommen und Kurogane war rechtzeitig bei ihm gewesen, um die Gegner kampfunfähig zu machen, aber der Ninja hasste das Gefühl, das er seit diesem Moment hatte. Es war Angst. Angst, den Spinner zu verlieren. „Du“, er ließ die Locken des Anderen los und zeigte stattdessen auf ihn, „bist ein Fernkämpfer, verdammt!“ Er ahmte das Abschießen eines Pfeiles nach und zeigte nach hinten. „Das heißt, du hast dich verdammt noch mal von den Nahkämpfern fernzuhalten!!“ Er zeigte zu sich und formte seine Arme zu einem X. „Hat dein Wirrkopf das endlich verstanden?!“ Bei diesem tobenden Wutanfall hatte der Schelm in Fye schlagartig den Rückzug angetreten. Mit betroffener Miene hatte er Kuroganes Erklärung verfolgt und schließlich mit einem entschuldigenden, schwachen Lächeln geantwortet: „Verrustandan.“ Kurogane atmete tief aus. Dass Fye in letzter Zeit versuchte, die Sprache zu lernen, bedeutete wohl nichts anderes als dass auch ihm ein schwerwiegender Gedanke gekommen war. Vielleicht saßen sie auf ewig hier fest. Es waren mittlerweile schließlich bereits fast fünf Monate. Fast fünf Monate. Es war kein schöner Gedanke. Sie wussten nicht, was mit den Kindern war und eigentlich war Kuroganes übergeordnetes Ziel ja die Rückkehr nach Nihon. Doch ihm waren die Hände gebunden. Er konnte nichts tun, außer mit Fye auszuharren. Wie er das hasste. Das Ausharren. Nicht mehr so sehr die Gesellschaft. „Beim nächsten Mist, den du baust“, er griff wieder in die blonden Locken, dieses Mal aber weitaus behutsamer und ohne dabei zu schreien. „Bring ich dich um. Hast du das auch verstanden?“ „Verrustandan.“ Der Griff in die blonden Haare schwächte sich zu einem Streicheln von eben diesen ab und alles in Kurogane zog sich auf eine merkwürdig angenehme Weise zusammen, als der Magier seinen Kopf in die Berührung lehnte und die Augen schloss. Wenn sie noch länger hier blieben, würde es zu irgendetwas kommen. Inzwischen hatte Kurogane sich nicht nur vollkommen an diese Vorstellung gewöhnt, die er anfangs noch als lächerliche Spinnerei seinerseits hatte abtun wollen, nein, mittlerweile musste er sich im Zaum halten, nicht voran zu preschen, um es (was auch immer „es“ war) endlich passieren zu lassen. Noch vor nicht allzu langer Zeit hätte er jedem, der gesagt hätte, dass er sich wünschte, dem durchgeknallten Magier näher zu kommen, eine reingehauen. Jetzt aber beherrschte eben dieser durchgeknallte Magier einen Großteil seiner Gedanken und Kurogane hasste es, von irgendetwas oder irgendwem beherrscht zu werden. Es gab nur einen Weg, um selbst wieder Herr über seine Gedanken zu werden: Er musste herauszufinden, wo sie standen - und wo sie eventuell hingehen würden. Doch dieses Projekt hatte unglücklicherweise die gleiche Schwachstelle wie das andere: den Magier selbst. Als Kurogane seine Hand von Fyes Kopf langsam hinunter über dessen Wange streichen ließ, öffnete der Magier seine Augen wieder und im Gegensatz zu beinah allen anderen Gelegenheiten konnte der Ninja seinen Gesichtsausdruck nicht eindeutig lesen. Fye schien hin-und hergerissen. Es bestand eigentlich kaum ein Zweifel, dass er dies auch wollte, doch da war diese Zurückhaltung, die einfach nicht ins Bild passte. Oder war es sogar Angst? Verzweiflung? Kurogane kniete sich zu dem hellhaarigen Mann auf den Boden und berührte seine andere Wange mit seiner anderen Hand und mit einem Mal war Fyes Körper völlig angespannt. Der Ninja blickte in seine Augen und war sich endgültig sicher. Verzweiflung. Aber wieso? Fye legte seine Hände um die Handgelenke des Anderen und zog sie sacht, aber bestimmt von seinem Gesicht. „Was ist?“ Kurogane gab sich Mühe, so wenig harsch wie möglich zu klingen. Der Magier ließ seinen Blick auf die Hände sinken, um die er seinen Griff immer noch gelegt hatte, berührte mit seinen Lippen eine der Handinnenflächen und platzierte einen zarten Kuss darauf. Dann jedoch schüttelte er den Kopf, ließ seinen Griff los, stand auf und verließ hastig den Raum. Es wäre ein Leichtes für Kurogane gewesen, ihn aufzuhalten. Aber die Ablehnung, die keinen Sinn ergab, schmerzte ihn, was ihn wiederum so wütend machte, dass er selbst es für besser hielt, Fye erst einmal ziehen zu lassen. Erst einmal, so beschloss er, würde er sich in Ruhe sammeln, in Geduld üben und nichts gegen das seltsamen Verhalten des Anderen unternehmen, bis er wusste, wie er damit umgehen sollte. Nur – Geduld gehörte nicht zu Kuroganes Stärken.   Gerade einmal kurze Zeit später drohte ihm der Kragen zu platzen, weil seine Gedanken sich immer weiter und immer mehr um das merkwürdige Verhalten des Blonden drehten. Und wie er das hasste! Nicht den Blonden. Sondern die Unfähigkeit, eine Erklärung und Lösung für das Problem zu finden! Ständig hatten sie diese flüchtigen, intimen Momente, ehe Fye jedes einzelne, verdammte Mal abbrach und er dann wieder so tat, als wäre gerade nichts geschehen. Dieser Vollidiot konnte nicht aus seiner Vollidiotenhaut und der Ninja würde es weder zulassen, dass er von ihm in den Wahnsinn getrieben wurde, noch dass der Magier weiterhin jedes Mal, wenn er darauf hoffte, ihm näher zu kommen, diesen verzweifelten Ausdruck in den Augen hatte. „Hey!“, brummte Kurogane nun in diesem Moment des kurz-vorm-Kragenplatzens von seinem angestammten Sitzplatz mit Blick auf die Schlafstätte. „Ich weiß, dass du noch nicht schläfst! Worüber grübelst du nach?“ Erst einmal rührte sich nichts, was ihn noch wütender machte. Stellte der Spinner sich jetzt etwa schlafend? Kurogane stand auf, ging zum Futon des Magiers, der sich schnell seine Bettdecke über den Kopf zog, und hockte sich an dessen Seite. „Lass den Scheiß!“ Der Ninja riss die Decke so grob weg, dass es nicht verwunderte, dass Fye ihn mit großen erschrockenen Augen ansah. Vielleicht war das nicht zielführend. Kurogane atmete einmal tief durch, um seine Wut ein wenig mehr unter Kontrolle zu bringen. „Hast du immer noch nicht verstanden, dass ich es weiß, wenn dich etwas beschäftigt?“ Fye öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, doch es kam kein Ton heraus. Die Verzweiflung in seinen Augen sprach dafür Bände. Kurogane hatte es satt, immer wieder die gleichen Dinge sagen zu müssen. „Das war's. Ist mir egal. Mach was du willst.“ Wer war er denn, dass er diesem Verrückten hinterherlief? Er hatte es wirklich versucht. Er hatte sich wirklich Mühe gegeben und er war wirklich überrascht (nein, beinahe schockiert) über sich selbst, dass er dies alles getan hatte. Doch wenn der Magier ihm nicht einmal ein kleines Stück entgegen kommen wollte, dann war es das. Er hatte immer noch seinen Stolz und – egal, ob sein Herz dagegen protestierte – er hatte vorher keinen anderen Menschen gebraucht und er würde auch in Zukunft keinen brauchen. Auf so einen Mist konnte er verzichten. Egal, wie sehr sein Herz dagegen protestierte. Gerade als Kurogane sich abwenden wollte, griff eine Hand nach seinem Arm. Ohne die Berührung loszulassen, setzte Fye sich auf. Seinen Blick gen Boden gerichtet, atmete er einige Mal durch, bevor er begann, in seiner Muttersprache zu sprechen. Es war ein viel langsamerer Redefluss als beim ersten Mal. Als würde jedes einzelne Wort ihm physische Schmerzen bereiten. Fye fing an zu zittern und zu weinen, während er die Worte herauspresste. Die Hand, die den Arm des anderen Mannes berührte, krallte sich regelrecht in dessen Haut. Kurogane spürte das fast unerträgliche Leid, das den Anderen quälte, auch wenn er die Worte nicht verstand und nicht einmal ahnen konnte, was der Grund dafür war, dass der Magier so entsetzlich zu leiden schien. Aber Kurogane wusste mit einer grausamen Gewissheit, dass nichts, was er sagen würde, diese Schmerzen lindern konnte. Doch im Moment wollte er nichts mehr als die Qualen des Anderen zu lindern. Noch vor nicht allzu langer Zeit wäre er unter keinen Umständen auf die Idee gekommen, so etwas zu tun. Und er hätte definitiv jedem eine reingehauen, der etwas Gegenteiliges behauptet hätte. Vorsichtig befreite er sich von Fyes Berührung, nachdem dieser verstummt war, strich mit seinen Händen über das nasse Gesicht des Magiers und zog ihn letztlich in eine Umarmung. Im Gegensatz zu allen anderen Malen zuvor wich Fye nicht zurück, wurde nicht angespannt und zögerte nicht einmal, die Berührung anzunehmen. Vielmehr erwiderte er die Umarmung nicht nur, er krallte sich regelrecht an dem Dunkelhaarigen fest, als würde er abstürzen, wenn er dies nicht täte. Und Kurogane hielt ihn fest, plötzlich übermannt von dem beunruhigenden Gefühl, er könnte abstürzen, fallen, ihm entgleiten, wenn er dies nicht täte. Was auch immer es für Dämonen waren, die den Magier plagten, dachte er, während er sich und Fye in seinen Armen auf dem Futon niederlegte, ohne, dass sie auch nur ein Stück weit voneinander abließen - mit diesen Dämonen konnte und würde er es aufnehmen.   Kurogane konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt jemanden umarmt hatte. Wahrscheinlich war es seine Mutter gewesen und das war …. Er drängte den Gedanken zurück. Das musste der schlechte Einfluss des Magiers sein, dass er plötzlich an früher dachte, denn der Ninja war nun wirklich niemand, der der Vergangenheit nachhing. Die Vergangenheit des Magiers jedoch, obwohl in so dichten Nebel gehüllt, war allgegenwärtig. Sie war es, die ihn quälte und verfolgte. Solange sie aber in dieser Welt hier waren, war er ohne Chance, darüber mehr in Erfahrung bringen zu können. Was Kurogane wollte, war auch nicht das Alleinige in Erfahrung bringen, er wollte, dass Fye es schaffte, das alles in hinter sich zu lassen. Er sah zu dem blonden Mann, der in seinen Armen lag und dessen gleichmäßiges Atmen verriet, dass er noch schlief. Ein kurzes, leicht gequältes Grinsen huschte über Kuroganes Gesicht. Als wäre er sich der Ironie nicht bewusst! Wie in aller Welt hatte es so kommen können, dass ihm das Glück der Knalltüte, der er anfangs so misstraut hatte, so sehr am Herzen lag? Dass der Idiot selbst ihm so viel bedeutete? Dass sein offensichtlich nicht zurechnungsfähiges Herz in der Lage war, sich zu verlieben, war eigentlich schockierend genug gewesen, aber dass es dann nicht nur ein Mann sein musste, sondern ausgerechnet auch noch der Magier …. Als wäre es einer von Prinzessin Tomoyos schlechten Scherzen. Kurogane atmete tief seufzend aus. Es war so. Und er war pragmatisch genug, um sich schnell daran zu gewöhnen, dass es so war. Der Magier, der jedoch mit allem immer etwas langsam war und immer alles zu einem Problem machte, der war … nun, das Problem. Kurogane war sich bewusst, dass er mit Fye in dieser Hinsicht vorsichtig umgehen sollte. Er hätte nichts davon, den Anderen zu bedrängen. Vermutlich würde so etwas nur bewirken, dass er sich zurückzog und genau das war das Gegenteil von dem, was er wollte. Es war verrückt, wirklich. Wie sehr er sich darum sorgte, wie sie sich näher kommen könnten. Er wollte ihm näher sein, noch so viel näher. Doch er spürte, dass Fye gegen eine Art Fluchtinstinkt ankämpfte. Als wäre er hin- und hergerissen zwischen dieser sehnsuchtsvollen Nähe und so viel emotionalem Abstand zwischen ihnen wie irgend möglich. Zwei wunderschöne, dunkle Augen blinzelten ihn plötzlich an. Der Magier war aufgewacht und etwas von ihm weggerutscht, aber ohne dass ihre Umarmung gelöst wurde. Kurogane überlegte, ob er etwas sagen sollte, aber wenn ihr Aufenthalt hier sie eine Sache gelehrt hatte, dann dass Worte zwischen ihnen überflüssig waren. Er erwiderte Fyes Blick und strich dem Magier mit einer Hand sanft über den Rücken. Auf jemand Anderen Rücksicht zu nehmen, seine eigenen Interessen hinten anzustellen … das waren bis vor kurzem Eigenschaften gewesen, die dem dunkelhaarigen Mann eigentlich eher fremd gewesen waren. Diese Reise hatte begonnen, ihn zu verändern. Ein alles andere als gequältes Lächeln bahnte sich den Weg auf sein Gesicht. Sich in jemanden zu verlieben. Das wäre vorher undenkbar gewesen. Fye beobachtete die Mimik des Anderen und rutschte daraufhin wieder näher an ihn heran, bis kein einziger Zentimeter Abstand mehr zwischen ihren Körpern herrschte. Wenn sie schon hier bleiben mussten, dachte Kurogane, als er Fyes Herzschlag spürte, dann war daran vielleicht nicht alles schlimm.   „Kampfahn.“ „Nein. Kämpfen.“ „Kämpfähn.“ Kurogane gab ein gedämpftes Grollen von sich. Es war bei Fye schwer zu sagen, wann er sich dumm anstellte und wann er es wirklich einfach nicht besser hinbekam. Eine fremde Sprache zu lernen schien ihm tatsächlich nicht so leicht zu fallen. Andererseits hatte er auch nicht gerade wenig Spaß daran, den Ninja zu ärgern. Wenn sie hier wahrhaftig auf ewig festsaßen, dann wäre es besser, wenn er die Sprache lernte. Zwar durfte Fye dann immer noch nicht mit den anderen Menschen hier reden (das wäre wohl schwer zu erklären gewesen), aber es würde von Vorteil sein, wenn er sie wenigstens verstehen konnte. Und vor allem - auch wenn dies ein Grund war, den Kurogane vor dem anderen Mann nicht zugab – würden sie sich endlich unterhalten können. Es war mittlerweile beinahe ein halbes Jahr. „Vielleicht lassen wir es für heute gut sein.“ Kurogane winkte ab. „Wir machen morgen weiter. Lass uns schlafen.“ „Morgan“, flötete der Magier vergnügt. Jeder für sich bettete sich auf seinen Futon, um zu schlafen. Doch wie bei jedem Mal seit der ersten Umarmung horchte Kurogane erst einmal abwartend in die Stille hinein. Er musste nicht lange warten. Ein Rascheln, dann eine behutsame Berührung an seinem Rücken, dann ein Arm, der sich um ihn legte und letztlich das Gefühl von Fyes gesamtem Körper gegen seinen. Der Magier tastete sich vorsichtig in ihre Zweisamkeit vor. Dem Ninja hätte es gerne schneller gehen können, aber er genoss trotzdem jeden Augenblick davon. Natürlich hatte er schon mehrmals daran gedacht, die Sache zu beschleunigen, aber er war genug Taktiker, um zu wissen, dass er sich damit auch alles wieder kaputt machen konnte. Außerdem war er ein Ninja, verdammt! So ein paar lächerlichen Trieben würde er sich doch nicht unterwerfen! Auch wenn sie ihm fast den Verstand raubten. Besonders wenn Fye ihm so nah war und er seinen Atem auf seiner Haut spüren konnte …. Verdammte Dreckstriebe. Vielleicht konnte er ja wenigstens einen langsamen, vorsichtigen Schritt in diese Richtung machen. Er drehte sich um, um Fye anschauen zu können. Tiefschwarze Augen, in denen man sich verlieren konnte, schauten zurück. Kurogane brachte eine Hand zum Gesicht des Blonden und strich ihm einige Haarsträhnen zur Seite. Fye spiegelte die Bewegung und ließ eine Hand zärtlich über eine Wange des Anderen streicheln. Kurogane fühlte, wie sein Herz gegen seinen Brustkorb hämmerte. Nichts davon hatte er je zuvor gefühlt. Er hatte nicht einmal geahnt, dass man so etwas fühlen konnte. Und dann, plötzlich, platzte sein Herz beinahe. Fye lehnte sich vor und küsste ihn auf den Mund. Zuerst zaghaft, dann mit so viel Verlangen, dass Kurogane fürchtete, dass sein Verstand sich tatsächlich gleich verabschiedete. Der Kerl war ihm zuvor gekommen. Aber er würde sich definitiv nicht darüber beschweren. Definitiv nicht. Wie gut es sich anfühlte. Er küsste ihn mit gleicher Inbrunst zurück. Wenn Kurogane später auf die dann nachfolgenden Minuten zurückblickte, kam in ihm die Frage auf, ob er an diesem Punkt nicht eine Niederlage gegen seine Triebe erlitten hatte. Doch wenn er sich an ihre Berührungen erinnerte, an Fyes zarte Hände überall auf seinem Körper, an die Geräusche, die Fye von sich gegeben hatte - die er bei Fye ausgelöst hatte –, an Fyes Geruch, an Fyes Geschmack und vor allem an Fyes Gesichtsausdruck während all dem, dann hatte er zu keiner Zeit das Gefühl, dass er dort wirklich eine Niederlage erlitten hatte. Im Gegenteil. Immer wenn Kurogane daran dachte, wie Fye sich noch schwer atmend wieder an ihn gedrückt hatte, überkam ihn die Gewissheit, dass er in jenem Moment etwas sehr Wichtiges gewonnen hatte.   Nur wenige Tage später, kurz bevor sie auf das Schlachtfeld zogen, drängte sich wie aus dem Nichts die abscheuliche, verhasste Distanz wieder ein Stück weit zwischen sie. „Du hältst dich zurück“, ermahnte der Ninja seinen Partner, so wie er es schon oft getan hatte, doch dieses Mal sah Fye ihn plötzlich erschrocken an. „Was ist?“ „Kuro-pon.“ Jetzt war es an Kurogane entgeistert dreinzublicken. „Ich“, fuhr der Magier fort, „ich verstehe dich Wort für Wort.“ Dies konnte nur eins bedeuten. „Sie sind hier!“, entfuhr es Kurogane und seine Erleichterung darüber war deutlich zu spüren. „Sie müssen bei Ashuras Leuten sein.“ „Sollen wir sie suchen?“ Der Ninja blickte dem Anderen in die Augen und grinste verschmitzt. „Warte, ich habe da eine Idee.“   „Du bist schlimm.“ Fye klang amüsiert, als sie wieder in ihrem Quartier waren. „Shaolan-kun versteht doch jetzt die Welt nicht mehr.“ „Er soll ruhig denken, wir wären nicht wir. Dann kann ich ihn so richtig schön auf die Probe stellen.“ „Wie unheimlich du grinsen kannst, Kuro-tan. Da kriegt man ja Angst.“ Es war schon ein wenig ungewohnt, so wieder miteinander reden zu können. Aber es sollte ihnen gewiss helfen, sich noch näher kommen zu können. In dieser Überzeugung ging Kurogane auf Fye zu, um ihn zu küssen, doch der Magier wurde mit einem Mal angespannt, als sich ihre Lippen berührten. „Was ist los?“, fragte der Dunkelhaarige, dessen Instinkte plötzlich Alarm schlugen. „Entschuldige, Kuro-sama, ich bin gedanklich bei den Kindern.“ Es gefiel ihm ganz und gar nicht, dass der Andere mit einem Mal sehr viel blasser aussah. Natürlich würde sich wieder einiges verändern, wenn ihre Gruppe wieder vollständig war, so viel war dem Ninja klar, aber es gefiel ihm nicht, was sich hier vor allem erneut veränderte. Oder vielmehr … zurückentwickelte. „Sie haben bestimmt auch so einiges durchgemacht. Wir sollten uns jetzt vor allem um sie kümmern, meinst du nicht?“ Fassungslos blickte er auf dieses ihm so sehr verhasste, falsche Lächeln. Fye wandte sich flugs ab und ließ Kurogane, dessen früherer Zorn über die Lügen des Magiers sich mit einem beklemmenden Gefühl in seiner Brust mischte, allein zurück. Für ihn selbst jedoch gab es kein Zurück mehr. Er würde dies nicht akzeptieren. Es musste hierfür eine Erklärung geben. Und Kurogane schwor sich, dass er dahinter kommen würde und er dem Magier sein falsches Lächeln entreißen und er die Ketten sprengen würde, die Fye zurückhielten; die ihn davon abhielten, voll und ganz zu ihm zu kommen. Er würde es nicht zulassen, dass ihm der Magier weggenommen würde. Egal, von wem oder was. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)