Animus captimente von yamimaru ================================================================================ Kapitel 6: [27. Juni] „Oh nein, was tust du?“ --------------------------------------------- „Ach Rei, was ist, wenn die Bosse wirklich entscheiden, dass wir mit der Band pausieren? Ich hab doch absolut keine Ahnung, was ich mit so viel Freizeit anstellen soll.“ Ruki öffnete die Tür zu Uruhas Zimmer und betrat den Raum, während sich Reita ein herzhaftes Augenrollen verkneifen musste.   „So, wie du gerade herumjammerst, möchte man meinen, es wäre die Höchststrafe für dich, wenn du mal nicht arbeiten kannst.“ Er ging zum Besuchertisch hinüber und stellte die beiden Pappbecher mit Kaffee für sich und Tee für Ruki darauf ab.   „Ich arbeite halt gern, tu nicht so, als wäre es dir noch nie so gegangen.“ Der Sänger klang ein wenig eingeschnappt, als er sich auf den Stuhl vor Uruhas Bett setzte und ihm somit den Rücken zukehrte.   Reita schüttelte den Kopf. Der Kleine war heute wirklich nicht sonderlich gut drauf. Womöglich hätte er sich den nächsten Kommentar verkneifen sollen, aber die Worte waren schon über seine Lippen gekommen, bevor er es hatte verhindern können. „Du könntest natürlich auch einfach froh über die freie Zeit sein, dir Kai schnappen und all das nachholen, wozu ihr schon viel zu lange nicht gekommen seid. Wäre auf jeden Fall eine produktivere Lösung, als immer nur das Negative zu sehen.“ Er biss sich auf die Unterlippe in Erwartung eines Ausbruchs, der jedoch nie kam. „Ruki?“ Stirnrunzelnd ging er die wenigen Schritte auf ihren Sänger zu, der wie versteinert auf seinem Platz saß und etwas zu fixieren schien, das auf dem Bett lag. „Ist was nicht in Ordnung?“, fragte er, mit einem plötzlich unwohlen Gefühl in der Magengegend.   „Schau selbst.“ Rukis Antwort schien wie aus weiter Ferne zu kommen, als er ihn im selben Moment erreicht und über seine Schulter gesehen hatte. Es war das Tagebuch, welches die Aufmerksamkeit des anderen fesselte. Genauer wohl die roten Buchstaben, die sich erneut über eine sonst leere Doppelseite zogen.   FINDET MICH!   „Oh, Gott“, entkam es ihm gedämpft, eine Hand vor den Mund geschlagen, während er sich mit der anderen an der Stuhllehne festhalten musste, weil ihn seine Beine kaum noch trugen. „Uruha.“ Seine Augen brannten, als sich Tränen in ihnen sammeln wollten, die er jedoch rigoros fort blinzelte. Seit der letzten Botschaft waren Tage vergangen und er hatte angenommen, dass sein Geliebter schlichtweg keine Kraft für einen weiteren Kontakt dieser Art hatte. Wie dumm und naiv er doch war. Diese Worte nun zu lesen, war wie ein Schlag ins Gesicht und fachte seine Schuldgefühle von Neuem an. Hätte er mehr tun sollen? Schneller versuchen, Uruha in dieser eigenartigen Welt zu finden, so wie das Geschriebene es von ihm verlangte? Verdammt, diese zwei Worte – sie klangen auf eine Weise, die er nicht beschreiben konnte, noch dringlicher als die Vorangegangenen. Es fühlte sich an, als würden ihm die Sekunden zwischen den Fingern hindurchrinnen und gleichzeitig war er wie gelähmt. Reita beobachtete, wie der Sänger mit zitternder Hand das Buch an sich nahm, mit dem Zeigefinger die roten Zeichen nachfuhr, als erwartete er, sie würden verschwinden, sobald er sie berührte. Aber sie blieben bestehen wie Mahnmale, die ihn unerbittlich antrieben, bis die Paralyse endlich brach. Er drehte sich weg, zog sein Handy aus der Jackentasche und wählte Aois Nummer.   „Hallo.“   „Aoi, du musst sofort …“   „… ich kann gerade nicht ans Telefon gehen, aber lass mir eine Nachricht da und ich ruf zurück.“   „Verdammt“, zischte er, wartete jedoch geduldig auf den Signalton, bevor er mit bemüht ruhiger Stimme fortfuhr: „Hallo, Blue. Komm bitte in die Klinik, sobald du das abhörst, ja?“ Reita beendete das Telefonat, rief jedoch gleich noch mal an. Nur, weil er bereits eine Nachricht hinterlassen hatte, hieß das nicht, dass er es nicht noch einmal versuchen konnte, oder? Ganze fünf Mal trieb er dieses Spielchen, ohne Erfolg. Erst, als Stuhlbeine unsanft laut über den Kunstharzboden kratzten und Ruki auf ihn zukam, ließ er das Handy sinken.   „Aoi meldet sich schon, sobald er sieht, dass du angerufen hast.“   „So lang kann ich nicht warten.“ Er steckte das Telefon zurück und drehte sich zum Tisch, neben dem seine Umhängetasche stand. Gut, dass er alles Notwendige eingepackt hatte, obwohl ihm die Pläne seines Liebsten heute Morgen einen Strich durch die eigenen gemacht hatten. „Dann musst eben du mir helfen, zu ihm zu kommen“, nuschelte er, während er das Migränemedikament und ein kleines Tütchen mit fein gemahlenem Pulver aus der Tasche zog.   „Wie meinst du das?“ Wieder war Ruki nähergekommen und schaute ihm interessiert bei seinem Tun zu. „Was ist das für Zeug?“   „Medizin, die mir der Arzt nach meinem angeblichen Migräneanfall verschrieben hat.“ Er hob den Kopf und erwiderte Rukis Blick. „Was? Du schaust mich an, als hätte ich gerade Drogen ausgepackt. Das ist irgendein Kräutergemisch, keine Ahnung was genau, aber es soll müde machen. Also genau das, was ich jetzt brauche.“   „Halt, halt, halt“, verlangte der Sänger nachdrücklich und hob abwehrend beide Hände. „Erklär mir erst einmal, was du jetzt vorhast und wofür genau du meine Hilfe brauchst.“   War sein Vorhaben für einen Fast-Außenstehenden tatsächlich nicht sofort nachvollziehbar oder stellte sich Ruki mit Fleiß dumm? „Ich will noch einmal versuchen, zu Uruha zu gelangen, und du sollst mir dabei helfen. Letztes Mal war ich unglaublich müde, als Aoi vorgelesen hat. Ich muss fast eingeschlafen sein …“ Er schüttelte den Kopf, halb genervt davon, dass er keine anständigen Antworten für seinen Freund parat hatte. Warum machte Ruki es ihm so schwer? „Ich kann es nicht genau erklären, aber ich brauch dich, um zu lesen, in Ordnung?“   „Und vorher willst du dieses Medikament einnehmen?“ Beim letzten Wort zeichnete Ruki mit den Fingern Anführungsstriche in die Luft, als würde er ihm noch immer nicht glauben, dass ihm die Sachen verschrieben worden waren. „Damit du schläfrig genug wirst, um was genau zu tun?“   „Weiß ich nicht“, fauchte er, nahm die Präparate vom Tisch und ging zu der Waschnische hinüber, um sich ein Glas mit Wasser zu füllen. Die Tablette war schnell hinuntergeschluckt – er hoffte nur, dass sie auch prophylaktisch eingenommen ihre Wirkung zeigen würde. „Ich sagte doch schon, dass ich dir nicht erklären kann, was beim letzten Mal passiert ist. Vielleicht bin ich eingeschlafen, vielleicht war es eine Art Trance. Was auch immer es war, so aufgedreht, wie ich mich gerade fühle, schaffe ich es sicher nicht, zu ihm zu gelangen. Also hör auf, mir die ganze Zeit Fragen zu stellen, die ich dir nicht beantworten kann, und hilf mir lieber!“ Er schüttete sich den Inhalt des kleinen Briefchens in den Mund, verzog bei dem bitteren Geschmack das Gesicht und spülte das sandige Pulver mit viel Wasser hinunter. „Was ist nun?“   „Mir ist wirklich nicht wohl dabei. Was, wenn dir diesmal mehr passiert als nur ein brummender Schädel? Außerdem … Ich soll Uruhas Tagebucheinträge lesen? Es ist ja schon grenzwertig, wenn du und Aoi das machen, aber ich? Ganz ehrlich, Reita, ich hänge an meinem Leben und hätte gerne auch dann noch einen Kopf, sobald Uruha aufwacht.“   „Er kommt womöglich nie zurück, wenn wir nichts unternehmen.“   „Das weißt du nicht.“   „Ebenso wenig wie du!“ Er atmete tief durch, ließ die Schultern sinken und schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, ich wollte nicht laut werden.“   „Schon gut.“ Ruki kam auf ihn zu, griff mit beiden Händen nach seinen Oberarmen und hielt ihn so fest, als befürchtete er, Reita würde einfach verschwinden. „Warum hast du es so eilig? Warum kannst du nicht warten, bis Aoi hier ist?“   „Ich …“ Wieder schüttelte er den Kopf. „Du hast es doch selbst gelesen. Findet mich. Das … Klingt das denn nur für mich danach, als würde Uruha die Zeit davonlaufen?“ Ruki presste die Lippen so fest aufeinander, dass sie nur noch zwei dünne, farblose Linien in seinem Gesicht waren. „Ruki, bitte. Vielleicht bilde ich mir die Dringlichkeit gerade nur ein, vielleicht aber auch nicht. Was ich jedoch weiß, ist, dass ich es mir nie verzeihen könnte, jetzt nicht gehandelt zu haben. Bitte, ich brauch deine Hilfe.“   „Verflucht, Reita.“ Der Sänger drehte sich weg, ging auf das Bett zu und setzte sich. „Du weißt nicht, was du da von mir verlangst.“ Mit verkniffener Miene nahm er das Tagebuch an sich, betrachtete für einen langen Moment die geisterhafte Botschaft, bevor er die Seite aufschlug, die mit dem Kassenzettel markiert war. „Nun setz dich schon, bevor du dir den Schädel einschlägst, weil dich die Kräuter ausgeknockt haben.“   „So funktionieren die nicht.“   „Mir egal, hock dich auf deine fünf Buchstaben und halt die Klappe.“   Unwillkürlich musste er schmunzeln, wusste er doch nur zu gut, dass Ruki immer schnippisch wurde, wenn er sich sorgte. „Danke“, flüsterte er, machte erneut einen kurzen Abstecher zum Tisch in der Ecke des Raumes, um ein weiteres Tagebuch in die Hand zu nehmen. „Egal, was passiert“, meinte er und legte den dünnen Band neben seinen noch immer unwillig wirkenden Freund auf den Nachttisch, „du darfst nicht zu Lesen aufhören. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, das war beim letzten Mal der Grund, weshalb ich so unsanft zurückgerissen wurde.“ Er zog den zweiten Stuhl ans Bett, Ruki gegenüber und setzte sich. Die Kräuter zeigten bereits Wirkung und machten seine Glieder schwer. Wow, mit einer so deutlichen Reaktion hatte er nicht gerechnet. Vielleicht hätte er vorher noch einmal nachlesen sollen, wie viel von dem Pulver eine Dosis war? Tja, jetzt war es zu spät.   „Ich erwarte von dir, dass du mich verteidigst, sollte Uruha auf die Idee kommen, mir das hier übel zu nehmen.“   Reita erwiderte den scharfen Blick seines Freundes mit einem kleinen Lächeln, während er versuchte, es sich einigermaßen bequem zu machen. Seine Rechte über das Bett streckend wartete er darauf, bis Ruki seinen kleinen Finger mit dem eigenen umschloss. „Du hast mein Ehrenwort.“   „Na schön.“ Für eine Sekunde zögerte der andere noch, bevor er die Verbindung ihrer Finger löste, um erneut nach dem Tagebuch zu greifen. „Er hat eine erstaunlich schöne Handschrift“, stellte er fest. „Ist mir nie aufgefallen.“ Ruki räusperte sich, schloss kurz die Augen und begann zu lesen.   Reita tat es ehrlich leid, seinen Freund um diesen Gefallen bitten zu müssen. Immerhin wusste er, welch großen Wert der Sänger auf seine eigene Privatsphäre legte und wie schwer es ihm fallen musste, diese nun in Uruhas Fall zu ignorieren. Er biss sich auf die Unterlippe, schob das schlechte Gewissen jedoch rigoros beiseite. Nachdrücklich versuchte er, sich ausschließlich auf die Worte zu konzentrieren, die ihn hoffentlich erneut in die Gedankenwelt seines besten Freundes bringen würden. Für Gewissensbisse würde er später noch ausreichend Zeit haben.   Interviews, Shows, Autogrammstunden. Interviews, Shows, Autogrammstunden. Jeden Tag dasselbe und das schon seit vier Wochen. Die vereinzelte freie Zeit, die wir zwischendrin haben, kann ich schon gar nicht mehr genießen, weil ich so müde bin. Ich wünsche mir mit jeder verstreichenden Sekunde dringlicher, dass die Tour endlich endet. Ich brauche einfach eine Pause, von allem hier. Im Moment habe ich wirklich das Gefühl, dass die einzigen Momente, in denen ich mich kurzfristig nicht wie erschlagen fühle, die sind, in denen Aoi und ich aneinandergeraten. Verdammt, ich sehne diese Augenblicke schon fast herbei. Ach was sag ich? Ich provoziere sie regelrecht. Ich bin nicht so naiv, dass mir das nicht längst aufgefallen wäre. Aber es ist jedes verfluchte Mal ein wahrer Hochgenuss, ihn so zu reizen. Zugegeben, er ist längst nicht mehr der überhebliche Idiot, der er noch vor einigen Jahren war. Dennoch regt es mich auf, wie er es schafft, mit jeder Faser seines Körpers diese unerschütterliche Selbstsicherheit auszustrahlen. Das reibt mich einfach an der falschen Stelle, auch wenn ich nicht sagen kann, warum genau. Vielleicht bin ich neidisch? Anfänglich wollte ich ihn nur etwas von seinem hohen Ross schubsen, wenn ich ihm nach einer Show unter die Nase gerieben habe, dass die Fans auf meiner Seite deutlich aufgedrehter waren als auf seiner. Aber mittlerweile liebe ich es, wenn einer meiner Kommentare ins Schwarze trifft und ich sehe, wie ich seine eiserne Kontrolle zum Wanken bringe. Diese kurzen Momente, in denen er nicht der überlebensgroße Rockstar ist, für den er sich selbst gerne hält, in denen ich seine weichere, verletzliche Seite aufblitzen sehe, machen irgendwas mit mir. Es ist wie ein Zwang, wie eine Droge, die ich immer und immer wieder haben will. Bin ich grausam, weil ich ihm das antue? Vielleicht. Kann ich damit aufhören? Ich glaube nicht. Was sagt das über mich aus?   Diesmal trieben ihn die Worte nicht langsam in die andere Welt hinüber. Gerade hatte er sich noch nach vorn gelehnt, um seinen schweren Kopf auf dem Bett abzulegen, und im nächsten Augenblick stand er in dem Korridor mit den bodentiefen Fenstern. „Das … ging schnell“, murmelte er und verzog das Gesicht, als seine Worte vom unnatürlichen Hallen des Gangs in tausend Fragmente zersplittert und zurückgeworfen wurden. Gut, reden sollte er sich fürs Erste also lieber verkneifen. Er konnte Rukis Stimme wie aus weiter Ferne hören, musste sich jedoch anstrengen, um einzelne Worte verstehen zu können. Unschlüssig schaute er nach rechts und links, bevor er auf die schwarze Tür ihm gegenüber zuging und die Hand nach dem Knauf ausstreckte. Beinahe rechnete er damit, dass etwas geschehen würde, als seine Finger das kühle Metall berührten, aber alles blieb unverändert. Es bedurfte nur einer leichten Drehung, um das Türblatt nach innen aufspringen zu lassen. Der Raum dahinter war fensterlos und nur schwach von einer nackten Glühbirne beleuchtet, die von der Decke hing. Das Bett mit dem verschnörkelten Metallrahmen war nicht bezogen, Kissen und Decke fehlten. Ob Uruha hier schlief? Brauchte er in dieser Welt überhaupt Schlaf? „Oh, Ruha“, formten seine Lippen den Namen seines Geliebten, ohne dass ihm jedoch ein Laut entkommen wäre. Ein weiterer Rundumblick bestätigte ihm, dass es in dieser Kammer nichts für ihn zu finden gab. Also verließ er sie wieder, schloss leise die Tür und begann, dem Korridor nach links zu folgen.   Er hatte keine Ahnung, ob der Weg, den er eingeschlagen hatte, der richtige war. Je länger er einen Fuß vor den anderen setzte, desto mehr bekam er das Gefühl, er würde sich überhaupt nicht von der Stelle bewegen. Alles sah gleich aus. An seiner Rechten reihten sich die Fenster in einer unendlichen Abfolge aneinander, auf der linken Seite unterbrach nichts das uniforme Weiß der Wand. Der einzige Hinweis, dass er sich doch fortbewegte, war die Tür, die er mittlerweile nicht mehr erkennen konnte, wenn er sich nach hinten umsah.   „Uruha!“, rief er irgendwann, als ihm die Monotonie zu viel wurde und begann zu rennen. Der Lärm, den der Schall seiner Stimme und Schritte verursachte, schmerzte in den Ohren und erst, als es nicht mehr auszuhalten war, hielt er erneut inne. Verflucht, was sollte das? Wie sollte er Uruha finden, wenn es einfach nichts zu finden gab? Mit einem Mal wirbelte er herum, als er hinter sich das Weinen eines Kindes vernahm. Statt jedoch der Quelle des Geräusches gegenüberzustehen, fand er sich urplötzlich am Absatz eines steilen Treppenabgangs wieder.   „Ach du Schei…“ Gerade so konnte er nach dem hölzernen Handlauf greifen, bevor ihn sein Schwung zu Fall bringen konnte. Wie war das möglich? Er war doch eben noch … Mit wild pochendem Herzen starrte er in das tiefer liegende Stockwerk, während er zu verstehen versuchte, wie eine Treppe aus dem Nichts erscheinen konnte. „Das …“ Reita schüttelte den Kopf, während ihn das ungute Gefühl beschlich, dass er die ganze Sache hier womöglich doch zu unbedarft angegangen war. Was, wenn Aoi und Ruki recht hatten und er sich, statt Uruha zu finden, selbst in Gefahr brachte? Er litt nicht unter Höhenangst, aber je länger er in die Tiefe starrte, desto unwohler wurde ihm, bis er die Augen schließen musste. Bewusst ruhig atmete er ein und aus, konzentrierte sich auf Rukis Stimme und widerstand dem Drang, einfach wieder umzukehren. Wo hätte er auch hinsollen, wenn sich das Haus um ihn herum von allein zu verändern schien? Gott, wie er es verabscheute, nicht zu wissen, was hier vor sich ging. Wieder hörte er dieses hohe Wimmern, das ihm diesmal eine dicke Gänsehaut über den Rücken jagte. Fest presste er die Lippen aufeinander, öffnete die Augen und ging die ersten Stufen hinunter. Nun war nicht die Zeit für Zweifel. Er musste Uruha finden, das war das Einzige, was zählte. Das unangenehme Echo, das ihn bislang begleitet hatte, schien im gleichen Maße nachzulassen, wie Rukis Stimme leiser wurde. Ob das ein Hinweis darauf war, dass er tiefer in die Gedankenwelt seines besten Freundes eintauchte, je weiter er sich vom Punkt seiner Ankunft entfernte? Nachdenklich runzelte er die Stirn und wollte gerade wieder einige Schritte nach oben gehen, um seine Theorie zu bestätigen, als er erneut die Kinderstimme vernahm.   „Uruha?“, rief er, hastete die letzten Stufen nach unten, die ihn in eine große Eingangshalle führten. Hier unten war es deutlich schummriger und er brauchte einige Sekunden, bis sich seine Augen an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnt hatten. Dennoch lagen die Ecken des weitläufigen Saals weiterhin in tiefen Schatten, die beinahe lebendig wirkten. „Fuck“, wisperte er und wünschte sich das Gefühl der Vertrautheit zurück, welches er bei seinem ersten Besuch hier verspürt hatte. Warum erschien ihm dieser Ort heute nur so feindselig? Wollte Uruha etwa nicht, dass er ihn fand, oder sorgte diese andere Präsenz dafür, dass er sich so unwohl fühlte? Aufmerksam blickte er sich um. Unter anderen Umständen hätte ihn die altertümliche Optik mit Sicherheit beeindruckt, so schüchterte sie ihn lediglich ein. An den mit Stoff bezogenen Wänden hingen große Ölgemälde in schweren, goldenen Rahmen. Er konnte das viel zu laute Ticken einer Uhr hören, deren Standort er jedoch nicht ausmachen konnte. Unheimlich. Ihm gegenüber ragte ein Portal aus dunklem mit Schnörkeln und wirren Mustern verziertem Holz empor, das ihn wie magisch anzuziehen schien. Was ihn jedoch am meisten beunruhigte, war die Tatsache, dass er, so sehr er sich auch bemühte, die Motive der Ölbilder nicht erkennen konnte. Er hatte das vage Gefühl, es könnte sich um Personen handeln, aber egal wie nah er herantrat, die Gemälde blieben unscharf. Beinahe als befände er sich inmitten einer Filmkulisse, in der aus Kostengründen auf Details verzichtet worden war. „Wie in einem Horrorfilm“, flüsterte er und rieb sich über die Unterarme. „Ducky, komm schon, wo bist du?“ Er näherte sich dem Portal und umfasste den Knauf, aber anders als die schwarze Tür im Obergeschoss blieb diese hier fest verschlossen. „Verdammt!“ Reita schlug mit der Faust gegen das Holz und versuchte, der Verzweiflung Herr zu werden, die sich mit langen Fingern erneut um sein Herz zu legen begann. Wohin sollte er nun gehen?   „Ich hab Angst.“   Er zuckte zusammen und drehte den Kopf nach links, von wo erneut die Kinderstimme zu hören gewesen war. „Hallo? Wer ist da?“ Eine Antwort blieb aus, doch vor seinen Augen schälte sich ein Korridor aus den Schatten, wo zuvor mit Sicherheit keiner gewesen war. „Ernsthaft jetzt?“ Reita schluckte und versuchte, das ungute Gefühl in seiner Magengegend zu ignorieren, als er sich zögerlich in Bewegung setzte. Gut, dann würde er eben nach den Spielregeln dieses Hauses spielen. Wäre nur nett gewesen, wenn ihm diese vorab jemand erklärt hätte. „Ich bin es, Reita“, rief er. „Du brauchst keine Angst haben, ich tu dir nichts. Ich bin nur hier, um meinen Freund zu finden.“ Der Steinboden der Eingangshalle ging in einen Teppich über, der so weich war, dass er das Geräusch seiner Schritte fast gänzlich schluckte. Seine Ohren knackten, als hätte sich der Luftdruck um ihn herum verändert, während das Hintergrundmurmeln, zu dem Rukis Vorlesen geworden war, noch eine Nuance leiser wurde. War das ein gutes Zeichen? Hieß das, er war auf dem richtigen Weg?   „Ich bin so allein“, hörte er die Kinderstimme plötzlich hinter sich und als er sich umdrehte, hätte er beinahe aufgeschrien. Da stand ein Junge, kaum älter als fünf oder sechs Jahre, in dem Flur, der eben noch menschenleer gewesen war. Seine schwarzen, kinnlangen Haare hingen ihm wirr ins Gesicht und von seinem weißen T-Shirt lächelte ihm eine Comic-Ente entgegen. Die nackten Beine steckten in kurzen Hosen, die Reita an die Uniform seiner Grundschulzeit erinnerten. Noch während er sein Gegenüber aus großen Augen anstarrte, schob sich der Knirps seinen kleinen Daumen in den Mund. Okay, das Kind schien doch deutlich jünger zu sein, als er auf den ersten Blick angenommen hatte.   „Hey, Kleiner“, murmelte er und ging in die Hocke, um so hoffentlich weniger einschüchternd zu wirken. „Mein Name ist Reita und wer bist du?“ Der Junge blieb stumm, aber seine Unterlippe begann zu beben, und noch bevor er etwas hätte sagen können, begannen dicke Tränen über die rundlichen Wangen zu laufen. „Ist doch alles gut.“ Langsam streckte er eine Hand aus, berührte das weiche Haar und streichelte darüber. Als wäre seine Geste mehr gewesen, als dieser kleine Mensch dort vor ihm noch ertragen konnte, hallte plötzlich ein lautes Wehklagen von den Wänden wider. Noch bevor Reita die Chance bekam, irgendwie darauf zu reagieren, stürzte sich der Kleine in seine Arme. Vollkommen überrumpelt konnte er nichts weiter tun, als das zitternde Bündel Mensch zu halten und unsinnige Phrasen vor sich hin zu murmeln. „Alles gut, schsch, ist doch alles gut“, wiederholte er immer und immer wieder. Irgendwann hatte er sich aufgerichtet, als ihm die Beine einzuschlafen drohten, und trug den Jungen nun auf den Armen. „Du brauchst keine Angst haben. Alles wird gut.“   „Weiß nicht …“ Das Weinen war verstummt, dafür wurden die leisen Worte von beharrlichem Schniefen begleitet.   „Was weißt du nicht?“ Er lehnte sich etwas zurück, um den Jungen ansehen zu können, der sein Gesicht jedoch gegen seine Brust gelehnt versteckte.   „Name.“   „Oh, du weißt nicht, wie du heißt?“ Das Kind schüttelte den Kopf und begann erneut zu wimmern. „Das macht doch nichts.“   „Nicht?“ Große braune Augen blickten auf einmal direkt in seine eigenen und es war, als würde sich ein Schleier lüften. Reitas Wahrnehmung schärfte sich, Tausende Erinnerungen stürmten gleichzeitig auf ihn ein. Er hatte diesen Jungen noch nie gesehen, ihre Leben hatten sich erst einige Jahre später gekreuzt, und dennoch wusste er mit unumstößlicher Sicherheit, wer er war.   „Ruha“, entkam es ihm krächzend und seine Augen füllten sich mit Tränen. „Oh Gott, ich hab dich gefunden.“ Er drückte das Kind noch fester an sich und verbarg sein Gesicht gegen den kleinen Körper. Er hinterfragte nicht, warum ihm Uruha ausgerechnet in der Gestalt seines kindlichen Selbst erschien, im Moment zählte nur, dass er ihn endlich gefunden hatte.   „Nnnh“, murrte der Knirps plötzlich und sofort lockerte Reita seinen Klammergriff.   „Tut mir leid.“ Er lächelte ihn an. „Ich bin nur so froh, dich gefunden zu haben.“   „Warum?“   „Weil ich dich ganz fürchterlich lange gesucht habe. Was hältst du davon, wenn wir jetzt nach Hause gehen, mh?“   „Wir würden sagen, wir halten gar nichts davon.“   Erschrocken wirbelte Reita herum und konnte nichts weiter tun, als erneut mit offenem Mund eine Gestalt anzustarren, die aus dem Nichts aufgetaucht war. Nun jedoch fühlte es sich so an, als stünde sein Verstand kurz davor, in tausend Scherben zu zerbrechen, weil er nicht begreifen konnte, was er sah. Sein Kopf begann zu schmerzen, der Druck in seinen Schläfen wurde beinahe unerträglich. Das konnte nicht sein. Er trug Uruha auf den Armen, wie war es also möglich, dass er dort stand? Das Kind hatte erneut zu wimmern begonnen. Die dünnen Ärmchen lagen so fest um seinen Hals, dass er nicht wusste, ob sie es waren, die ihm die Luft raubten oder doch sein Gegenüber. „U… Uruha? Wie kann das sein?“   „Uruha. Ist das also unser Name?“ Die Erscheinung lächelte, einen raubtierhaften Ausdruck im Gesicht, den er in dieser Form bei seinem besten Freund noch nie gesehen hatte. Die schwarz umrandeten Augen fixierten ihn, die roten Lippen wirkten in dem unnatürlich blassen Gesicht wie klaffende Wunden. „Hat es dir die Sprache verschlagen?“ Langsam kam der Mann näher – Reita weigerte sich, Uruha in ihm zu sehen. Seine schwarze, uniformähnliche Kleidung raschelte, als würden sich zahllose Vögel in die Lüfte erheben und das Leder seiner Reitstiefel knarrte, wie tote Bäume im Wind. Reita erschauderte, als er spürte, wie sich sämtliche Härchen an seinem Körper gleichzeitig aufrichteten. Er fühlte sich wie ein Beutetier, gefangen im hypnotischen Blick einer Schlange.   „Wer bist du?“, brachte er kaum lauter als ein Wispern über seine taub gewordenen Lippen.   „Wir? Wir sind Uruha, das sagtest du doch gerade.“ Ohne, dass er es bewusst bemerkt hatte, war ihm das Wesen so nahe gekommen, dass es mit ausgestrecktem Arm seine Wange berühren konnte. Wieder wimmerte das Kind in seinen Armen, begann zu zappeln und bevor er es verhindern konnte, hatte der Junge sich aus seinem Halt befreit.   „Ruha“, rief er erschrocken aus. Statt jedoch unsanft zu Boden zu fallen, fing der Kleine sich geschickt ab, krabbelte eine kurze Strecke auf allen vieren, bevor er sich soweit gefangen hatte, dass er davonlaufen konnte. „Uruha, bleib hier!“ Er drehte sich um und wollte ihm hinterher, da legte sich eine Hand wie ein Schraubstock um seinen Oberarm und riss ihn zurück.   „Du wirst doch nicht schon gehen wollen?“   „Was?“ Das Wesen, dieser Nicht-Uruha, war ihm plötzlich so nah, dass er seinen warmen Atem über sein Gesicht wispern fühlen konnte. Ohne dass er es wollte, reagierte sein Körper auf die Nähe zu dem Trugbild des Mannes, den er so lange vermissen musste. Für eine Sekunde wurden ihm die Knie weich und die Erscheinung nutzte diese Schwäche, riss ihn herum und drängte ihn mit dem Rücken gegen die Flurwand. „Mmmh, so gefällt uns das schon viel besser. Wir wollten schon immer mal wissen, wie das so ist.“ Unnatürlich warme Lippen pressten sich auf seinen Mund, raubten ihm Verstand und Atem gleichermaßen. Zu seiner Schande musste er gestehen, dass er keinen Widerstand leistete. Selbst als der Druck um seine Oberarme verschwand, mit dem ihn das Wesen festgehalten hatte, versuchte er nicht, zu entkommen. Er dachte nicht, reagierte nur auf das, worauf er so lange hatte verzichten müssen. Sein Herzschlag pochte in seinem Kopf laut wie Donnerschläge, der Schmerz trieb ihm Tränen in die Augen, und dennoch konnte, wollte er sich nicht lösen. Das hier war Uruha, oder nicht? Sein bester Freund, sein Geliebter, den er so lange vermisst hatte. Was konnte also falsch daran sein, ihn zu küssen?   „…ta, …ita, Reita!“ Wie aus weiter Ferne glaubte er, plötzlich Aois Stimme zu hören. Die Gestalt – Uruha – vertiefte ihren Kuss, wischte den Moment der Klarheit fort, als hätte es ihn nie gegeben. Er schmeckte Blut, fühlte ein unangenehmes Kribbeln in seinen Ohren und der Nase. Was? „Reita! Verdammt, tu mir das nicht an.“   Plötzlich riss er die Augen auf, drehte den Kopf zur Seite und stemmte sich mit aller Macht gegen das Wesen. Der andere schien von seiner Gegenwehr derart überrumpelt, dass er ihn gewähren ließ. Schwer atmend stolperte Reita einige Schritte zur Seite, brachte Abstand zwischen sich und dem, was vorgab Uruha zu sein. Er wischte sich über die Nase, sah Blut an seinen Fingern.   „Was bist du?“, keuchte er heiser, während er weitere Schritte nach hinten taumelte. Er fühlte sich unheimlich schwach, seine Glieder schmerzten, als wäre er Stunden gerannt. „Was hast du mit mir gemacht?“   Wieder teilten sich die roten Lippen, entließen ein manisches Lachen, das ihm durch Mark und Bein ging.   „Dachtest du, du könntest einfach in unser Reich eindringen, ohne einen Preis zu zahlen? Wie naiv du doch bist. Du wirst nie das finden, wonach du suchst. Du bist zu schwach, hörst du? Mach es dir nicht schwerer, als es sein muss. Komm her, wir werden uns gut um dich kümmern.“ Der lockende Finger erinnerte ihn auf unangenehme Weise an den intimen Morgen, den er heute mit Aoi verbracht hatte, und diese Erkenntnis war es, die ihn unendlich wütend machte.   „Du bist nicht Uruha“, fauchte er. „Was hast du mit ihm gemacht? Sag mir sofort, wo er ist.“   „Wir haben gar nichts gemacht. Er ist ein Teil von uns. Wir kümmern uns um ihn, genau wie wir uns um dich kümmern werden.“ Mit geschmeidigen Schritten kam das Trugbild erneut auf ihn zu, den Kopf geneigt wie ein Vogel, der nicht recht wusste, ob das vor ihm Nahrung oder eine Gefahr darstellte. „Komm zu uns, wir haben doch gespürt, wie gut wir dir tun.“   Ich liebe dich, Reita, mit allem, was ich bin und mit allem, was mich ausmacht.   Reita japste nach Atem, als er mit einem Mal wieder hören konnte, was in Uruhas Tagebuch geschrieben stand. Er kannte diesen Eintrag, hatte ihn vor einer gefühlten Ewigkeit selbst lesen dürfen. Ihm war nicht aufgefallen, dass das beständige Vorlesen verstummt war. Oder hatte er es nur ausgeblendet, abgelenkt von dem Ding, das vorgab Uruha zu sein? Er spürte, wie gut es ihm tat, diese Worte zu hören, wie sehr er sie in dieser Welt brauchte. Sie erdeten ihn, waren wie ein Anker, der ihn in der Realität hielt. Das Wesen vor ihm verzog das Gesicht, Ärger ließ die bislang schönen Züge zu einer hässlichen Fratze werden. Reita blinzelte, als sein Blick auf eine Silberkette fiel, welche die Kreatur um ihren Hals trug. Vermutlich wäre ihm das Schmuckstück nie aufgefallen, hätte der daumengroße Edelsteinanhänger nicht plötzlich zu glühen begonnen.   „Was ist das?“, zischte sein Gegenüber und starrte an die Decke des Korridors, als könnte er so sehen, woher die Worte kamen.   Die längste Zeit habe ich versucht, diese Gefühle mit unserer tiefen Freundschaft zu begründen, denn wie sollte es auch angehen, dass ich für gleich zwei Menschen nahezu dasselbe empfinde?   „Das sind Uruhas Erinnerungen. Die Gedanken und Gefühle meines besten Freundes, meines Geliebten, des Menschen, der mir alles bedeutet“, erwiderte Reita, seine Stimme mit jeder Sekunde fester, selbstsicherer werdend.   Der Edelstein schien im Rhythmus der gelesenen Worte zu pulsieren, immer heller zu strahlen. Er ging weitere Schritte nach hinten, wollte so viel Abstand zwischen sich und dem anderen bringen, der mit jeder verstreichenden Sekunde bedrohlicher wirkte. Er konzentrierte sich auf das, was vorgelesen wurde, und bemerkte irritiert, dass es nicht mehr Rukis Stimme war, die er hörte. War das Kai?   Vielleicht hätte ich behaupten können, dass dein Verhalten mich erst dazu gebracht hatte, dich mit anderen Augen zu sehen. Dass sich mein Interesse an dir erst nach und nach entwickelt hatte und ich mich nun so in meiner Obsession verloren habe, dass ich mir die Gefühle für dich nur einbilde. Und glaub mir, ich habe versucht, mir genau dies einzureden, wieder und wieder und bin dennoch daran gescheitert.   Seine Wangen wurden heiß, als ihn die Erkenntnis traf, dass es tatsächlich ihr Leader war, der diese Dinge vorlas. Aber noch bevor er darüber nachdenken konnte, was das zu bedeuten hatte, und ob er vorhin tatsächlich Aois Stimme gehört hatte, begann sich das Wesen vor ihm zu verändern. Es schien größer zu werden, beinahe den gesamten Korridor auszufüllen, während seine Umrisse an den Rändern zu verschwimmen begannen.   „Komm zu uns!“, dröhnte die kratzige Stimme der Erscheinung plötzlich viel zu laut in seinen Ohren. „Du gehörst uns, wir werden dich nicht gehen lassen. Dich nicht und ihn auch nicht.“ Linien zogen sich über das verzerrte Gesicht, bis es wie eine zersprungene Porzellanmaske wirkte. Blut sickerte aus den Rissen, ließ Panik und Abscheu in gleichem Maße in ihm aufsteigen. „Komm! Komm! Komm her!“, kreischte das Wesen, machte einen Satz auf ihn zu und endlich löste sich seine Starre.   Reita drehte sich um und begann zu rennen. Weg, weg, nichts wie weg von diesem Albtraum. Kopflos lief er den Gang entlang, spürte, wie Teppich in Marmorboden überging, als er die Eingangshalle erreichte. Für einen Moment fragte er sich, weshalb das Wesen ihn davonkommen ließ, die Umgebung nicht einfach nach seinen Wünschen veränderte und ihn einsperrte. Aber er würde sich davor hüten, diese glückliche Fügung des Schicksals nicht einfach als gegeben hinzunehmen. Noch immer hörte er die unnatürlich lauten Schritte hinter sich, bildete sich beinahe ein, heißen Atem in seinem Nacken spüren zu können. Der Boden unter seinen Füßen schien zu vibrieren, als er die Treppe ins Obergeschoss nahm. Er hatte keine Ahnung, wohin er gehen sollte, wie er wieder in seine Welt gelangen konnte. Ob die Kammer Schutz bot?   Plötzlich packte ihn etwas, riss ihn zur Seite und eine starke Hand presste sich auf seinen Mund. Er wehrte sich mit Leibeskräften, die jedoch im Hinblick auf seinen dröhnenden Schädel und die Schwäche seiner Glieder nicht sonderlich beeindruckend waren.   „Schsch, ruhig, ich bin es.“   ‚A… Aoi?‘ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)