The birth of a hero von Frozen_Fairy (... that meets a dragon (ChildexZhongli)) ================================================================================ Kapitel 1: Ein endgültiger Abschied? ------------------------------------ Die Schneeflocken tanzten dem Jungen um die Nase, der hinter einer Ecke versteckt das Geschehen beobachtete. In dem kleinen Dorf in Snezhnaya hatte es einen Vorfall gegeben, bei dem mehrere Dorfbewohner verletzt worden waren. Der Bürgermeister war aufgebracht und redete auf einen Mann ein, der sich schuldbewusst zeigte. “Der Vorfall tut mir leid. Ich werde mit meinem Sohn sprechen”, sagte er mit gesenktem Kopf. “Das hoffe ich. Das geht nämlich nicht so weiter”, erwiderte das Dorfoberhaupt streng. “Du kennst die Regeln.” “Das ist mir bewusst. Ich sorge dafür, dass es nicht mehr vorkommt.” “Und wie du das tust. Wegtreten.” Der Junge hinter der Ecke zog sein Näschen kraus und fuhr sich durchs rötliche Haar. Mit einem Seufzen verschwand er sodann in der alten Scheune, die seit Jahren leer stand. Von dort aus hätte er zum Haus rüberspucken können. Die nun laute Stimme seines Vaters war auch hier deutlich zu hören. “Du sagst mir jetzt sofort, wo Ajax ist!”, brüllte er. “Keine Ahnung. Woher soll ich das wissen? Eben war er noch hier!”, hörte er die aufgebrachte Stimme seiner jüngeren Schwester. “Tonia! Lüg mich nicht an!”, drohte der Vater und hörte daraufhin ein Wimmern. Es war nicht das erste Mal. Eigentlich hätte er zurückkommen müssen, um seine Schwester zu beschützen, aber wenn er das tat... ihn erwartete dann weit Schlimmeres. “Ich weiß wirklich nicht wo er ist!”, hörte er Tonia und im nächsten Moment eine Tür. Vielleicht würde er erstmal ein wenig hier bleiben, bis die Wut seines Vaters verraucht war. Doch er sollte schnell merken, dass es diesmal sich nicht so einfach regeln ließ. Ja, er hatte mit den Männern eine Prügelei angefangen, aber auch nur, weil sie ihn provoziert hatten. Und ohnehin sahen ihn alle in diesem Dorf an, als sei er nicht ganz normal. Das Leben hier war schrecklich, weil jeder jeden beobachtete. Trotzdem liebte er das Haus und seine Familie über alles. Sofern der Alte nicht wütend wurde. Doch in letzter Zeit war es nicht einfach. Und so musste er wohl oder übel eine Gardinenpredigt seines Vaters über sich ergehen lassen: “Ajax. Du weißt selber, dass es nicht geht, dass du irgendwelche Leute verprügelst. Und dann einfach abhaust. Ich hätte nie gedacht, dass mein Sohn so feige ist. Gestern hatte ich eine Unterhaltung mit dem Bürgermeister. Ich denke, uns drohen ersthafte Konsequenzen, wenn das noch einmal vorkommt, die auch unsere ganze Familie betreffen könnten.” “Ich sagte doch, es wird nicht wieder vorkommen”, murmelte er und rieb sich mürrisch den Arm. Sein Vater hatte ihn zuvor grob angepackt, in den Sessel geschubst und erstmal angeschrien. “Nein. Das wird es auch nicht. Ich habe beschlossen, dich in die Obhut der Fatui zu geben”, sagte der Vater streng. “Was!!?”, fragte Ajax schockiert. Das kam nun wirklich überraschend und es bedeutete, dass er von hier fort musste... sein Vater wollte ihn fortschicken? “Ja, du hast richtig gehört. In zwei Tagen reist du ab. Ich habe bereits alles geklärt. Im Hauptquartier der Fatui wirst du dann eine militärische Ausbildung erhalten. Dann ist deine offenbar unkontrollierbare Kampfeslust wenigstens zu etwas nutze. Und die werden dir gehörig Zucht und Ordnung beibringen, wo ich als Vater offenbar versagt habe”, erklärte der Vater und schüttelte den Kopf. “Aber... aber Vater, bitte schick mich nicht weg! Ich tue es auch nie wieder, versprochen!”, sagte Ajax verzweifelt. Beim Gedanken seine Geschwister verlassen zu müssen, stiegen ihm direkt die Tränen in die Augen. Vor den Fatui hatte er auch Angst. Man hörte nämlich nicht nur Gutes über sie. “Das hast du die letzten Male auch immer gesagt. Nein. Diesmal ist es endgültig”, erwiderte der Vater und schaute weg. Egal, was er jetzt sagen würde, sein Vater würde es nicht mehr hören. Und Ajax wusste, dass er seine Meinung nicht mehr ändern würde. Trotzig wischte er sich übers Gesicht. “Na gut. Wenn es deine Entscheidung ist, dann werde ich eben gehen”, sagte er stur und verließ den Raum. Schließlich hatte er keine andere Wahl. Nur wie sollte er das den anderen beibringen? # Die nächsten zwei Tage versuchte Ajax möglichst viel Zeit mit seinen Geschwistern noch zu verbringen. Er nutzte die wenigen Stunden, die ihm noch blieben um etwas möglichst Schönes mit ihnen zu unternehmen. Dabei sagte er ihnen nicht, dass er fortgehen würde. Er wollte nämlich nicht, dass sie traurig waren und sie am Ende alle weinten. So sollten ihn seine Geschwister nicht in Erinnerung behalten. In der Nacht vor seinem Aufbruch in die Hauptstadt Snezhnayas schrieb er jedem seiner Geschwister einen Brief und legte ihnen ihn unters Kopfkissen, während sie noch schliefen. Selber hatte er kein Auge zugetan. Er konnte einfach nicht. Schließlich wusste er nicht, was er denken sollte, wenn er seine Familie möglicherweise für eine sehr lange Zeit nicht mehr wiedersehen konnte. Aber irgendwann waren seine Tränen aufgebraucht und alles wich der Gleichgültigkeit. Als ihn am nächsten Morgen sein Vater weckte, wusste bereits das ganze Haus von seiner Abreise Bescheid. Der Vater hatte es aber zuvor auch verheimlicht und so schienen alle überfordert und geschockt. Ajax hatte seine Sachen schon fertig gepackt und trat in den Flur, wo ihn seine weinende Mutter fest in den Arm nahm. “Du kannst ihn doch nicht einfach wegschicken. Sieh ihn dir an. Er ist doch noch viel zu jung... Mein Kind”, sagte sie verzweifelt. “Ich wusste, dass du das sagen würdest. Deswegen habe ich es dir vorenthalten. Aber du weißt auch, was im Dorf geschehen ist und dass der Bürgermeister das nicht weiter duldet. Entweder geht Ajax, oder wir alle irgendwann. Du weißt genau, dass wir auf das Dorf angewiesen sind. Sofern er eine vernünftige Ausbildung absolviert hat, kann er ja wieder zurückkommen”, sagte der Vater streng. Ajax schwieg. Er wollte diese Art von Ausbildung nicht machen. Aber jetzt Widerworte einzubringen, würde nichts nutzen. Sein Vater würde schon noch sehen... “Wie kannst du einfach unseren Sohn weggeben? Du weißt doch gar nicht, wie es ihm bei den Fatui ergehen wird. Das werde ich dir nie verzeihen”, sagte die Mutter, zog sich aber an. Sie legte ihrem Sohn den Arm um die Schultern. “Komm, Ajax. Kommt...”, sagte sie zu ihm und zu den Geschwistern mit ihrer mütterlichen sanften Stimme, bevor sie das Haus verließen. “Doch. Dort lernt er Zucht und Ordnung”, murmelte der Vater und schritt voran. Sie gingen zum Dorfplatz. Dort wartete eine kleine Delegation von den Fatui bereits, um Ajax mitzunehmen. Dieser verschränkte die Arme. Das waren zwar bewaffnete Männer, aber keiner von ihnen schien besonders angsteinflößend. Fast alle Spargel... bis auf... der einzige Fette mit dem Eisgewehr machte einen besonders untrainierten Eindruck. Und sowas waren also Rekruten der Fatui? Lächerlich... Und da musste er nun mitmachen. Zum Kotzen... “Warum nehmen sie Ajax mit?”, hörte er eine Stimme aus dem Hintergrund. Er blickte über die Schulter und sah seinen dreijährigen Bruder mit tränenüberströmtem Gesicht auf den Platz rennen. Er wurde von Mutter zurückgeholt, bevor er ihn erreichen konnte. Als die Fatui ihn nun nach der Verabschiedung am Arm zum Wagen mitschleifen wollten, fühlte sich ihr Griff im Vergleich zu dem seines Vaters äußerst leicht an... Ajax kam da eine spontane Idee... für einen besonders unvergesslichen Abschied auch für seine Geschwister... vielleicht dürfte er ja auch bleiben, wenn er diesen Fatui nur gehörig Angst einjagte? “Hey, fasst mich nicht an ihr Luschen. Ich habe keine Intentionen, eurem Verein beizutreten”, sagte er frech und schlug die Arme weg. Die Augen aller Dorfbewohner lagen auf ihm, aber er war bereit für eine Show. So sang und klanglos wollte er sich nicht verabschieden. Und immerhin hatte er seinen Geschwistern versprochen, bei den Fatui ein Ritter zu werden. Nur das was er sah, entsprach eben nicht dem, was er erwartet hatte. “Du kommst jetzt mit. Das ist eine Anordnung von Sir Pulcinella und dem Bürgermeister”, sagte der Rekrut und packte fester zu. “Ach ja? Wohl eher Kindesentführung”, fragte Ajax frech und wand sich aus dem Griff. Im nächsten Moment war eine Prügelei im Gange, was Ajax geplant hatte. Alle Dorfbewohner sahen geschockt zu, vor allem der Vater. Keiner griff ein, es ging alles so schnell, während Ajax mit geschickten Griffen die Soldaten alle machten, die danach nur noch auf einem Haufen in der Ecke lagen. Seine kleinen Geschwister jubelten, als er stolz zu ihnen zurückkehrte. Das ganze Dorf war allerdings nur schockiert. “Und du willst mich wirklich zu den Fatui schicken?”, sagte Ajax frech zu seinem Vater. Dieser wandte sich allerdings nur enttäuscht ab. Die Bürger verarzteten die Fatui, die sodann wieder abreisten. Ajax kehrte mit seiner Familie wieder nach Hause, mit dem Unterschied, dass seine Eltern erstmal nicht mehr mit ihm sprachen. Aber das glückliche Lächeln von Teucer war es ihm wert gewesen. Kapitel 2: Eine unvermeidbare Begegnung --------------------------------------- Ajax verbrachte die folgende Woche in der Scheune. Das war wohl für alle Beteiligten besser so, weil es nur noch Streit im Haus gegeben hatte. Fast wünschte er sich, er wäre fort gegangen. Doch konnte er seine Geschwister hier im Stich lassen? Niemals... vielleicht sollte er einfach fliehen? Nur wie sollte er dann durchkommen, ohne Mora, und wohin sollte er überhaupt gehen? Nachdenklich betrachtete er den fallenden Schnee. War er wirklich das Monster, für das ihn alle hielten? Es geschah einfach, dass er Streitigkeiten anzog, wie ein Magnet... wohlmöglich lag ein Fluch auf ihm... “Wie soll ich außer meiner kleinen Geschwister jemanden treffen, mit dem ich nicht streite?”, fragte er sich und blickte in die Ferne. Doch seine Geschwister waren Kinder, unschuldig und freundlich... er hingegen war... auf der Schwelle zum Erwachsen werden und in diesem Dorf lebten nur alte garstige Menschen und die Welt war ihm zu klein... fast hatte er die Chance greifen können, dieses Drecksloch zu verlassen, aber die Fatui waren auch nicht der Ort, wo er sein wollte. In die Hauptstadt zu fahren hatte ihn immer schon gereizt. Aber eine militärische Ausbildung? Vielleicht war es nur genau das, was er machen sollte? Doch war er bereit, jetzt zu gehen? Wahrscheinlich war es ohnehin zu spät. Ajax seufze und ließ sich ins Heu sinken. Was sollte er nur tun? Plötzlich hörte er seinen Vater im Hinterhof. Seine Schritte hörten sich laut an, das verhieß nichts Gutes. “AJAX!”, brüllte er über den Hof und wartete dort mit verschränkten Armen. Nachdem er die Augen verdreht hatte, setzte Ajax sich auf und überlegte kurz. Wenn er nicht kam, gab es Ärger. Das wusste er. Für einen Moment fragte er sich, warum sein Vater so wütend war. Immerhin war jetzt eine Woche seit dem Vorfall vergangen. Unsicher, aber dies mit einem trotzigen Stolz versteckt, kam Ajax sodann aus der Scheune. “Ja, was gibt es, Vater?”, fragte er höflich und klopfte sich das Heu von der Kleidung. “Wir haben Besuch. Ich habe versucht, gute Worte für dich einzulegen aber mir bleibt nichts mehr zu sagen, außer... Leb wohl mein Sohn. Du musst jetzt schauen, wie du selber zurechtkommst”, sagte der Vater ernst. Er schien streng, aber klang auch enttäuscht und traurig. Ajax sah ihn überrascht an. Was sollte das denn jetzt? Doch er konnte nicht lange darüber nachdenken, denn sein Vater ging voran und es blieb ihm nichts anderes übrig, als zu folgen. Als er mit seinem Vater mit in die Stube ging, saßen dort der Bürgermeister und ein Herr, den er nicht kannte. Mutter war damit beschäftigt, ihnen Tee aus dem Samowar einzuschenken. “Da ist ja der Übeltäter”, sagte der Bürgermeister tadelnd. Jetzt verstand Ajax. Offenbar ging es um den Vorfall mit den Fatui. Er fuhr sich verlegen durchs Haar, aus dem Heugräser hervorfielen. “Wie siehst du überhaupt aus?”, sagte die Mutter besorgt und zog Ajax die Grashalme aus den Haaren. Das war doch alles zu skurril, um wahr zu sein. Zum ersten Mal beobachtete Ajax den Fremden genauer. Er trug eine schwarzrote Uniform mit einem sehr ausladenden schwarzen Pelzkragen. Seine braunen Haare waren wie bei Soldaten zurückgegelt. “Das ist also der Teufelsjunge... hm... macht einen ziemlich gewöhnlichen Eindruck”, sagte er und lachte überheblich. “Ja. Er hat aber Eure Rekruten niedergeschlagen, und das ohne Waffen, Sir”, berichtete der Bürgermeister eifrig. “Hmm... ich sehe...”, sagte der Fremde in der Uniform und schritt auf Ajax zu. Er nahm sein Kinn fest in die Hand und betrachtete ihn ausgiebig bevor er ihn grob los ließ. “Woher hast du so kämpfen gelernt?” Ajax fuhr sich übers Kinn und drehte sich weg ohne eine Antwort zu geben. So einem aufgeblasenen Typen war er gar nichts schuldig. Es war ihm auch bewusst, dass sich die Schlinge um seinen Hals langsam zuzog, aber der Fremde war ihm einfach zu unsympathisch, als dass er mit ihm reden wollte. “Keine Antwort? Schade... aber ich hätte dich nach dieser Aktion sowieso nicht bei den Fatui aufgenommen. Die Fatui sind eine Organisation, die streng geregelt ist. Nur du... kannst dich offenbar an keine Ordnung halten...”, sagte der Pelzkragentyp und grinste schief. “Was? Ich dachte, Sie wollten ihn mitnehmen, Sir Pulcinella”, sagte der Bürgermeister völlig aufgelöst. Ajax verdrehte die Augen. Es war so offensichtlich, dass er ihn hier nicht mehr haben wollte und alles tun würde, um die Familie auseinander zu reißen. “So einen Bengel soll ich in Ausbildung einstellen? Dem gehört selber eine Tracht Prügel”, sagte Pulcinella, der offenbar der Boss der Fatui war. Ajax hatte den Namen neulich gehört. Er verschränkte die Arme und schwieg. Warum war er hier? Wollte er ihn jetzt verprügeln, oder was? Das sollte er mal versuchen... “Entschuldigung. Wir... wollten keine Unannehmlichkeiten für die Fatui machen... er ist noch ein Kind, sehen Sie? Wir schauen, dass unser Sohn auf den richtigen Weg kommt”, sagte der Vater entschuldigend. Ajax hatte ihn noch nie im Leben so vor jemandem in die Knie gehen sehen. Doch Pulcinella lachte nur. “Dafür ist es jetzt reichlich zu spät. Nur ein Kind? Ihr wolltet doch, dass dieses “Kind” in den Wehrdienst bei den Fatui geht... Was denkt ihr, was wir Fatui sind? Eine Müllhalde für Raufbolde? Nein – die Fatui bringen die Ordnung zurück nach Snezhnaya. Und von daher habe ich beschlossen, den Jungen mitzunehmen und ihm die gerechte Strafe zuteilwerden zu lassen, die ihm gebührt”, sagte er mit einem sadistischen Unterton. “Nein, bitte nicht, Gnade!”, rief die Mutter erschrocken. “Versuchs doch. Ich gehe nirgendwo hin”, sagte Ajax schulterzuckend. Der Typ hatte doch die Angst seiner Eltern nur ausgenutzt. Doch Pulcinella grinste nur. “Gut. Ich kann dich auch auf der Stelle erschießen, wenn dir das lieber ist”, sagte er und zückte einen Revolver, den er direkt auf Ajax richtete. “Damit kommst du nicht durch”, sagte Ajax. Für einen Moment überlegte er jedoch, ob Pulcinella ernsthaft abdrücken würde. “Ich bin Pulcinella, der Fünfte der Fatui, wir kommen mit allem durch”, erwiderte er und drückte seine Waffe gegen Ajax’ Stirn. In diesem Moment änderte sich irgendetwas in seinem Bewusstsein. Nein, es war keine Todesangst, viel mehr der Wunsch an eine solche Macht zu kommen. Denn dann würde er jetzt nicht hier in dieser Situation sein. “Ich werde mit dir kommen. Ich will nicht, dass mein blutüberströmter Körper das letzte ist, was meine Familie von mir sieht”, sagte Ajax ernst. Im nächsten Moment erblickte er Tonia, die in der Tür gestanden hatte und erschrocken die Hand vor den Mund hielt. “Bitte nehmen Sie die Waffe herunter!”, sagte der Vater, nachdem er wieder zur Sprache gefunden hatte. Alle im Raum standen unter einer Art Schock. Auch noch nachdem Pulcinella schließlich den Revolver wieder weggesteckt hatte. “Nun gut. Gehen wir. Es wird eine lange Reise bis in die Hauptstadt”, sagte er kalt lachend. “Lebt wohl”, sagte Ajax, “Tonia, grüß die anderen von mir”, fügte er an und lächelte seiner Familie das letzte Mal zu. Dann nahm er das Bündel in die Hand, das seine Mutter ihm vorhin hastig gepackt hatte und verließ mit dem Fünften der Fatui das Haus. # Der Schlitten, der von vier Pferden gezogen wurde, preschte durch den Schnee. Ajax blickte ein letztes Mal auf sein Dorf bevor es am Horizont verschwand. Ihm gegenüber saß dieser Fatui-General, der streng wirkte, aber ihn auch neugierig beobachtete. Ajax blickte stur weg. Was sollte er sich auch mit einem Mann unterhalten, der ihm eben eine Knarre gegen den Kopf gedrückt hatte? Da es auf dem Schlitten doch etwas frostig war, schlang er die Arme um sich. Was auch immer ihn in der Hauptstadt erwartete... dann hatte er sie wenigstens einmal gesehen... “Ist dir kalt?”, fragte der Fatui und holte unter der Sitzbank eine Decke hervor, die er Ajax zuwarf. “Hm...”, murmelte er und wickelte sich nur widerwillig darin ein. Doch damit war es wirklich besser. “Wie heißt du? Teufelsjunge?”, fragte sein Gegenüber nach einem Moment der Stille. Ajax atmete tief durch. Er wollte wirklich nicht mit ihm reden, also schwieg er weiter. “Gut. Dann eben nicht”, sagte er nach einem Moment, leicht amüsiert. Ajax funkelte ihn wütend an. Eben wollte er ihn noch vor seiner Familie umbringen und jetzt wollte er fröhlich mit ihm plaudern? Dieser Kerl war wirklich völlig verrückt oder? “Ist es nicht egal? Ich soll doch sowieso schwer bestraft werden”, murmelte Ajax kaum hörbar. “Ahh...ja, ganz recht”, sagte Pulcinella und grinste schief. “Was wollt ihr mit mir machen? In eine Folterkammer stecken? Mich an den Galgen hängen vor dem Zarenpalast?”, fragte Ajax trotzig. Doch Pulcinella lachte nur. “Ich habe nicht vor, dich zu bestrafen”, sagte er daraufhin knapp. “Was?!!”, fragte Ajax verwundert. Warum hatte er dann... als Druckmittel, natürlich... Er fasste sich an die Stirn und seufzte. “Was willst du dann von mir?”, fragte er direkt. Das wäre jetzt natürlich wichtig zu wissen. Auch wenn er daran zweifelte, ihm glauben zu können. “Ich werde noch herausfinden, was ich mit dir anfangen kann, Junge”, sagte Pulcinella und grinste. Ajax nickte nur. Es war die quälendste Reise die er je unternommen hatte. Denn er wusste nicht, was auf ihn zukam. Aber trotz allem war er aufgeregt und schaute sich die Umgebung an. Soweit das möglich war, denn der Schlitten war wirklich schnell. Diese Pferde waren keine normalen Pferde, oder? Und Pulcinella... war kein normaler Mensch. Dessen war Ajax sich sicher, je länger er ihn beobachtete. Kapitel 3: Willkommen bei den Fatui ----------------------------------- Als sie in der Hauptstadt ankamen, war es schon mitten in der Nacht. Dementsprechend konnte Ajax nicht so viel von der Stadt sehen, aber wohl, dass sie sehr groß war. Die vielen Lichter und der Schnee... es war einfach wundervoll. Als sie vor dem Quartier der Fatui ausstiegen, klopfte Pulcinella Ajax auf die Schulter. “Meine Rekruten zeigen dir dein künftiges Zimmer. Bitte schlag sie diesmal nicht zusammen”, sagte er grinsend. Dann fuhr er mit seinem Schlitten davon. Wahrscheinlich hatte er eine bessere Unterkunft, als einer der obersten Fatui. Die Baracken hier waren wohl für die Anfänger bei den Fatui. Es waren riesig langgezogene Bauten aus grauem Beton mit Fenstern die nebeneinander standen und alle gleich aussahen. Er ging schweigend hinter den Rekruten her. Dann wurde er zu einem kleinen Zimmer gebracht. Dort war aber alles vor Ort, ein kleines Badezimmer und ein Ofen mit Kochstelle. Ajax hatte sich vorher nie vorgestellt alleine zu leben. Vor allem nicht nur in einem Zimmer. Aber es war bestimmt in Ordnung... besser als bestraft zu werden. Fertig von dem Tag kuschelte er sich auf die Matratze und schlief sofort ein. Am nächsten Morgen um sechs Uhr früh ging der Alarm los, den man durchs ganze Haus hörte, ebenso wie die Rekruten die sich dienstbereit machten. Ajax spielte mit dem Gedanken einfach liegen zu bleiben. Dann entschloss er sich jedoch dazu, unter die Dusche zu springen und sich anzuziehen. Er wollte gerade seine Kleidung anziehen, als sich ein Schlüssel in der Tür bewegte und Pulcinella ungefragt in sein Zimmer kam. “Das muss morgen schneller gehen. Du hast Welpenbonus. Außerdem, hier, deine Uniform”, sagte er und warf sie ihm entgegen. Ajax starrte ihn mit großen Augen an – immerhin stand er gerade fast splitterfasernackt vor ihm und er hielt das Handtuch erschrocken vor sich, während er noch versuchte, die Uniform zu fangen. Und jetzt lachte dieser Pulcinella-Typ auch noch. “Jaja. Danke”, murmelte er und ging ins Bad zurück. Sollte er doch seinen Hintern sehen. Trotzig zog er so schnell wie möglich trotzdem seine neuen Sachen an und kam hervor. Es war eine rote Uniform mit dunkelgrauer Jacke. “Gut. Wenn du fertig bist, gehen wir aufs Übungsfeld. Ich will sehen, wie du kämpfst”, sagte Pulcinella. “Wie ich kämpfe? Ich dachte, du willst mich nicht ausbilden?”, fragte er überrascht. “Das entscheide ich dann. Also enttäusche mich nicht so wie dein Dorf”, sagte Pulcinella streng. Ajax blickte betreten auf den Boden. Das hatte aus welchem Grund auch immer gesessen. Der Fatui General war zwar verrückt und sicherlich ein Sklaventreiber, aber diese Art von Autorität und wie er diese durchsetzte, imponierte Ajax und so hatte er keine andere Wahl, als ihm sein Können zu beweisen. Außerdem hatte bisher noch nie jemand sehen wollen, wie er kämpfte. Nein, es war immer als etwas Schlechtes angesehen worden. Er könnte es ihm ja zumindest zeigen, einmal... Also ging er mit ihm mit. Auf dem Übungsplatz waren diverse Vorrichtungen aufgestellt worden, die für das Training geeignet waren. Pulcinella erklärte ihm, wie sie funktionierten und gab ihm ein Schwert in die Hand. “Dann zeig mal, was du drauf hast”, sagte er herausfordernd. Ajax nickte. “Du wirst nicht enttäuscht sein, Pulcinella”, sagte er und sprach seinen Namen mit Absicht falsch aus. Dann zückte er das Schwert und bahnte sich in unglaublicher Schnelligkeit seinen Weg durch die Trainingsvorrichtungen. Er schlug auf die Attrappen ein und kam in Windeseile zum Ziel. Als er zum Stehen kam, bemerkte er, wie Pulcinella der Mund halb offen stand. “Da staunst du, was?”, fragte Ajax und grinste frech. “Naja... du warst … ganz gut, ja”, spielte Pulcinella es herunter. Die Wahrheit war allerdings, dass er ohnegleichen war. Keiner der neuen oder auch bestehenden Rekruten hatte jemals so etwas fertig gebracht. Und da war noch mehr... “Ganz gut? Das ist alles?”, fragte Ajax überrascht. “Ich frage mich halt nur, woher du in deinem zarten Alter so kämpfen gelernt hast”, erwiderte Pulcinella und grinste schief. “Betriebsgeheimnis. Und was heißt hier “zartes Alter”? Ich bin kein Kind mehr”, entgegnete Ajax frech und lachte. “Du bist mit Abstand der Jüngste hier im Lager. Aber ich werde dich nicht wie ein Kind behandeln, sondern wie einen Rekruten: Ich werde dich ausbilden”, sagte Pulcinella und lächelte leicht. “Nur, wenn ich auch gegen Menschen und nicht nur blöde Puppen kämpfen darf”, erwiderte Ajax fordernd. Kein Wunder, wenn die Fatui-Rekruten solche Luschen waren. “Sinn der Sache. Aber erstmal brauchst du eine ordentliche Ausbildung. Auch in Elementarkräften selbstredend”, sagte Pulcinella. “Ele-was?”, fragte Ajax und schaute ihn mit großen Augen an. “Du hast doch bestimmt schon vom göttlichen Auge gehört, oder?”, fragte der Fünfte der Fatui und ging näher auf Ajax zu. “Ja, schon... in den Geschichten von meinem Vater... aber das haben doch nur … ganz besondere ähm... Personen... die dann auch...solche Eiskräfte oder so einsetzen können...”, stammelte Ajax und war sich sicher, dass er so etwas doch nicht einfach so lernen könnte. Und wenn er das nicht konnte, dann war es das sicher, oder? Wieso waren die Leute aus seinem Dorf eigentlich auf die Idee gekommen, zu den Fatui zu schicken? “Das ist korrekt. Die meisten in Snezhnaya verfügen über die Kryo-Kraft. Aber es gibt auch andere Elementarfähigkeiten”, erklärte Pulcinella. “Achso... du meinst diese Waffen da oder wie?”, fragte Ajax und blickte hinüber zu anderen Soldaten, die sich an Frostgewehren ausprobierten. “Nein. Das sind nur Elementarwaffen, die wir den Rekruten geben. Hätte ich sonst etwa das göttliche Auge und die Fähigkeiten erwähnt?”, fragte Pulcinella und lachte. “Ähm... achso ja, na klar... das göttliche Auge...”, erwiderte Ajax und bluffte, “Natürlich. Ich werde dich bestimmt auch darin mit meinen Kräften überzeugen können.” “Ich habe noch nie einen Jungen wie dich getroffen – du weißt gar nicht, dass du eins hast, oder?”, fragte Pulcinella und sah ihn mit einem stechenden Blick an. Ajax fuhr sich verlegen durchs Haar und lachte. “War eine Notlüge”, sagte er peinlich berührt und wurde leicht rot. Pulcinella ging jedoch zu und packte ihn am Kragen. “Jetzt hör mir mal gut zu, Junge. Du weißt es wahrscheinlich selbst nicht, aber ich habe es eben gesehen, dass du ein göttliches Auge hast”, sagte Pulcinella ernst. “Was?!”, fragte Ajax verwundert. “Ich?!! Ähm... also... ich will nur klarstellen, dass ich ein gewöhnlicher Junge aus dem Dorf bin... wirklich... ich habe nichts getan oder irgendein göttliches Auge gestohlen... also...”, versuchte er sich herauszureden. Noch konnte er sich ja nicht sicher sein, ob Pulcinella ihn nicht vielleicht doch bestrafen wurde. “Ja. Natürlich. Du hast keines. Und ich habe eben auch nichts gesehen”, erwiderte Pulcinella sarkastisch und ließ ihn los. “Was hast du gesehen?”, fragte Ajax trotzig und zog sich die Kleidung zurecht. “Ich habe es vielmehr gespürt. Es ist wahrscheinlich hydro, aber das muss ich noch prüfen. Eine recht seltene Elementarkraft hier in Snezhnaya. Schau her”, meinte er und zeigte ihm etwas, das aussah, wie ein glänzender Stein mit einem Symbol darin eingelassen. Er zeigte es ihm jedoch so kurz, dass Ajax nicht richtig erkennen konnte, was es war. “Besitzt du so etwas? In blauer Farbe vielleicht?”, fragte er, an ihn gewandt. Plötzlich erinnerte Ajax sich. Er biss sich auf die Lippe und wusste nicht, wie er das jetzt erklären sollte. Aber am besten sagte er die Wahrheit, oder? “Es gibt so etwas in meinen Besitztümern. Ich habe es als Kind beim Eisfischen mit meinem Vater gefunden. Ich dachte, es wäre wie eine Art kleiner Schatz und habe es immer mitgenommen, als eine Art Glücksbringer”, sagte er verlegen und lächelte. “Schatz... wie recht du wohl hast...”, sagte Pulcinella und schüttelte den Kopf. “Ich habe noch nie einen Jungen wie dich gesehen. Ich werde dir zeigen, wie man mit Elementarkräften kämpft. Wir fangen gleich morgen damit an. Die Ausbildung wird nicht einfach, da du Schwertkampf und Elementarfähigkeiten gleichzeitig erlernen wirst. Also vermassele es nicht”, direkt wurde sein Ton wieder strenger. Aber es war eine anspornende Strenge, die mit der kalten Strenge seines Vaters nicht zu vergleichen war. “Du wirst schon sehen”, sagte Ajax und lächelte. Jetzt fühlte er sich herausgefordert, vor allem da er offenbar noch über stärkere Kräfte verfügte, als zunächst angenommen. Er konnte es kaum erwarten, ihm und diesen ganzen Haufen von Unfähigen zu zeigen, was in ihm steckte. # In den nächsten Tagen ging das Training wirklich an Ajax’ Grenzen. Vor allem die Kontrolle über diese Elementarkraft wollte geübt werden. Erschöpft saß er in einer Pfütze und fuhr sich durchs nasse Haar. “Du solltest das Wasser auf die Vorrichtung lenken, nicht auf dich selber. Jetzt machen wir das Ganze noch mal”, sagte Pulcinella streng. Ajax seufzte. Das war ihm schon klar, aber wenn er jetzt mit ihm herum diskutierte, würde das alles nur erschweren. “Gleich. Erstmal muss ich schauen, ob der Brief etwas abgekriegt hat”, murmelte er und zog ein Blatt Papier aus seiner Tasche, das leicht durchnässt war. Die Schrift war an einigen Stellen verwischt. “Ach, verdammt. Jetzt kann ich den nochmal schreiben”, murmelte er und warf ihn weg. Dann zwang er sich aufzustehen, und weiter mit seiner Hydro-Kraft zu üben. Dabei war er so vertieft, es jetzt besser zu machen, dass er gar nicht mitbekam, dass Pulcinella den Brief aufgehoben hatte und mit belustigter Miene zu lesen begann. Als er schließlich lachte, drehte Ajax sich um. Als er bemerkte, dass er den Brief las, war es ihm auf der Stelle peinlich. “Gib das her!”, sagte er wütend, rannte auf Pulcinella zu und versuchte, den Brief zu fassen. Dieser wich jedoch mit einer Leichtigkeit aus. “Bei den Fatui kann ich schon richtig gut kämpfen und ich bin dabei viel besser als alle anderen Rekruten, das hat sogar mein Ausbilder gesagt. Ich lerne jetzt auch die Hydro-Elementarkraft. Wenn ich euch das nächste Mal besuchen komme, werde ich super stark sein. Liebe Grüße, euer Ritter!”, las er vor und lachte. Ajax wurde rot und fuhr sich verlegen durchs Haar. “Tch”, grummelte er. “Du bist auch gar nicht angeberisch”, sagte Pulcinella und schüttelte belustigt den Kopf. “Und das geht dich nicht mal was an”, fauchte Ajax und schnappte sich den Brief, der dabei zerriss. “Möglich. Aber pass auf, dass du dich nicht überschätzt. Das ist ein Fehler, den viele Rekruten machen. Das ist alles, was ich dazu zu sagen habe”, sagte Pulcinella streng. “Wie kommst du darauf, dass ich mich überschätzen würde?”, fragte Ajax nach einem Moment unzufrieden. “Weil du noch kein Ritter bist. Bestenfalls ein Knappe... Du bist gerade einmal als Dorfjunge vor ein paar Tagen hier in die Kaserne gekommen. Ja, es stimmt, du hast einen ausgesprochenen Kampfgeist und Fertigkeiten, aber sie sind nicht unbedingt zielführend. Du bist nicht ausgebildet. Damit fangen wir an diesem Punkt erst an und deine Ausbildung wird ein langer Weg”, erklärte Pulcinella. “Hmm...”, murmelte Ajax und seufzte leicht. “Oh, da kommt mir eine Idee. Damit du das nicht vergisst, werde ich dich “Childe” nennen. Das ist ein anderes Wort für Knappe. Weiß nicht aus welcher Sprache, das hab ich vergessen”, sagte Pulcinella ausdruckslos. “Childe!!?”, fragte Ajax überrascht, “aber...warte, mein richtiger Name ist-”, wollte er sich endlich vorstellen, da er das bisher versäumt hatte. Doch Pulcinella unterbrach ihn. “Nicht wichtig. “Childe” ist gut. Du musst ihn mir nicht sagen.” “Aber...”, murmelte Ajax unsicher. Es war eine seltsame Situation, ganz plötzlich einen anderen Namen zu bekommen. Er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. “Viele Fatui haben einen Codenamen. Die meisten davon sind höhere Offiziere. Das festigt ihre Identifikation mit den Fatui. Die obersten Fatui, zu denen ich gehöre, haben sogar besondere Namen, eher Titel. “Pulcinella” ist deswegen auch nicht mein richtiger Name. Da du mir deinen Namen nicht verraten wolltest, habe ich mir überlegt, dir auch ein Alias zu geben. Vielleicht spornt dich das ja auch mehr an”, erklärte Pulcinella und legte ihm die Hand auf die Schulter. “Achso... hmm... das klingt interessant”, sagte Ajax und seine Augen wurden immer größer, “Dann bin ich stolz, jetzt einen Codenamen zu haben! Danke Pulcinella!” Dieser grinste nur vor sich hin. “Das freut mich. Na los. Geh weiter üben, Childe!”, sagte er und lachte leicht. Kapitel 4: Ein junger Mann mit Ambitionen ----------------------------------------- Drei Jahre später war “Childe” zu einem jungen Mann herangewachsen und hatte den Jungen Ajax hinter sich gelassen. Vor einigen Monaten hatte er seinen 18. Geburtstag in der Kaserne gefeiert, wo es hoch hergegangen war, mit Vodka und Frauen. An das Mädchen konnte er sich nicht mehr erinnern, aber seitdem hatte er eher weiterhin kämpfen geübt, da es ihm am meisten Spaß machte, als sich Zeit für Frauengeschichten zu nehmen. “Oi, Childe! Wirst du bei der Razzia heute Abend in der Stadt mitmachen?”, fragte ein Soldat ihn lachend, als er sich gerade wieder auf den Weg zum Übungsplatz machte. “Klar, Vitaliy. Ich bin im Kommando, du Pisser!”, sagte Childe lachend. “Pff... Pulcinella scheint dich ja wirklich gern zu haben. Bist du ihm in den Arsch gekrochen? Oder warte... hat er vielleicht deinen Arsch für gewisse Stunden in Anspruch genommen?”, fragte Vitaliy feixend. Childe blinzelte. Für einen Moment musste er wirklich nachdenken. Er hatte zunächst keine Ahnung, was sein Gegenüber da von ihm wollte. “Was soll er mit meinem Arsch... eh... warte, du denkst doch nicht ernsthaft, dass ich es nötig hätte, mich hier hochzuschlafen!!!? Du bist doch echt verrückt”, sagte Childe fassungslos. Vitaliy lachte nur: “Keine Ahnung, sorry Mann...” “Mit einem Typ vor allem... ich bin nicht schwul...”, murmelte Childe und war zu verwirrt und überfordert von der Aussage. Sonst hätte er Vitaliy ohne zu Zögern eine reingeschlagen. Vor allem auch, dass er Pulcinella so etwas unterstellte. “Naja, Nikolai und ich haben uns da so gewisse Fragen gestellt...”, sagte Vitaliy beschwichtigend, “Immerhin gehst du nie mit, wenn wir Frauen aufreißen gehen... und wenn, dann stehst du nur da und trinkst deinen Drink und sprichst nie jemanden an...”, murmelte er und zuckte mit den Schultern. “Ja. Weil ich BESSERES zu tun hab! Ich brauch auch niemanden und ich gehe jetzt meine Kampftechnik üben, was dir auch nicht schaden würde”, sagte Childe kühl und ließ den anderen einfach stehen. Immerhin war er ja hier um etwas zu erreichen. Vor allem, was sollte er mit einer Frau? Oder mit einem Mann, was auch immer. Die würden doch dann nur seine Zeit beanspruchen, die er aber für sich und seine Ausbildung brauchte. Deswegen brachten es die anderen Fatui auch zu nichts, weil sie nur rumtranken und rumfickten. Er aber hatte höhere Ziele. Und deswegen widmete er sich... nur sich selbst und dem Kampf und vielleicht noch seiner Familie. Aber danach kam ganz lange nichts. Und so hoffte er, diese Ziele eines Tages zu erreichen, damit er nicht mehr mit solchen Idioten wie Vitaliy abhängen musste. Seine Wut hatte er auch nicht an ihm ausgelassen, sondern jetzt beim Training und heute Abend, wo er erneut sein Bestes geben würde. Er hoffte so sehr, dass die Obersten Fatui das eines Tages sahen und ihn befördern würden. # Eines Tages half er Pulcinella beim Vorbereiten eines Anlasses. Die zehn Obersten Fatui waren bei einem Ball der Zarin eingeladen, was eine ziemlich große Ehre war. Es musste alles entsprechend vorbeireitet werden. Inzwischen vertraute ihm sein Mentor auch wichtigere Missionen und Aufträge an. Aber Childe war sich nicht so sicher, ob er wirklich etwas in ihm sah, oder ob er ihm nur die Arbeit aufhalste, die er selber nicht machen wollte. Aus Pulcinella wurde er selbst nach Jahren nicht schlau. “Ich beneide euch. Ich würde auch gerne auf den Ball mit der Zarin und so viel wie ich hier gearbeitet habe, finde ich, dass ich das auch verdient hätte”, sagte Childe schließlich als er Pulcinella die Unterlagen überreichte und verschränkte die Arme. Sein Gegenüber grinste nur schief. “Da müsstest du dich aber als ein Fatui Harbinger ausgeben...”, sagte er lachend. “Ja. Sag mir einfach, was ich tun soll”, erwiderte Childe. Man könnte es ja mal versuchen. Pulcinella lachte laut. “Du bist wirklich unglaublich. Aber nein – die Zarin weiß, dass es nur zehn sind, und kennt uns alle persönlich”, sagte er. “Wer sagt, dass es keine Elf werden könnten?”, fragte Childe schulterzuckend. “Hmm... ich weiß schon, welche Ambitionen du hast, ich bin nicht blind. Aber du bist mein Auszubildender. Und das geht schon gar nicht bis nächsten Samstag”, sagte Pulcinella und fasste sich an die Stirn. “Ja. Genau, ich bin DEIN Auszubildender. Und du hast mich gut ausgebildet, oder etwa nicht? Würde ich sonst nach jeder Mission Lob bekommen... Willst du nicht, dass mehr aus mir wird? Du könntest bei dem Ersten der Fatui ein gutes Wort für mich einlegen?”, redete sich Childe nun um Kopf und Kragen, obwohl er sich eigentlich geschworen hatte, sich nie bei Pulcinella einzuschmeicheln, sondern ihm eher aussagekräftige Resultate zu liefern. Er hatte schon für ihn im Blut gebadet und war fast dabei drauf gegangen... “Childe...mein Junge”, sagte Pulcinella und ging auf ihn zu. Dann nahm er sein Kinn in die Hand, wie bei ihrer ersten Begegnung, nur diesmal sanfter. “Ich sage dir jetzt mal was im Vertrauen... du bist ein guter Kämpfer, das bist du wirklich. Eigentlich bist du ohnegleichen und du könntest auch den obersten Militärs direkt den Rang ablaufen, wenn sie jüngere Mitglieder zulassen würden. Aber du bist nicht wie die Zehn Fatui... Deine kriegerische Laufbahn in allen Ehren, ich bin auch stolz auf dich, wenn du sie weiter beschreitest, aber bitte... halt dich besser einfach da raus.” “Warum... ich dachte... ich könnte... bitte, ich kann das! Ich kann nicht nur kämpfen, ich bin flexibel... ich kann das alles lernen”, stammelte Childe. Er schluckte den Kloß in seinem Hals herunter. Eigentlich wollte er nicht, dass Pulcinella ihn so sah. “Nein... du wirst keiner von uns werden. Es ist nicht mal eine Nummer Elf vorgesehen”, erwiderte Pulcinella kühl und ließ ihn los. “Bitte...überlegs dir”, ließ Childe nicht locker und legte den Kopf schief. Inzwischen hatte er den Ton seiner Stimme gesenkt, “ich denke, du wirst es nicht bereuen...” Mit einem Zwinkern grinste er ihn an. Er wusste nicht mal genau, warum er es tat, eigentlich nur weil er versuchte, ihn zu manipulieren... und inzwischen verzweifelt war... oder? Pulcinella drehte sich um und grinste ihn an. “Ach ja? Große Töne gespuckt hast du schon immer”, sagte er lachend und wollte sich wegdrehen, aber Childe griff nach seinem Arm. “Und habe ich dich je enttäuscht?”, hauchte er und blickte ihn mit seinen großen Augen unschuldig an, während er ihn anblinzelte. Pulcinella sah ihn an, unbeweglich und beide hielten den Blick. Für einen kurzen Moment kam ihm der Gedanke an das Gespräch mit Vitaliy. Nein... das war kein Flirten. Er wusste nur, wie man Menschen manipulieren konnte, nichts weiter. Und es war nicht so, dass er es überhaupt nötig hätte... “Nein, nur immer wieder überrascht”, erwiderte Pulcinella schließlich und schüttelte lachend den Kopf. “Und ich werde dich noch viel mehr überraschen”, sagte Childe trotzig und verschränkte die Arme. Inzwischen wusste er nicht mehr, was los war, er wollte das doch nur für sich, oder? Aber es ärgerte ihn so, dass Pulcinella ihn zurückgewiesen hatte und zwar auf ganzer Linie... “Was auch immer du vorhast... tu nichts Unüberlegtes”, sagte Pulcinella noch, dann wandte er sich der Tür zu. Dort stand eine blonde Frau. Childe hatte sie schon öfter gesehen, sie war auch eine der zehn Fatui Harbinger. “Ah, Signora”, hörte er Pulcinella sagen, der auf sie zuging und galant den Arm um sie legte. Childe verschränkte die Arme. Er sah einen Mann und eine Frau – beide einflussreich und offenbar standen sie sich auch etwas näher... es machte ihn so unglaublich eifersüchtig und er konnte nicht mal sagen warum. Er hatte es satt, immer nur wie ein Fußabtreter behandelt zu werden, von dem Mann, zu dem er aufsah und der seine Bezugsperson seit Jahren war... aber offenbar würde Pulcinella nie mehr in ihm sehen. Vor allem was wollte er genau, dass er in ihm sah? Der Gedanke war ihm so unglaublich unangenehm, ebenso wie der an die Situation gerade. “Nein – ich habe ihm keine schönen Augen gemacht”, sagte sich Childe immer wieder in Gedanken. “So ist das nicht... warum sollte ich. Es geht um mich, und dass ich einer der Elf werden will... aber das ist doch klar, warum muss ich mir das immer wieder sagen, arghhh!!” Er atmete tief durch und versuchte sich zu beruhigen. Und das konnte er nun mal am besten im Kampf. Und so stapfte er Richtung Übungsplatz. Kapitel 5: Reichtum, Glanz und ein Hauch von Risiko --------------------------------------------------- Am Samstag war der große Tag – die obersten Fatui hatten ihren Gala-Abend mit der Zarin. Childe wäre auch gerne mitgekommen, aber er wusste, dass sie ihn niemals lassen würden. Also sah er sich dazu gezwungen, zu besonderen Mitteln zu greifen, in der Hoffnung... dass sich das Blatt für ihn wendete. Und so bestach er einen der Fahrer, tauschte mit ihm die Uniform und fuhr eine der Kutschen direkt vor den Zarenpalast. Er blieb regungslos sitzen, als er sah, wie Pulcinella und la Signora aus der Kutsche stiegen. Er reichte ihr die Hand und sie traten weg. Zum Glück hatten sie nicht zu ihm gesehen. Childe blickte auf den riesigen verschneiten Platz vorm Palast, dessen goldene Türme in den Himmel ragten. Er hatte den Palast schon öfter gesehen, aber so nah war er ihm noch nie gewesen. Er konnte sogar einen Blick hinein erhaschen. Da drinnen waren lauter reiche und schöne Leute... die schicke Kleider trugen, teuren Alkohol tranken und tanzten... wovon er gerne ein Teil gewesen wäre. Aber es war ihm, dem Dorfjungen, wohl nicht vergönnt. Obwohl er sich so anstrengte, bis er zusammen brach... er ballte seine Hand zur Faust. Es war nicht gerecht. Doch so war das Leben in Snezhnaya eben. Die Reichen konnte man wohl alle in einem Ballsaal unterbringen. Der Rest von der Bevölkerung war bitter arm. Wenn er könnte, würde er daran etwas ändern. Aber dazu musste er selbst einflussreich werden. Der Fahrer hinter ihm läutete plötzlich hektisch. Er war nicht weitergefahren. Und so reihte er sich wieder in die Kolonne ein, um einen Abstellplatz für die Kutsche zu suchen, während er dem Zarenpalast einen letzten Blick zuwarf. Nachdem er die Kutsche abgestellt hatte, ließ er sie in der Obhut der anderen Fahrer, die ihn nun auch erkannten, aber das war nicht so wichtig. Er erzählte ihnen einfach, dass er mit Pulcinella hier war, ob es nun stimmte oder nicht. Dann eilte er zurück zum Palast. Dort suchte er nach einer Möglichkeit, an den Wachen vorbei zu kommen. Das war natürlich kein einfaches Unterfangen, aber wenn er wirklich der beste Soldat im ganzen Regiment war, wäre es doch ein leichtes für ihn, oder? Und so verschaffte er sich wirklich einen Weg in den Palast. Er hätte es dabei belassen können, sich dort zu amüsieren als anonymer Gast, aber das war es nicht, was er wollte. Nein... immerhin hatte er Pulcinella versprochen, ihn zu überraschen. Und so passte er genau den Moment ab, in dem die Zehn der Fatui nach vorne traten, um sich bei der Zarin vorstellen und lief auf die Gruppe zu. Weit kam er nicht, nun wurde er von den Palastwachen festgehalten. “Wartet! Mein Name ist Childe und ich bin der Fahrer von den werten Herrschaften hier...”, sagte er und versuchte sich zu befreien. Pulcinella hob die Hand, ohne sich umzudrehen. “Das stimmt. Lassen Sie ihn los”, sagte er knapp. Childe atmete auf. Erst jetzt wurde ihm klar, dass es auch hätte anders ausgehen können. Aber das konnte er sich nicht leisten. Wer würde denn sonst seine Arbeit machen? Childe klopfte sich über die Kleidung, als die Wachen ihn endlich losließen. Dann blickte er auf. Er konnte sie sehen... die Zarin... nur von einiger Entfernung, weil er nicht weit gekommen war... aber sie war, wie er es erwartet hatte. So hoheitlich schön... und wenn er es richtig sehen konnte, sah sie in diesem Moment auch hier her... “Was machst du hier?”, fragte Pulcinella schließlich, als sie weiter nach vorne gingen. Er schien nicht sonderlich glücklich darüber. “Mit der Kutsche ist alles in Ordnung, wenn du das meinst”, sagte Childe frech. “Du weißt genau, was ich meine. Wir haben eine Unterredung mit der Zarin. Du bleibst hier. Amüsier dich von mir aus, aber wehe du stellst irgendeinen Blödsinn an”, drohte ihm Pulcinella und ging wieder zu den anderen. Childe seufzte. Er hatte gehofft, dass er die Zarin von Näherem sehen könnte. Aber immerhin hatte er es weiter geschafft, als er es je für möglich gehalten hatte … und wenn er so weiter machte, dann wäre er morgen vielleicht der Elfte der Fatui, wer wusste das schon? # Als sie wieder zurück in der Kaserne waren, ging Pulcinella äußerst distanziert mit ihm um. Eigentlich hätte er ihn auch dafür direkt entlassen können, nach dem was er getan hatte. Childe wusste nicht, was jetzt passierte. War es das, wovor er ihn gewarnt hatte? Er seufzte und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen und sich so zu verhalten, wie immer. Vielleicht würde dann Gras über die Sache wachsen. Er würde einfach das tun, was ihm gesagt wurde. Aber er merkte es, dass er bestraft wurde. Die guten Aufträge übernahmen jetzt andere Leute, die sie nicht mal halb so gut kommandierten. Pulcinella ließ ihn auf dem Boden kriechen und er als sein Auszubildender... hatte keine andere Wahl. Jetzt musste er sogar schon das Gepäck einräumen, als eine Gruppe, bestehend aus den obersten Fünf, la Signora und einigen Rekruten nach Liyue aufbrach. Fluchend warf er die Gepäckstücke in den Wagen. “Ich weiß nicht, was du hast, du wolltest doch unbedingt unser Fahrer sein. Also gehört sowas auch zu deinen Aufgaben”, sagte Pulcinella süffisant, bevor er mit den anderen in die Kutsche steigen wollte. “Hmpf. Wenn ich eurer Fahrer wäre, dann würde ich jetzt aber mit nach Liyue dürfen”, erwiderte Childe trotzig. “Also die Chance hast du dir wirklich verspielt. Ansonsten hätte ich darüber nachgedacht, dich mitzunehmen”, sagte Pulcinella kühl. Dann stieg er ein und schlug die Tür zu. Er ließ einen traurigen Childe zurück, der unter Tränen versuchte, zu lächeln. “Warte nur...”, sagte er leise, als die Kutsche losfuhr, “eines Tages werde ich an deiner Seite nach Liyue fahren...” Kapitel 6: Ein großer Schritt nach vorne ---------------------------------------- Es dauerte ein weiteres Jahr. So schnell flog die Zeit vorbei, weil Childe sich nur auf die Arbeit konzentrierte. “Meine Dame!”, sagte er tausendmal galanter, als Pulcinella, als er Signora die Tür aufhielt und ihr dann Unterlagen vorbeibrachte. Sie dankte es ihm mit einem Lächeln. Er war zwar oft nur ein Bote, aber er versuchte, sich bei allen Fatui hervor zu tun. “Hier, ich habe einen Tee mit den Unterlagen gebracht”, sagte er, als er den Stapel auf Scaramouches Tisch legte. “Keiner hat dich darum gebeten, aber danke”, grummelte Scaramouche und zog die Tasse an sich. “Gerngeschehen, ich wollte nur nett sein”, sagte er und winkte strahlend. Er ging weiter. Manchmal dachte er noch an das Gespräch mit Vitaliy. Man musste sich nicht direkt hochschlafen, aber Freundlichkeit und Anpassungsfähigkeit waren sicher nicht unnütz, um sich bei den Leuten einen bleibenden Eindruck zu verschaffen. Natürlich reichte das nicht aus. Also musste er noch einen Schritt weiter gehen. Und so ging er eines Tages zum Haus von Pedrelino, dem Ersten der Fatui. Er klopfte mit dem Türklopfer an und wartete. Seinem Haus nach zu urteilen, war er ein reicher Mann offenbar... Pedrelino öffnete überraschenderweise selbst die Tür. “Oh... Wer sind Sie und was verschafft mir die Ehre?”, fragte er überrascht. Childe lächelte leicht. “Nein, warten Sie. Ich habe Sie schon mal gesehen... Sie sind doch der Junge, den Pulcinella ausgebildet hat?” “Ja, der bin ich. Man nennt mich Childe. Ich bin hier, weil ich einige Unterlagen für Sie habe und denke, dass Sie sich das mal anschauen könnten”, sagte er und lächelte. “Hm... wenn das so ist... nur zu”, sagte Pedrelino etwas überrumpelt. Childe nickte und lächelte. Dann ging er mit dem Ersten der Fatui ins Arbeitszimmer und legte die Dokumente auf den Tisch. Er erklärte sie ihm, wie er sich die Strategien vorstellte und Pedrelino stimmte ihm zu. “Ja, das klingt alles gut. Das kann man alles so machen. Sagen Sie Pulcinella, dass es so recht ist”, sagte er, als Childe fertig mit seinen Ausführungen war und klopfte ihm auf die Schulter. “Warten Sie. Nicht Pulcinella hat das geschrieben... das habe alles ich gemacht... weil ich dachte, die Fatui könnten etwas frischen Wind gebrauchen und ich wollte einfach mal etwas vorschlagen”, sagte Childe und sammelte seine Unterlagen wieder ein. Dabei entging ihm nicht Pedrelinos verwunderter Blick. “Wie ungewöhnlich... aber Pulcinella hat wohl einen ziemlich talentierten Auszubildenden...Ich dachte, Sie sind nur Soldat?”, fragte Pedrelino überrascht. “Zur Zeit... aber es hat mir Spaß gemacht, sowas zu schreiben, ich kann es gerne öfter tun, wenn die Obersten Fatui Unterstützung benötigen”, erwiderte Childe und grinste schief. “Hmm... das tun wir eigentlich immer... ich werde darüber nachdenken, und auf Sie zurückkommen”, entgegnete Pedrelino und reichte Childe die restlichen Unterlagen. “Ich danke Ihnen. Von Herzen”, sagte Childe und lächelte. Dann schnappte er sich die Dokumente und ging euphorisch aus dem Haus. Als er auf die Straße trat, jubelte er erstmal vor Freude. Das konnte ja nur noch besser kommen... # Eines Nachts war Childe auf dem Rückweg vom Trainingsplatz durch die Kaserne. Er blickte zu den Baracken und erinnerte sich daran, wie er dort in der ersten Nacht angekommen war. Das war noch etwas gewesen. Natürlich hatte es nicht allzu lange gedauert, bis Pulcinella ihm ein besseres Quartier gegeben hatte, als er sich immer besser entwickelt hatte. Aber Childe wollte nie vergessen, woher er gekommen war, damit er sich vornahm, noch weiter zu gehen. Plötzlich wurde er aus seinen Gedanken gerissen, als er zwei Männer bemerkte, die sich unterhielten. Als ihm auffiel, dass es sich um Pedrelino und Pulcinella handelte, versteckte er sich schnell hinter einem Baum. “Wir haben das Konzept übrigens übernommen. Ich kann nicht verstehen, warum du mir nicht gesagt hast, dass dieser Junge so ungeahnte Talente hat...”, hörte er Pedrelino sagen. “Ja, die hat er, das ist richtig. Er ist ja auch mein Auszubildender”, sagte Pulcinella kühl. “Und du wolltest ihn nicht zu einem obersten Fatui ausbilden?”, fragte Pedrelino, “denkst du nicht, dass er unterfordert mit deinen Kinder-Aufgaben ist? Ihm ist langweilig und das hat er gezaubert”, sagte Pedrelino und zeigte auf das Konzept. “Das kann uns nützlich sein...” “Das war anfangs der Plan. Aber es hieß doch irgendwann sowieso, dass es keine weiteren von uns mehr geben wird. Und vorher war er eben noch nicht bereit”, murmelte Pulcinella, “er ist es jetzt immer noch nicht.” Childe ballte die Hände zur Faust. Hatte ihm irgendwer vorher den Posten weggeschnappt, obwohl er so hart gearbeitet hatte? Es waren schließlich nicht immer Zehn gewesen... Hätte er einfach schneller sein müssen? War es jetzt zu spät für immer? Und hätte er nie eine Chance, wenn Pulcinella dem nicht zustimmte? “Das Blatt hat sich gewendet. Wir können einen Elften ausrufen. Seit Kurzem haben wir ein äußerst interessantes Objekt erhalten. Es ist von dämonischer Macht. Wer soll es sonst führen, außer ein Mann mit besonderen Kräften und militärischer Stärke? Wenn es einer tragen kann, dann er. Und dieses Konzept hat mir gezeigt, dass er auch was auf dem Kasten hat. Du weißt genau wie ich, dass wir Unterstützung an der unsicheren Grenze in Liyue gebrauchen können”, sagte Pedrelino überzeugt. Childe machte große Augen. Jetzt hätte er zu gerne Pulcinellas Gesicht gesehen, aber er konnte es nicht, das ließ der Winkel in dem er stand, nicht zu. “Aber... ich... ist das dein Ernst? Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob Childe dazu in der Lage ist und ob...die anderen Fatui dem zustimmen”, wandte Pulcinella ein. “Das werden sie, davon bin ich überzeugt. Und ich weiß, es gab Probleme, aber gib deinem Auszubildenden eine Chance, sich zu beweisen. Die hat er sich verdient”, sagte Pedrelino und ging von dannen. Pulcinella blieb alleine zurück und sank in die Knie. “Mein Junge...”, sagte er leise und blickte in den kalten Nordhimmel. Childe blieb unsicher hinter dem Baum stehen. Gerne hätte er gewusst, was Pulcinella dachte. Warum glaubte er nicht, dass er bereit dazu war? Er war keine sechzehn mehr... doch umso glücklicher war er, dass er es offenbar geschafft hatte, egal was Pulcinella dachte – er würde der Elfte der Fatui werden! Am liebsten hätte er gejubelt, aber das konnte er noch, wenn es dann endlich offiziell war. So ging er eben einfach leise zurück zu seinem Quartier. Mit einem stolzen Lächeln auf dem Gesicht. Was würden wohl Vitaliy und seine Freunde denken, wenn sie das wüssten...? # Wenig später war es offiziell. Pedrelino hatte Childe die entsprechenden Papiere zukommen lassen, die ihn zur militärischen Ehrung an den Zarenpalast einluden. Er konnte sein Glück nicht fassen. Endlich würde er für seine großen Mühen belohnt werden. Natürlich hatte er schon einen Brief nach Hause geschrieben, in dem er versuchte, zu erklären, dass er jetzt direkt am Zarenpalast auf eine sehr hohe Stellung befördert wurde. Er hoffte, dass sein alter Herr stolz auf ihn sein würde. Endlich einmal in seinem Leben. Er wusste gar nicht genau, wie er sich auf den Anlass vorbereiten sollte. Childe grinste, als er an Vitaliys dummes Gesicht zurück dachte, an dem Tag als er es ihm erzählt hatte. “Was!? Es gibt jetzt Elf von den Sklaventreibern und du wirst einer von ihnen?”, hatte er gefragt. “Ja. Mit dem Unterschied, dass ich meine Untergebenen fair behandeln werde”, war Childes Antwort gewesen. “Oh. Verpiss dich einfach. Ich bin nicht neidisch oder so”, hatte sein Kollege erwidert. Childe hatte nur gelacht. Das war etwas gewesen. Bald würde er endlich diese Kaserne verlassen und zu neuen Ufern aufbrechen. Pedrelino hatte gesagt, dass sie Unterstützung in Liyue brauchen würden... wie das Land wohl so war? Bisher wusste er nur, dass es dort sehr warm sein würde. Es wurde Zeit, dass er sich schon mal lockere Kleidung kaufte. Aber eigentlich war er auf den Weg in die Stadt, weil er sich eine besonders festliche Uniform für den Abend am Zarenpalast besorgen wollte. Dafür ging einiges an Mora drauf, zum Glück hatte er einiges beiseite gelegt. Als einer der Elf würde er auch ein reicher Mann werden. Nie wieder Geldsorgen zu haben... darauf war er auch nicht vorbereitet. Wie aufregend das alles war... Kapitel 7: Das dämonische Auge ------------------------------ Endlich war der große Tag gekommen. Childe hatte sich besonders schick gemacht und trug eine Gala-Uniform. Zusammen mit den anderen Harbinger machte er sich auf den Weg zum Zarenpalast. Er war unglaublich aufgeregt. Die Nacht zuvor hatte er kaum geschlafen, aber er war trotzdem fit zum Glück. Dieses Mal musste er sich nicht hineinschleichen, sondern war offizieller Gast der Zarin. Am Palast angekommen, war alles so festlich wie immer. Auf dem Weg hatte er sich mit den anderen über dies und das unterhalten, aber nun schwieg er in Anbetracht des Staunens, das immer über ihn kam, wenn er diesen Ort betrat. Es war magisch. Im Thronsaal wartete die Zarin, mit anderen Adligen und hochrangingen Militärs auf die Elf. Nun schritt er zusammen mit der Gruppe nach vorne. Gleich würde er die Zarin von Nahem sehen können... das war sein Moment... Zunächst nahm er nur ein helles Glitzern und Funkeln wahr. Es waren die tausende von Brillianten, auf dem Kleid der Zarin, das wie Schnee glitzerte. Darin steckte eine zierliche Frau, die allerdings eine königliche Ausstrahlung hatte. Ihr helles Haar floss in Wellen über den ausladenden Pelz um ihre Schultern. Auf ihrem Kopf saß eine filigrane Krone. Aber das Beeindruckendste an ihr war ihr Blick, kühl, stolz intelligent und trotzdem freundlich. “Guten Abend, meine Gäste. Ich habe heute die Ehre, eine Auszeichnung zu verteilen, richtig, Pedrelino?”, sagte sie und deutete auf das Kästchen an ihrer Seite. “Majestät... ja, so ist es. Das ist unser Jüngster. Wir haben ihn als Fatui Harbinger auserkoren. Er wird den Namen Tartaglia erhalten und das neue dämonische Auge. Wir fühlen uns sehr geehrt”, sagte Pedrelino und verbeugte sich, bevor er wegtrat. “Die Ehre ist ganz meinerseits. Ich danke euch für eure Arbeit für Snezhnaya. Dann bitte – Tartaglia – treten Sie vor”, sagte sie. Childe blinzelte. Er hatte von Pulcinella gewusst, dass er einen besonderen Titel erhalten würde, sobald er Fatui Harbinger werden würde. Nur wie er lauten würde, das hatten die anderen ihm bisher vorenthalten. Für einen Moment ärgerte er sich ein wenig, aber dann dachte er sich, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war, darüber nachzudenken. Also trat er nach vorne und ging auf die Zarin zu. Diese besondere Frau, die ihn für einen Moment mit ihrem strahlenden Aussehen und kühlen Blick in den Bann zog... “Danke. Gerne auch Childe, Majestät”, konnte er sich nicht verkneifen und zwinkerte ihr zu, bevor er sich vor ihr verbeugte. Sie schaute erst fragend, dann lachte sie aber. “Sie sind mir ja einer. Gefällt Ihnen ihr neuer Titel etwa nicht?”, fragte sie lachend. “Ich habe mich noch nicht ganz damit angefreundet”, erwiderte Childe und lächelte sie an. Die Zarin allerdings öffnete das Kästchen und ging einen weiteren Schritt auf ihn zu. “Ich ernenne Sie Kraft meines Amtes zu dem Elften der Fatui. Tartaglia, hiermit erhalten Sie das dämonische Auge”, sagte sie ernst und feierlich. Dann kam sie noch ein Stück näher. Für einen Moment blieb Childe die Luft weg. Sie war ihm so nah... dabei war sie eine Zarin... und er war... doch bevor er seine Gedanken ordnen konnte, war der Moment auch schon vorbei. Pedrelino nahm das Abzeichen und steckte es an das Revers von Childes Uniform. Die Menge applaudierte. Daraufhin schwor Childe zusammen mit den anderen Harbinger zusammen den Treueeid der Fatui. “Jetzt bist du einer von uns”, sagte Pedrelino lachend und klopfte ihm auf die Schulter. Childe lächelte und nickte. Jetzt stand er mit ihnen auf einer Stufe und konnte es noch gar nicht richtig fassen... Außerdem war er sich noch nicht sicher, was ihn von nun an erwartete. Aber jetzt erstmal eine ausladende Feier im Palast. Während der Feier konnte Childe nicht umhin, immer wieder zur Zarin zu blicken, die das festliche Geschehen vordergründig von ihrem Thron aus beobachtete. Die Sprüche und Lästereien seiner Kollegen ignorierte er. Ihm war klar gewesen, dass nicht alle der Elf ihn gerne als gleichwertigen Kollegen ansahen. Trotzdem wollte er sich davon nicht den Abend verderben lassen. Er war immerhin in den Dienst der wunderbaren Zarin getreten und stand nicht mehr unter dem Stiefel dieser Idioten. Und wenn das kein Fortschritt war, wusste er auch nicht. Auch wenn er mit dem Titel Tartaglia erst noch warm werden musste... # Childe war gerade auf dem Weg auf den Übungsplatz, nachdem er noch keine Aufgaben für den Tag erhalten hatte. Doch dann kam ihm der Fünfte der Fatui entgegen. “Tartaglia. Ich will dich gleich auf dem Feld sehen”, sagte Pulcinella am nächsten Morgen knapp zu ihm, bevor er weiter gehen wollte. “Warte! Warum?”, fragte Childe und lief ihm hinterher. “Training”, erwiderte Pulcinella knapp. Childe seufzte. Er wusste, dass es dem anderen nicht recht war, dass er jetzt ein Harbinger geworden war. Aber musste er es ihm immer so zeigen? “Training? Von den Rekruten oder was?”, fragte Childe überfordert. “Nein. Für dich. Du musst lernen, wie man mit dem dämonischen Auge umgeht”, erklärte Pulcinella. Childe fuhr sich über den Arm. Das hatte er ganz verdrängt. “Ja. Natürlich. Ich bin sofort da”, versprach er. Dann ging er zurück, um das neue Auge zuerst zu holen und um dann auf den Platz zu eilen. Auf dem Weg dorthin betrachtete er das Auge. Es schimmerte violett. Dann steckte er es wieder in die Tasche und ging mit schnellen Schritten weiter. Auf dem Feld warteten Pulcinella auf ihn und … leider … ein nicht besonders großgewachsener Fatui, mit grimmigen Blick und ausladendem Hut, Scaramouche. “Hey, hier bin ich. Und mein dämonisches Auge hab ich dabei”, sagte Childe lachend. “Gut. Das Auge ist vom Element her Elektro. Deswegen kann ich das Training nicht leiten, das wird Scaramouche hier übernehmen”, kündigte Pulcinella an, “Doch bevor ihr anfängt, muss ich dir noch ein paar Worte dazu sagen, Childe...” Childe zog überrascht die Augenbraue hoch. Erstens sollte er jetzt mit dem Vogel hier trainieren und jetzt plötzlich war Pulcinella etwa wieder nett zu ihm? Er verstand diesen Mann einfach nicht... “Schau nicht so. Also, ich will dich darauf hinweisen, dass es nötig ist, beide Elementarkräfte besonders zu trennen. Wenn du beide gleichzeitig benutzt, dann könnten sie eine Elementarreaktion auslösen, und du könntest dabei … naja, sterben. Von daher sei bitte vorsichtig. Beide Elemente in Kombination würden nur funktionieren, wenn du eine gewisse Transformation durchführst, das sollte dir mit deinem neuen Auge möglich sein... aber das wird dir Scaramouche nochmal alles erklären”, sagte Pulcinella leicht lächelnd. Childe blickte ihn ein Stück weit fassungslos an. Mal wieder hatten ihm die anderen Fatui Harbinger wieder kein Wort davon gesagt, dass er in seiner Position so eine gefährliche Elementkombination erhalten sollte. Oder ihn generell über irgendetwas im Vorfeld informiert. Zum Kotzen. Und jetzt sollte er auch alles direkt anwenden. Unfassbar. “Alles klar. Danke für die Info. Sind dann mal trainieren”, sagte er trotzdem scheißfreundlich zu Pulcinella. Bevor er sich zu Scaramouche umdrehte, machte er jedoch eine rüde Geste. “Das habe ich gesehen”, meinte Scaramouche nur und grinste gefährlich. “Das ist mir egal”, fauchte Childe und funkelte den Dreikäsehoch an. Wie zum Teufel war so etwas eigentlich Harbinger geworden? “Man hat mir ja gesagt, ich solle Tartaglia unter keinen Umständen reizen. Aber du willst hier schließlich was von mir. Ich kann dir auch nicht beibringen, wie man das dämonische Auge richtig benutzt. Wenn du dich dann bei nächster Gelegenheit selbst in die Luft jagst, werde ich lachen, denke ich”, sagte Scaramouche bedrohlich. Childe wurde bei dem Blick anders. “Ja... haha... ist ja gut. Fangen wir einfach mit dem Training an...”, sagte er verlegen und lächelte entschuldigend. Das konnte ja noch etwas werden... Kapitel 8: Reisevorbereitungen ------------------------------ Eines Tages wollte Childe Bürounterlagen zu Scaramouche bringen, als er von der Ferne sehen konnte, wie er sich mit Pulcinella unterhielt. “Er kann inzwischen die neue Form und alles was ich ihm sonst beigebracht habe. Allerdings verfügt Tartaglia über eine heftige zerstörerische Macht, mit der er sich selber und uns alle in die Luft jagen könnte. Ich glaube, es wäre von Vorteil, ihn nicht hier im Hauptquartier zu lassen”, sagte Scaramouche und berührte sich unsicher am Oberarm. “Hast du etwa Angst vor meinem Jungen Tartaglia? Egal, Pedrelino hat sowieso vorgeschlagen, dass wir Unterstützung in Liyue brauchen, also schicken wir ihn da hin”, erwiderte Pulcinella amüsiert. Childe räusperte sich und trat ein. “Ich habe gerade Liyue gehört!”, sagte er begeistert. Viel mehr hatte er nicht mitbekommen, nur Gemurmel. In ihm keimte die Hoffnung auf, dass er endlich eine besondere Mission annehmen durfte, noch dazu im Ausland... so wie Pedrelino es angekündigt hatte. Das hatte er nicht vergessen. “Du hast richtig gehört, Tartaglia. Und du wirst mitkommen”, sagte Pulcinella und nickte ihm zu. Vor Verwunderung und Freude ließ der junge Harbinger fast die Unterlagen fallen. Endlich... endlich war der Tag gekommen, an dem er zusammen mit diesem Mann nach Liyue fahren würde, wie er es sich einst vorgenommen hatte. “Wow... echt jetzt?”, sagte er überrascht und strahlte. “Wann kanns los gehen? Ich kann es kaum erwarten, mit dir zusammen nach Liyue zu fahren!”, fügte er aufgeregt hinzu und legte die Dokumente schwungvoll auf Scaramouches Tisch. Der behütete Harbinger nahm unzufrieden die Unterlagen entgegen und versteckte sich dahinter. Childe hingegen hatte schon völlig vergessen, dass dieser anwesend war, man konnte ihn ja auch leicht übersehen. Seine Aufmerksamkeit galt einzig Pulcinella. Am liebsten hätte er ihn einfach umarmt, weil er sich so sehr freute. “Ja, die Harbinger haben entschieden, dass du gehst. Mach dich mal für die Abreise in zwei Wochen bereit”, entgegnete Pulcinella, doch bevor er ausreden konnte, fiel Childe ihm einfach plötzlich um den Hals und drückte ihn an sich. “Aaaaaa ich freue mich so! Dann können wir zusammen Liyue erkunden!”, sagte der junge Harbinger dabei überschwänglich. Pulcinella atmete tief ein und aus, dann schob er Childe von sich. “Ich werde nicht mitkommen”, sagte er knapp und drehte sich weg. Childe starrte ihn enttäuscht an. Träume zerplatzten wie Seifenblasen. Was auch immer er von Pulcinella erwartete... stets wurde er enttäuscht und verstehen konnte er diesen Mann auch nicht. Wofür hatte er sich denn dann so bemüht? Oder erhoffte er sich zu viel? “Warum?”, brachte er mit Schwierigkeiten über die Lippen. Er wollte auf keinen Fall vor ihm Schwäche zeigen, dabei hatte er das bereits. Immer und immer wieder. Wenn es nach Pulcinella gehen würde, wäre er weder einer der Elf, noch würde er jetzt nach Liyue gehen... was hatte er eigentlich erwartet? “Ich ziehe es vor, bei den Rekruten zu bleiben. Signora wird dich begleiten, sie hat in Liyue geschäftlich zu tun”, erklärte Pulcinella. Dann wandte er sich wieder Scaramouche zu. “Ja... alles klar... Danke”, erwiderte Childe verlegen und fuhr sich durchs Haar. Eine unangenehme Stille entstand. “Wenn nichts mehr ist, kannst du gehen. Wir haben noch etwas zu besprechen”, murmelte Scaramouche und verdrehte die Augen. “Nein, alles gut. Dann auf Wiedersehen, die Herren”, erwiderte Childe und lächelte leicht, bevor er den Raum verließ. Draußen verschwand sein Lächeln. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass die anderen Harbinger andauernd etwas vor ihm geheim hielten und ihn auch unterschätzten. Er fühlte sich nicht richtig auf gleicher Ebene mit ihnen. Pulcinella wandte sich auch immer mehr von ihm ab... Aber hey, er durfte endlich nach Liyue gehen. Vielleicht könnte er sich dort endlich richtig beweisen! # Am Wochenende vor seiner Abreise hatte Childe die Gelegenheit nochmal genutzt, um seine Familie zu besuchen. Immerhin würde er sie länger nicht sehen können, wenn er in Liyue stationiert war. Die Reise in das Dorf zog sich, aber er wollte sich auf jeden Fall noch verabschieden. Obwohl er sie während seiner Ausbildung nur alle Schaltjahre getroffen hatte, war ihm seine Familie sehr wichtig. Als Childe sich dem Dorf näherte, lächelte er wehmütig. So sehr er sich auf Liyue freute, war er trotzdem traurig, dass er hier für eine längere Zeit nicht mehr herkommen würde. Seine Geschwister würden sicherlich auch traurig sein. Am Haus angekommen, blickte er sich um und fand, dass alles noch wie immer war. Er läutete an der Tür und wartete. “Ajax!”, hörte er die fröhliche Stimme seiner Mutter, die ihn direkt fest in die Arme nahm. Schon so lange hatte ihn niemand mehr mit diesem Namen angesprochen, sodass es sich komisch anfühlte. “Ajax ist da!”, hörte er seine Schwester Tonia im Hintergrund und auch die Stimmen seiner kleinen Brüder Anthon und Teucer. Freudig begrüßten sie einander und gingen dann ins Wohnzimmer, wo der Vater saß. “Nicht so laut, ich habe Kopfschmerzen”, murmelte er und rieb sich die Schläfen. Inzwischen war er ein grummeliger alter Mann geworden. Childe lachte. “Vielleicht geht es dir besser, wenn ich dir erzähle, dass ich befördert wurde!”, sagte er stolz. Den Moment, dass sein Vater ihn bewundernd ansah genoss der junge Fatui. “Befördert? Zu was?”, fragte der Vater und runzelte die Stirn. “Ich bin jetzt einer der Elf. Damit bin ich einer der wichtigsten Mitglieder. Ich kann viele Entscheidungen treffen, wichtigere Missionen annehmen und und und!”, erklärte Childe enthusiastisch. Der Vater nickte anerkennend. “Das freut mich für dich, Junge. Es war offenbar richtig, dich in diese Ausbildung zu schicken”, sagte er und lächelte leicht. “Ja und weißt du was? Ich darf mit nach Liyue gehen!”, sagte er freudig. “Nach Liyue?”, fragte der Vater überrascht. Der Rest der Familie reagierte ebenfalls erstaunt. “Aber dann gehst du ja fort!”, sagte Tonia überrascht. “Großer Bruder darf nicht so weit fort gehen!”, beschwerte sich Teucer, der inzwischen acht Jahre alt war. “Ich werde dort gebraucht. Und ich werde auch bestimmt nicht für immer dort sein. Wisst ihr was? Ich verspreche euch zu schreiben!”, sagte Childe und zwinkerte seinen Geschwistern zu. “Schreiben reicht nicht”, meinte Tonia und lachte. “Genau. Du musst auch was mitbringen. So Steine oder so. Davon haben die doch dort ganz viel”, fügte Anthon hinzu. “Was sollen wir denn mit Steinen? Ich will Spielzeuge aus Liyue!”, forderte Teucer und grinste. “Ich schicke euch Briefe und Souvenirs. Das verspreche ich euch!”, sagte Childe und lächelte. Dennoch hoffte er, dass seine Familie ihn auch eines Tages dort besuchen würde. Auch wenn er sich nicht sicher war, ob sein Vater die Landesgrenzen je verlassen wollte. Aber das würde er ja noch sehen. Jetzt wollte Childe erstmal die kurze Zeit genießen, die ihm noch zusammen mit seiner Familie blieb. Die Abreise kam ohnehin sicherlich schneller, als erwartet. Selbst wenn er Snezhnaya liebte, er war so aufgeregt, wie es in Liyue sein würde... sicherlich würde dann alles anders... als es je zuvor war... Kapitel 9: Goldenes, warmes Liyue --------------------------------- Plötzlich war er da, der Tag der Abreise. Childe hatte sich mit Signora und ein paar Offizieren auf den Weg nach Liyue gemacht. Sie reisten in einer Kutsche Richtung Grenze. Es war nicht unbedingt die unterhaltsamste Reise, weil er einfach kein Gespräch mit dieser Frau führen konnte. Aber Childe versuchte trotzdem, das Beste daraus zu machen. Er sah einfach aus dem Fenster und genoss die Landschaft, die sich zunehmend veränderte. Große Felsen tauchten auf, mit grünen Wiesen. Die Bäume hatten eine goldgelbe Farbe und schimmerten im Sonnenschein ebenso wie das Wasser eines Flusses, den sie passierten. Es war auch deutlich wärmer geworden. Neugierig beobachtete Childe die Landschaft und fand, dass sie wunderschön aussah. So ruhig, und wie gerne hätte er sich einfach hier auf die Wiese in die Sonne gelegt und die Seele baumeln lassen. Doch sie hatten noch einen weiten Weg vor sich und sie mussten weiterfahren, bis in die Hauptstadt war es schließlich noch ein gutes Stück. Doch auf einmal hielt die Kutsche an und Childe wäre fast von seiner Sitzbank gekippt. “Entschuldigung”, sagte er zu Signora, auf der er fast gelandet wäre. Sie schien ungerührt. “Nichts passiert. Ich frage den Kutscher, warum wir halten”, sagte sie kühl und verließ den Wagen. Childe schaute währenddessen verträumt aus dem Fenster. Eine kleine Pause wäre auch mal schön. Dann könnte er sich vielleicht ein wenig die Beine vertreten und die Aussicht genießen. Doch bevor er weiter darüber nachdenken konnte, hörte er aufgeregte Stimmen am Wagen und hörte, wie der Kutscher hupte. Schließlich kam Signora zurück und öffnete die Tür. “Der Weg ist blockiert von... einer seltsamen Kreatur. Obwohl wir gehupt haben, bewegt sie sich kein Stück. Kannst du dich da drum kümmern?”, fragte sie mit verschränkten Armen. Offenbar passte ihr diese Situation absolut nicht. “Eine seltsame Kreatur?”, fragte Child neugierig. Er sprang aus der Kutsche und schaute auf den Weg vor ihnen. Dort lag ein goldbraunes, in die Länge gezogenes Wesen mit Fell auf dem Rücken und goldenen Hörnen. Langsam und vorsichtig näherte er sich. “Es schläft offenbar. Aber was ist das?”, fragte er verwirrt, denn so ein Tier hatte er noch nie zuvor gesehen. Und er wusste auch nicht, ob es gefährlich war. “Das ist völlig egal. Es muss vom Weg runter. Wir sind schon spät dran und müssen die Bank des Nordens in Liyue erreichen, bevor es dunkel wird”, entgegnete Signora unzufrieden. “Na gut. Vielleicht geht es ja fort, wenn wir es wecken?”, fragte Childe und ging langsam näher. “Wenn du es weckst. Ich warte in der Kutsche”, sagte die Blondine und verschwand. Childe verdrehte die Augen. Es war so klar, dass er sich jetzt wieder drum kümmern musste. Wie immer. Er atmete tief durch und näherte sich dem Wesen. Es sah ein wenig aus, wie eine überdimensionale Schlange. Vorsichtig berührte Childe den schuppigen Körper des Wesens und streichelte über das goldene Fell. Es bewegte sich nicht. Also versuchte er, dass Tier mithilfe seiner Hydrofähigkeit nass zu machen. Doch es zeigte wieder keine Reaktion. Er stupste es fester an und seufze. “Signora, es will nicht aufwachen. Vielleicht ist es krank? Oder tot?”, fragte Childe unsicher, nachdem er wieder zum Wagen zurückgegangen war. “Verpass ihm einen Schock. Das wird es schon aufwecken”, erwiderte sie unbekümmert. “Was!?? Aber das tut ihm doch weh!”, sagte Childe und schaute sie mit großen Augen an. Das Wesen hatte ihnen ja nichts getan und vielleicht war es nicht mal böse. Es sah so friedlich aus. “Es wird es schon nicht töten. Na mach schon, warum hat dir die Zarin wohl das zweite Auge gegeben, hm?”, meinte die Signora und lächelte süffisant. Childe biss sich auf die Lippe. So eine sadistische Frau... Unsicher, was er jetzt tun sollte, blickte er wieder zum Tier. Er ging zurück und zog an seinem Ende. Als es sich nicht rührte, verpasste er ihm dort einen kleinen Elektrostoß. Plötzlich rollte das Tier sich erschrocken ein, sodass es auf der anderen Straßenseite zum Liegen kam. Doch was Childe nicht erwartet hätte, war, dass aus der Mitte der Rolle plötzlich ein menschenähnliches Gesicht auftauchte, dass ihn teils erschrocken und teils schmerzvoll mit Tränen in den Augen anblickte. Childe blinzelte überfordert und trat dann näher auf das Wesen zu. “Ähm... Entschuldigung, wenn ich dir weh getan habe”, stammelte er unsicher. Die golden schimmernden Augen waren so heftig. Das Wesen blickte ihn nur mit einem intensiven Blick ein, bevor es sich beleidigt wieder einrollte. “Du hast geschlafen, ich weiß... das war vielleicht etwas blöd, denn du warst da mitten auf der Straße... über die wir fahren müssen...”, redete sich Childe um Kopf und Kragen. Er hatte nach wie vor nicht die leiseste Ahnung, ob das Wesen ihn überhaupt verstehen konnte. “Das kostet Gebühren”, sagte das Wesen plötzlich mit einer überraschend tiefen Stimme, die eine Spur übernatürlich klang. “Achso, ja, klar...”, erwiderte Childe und fuhr sich unsicher durchs Haar. “Wir sind aus Snezhnaya, und ich bin zum ersten Mal in Liyue, deswegen wissen wir das nicht. Aber wir haben genug Mora dabei, das sollte kein Problem sein.” Er ging zurück zum Wagen und erklärte die Situation. Dann kam er mit einem Beutel Mora zurück und legte ihn vor das Wesen auf den Boden. “Reicht das?”, fragte er freundlich, “Ich habe sogar noch etwas dazu gelegt, weil ich dich verletzt habe. Das war nicht meine Absicht gewesen.” Das Wesen schien glücklich, wenigstens blickte es ihn dementsprechend an, als es den Beutel mit seinem Ende umwickelte und zu sich zog. “Wir müssen dann auch mal weiter!”, sagte Childe eilig, “Immerhin haben wir noch einen Weg. Auf Wiedersehen!” Dann ging er wieder zur Kutsche und stieg ein, die sofort weiterfuhr. Mit einem leichten Lächeln dachte er an die merkwürdige Begegnung von eben zurück. Es gab schon seltsame Wesen hier in Liyue... was für ein interessantes Land das doch war! Und er freute sich so sehr auf die Hauptstadt und seinen Aufenthalt hier... er war jetzt schon verzaubert. # So interessant wie erwartet wurde es dann allerdings erstmal nicht. Obwohl er von der Hauptstadt Liyues in Staunen versetzt war, musste Childe sich jetzt erstmal organisatorischen Angelegenheiten in der Bank des Nordens, dem Sitz der Fatui in Liyue, widmen. Dort lernte er die Strukturen kennen und die Mitarbeiter und anstatt großer Kampfesmissionen wurden ihm die ersten Tage lang nur Büroarbeiten aufgetragen. Er langweilte sich schrecklich und wollte Signora auf eigene Faust fragen, wie es weiter ging. Doch als er in ihr Büro gehen wollte, stand dort ein Fremder. Er trug einen dunklen langen Mantel mit goldenen Verzierungen. Childe fragte sich erstmal, wie man in Liyue so warme Kleidung tragen konnte. Weil es ihm hier ungewohnt heiß vorkam, ließ er seine Jacke immer unten offen, sodass man ein Stück seines Bauchs sehen konnte. Und vor ihm stand nun dieser Mann in voller Montur – ernsthaft!?? “Entschuldigung wegen der Störung, eigentlich wollte ich nur kurz auf ein Wort”, sagte Childe, als sich beide Anwesenden zu ihm umdrehten. “Gleich. Ich kläre gerade noch etwas mit Herr Zhongli vom Wangsheng Bestattungsunternehmen”, sagte Signora und wandte sich dem Typen im Mantel zu. “Bestattungsunternehmen? Wieso das denn?”, fragte Childe neugierig. Das klang schon etwas skurril. Hieß es, dass er jemand bekämpfen durfte, dessen Leiche dann unauffällig verschwinden sollte? Hoffnungsvoll blieb er stehen, auf eine vielversprechende Antwort wartend. Signora strafte ihn allerdings nur mit einem ihrer kalten Blicke. “Entschuldigen Sie bitte die Aufdringlichkeit meines Kollegen”, sagte sie scheinfreundlich an diesen Mister Schong oder wie auch immer gewandt, bevor sie sich wieder umdrehte. “Tartaglia - das ist jetzt wirklich nicht der passende Augenblick. Wir haben etwas Geschäftliches zu besprechen”, sagte sie streng. “Alles klar. Ich warte dann so lang”, erwiderte Childe unbekümmert und lächelte. Er nickte dem Fremden auch noch einmal zu und verschwand aus dem Büro und schloss die Tür hinter sich. Mit einem Seufzen ließ er sich im Gang auf eine Bank nieder. Warum hatte er auch so ein schlechtes Timing? Wer weiß was die zu besprechen hatten und wie lange das noch ging? Gelangweilt stützte er sich auf die Lehne und schloss für einen Moment die Augen. Irgendwann döste er einfach ein. # Wach wurde Childe erst, als er bemerkte, dass sich jemand neben ihn setzte. Er konnte es zumindest spüren, weil die Bank sich leicht bewegte. Überrascht blickte er auf. “Wir wären dann fertig”, hörte er eine tiefe, aber weiche Stimme. “...Fertig?!!”, fragte er verwirrt, während er zu seinem Gegenüber blickte. Ein leichtes Lächeln lag auf seinem Gesicht und warme, goldbraune Augen schauten ihn an. Für einen Moment zögerte er. Irgendwoher glaubte er diese Augen zu kennen, oder hatte er gerade so etwas wie ein Déjà-vu? “Ja, fertig. Mit der Besprechung. Es tut mir leid, wenn Sie warten mussten”, sagte der Mann mit der seltsamen Augenfarbe, die Childes ganze Aufmerksamkeit auf sich zog. “Achso, keine Ursache. Ich habe nicht lange gewartet”, erwiderte er und lächelte freundlich, “Es ist nett, dass Sie mir Bescheid gesagt haben. Danke, Herr... ich habe Ihren Namen vergessen...”, gestand er schließlich und lachte leicht. “Zhongli”, stellte der Herr sich vor und reichte Childe freundlich die Hand. Childe nahm sie und schüttelte sie mit einem ordentlichen Händedruck. Er bemerkte, dass er auch noch Handschuhe trug. Wie konnte er so warm eingepackt rumlaufen, ohne einzugehen? Er selbst trug zwar auch Handschuhe, aber eher zum Kämpfen. “Freut mich, Herr Zhongli. Ich bin Tartaglia, einer der Elf Fatui, aber Sie können mich auch gerne Childe nennen”, sagte Childe und lächelte warm. “Sie haben jedenfalls einen festen Händedruck”, sagte Herr Zhongli und rieb sich die Hand. Childe lächelte verlegen. Vor allem als Zhongli dann urplötzlich aufstand, schaute er verwirrt. Offenbar hatte er ihn verschreckt. “Ist alles in Ordnung? Ich wollte Ihnen nicht wehtun”, sagte Childe kleinlaut. “Das habe ich so in der Art schon mal gehört”, sagte Zhongli mit einem leichten Lächeln. Childe blinzelte irritiert. Wie meinte er das jetzt? Er wusste gar nicht, was er darauf sagen sollte, also sah er ihn nur hilflos an. Was war mit ihm? Er schien... so sonderbar anders... “Aber ich wollte nur gehen, damit Sie nicht zu spät zu ihrer Besprechung kommen, Childe. Eine Dame sollte man nicht warten lassen”, sagte Zhongli nach einem Moment. “Das.... achso...ähm ja... natürlich”, stammelte Childe und ertappte sich dabei, wie er rot wurde. Die Besprechung mit Signora hatte er irgendwie völlig vergessen... Unsicher fuhr er sich durchs Haar. “Dann auf Wiedersehen”, sagte Herr Zhongli mit seiner sanften Stimme und wandte sich ab. “Ja, haha bis bald ja, tschüss!”, erwiderte Childe und klatschte sich als er sodann allein war nur noch seine Hand vors Gesicht. Was sollte der fremde Herr aus Liyue von ihm denken? Er hatte sich mal wieder verhalten wie der letzte Idiot und er wusste selber nicht warum. Doch ohne weiter darüber nachzudenken, ging er nun in Signoras Büro. Kapitel 10: Stäbchen essen will gelernt sein -------------------------------------------- Um die Mittagszeit in Liyue war immer viel los. Seine Mittagspause ging auch nicht so lange, von daher war es ziemlich suboptimal, dass Childe sich in den Kopf gesetzt hatte, ein lokales Restaurant auszuprobieren. Nun saß er vorm Restaurant Wanmin und versuchte, seine Mahlzeit zu essen, was sich als schwierig gestaltete. Irgendwie hatte er völlig vergessen, dass die Menschen in Liyue mit Stäbchen aßen, und jetzt saß er ziemlich hilflos vor seinem Essen. Es roch unwiderstehlich gut, aber Childe hatte nicht die geringste Ahnung, wie man diese Stäbchen benutzte. Vorsichtig piekste er das Essen an. Aufspießen war im Moment seine einzige Taktik, aber das ging auch nicht so richtig. Jeder Einwohner von Liyue hätte ihn hierfür sicherlich ausgelacht und er hoffte, dass ihn niemand dabei bemerkte. Wenn er versuchte, die Stäbchen anders zu halten, dann rutschte ihm das Essen einfach vorbei und es gelang ihm nicht, es zu greifen. Frustriert leckte er zwei Körnchen Reis vom Stäbchen, die da kleben geblieben waren. Wie sollte er so nur rechtzeitig zurück in seinem Büro sein? “Mahlzeit!”, hörte er plötzlich eine Stimme, und erkannte Herr Zhongli, der offenbar gerade zufällig vorbei lief. “Danke!”, erwiderte Childe, nickte ihm zu und lächelte leicht, dann handelte er jedoch aus einem Impuls, als er ihm plötzlich hinterher rief, “Warten Sie!!!” Herr Zhongli drehte sich langsam um und schaute ihn verwundert an. “Ähm... können Sie mir vielleicht kurz helfen? Ich weiß nicht, wie das geht...”, erklärte Childe verlegen und deutete auf die Stäbchen. “Hm? Wirklich nicht? Wie kann man das nicht wissen?”, fragte Zhongli, ein wenig zerstreut. “Sie wissen doch, dass ich nicht von hier bin. In Snezhnaya isst man nicht mit so komischen Stäbchen-Dingern”, erwiderte Childe trotzig. “Achso. Deswegen sagt man also, die Fatui seien nicht zivilisiert. Ich verstehe. Na gut... also ich kann es dir ja erklären. Darf ich?”, fragte Zhongli und setzte sich neben Childe. “Pff. Na danke auch”, murmelte Childe und reichte ihm die Stäbchen. Aufmerksam beobachte er allerdings, wie Zhongli sie in die Hand nahm. Es sah so unglaublich elegant aus und seine Hände waren … irgendwie zierlich und schön... “Also so nimmt man sie und jetzt bewegen und das Essen aufheben. So, jetzt versuchen Sie es mal”, sagte Zhongli und gab Childe die Stäbchen zurück. Dieser sah ihn nur mit großen Augen an und war sich sicher, dass er es nie im Leben so hinbekommen würde. “Ähhh... also... so?”, fragte er und versuchte es ihm nachzumachen. Es fühlte sich allerdings ziemlich falsch und komisch an. “Fast”, meinte Zhongli und korrigierte mit einem schnellen Griff seine Handhaltung. Childe blickte ihn irritiert an. Er hatte nicht damit gerechnet, dass er einfach seine Hand anfassen würde, und es fühlte sich seltsam an. Unsicher versuchte er, jetzt eine mundgerechte Portion von dem Essen zu greifen, doch aus irgendeinem Grund zitterte seine Hand fürchterlich. Aus Angst, dass das Essen gleich auf ihm landete, legte er es wieder ab. “Es rutscht raus, ich glaube, ich kann das nicht”, sagte er und lachte verlegen. “Mit etwas Übung geht das sicher”, munterte Zhongli ihn auf und lächelte leicht. “Ich habe nur keine Zeit zum Üben, meine Mittagspause ist bald vorbei und ich habe noch nichts gegessen. Ich bin so hungrig”, murmelte Childe traurig. Frustriert steckte er die Stäbchen in das Essen zurück. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie Zhongli die Stäbchen nahm und ein Stückchen damit aufnahm. “Ja, nehmen Sie ruhig. Wär schade um das gute Essen”, murmelte er leise. Doch Zhongli hielt ihm das Essen unter die Nase. “Hier. Damit Sie wenigstens ein bisschen was essen können”, sagte er und lächelte leicht. Childe starrte ihn mit großen Augen an. War das gerade sein Ernst? Er wollte ihn füttern, wie so ein... Kind? Auf offener Straße? Panisch blickte Childe um sich, ob sie irgendjemand beobachtete. Dann bewegte er sich schnell nach vorne und schnappte sich den Bissen. Als er sich wieder zurücklehnte, wurde er ziemlich rot. Das war so peinlich... und auch, wie Zhongli ihn anguckte, war irgendwie... es machte ihn verlegen. Aber wenn er essen wollte, hatte er keine andere Wahl oder? Nachdem er den Bissen geschluckt hatte, atmete er tief durch und beugte sich vor, um sich den nächsten Bissen zu nehmen. “Mhh, das Essen in Liyue schmeckt wirklich gut”, sagte er, um die Situation weniger unbehaglich zu machen. Dabei war es ihm irgendwie nicht mal unangenehm, im Gegenteil... “Ja, oder?”, erwiderte Zhongli lachend und fütterte ihn einfach weiter. Als sei es völlig normal... einem erwachsenen Mann, den er darüber hinaus kaum kannte, auf offener Straße Essen in den Mund zu stopfen. Childe biss sich leicht auf die Lippe, weil es ihm irgendwann zu viel wurde. “Ich glaube, ich bin ein bisschen satt und ich muss auch dringend los, danke!”, rief er hastig und drückte Zhongli einfach den Rest des Essens in die Hand. Dann stand er auf und war bereits auf dem Sprung. “Keine Ursache. Wenn Sie irgendetwas brauchen, dann kommen Sie einfach bei Wangsheng vorbei”, erwiderte Mister Zhongli freundlich und winkte ihm zu. “Alles klar!”, erwiderte Childe hastig, dann raste er Richtung Bank des Nordens davon. Kapitel 11: Ein langer Spaziergang ---------------------------------- Als Childe seine erste Woche in Liyue überstanden hatte, blieb ihm am Wochenende endlich Zeit, die Stadt zu erkunden. Seine Kollegen hatten alle schon Pläne, also musste er sich wohl alleine auf den Weg machen. Das machte ihm nichts aus, er war ganz froh, wenn er die anderen Fatui nicht sehen musste. Für einen Moment dachte er an Pulcinella. Es ärgerte ihn, dass er nicht mitgekommen war. Er seufzte leise. Auch wenn es hier schön war, hatte er es sich irgendwie anders vorgestellt. Die Angestellten in der Bank waren so langweilig, und Signora machte gnadenlos das ganze Business und gab ihm nur irgendwelche kryptischen Anweisungen... “... du weißt ja, wir sind hier zu einer größeren Mission. Deine Aufgaben beginnen nächste Woche, dann werde ich dir dann mehr dazu erklären bla bla”, äffte Childe sie nach und verdrehte die Augen. Er war sich sicher, dass sie ihn dann nur irgendwie losschicken würde, um irgendwelche Leute zu verprügeln, wie immer eigentlich. Und das Wichtige würden dann wieder die anderen Harbinger übernehmen. Naja, wenigstens war er mal weg von Zuhause. Aber es nervte ihn richtig, weil er eigentlich Größeres vorhatte und auch etwas in Snezhnaya verändern wollte. Vielleicht war es falsch, sich hier aufzuhalten... vielleicht war es nicht so toll, wie er gedacht hatte? Aber Liyue war schön, und er wollte es erkunden. Ein wenig Zeit dafür konnte er sich ja nehmen, oder? Also verließ er das Zimmer, dass er nun hatte und machte sich auf den Weg in die Stadt. Vielleicht könnte er ein paar Souvenirs für seine Familie kaufen. Er ging durch die Straßen und schaute sich die verschiedenen Geschäfte an. Als hätte das Schicksal es so gewollt, stand er irgendwann vor einem größeren Gebäude und erkannte erst nach einem Moment, dass es sich dabei um das Wangsheng Bestattungsunternehmen handelte. Unsicher blickte er um sich, und ihn beschlich ein komisches Gefühl, weil dieser Herr Zhongli hier arbeitete und ihm angeboten hatte, er könnte vorbei kommen. Childe hatte nicht mal eine Ahnung, warum er das zu ihm gesagt hatte. Aber falls er ihn jetzt sehen könnte, dann würde er sicher denken, er wäre deswegen hier. Was nicht so war... Childes Gedanken gingen mit ihm durch, doch dann wurde ihm plötzlich klar, dass er Zhongli heute hier gar nicht treffen könnte, weil ja Samstag war. Als ob er dann am Wochenende hier arbeitete... ein erleichtertes Lachen kam ihm über die Lippen und er wollte gerade weiter gehen, als ihn jemand ansprach - “Aiya, ein Kunde? Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?”, fragte eine junge Frau mit dunklem Haar und dunkler Kleidung ihn. Childe bemerkte ihren auffälligen Hut mit Blumen. “Sie haben heute geöffnet?”, fragte er überrascht. “Naja, nach Vereinbarung schon. Wann man stirbt, kann man sich schließlich nicht aussuchen. Wangsheng ist so gut wie es geht für die Kunden da. Also … was brauchen Sie?”, sagte sie freundlich und aufmunternd. Sie klang wie erfahrene Geschäftsfrau, dabei war sie doch höchstens... in Tonias Alter...? Keine Ahnung, vielleicht verschätzte er sich auch. “Ich bin eigentlich nur zufällig hier vorbei gekommen”, erwiderte Childe freundlich. “Ahh... naja, dann war das ein guter Zufall. Falls Sie Kunde bei uns werden möchten, hier finden Sie alles an Infomaterial”, sagte sie und deutete auf einen Ständer mit Flyern. “Und wenn sie hier eine Holztafel beschreiben, dann bekommen Sie auch Rabatt. Zwei Beerdigungen zum Preis von einer!”, fügte sie enthusiastisch hinzu. “Ähm... Miss... Ich … danke, aber meine Familie lebt in Snezhnaya und ich glaube nicht, dass bald einer von ihnen das Zeitliche segnen wird...”, erwiderte Childe und lächelte hilflos. “Ich heiße Hu Tao. Ich bin die Direktorin vom Wangsheng Bestattungsunternehmen. Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen!”, sagte die junge Frau mit dem schiefen Lächeln fröhlich und reichte ihm die Hand. Childe nickte ihr zu und schüttelte möglichst vorsichtig ihre kleine Hand. “Man nennt mich Childe”, murmelte er, weil er nicht so unhöflich sein wollte, sich nicht auch vorzustellen. “Alles klar. Nun – Sie können gerne mein neuer Kunde sein. Es muss ja auch nicht zwangsläufig für die Familie sein. Man kann auch sein eigenes Ableben vorausplanen. Überlegen Sie es sich gerne. Ansonsten wollte ich nicht aufdringlich sein. Aber Sie haben so lange vor der Tür gestanden, da habe ich gedacht, Sie würden gerne mehr wissen wollen...”, sagte sie mit einem Zwinkern. “Hmm... naja... ich... kenne wen, der hier arbeitet...das ist mir nur aufgefallen, mehr nicht”, rückte Childe schließlich mit der Wahrheit heraus. “Oh? Wen denn?”, fragte sie neugierig nach und blickte ihn abwartend an. “Herr Zhongli aber “kennen” wäre auch übertrieben... wir haben uns eher zufällig getroffen”, sagte Childe und lachte verlegen. Er wurde leicht rot, als er sich daran zurück erinnerte, dass Zhongli ihn mit den Stäbchen gefüttert hatte. “Aiya... ja... Zhongli kennt Gott und die Welt, was frage ich auch”, sagte sie lachend. “Er arbeitet heute nicht, oder?”, rutschte es aus Childe heraus und er bereute es direkt, dass er das gefragt hatte. “Also... er ist oben im Büro, wenn Sie das meinen... ich habe ihm ja auch gesagt, er soll sich ruhig mal frei nehmen, aber er ist so ein Arbeitstier manchmal... Wenn Sie sich treffen wollen, dann kann ich ihn holen, das ist kein Problem!”, sagte sie und ging Richtung Tür. “Ähm, nein, das ist nicht unbedingt notwendig”, winkte Childe ab und lachte verlegen. Doch als er aufsah, merkte er, dass sie bereits verschwunden war. Eigenartig... so als wäre sie durch die Tür hindurch... Ihm wurde ein wenig mulmig. Das war kein normales Mädchen, oder? Diese morbide Aura, die sie umgab und trotzdem war sie so heiter und fröhlich dabei? Unentschlossen blieb er nun vor dem Haus stehen. Noch konnte er unauffällig verschwinden. Aber das wäre extrem unhöflich. Immerhin würde sich Herr Zhongli auf den Weg machen und dann wäre er einfach weg. Aber wenn er blieb, was sollte er Zhongli sagen? Und wirkte das nicht unglaublich aufdringlich? Beim Gedanken daran, Herrn Zhongli gleich wieder zu sehen, wurde Childe ein wenig aufgeregt und er wusste gar nicht warum... er schaffte es schier kaum, ruhig stehen zu bleiben... # Und plötzlich trat Zhongli aus der Tür. Childe blieb für einen Moment die Luft weg und er sah ihn mit großen Augen an. Dann lächelte er ihn an. “Uhm, hey, Herr Zhongli”, sagte er und winkte ihm zu, leicht verlegen. Er fragte sich immer noch, ob es unangebracht war, ihn zu stören. “Hallo. Meine Chefin hat mir gesagt, ich soll mir frei nehmen und mich Ihnen widmen. In welchen Angelegenheiten kommen Sie zu mir?”, fragte Herr Zhongli förmlich. “Hahaha, keine Angelegenheiten. Ich bin zufällig hier. Ich wollte mir die Stadt ansehen, und dann bin ich hier gelandet”, entgegnete Childe verlegen und kam sich ein wenig dämlich vor. “Sie möchten, dass wir uns gemeinsam die Stadt ansehen?”, schloss Zhongli daraus und sah ihn ein wenig verwundert an. “Ähm... naja... also, wenn Sie mir das anbieten würden, sag ich nicht nein”, erwiderte Childe und machte eine einladende Geste. Immerhin wäre es doch vielleicht besser, mit jemand Einheimischen herum zu laufen. Dann würde er vielleicht auch sich besser zurecht finden und alles. “Na dann... gehen wir”, erwiderte Zhongli mit einem leichten Lächeln. Auf dem Weg begann Herr Zhongli zu erzählen. Es waren unzählige Geschichten über die Stadt und deren Geschichte, die verschiedenen Plätze und auch interessante sowie lustige Fakten zur Kultur Liyues. Childe klebte an seinen Lippen. Es war beeindruckend, wie viel Herr Zhongli über die Stadt wusste. Und seine Stimme und Erzählungen waren so angenehm zum Zuhören. Childe genoss die kleine Sightseeing Tour und bereute es nun nicht mehr, Zhongli mitgenommen zu haben. Sonst hätte er das alles nie erfahren. Oder diese tolle Aussicht auf die Stadt genießen können. Sie standen inzwischen auf einer Anhöhe oberhalb der Stadt und schauten hinunter, als es langsam dunkel wurde und die Lichter in Liyue heller erstrahlten. “Wie romantisch”, sagte Childe und lachte leicht. “Ja, es ist ein schöner Ort”, stimmte Herr Zhongli ihm zu und wirkte ein wenig verträumt. Childe konnte für einen Moment nicht den Blick von ihm nehmen. “Erzählen Sie mir noch eine Geschichte”, bat er sodann und lächelte leicht. “Gerne. Worüber?”, fragte Zhongli und dachte nach. “Worüber Sie wollen. Sie können das wirklich gut. Sie hätten Touristenführer werden sollen”, entgegnete Childe und lachte leicht. “Ich weiß nicht, ob das finanziell lohnenswert ist”, erwidere Zhongli. “...Hm, oder Lehrer”, schlug Childe mit einem Lachen vor. “Ich kann nicht so gut mit Kindern”, murmelte sein Gegenüber verlegen. Plötzlich hörte Childe ein lautes Geräusch. Es musste ein Knurren von Zhonglis Magen sein. “Oh, haben Sie Hunger? Geschichten erzählen macht sicher hungrig. Wir könnten etwas essen gehen”, schlug er vor. “Ja, das ist eine gute Idee. Wir können zu Wanmin gehen. Im Restaurant gibt es bessere Sachen als nur zum Mitnehmen”, stimmte Zhongli zu und beide machten sich auf den Weg ins Restaurant. Dort angekommen, fiel Childe auf, dass er ja immer noch nicht mit Stäbchen essen konnte. Nachdem sie bestellt hatten, fragte er sich, ob er nach normalem Besteck fragen sollte, war sich aber unsicher, ob es solches hier überhaupt gab. Und so wollte er es noch mal mit den Stäbchen aufnehmen. Als das Essen ankam, funktionierte es aber mehr schlecht als recht. “Moment. Halten Sie sie so”, sagte Herr Zhongli sanft und korrigierte erneut seine Handhaltung. Ein seltsames Kribbeln ging durch Childes Magen, als er seine Hand berührte. Musste der Hunger sein. Oder das peinlich unangenehme Gefühl, sich gleich wieder zu blamieren, dachte sich der junge Fatui. Unsicher begann er es zu versuchen. Es klappte ein wenig besser, zumindest schaffte er es ab und an, einen kleinen Happen damit aufzunehmen. Aber wenn er weiter so langsam aß, würde er drei Stunden für den Teller brauchen. Inzwischen hatte er auch nicht mehr das Gefühl, dass er großen Hunger hatte. Er war sowieso abgelenkt davon sich mit Zhongli zu unterhalten. “Hhh... ich geb auf”, sagte er schließlich und legte die Stäbchen ab. Seine Hand tat ihm weh, weil diese Handhaltung so ungewohnt für ihn war. Auf seinem Teller war noch mehr als die Hälfte zurück geblieben. Zhongli hatte seinen Teller schon lange leer, sowie auch seinen Wein. “Sind Sie schon satt?”, fragte Zhongli verwundert. “Ja, ich nehme den Rest zum Mitnehmen”, entgegnete Childe. Er winkte dem Kellner zu, um sich das Essen einpacken zu lassen und bestellte die Rechnung gleich mit. Dann kramte er seinen Morabeutel hervor und legte ihn auf den Tisch. Zhongli lächelte und schien etwas von der Rolle und unruhig, was Childe nicht entging. “Alles in Ordnung?”, fragte er vorsichtig. “Naja... also... das ist mir jetzt etwas peinlich... aber ich habe gerade bemerkt, dass ich mein Portemonnaie im Büro liegen lassen habe. Hu Tao ist zu mir rein gekommen und dann bin ich sofort losgelaufen”, erklärte er verlegen. “Achso? Das ist doch kein Problem... ich kann das doch bezahlen, ich habe genug Mora dabei”, erwiderte Childe lachend. “Naja... ist das wirklich nicht zu teuer?”, fragte Zhongli, unsicher lachend. “Neinein. Ach was. Machen Sie sich keine Sorgen. Sie müssen es mir auch nicht wieder geben. Ich lade Sie einfach ein”, erwiderte Childe und lächelte breit. “Was...wirklich???”, fragte Zhongli. Seine Augen begannen zu glänzen. Childe lachte. “Na klar. Irgendwie muss ich mich doch bei Ihnen erkenntlich zeigen. Danke für die tolle Tour durch Liyue”, sagte er grinsend. “Habe ich gerne gemacht. Sie sind wirklich nett, Childe...”, murmelte Zhongli und lächelte sanft. “Sie auch. Ich würde gerne mehr von Ihren Geschichten über Liyue hören und mehr von der Stadt sehen”, meinte Childe mit einem Zwinkern. Doch bevor Zhongli etwas erwidern konnte, kam die Bedienung. Bei der Rechnung musste Childe ein wenig schwer schlucken, aber er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, als er den entsprechenden Betrag bezahlte. Dann nahm er sein restliches Essen und die Stäbchen und mit Zhongli zusammen verließ er das Restaurant. “Also dann... und wenn Sie gerne weiter mit mir die Stadt anschauen möchten, kommen Sie einfach vorbei”, kam Herr Zhongli glücklicherweise auf das zurück, was Childe drinnen noch gesagt hatte. “Ja, mache ich, Herr Lehrer!”, entgegnete Childe mit einem Lachen. Dann winkte er ihm noch mal zu und ging zurück zu seinem Quartier. Und irgendwie konnte er dabei nicht aufhören, zu lächeln... Kapitel 12: Unerwartet ---------------------- Inzwischen hatte Childe endlich vernünftige Aufträge von den Fatui erhalten. Er durfte Steuern eintreiben und machte das natürlich auf seine Weise... und auch Schatzräuber dingfest machen. Endlich durfte er wieder kämpfen. Das hatte ihm nun wirklich gefehlt. Trotzdem war es nicht der große Coup, auf den er gehofft hatte, um sich als Harbinger zu beweisen, aber immerhin. Außerdem hatte er Zhongli öfter wieder gesehen, sie waren inzwischen auch beim Du angelangt. Trotzdem rutschte ihm manchmal noch “Herr Zhongli”, oder wie er ihn scherzhaft nannte; “Herr Lehrer” über die Lippen. Zhongli schien es ihm nicht übel zu nehmen. Es war immer schön, wenn sie nach ihren Sightseeingtouren noch etwas essen gingen, auch wenn Childe nur langsame Fortschritte mit den Stäbchen machte. Er konnte öfter nicht umhin, Zhongli anzustacheln, dass er ihn am Ende einfach fütterte und genoss es jedes Mal. Er liebte es auch sonst, ihn zu necken, weil Zhongli dann immer so lustig verwirrt guckte. Dabei sah er irgendwie niedlich aus. Und schon wieder war das Bild in seinen Gedanken. Er legte den Kopf schief und lächelte. Eigentlich wusste er nicht, warum er so oft an ihn denken musste, aber ihm war wohl schon wieder langweilig. Die Aufträge gingen zu Neige, und obwohl er Liyue inzwischen ziemlich gut kannte, und immer gerne einschritt sobald sich eine Gelegenheit für einen Kampf auftat, passierte so gut wie nichts Zweifelhaftes in der friedlichen Stadt. Eines Tages fand ein gewisses Ritual in Liyue statt. Es hatte mit dem Geo Archon, Rex Lapis, zu tun. Er hätte einfach Zhongli nochmal fragen sollen, worum es sich genau handelte, aber er fand es zu aufdringlich, jeden Tag vor seiner Tür zu stehen. Also beschloss Childe, es sich einfach selbst anzusehen. Auf der Yujing Terrasse waren viele Leute versammelt. Und eigentlich hatte er auch nur ein halbes Auge drauf, weil er viel zu beschäftigt war, nebenbei an Zhongli zu denken und ihn inmitten der Beteiligten zu suchen. Doch er konnte ihn nicht entdecken. Komisch, dabei hatte er wirklich gehofft, ihn hier zu treffen – rein zufällig, versteht sich... immerhin war gefühlt die ganze Stadt hier und ihm lag die Hafenstadt doch sehr am Herzen... aber vielleicht musste er viel arbeiten, wer wusste das schon. Plötzlich jedoch geschah etwas absolut Seltsames. Der Körper von Rex Lapis stürzte plötzlich bewegungslos vom Himmel herab. Es erinnerte ihn an das Wesen auf der Straße bei seiner Anreise aber es wirkte größer. Vielleicht gab es solche Drachenwesen hier öfter. Doch bevor er genauer schauen konnte, brachen alle in Panik aus. Es hieß plötzlich, dass Rex Lapis tot sei und ermordet wurde. Childe war komplett verwirrt. Wie konnte ein Archon einfach so sterben? Der Cryo Archon, die Zarin, war zwar menschlich, aber so mächtig, dass Childe nicht glaubte, dass der beste Kämpfer in Snezhnaya – also vielleicht er selbst, es hätte mit ihr aufnehmen können. Das hätte er auch nie gewagt und beugte in Ehrfurcht vor ihr das Knie. Aber wer würde es schon mit so einem gigantischen Drachen aufnehmen? Natürlich suchten die Millelithen, Liyues Garde, nach dem Schuldigen. Aus dem Augenwinkel bemerkte Childe, dass sie es plötzlich auf eine kleine Person mit einem noch kleineren fliegenden Begleiter abgesehen hatten. Das waren doch Kinder. Wie sollten sie mit dieser Sache etwas zu tun haben? Aus einem Gefühl heraus, es könnten auch seine kleinen Geschwister sein, beschloss er zu helfen. Und so stellte er sich zwischen die beiden Kleinen und die Millelithen-Soldaten und zögerte auch nicht, diese anzugreifen. Letzlich verhalf er den beiden Reisenden, so wie er dann erfuhr nachdem sie sich einander vorgestellt hatten, zur Flucht. Ob die beiden keine Hilfe von einem Fatui annehmen wollten, war ihm egal. Letztlich taten sie es ja doch. Er hatte nämlich Ungerechtigkeit noch nie leiden können und so schickte er sie zu den Adepten, von denen ihm Zhongli erzählt hatte, dass sie Liyue beschützten. Zufällig besaß er einen Passagierschein, um zu den Adepten zu gelangen. Diesen hatte ihm Signora gegeben, dass er es sich anschauen sollte. Er war sich sicher, dass er diesen nicht hätte weiter geben dürfen, aber er tat es trotzdem. Natürlich blieb das nicht unbeobachtet. “Wer war das? Was hast du den beiden gegeben?”, fragte Signora, die gerade aus der Bank des Nordens kam und offenbar ein Teil der Unterhaltung mitbekommen hatte. “Gar nichts. Ich habe ihnen nur den Weg erklärt”, erwiderte Childe unschuldig. “Ich habe es genau gesehen, dass du einen Passagierschein in der Hand hattest”, sagte sie kalt und ihre Augen wurden immer schmaler, “Ich denke du solltest dir besser überlegen, was du sagst, Tartaglia.” “Ah, so wie Sie... gut. Dann sage ich, dass wir doch neue herstellen können, das waren doch Ihre Worte”, erwiderte er schulterzuckend, mit einem unbedarften Lächeln. Sie fauchte daraufhin leicht und verzog das Gesicht. “Das werden wir auch. Und wir werden sie brauchen. Du wirst das übernehmen”, meinte sie schulterzuckend. “Und wofür? Das weiß ich ja nicht mal...ich mach gar nichts”, Childe verschränkte trotzig die Arme. “Ich weiß genau, wie du meinen Kollegen jahrelang manipuliert hast, aber ich verspreche dir, bei mir zieht das nicht. Du wirst dich um die Passagierscheine kümmern, warum hat dich auch nicht weiter zu interessieren. Bei weiteren Widerworten könnte ich sonst möglicherweise in einem Gespräch mit der Zarin zum Ausdruck bringen, dass du nicht bereit bist, zu kooperieren und wette, das willst du nicht”, sagte sie emotionslos. Childe blickte sie mit großen Augen an. Er konnte nicht fassen, wie kalt, brutal und berechnend diese Frau sein konnte. “Ich würde nur gerne mehr für die Zarin und Snezhnaya tun, und das wissen Sie”, sagte er und senkte den Blick. “Gut. Dann gebe ich dir einen Auftrag, Childe...”, sagte sie und trat einen Schritt näher auf ihn zu, dann packte sie ihn grob am Arm. Childe blickte auf. “Du hast ja bestimmt mitbekommen, was in der Stadt passiert ist. Finde Rex Lapis’ toten Körper und sein göttliches Herz – du weißt, wir könnten es gut gebrauchen”, sagte sie süffisant. Dann ließ sie ihn los. “Zu Befehl”, erwiderte Childe und grinste schief. Das sollte doch ein Leichtes sein. # Als er nachts durch die Straßen ging, war Childe zufrieden. Den ganzen Abend hatte er daran gearbeitet, Informationen zusammen zu sammeln und hatte so einiges in Erfahrung gebracht. Zwar noch nicht genau, wo die Qixing den Körper des toten Archons versteckten, aber das würde er auch noch herausfinden. Ein wenig schlechtes Gewissen hatte er zwar schon, einen solchen Auftrag auszuführen, aber naja... Rex Lapis war tot und sein göttliches Herz brauchte er auch nicht mehr, was sprach schon dagegen, wenn sich die Fatui es sich einfach nahmen? Doch plötzlich, aus heiterem Himmel, drängte sich Zhongli wieder in seine Gedanken. Childe wusste erneut nicht, warum. Und zwar dachte er einfach an ihn, wie er einfach da saß und Tee trank. Er sah entspannt und wunderschön aus. Wahrscheinlich, weil er wusste, dass Childe mal wieder die Rechnung zahlte. In den vergangenen Treffen war es so oft dazu gekommen, dass Zhongli sein Portemonnaie vergessen, verlegt, oder nicht genug Mora dabei gehabt hatte, dass Childe irgendwann nicht mehr nachfragen wollte und einfach immer bezahlt hatte. Als Harbinger verdiente er ja genug und Zhongli hatte ihm so viel beigebracht... es war ein wenig seltsam, aber es war einfach passiert. Ebenfalls seltsam war, dass er nicht mehr aus seinen Gedanken weichen wollte. So oft hatte er noch nie an einen Mann gedacht, außer an Pulcinella vielleicht. Aber von diesem war er auch abhängig gewesen und wollte stets sicher gehen, dass er alles richtig machte, was er von ihm verlangte... außerdem sorgte Pulcinella bei ihm des Öfteren für Kopfschmerzen, da er nicht wusste, wie er ihn einschätzen sollte. Bei Zhongli wusste er das zwar auch nicht so genau, aber er zerbrach sich nicht den Kopf über ihn, sondern dachte einfach an die schöne Zeit mit ihm... Als er so darüber nachdachte, fiel dem jungen Harbinger auf, dass er schon lange nicht mehr an Pulcinella gedacht hatte, und sicher jetzt auch nur, weil Signora ihn vorhin erwähnt hatte. Das hatte ihn nämlich ziemlich wütend gemacht. Hatte Pulcinella ihn fortgeschickt, weil er ihn manipuliert hatte? Wie so ein schwer erziehbares Kind einfach weiter gereicht? Er fühlte sich unwürdig behandelt auf ganzer Linie. Irgendwie hoffte er, dass er hier in Liyue bleiben konnte und Pulcinella nie wieder sehen musste. Und doch verletzte es ihn immer noch... sein stolzer Gang, seine kühle Art, sein verschlagenes Grinsen... Childe versuchte, die Erinnerung mit Gedanken an Zhongli zu überdecken, aber es wollte nicht ganz funktionieren... Kapitel 13: Weniger einsam -------------------------- Weil Childe keine Lust mehr hatte, in Gedanken zu versinken trat er in die nächste Kneipe und wollte sich eigentlich nur einen Drink genehmigen, auch zur Feier des Tages. Doch was er dann beobachten musste, erschien ihm zu surreal, um wahr zu sein. Dort saß Zhongli an einem Tisch, oder hing viel mehr. Mehrere Gläser standen auf seinem Tisch. Er hatte wohl den ein oder anderen Osmanthuswein zu viel. “Ich hoffe es war richtig. Dann kann ich euch alle auch irgendwann wieder sehen”, sagte er, oder zumindest war es das, was Childe verstand. Für einen Moment war er sich nicht sicher, ob er hingehen sollte und nachfragen sollte. Er entschied sich aber dagegen, weil er diskret sein wollte. Er wusste nicht, ob Zhongli wollte, dass er ihn so sah. Vielleicht sollte er sich nur einen Drink holen, und schnell verschwinden. Er steuerte auf die Bar zu, um sich etwas zum Mitnehmen zu holen, als er aus dem Augenwinkel bemerkte, dass der Wirt auf den Tisch zusteuerte, wo Zhongli saß. “Hier ist Ihre Rechnung. Wir haben bald Sperrstunde”, sagte er und legte einen Zettel auf den Tisch. Childe beobachte, wie sich Zhonglis Augen weiteten und er daraufhin hilflos ein paar Mora-Münzen auf den Tisch legte. “So viel Mora hab ich leider nicht”, lallte er verlegen, “kann ich es anschreiben lassen?” “Das hätten Sie sich vorher überlegen müssen, bevor Sie so viel getrunken haben. Wir machen das normal nicht mit Anschreiben”, erwiderte der Wirt ungehalten. “Entschuldigen Sie bitte”, mischte Childe sich ein und stellte sich daneben. “Erlauben Sie, dass ich die Rechnung übernehme.” Er genoss es, wie Zhongli aufsah und ihn mit seinen großen goldbraunen Augen dankbar anschaute. “Childe! Was machst du denn hier?”, erwiderte er fröhlich und … etwas sehr betrunken und konnte sein Glück wohl nicht fassen. Während Childe den entsprechenden Betrag auf den Tisch legte, wurde sein Lächeln immer breiter. “Ich helfe dir aus der Patsche, mein Freund. Du hast wohl ein bisschen viel getrunken. Soll ich dich nach Hause begleiten?”, fragte Childe mit einem Zwinkern und reichte ihm seinen Arm. Zhongli hakte sich ein. “Das ist lieb von dir, aber es ist ein ganzes Stück bis zu mir... “, sagte er verlegen lächelnd, “und ich kann nicht gut laufen...” “Dann gehen wir eben zu mir und du bleibst da”, beschloss Childe völlig pragmatisch. So würde Zhongli alleine nicht mal fünf Meter weit kommen. “Du musst mich nicht extra zu dir einladen, aber ich würde mich freuen. Ich bin ein wenig einsam”, redete Zhongli einfach frei von der Seele weg. So hatte Childe ihn noch nie erlebt. “Ich auch”, kam es ihm einfach über die Lippen. Immerhin hatte er hier keine Freunde. Und er fand es irgendwie traurig, dass er heute Nacht alleine etwas getrunken hätte, sowie Zhongli es getan hatte. Vielleicht hatte er in der Kneipe von seinen Freunden gesprochen, die er wieder sehen wollte. Wer auch immer diese waren. Childe musste an seine Familie und an die Rekruten, mit denen er sich gut verstanden hatte, denken. Er hatte sie auch ewig nicht gesehen. Doch bevor er nun auch wieder an Pulcinella denken konnte, spürte er eine Berührung, die er so nicht erwartet hatte. Zhongli zog ihn einfach in seine Arme und umarmte ihn fest. “Lass uns zusammen einsam sein”, hauchte er die Worte nah an seinem Ohr. Childe konnte nicht umhin, eine Gänsehaut zu bekommen. Für ein Moment machte sein Herz einen Hüpfer. Er legte die Arme um Zhongli und drückte ihn ebenfalls fest an sich. Für einen Moment blieben sie so stehen, schweigend. Aber weil Childe nicht wusste, warum eigentlich, ließ er ihn wieder los und ging den letzten Rest mit ihm zu seiner Bleibe. “Hier kannst du dich erstmal ausruhen und ausschlafen. Wenn du dich erfrischen möchtest, kannst du auch gerne mein Badezimmer nutzen. Fühl dich wie Zuhause”, bot er ihm gastfreundlich an. In Snezhnaya machte man das schließlich so. Zhongli lächelte leicht und schien sehr dankbar zu sein. Drinnen angekommen, zog Childe seine Schuhe und Jacke aus, dann hängte er seine sowie Zhonglis Sachen weg. “Ich würde gerne ein Bad nehmen, wenn das geht... mir tut alles weh”, meinte Zhongli nach einem Moment, nachdem er ins Badezimmer gelinst hatte. “Natürlich”, erwiderte Childe. Er ging ins Bad und ließ schon mal das Wasser ein. Mit seiner Elementarfähigkeit konnte er es etwas beschleunigen. Zhongli setzte sich auf den Wannenrand und sah ihm neugierig zu. Er wirkte irgendwie nicht so regungslos und gefasst wie sonst. Und das nicht weil er betrunken war... nein, sondern eher, weil ihm ein Stein vom Herzen gefallen war. Childe konnte das spüren... aber er wollte nicht so aufdringlich sein und fragen warum. Vielleicht würde er es noch erfahren. “Möchtest du Schaum?”, fragte er nach einem Moment. Als Zhongli nickte, begann er den Badezusatz mit seiner Elementarkraft im Wasser zu verwirbeln. “Danke”, sagte Zhongli lächelnd. Dann ließ er sein Hemd von den Schultern gleiten. Childes Blick war wie festgefroren und er konnte den Blick nicht von seinem Körper abwenden. Er wusste für einen Moment nicht, wie ihm passierte und warum er es so ansprechend fand, wie Zhongli sich vor ihm entkleidete. Nervös sprang er zur Tür. “Ich geh dann mal. Viel Spaß beim Baden!”, rief er fröhlich und winkte ihm zu. Dann machte er schnell die Tür hinter sich zu und atmete auf. Er wollte es sich gerade gemütlich machen, als er eine Stimme aus dem Badezimmer hörte. “Childe?”, rief Zhongli ihn. Nett wie er war, ging er natürlich zurück zu ihm und sah, wie Zhongli bereits im dichten Schaumberg versunken war und sein Bad genoss. “Sagst du mir noch, welches Handtuch ich benutzen darf?”, fragte er ihn mit einem leichten Lächeln. Childe blinzelte, weil er sich schon wieder dabei ertappte, dass er ihn angestarrt hatte, und wurde rot. “Ja, natürlich...”, murmelte er und legte ihm ein frisches Handtuch neben die Wanne. “Und noch mal danke für das Bad. Ich genieße es sehr”, sagte Zhongli mit einem Lächeln. “Gerne. Du sollst dich hier doch wohl fühlen”, erwiderte Childe und lächelte. Weil ihm danach war, ließ er aus dem Wasser der Wanne einen kleinen Fisch aufsteigen, den er mit seiner Elementarkraft formte. Zhonglis Augen wurden groß. “Ohhh... das ist so schön. Kannst du hier bleiben und noch mehr davon machen?”, fragte er neugierig und stupste den Fisch aus Wasser an. “Soll ich auch noch mit in die Wanne dazu kommen?”, fragte Childe frech und schnipste etwas Schaum in Zhonglis Gesicht. “Dann würde die Wanne überlaufen”, erwiderte Zhongli schulterzuckend. Childe schüttelte lächelnd den Kopf. Doch weil Zhongli es sich so sehr wünschte, konnte er nicht umhin, sich auf den Wannenrand zu setzen und weitere Wassertiere für ihn zu machen. Er wollte ihn doch glücklich sehen und nicht so traurig wie in der Kneipe vorhin... und wenn er so lächelte... Childe konnte es kaum glauben, wie wunderschön er dann aussah... Irgendwann schien Zhongli jedoch in der Wanne einzuschlafen. Er sank jedenfalls bedrohlich tiefer ins Wasser. Childe hielt ihn fest und versuchte, ihn zu wecken. “Hey, nicht einschlafen. Sollen wir ins Bett gehen?”, fragte er und lächelte sanft. “Hmm ja, ich bin müde”, murmelte Zhongli. Childe lachte. “Dann komm raus aus der Wanne und mach dich fertig. Ich warte drüben auf dich”, sagte er lächelnd. Dann ging er aus dem Bad und legte sich aufs Bett. Er konnte es immer noch nicht fassen, dass Zhongli einfach bei ihm war. Aber damit hatte er recht behalten... er fühlte sich jetzt zum ersten Mal in Liyue weniger einsam. Kapitel 14: Ein kompliziertes Gespräch -------------------------------------- Eine Weile später legte sich Zhongli sich zu ihm ins Bett. Er trug nur wenig Sachen und Childe beschloss, sich auch bettfertig zu machen. Er verschwand nochmal kurz ins Bad, und als er zurück kam, hatte sein Gast bereits die Augen geschlossen. Childe lächelte leicht... er sah so friedlich aus, wenn er schlief. Er deckte sich zu und löschte das Licht. Er versuchte auch zu schlafen, aber er war etwas aufgewühlt vom Tag. Erst der Aufruhr in Liyue, dann die Rettung der Reisenden, die vielen Aufträge, dann die etwas andere Rettung von Zhongli... Childe war gerade dabei, sich mental einen Heldenorden zu verleihen, als ihn jemand antippte. Etwas verwirrt drehte er sich um und konnte im Halbdunkeln Zhonglis Silhouette sehen. “Ich kann irgendwie nicht schlafen”, murmelte er leise. “Echt nicht? Du sahst doch so müde aus... Was ist los?”, fragte Childe neugierig. “Ich habe zu viel nachgedacht... ich bin immer noch nicht nüchtern... und ich fühle mich irgendwie seltsam”, beschrieb Zhongli die Situation. “Achso? Woran hast du denn gedacht?”, fragte Childe mit einem leichten Lachen. “Das ist mir ein wenig peinlich”, nuschelte Zhongli und versteckte sich hinter der Decke. “Okay...?”, erwiderte der junge Fatui und legte den Kopf schief. “Ich... ich habe mich vielleicht in jemanden verliebt”, gestand sein Gegenüber nach einem Moment. “Ohh... die Liebe... ein kompliziertes Thema, ja...”, erwiderte Childe, recht hilflos. Warum Zhongli ihm das jetzt erzählte, wusste er selber nicht. “Hast du Erfahrung damit?”, fragte Zhongli, halb hoffnungsvoll. “Ich!??”, fragte Childe überrascht. Er wusste ehrlichgesagt nicht, wie er jetzt reagieren sollte. Eigentlich hätte er an dieser Stelle am liebsten geprahlt, wie viele Frauen er gehabt hatte und wie viel Herzen er gebrochen hatte und all das, was man als cooler Typ so sagen würde. Aber es entsprach nun mal nicht der Wahrheit. Und verliebt gewesen war er schließlich auch nicht. Es sei denn... “Naja, ein wenig. Ich hab mal irgendeine gevögelt aber ich war nicht wirklich verliebt. Außer … aber ich weiß es nicht, ob es dieses Gefühl war. Es war mehr eine Art... Bewunderung... eine Annäherung wäre ziemlich verboten gewesen und überhaupt völlig unmöglich”, lachte er verlegen. Sofort schämte er sich für das Gesagte. Warum hatte er es ihm erzählt? Bisher hatte er es für sich behalten. Aber es belastete ihn. Vor allem heute … hatte er eine Art Rückfall. War er sich doch sicher gewesen, dass er alles abgehakt hatte, so hatte ihn heute alles wieder eingeholt und erneut verletzt. “Ich verstehe das nicht so richtig. War es jemand auf einem hohen Rang?”, fragte Zhongli irritiert. “Exakt, so was in der Art. Ich sah immer nur zu Leuten auf, die Stärke ausstrahlen. Das hat dann meine Aufmerksamkeit gezogen. Zum Beispiel die Zarin in Snezhnaya... aber das habe ich mir sowieso direkt aus dem Kopf geschlagen ich meine, sie ist der Archon von Snezhnaya... ich bin ein Junge aus einem Dorf. Mit solchen Vorstellungen werde ich wahrscheinlich nie einen Partner finden und immer nur Fußabtreter für Leute spielen, die auf mich herab sehen...”, murmelte er verlegen. “Hmm... aber du bist doch Fatui Harbinger geworden und du weißt selber, dass du nicht irgendwer bist”, erwiderte Zhongli. “Auch das hat mich der anderen Person, die ich so bewundert habe, nicht näher gebracht. Ich hatte große und absurde Träume. Und jetzt bin ich hier allein in Liyue”, sagte Childe verbittert. Er wollte nicht mal drüber reden. Aber er fühlte sich so, als ob eine Welt zerbrach. Und es war nicht nur die Tatsache, dass er Pulcinella nicht vergessen konnte, sondern auch, dass er gerade erfahren hatte, dass Zhongli sich in jemanden verliebt hatte. Irgendwie verletzte ihn das auf einem Level, das er nicht fassen konnte. Bestimmt musste Liebe schön sein, wenn man sich in die passende Person des anderen Geschlechts verliebte... wunderschön, wenn er doch nur die Chance hätte, sie zu erfahren. Aber was erwartete er eigentlich auch von Zhongli? Es war ja nicht mal so, dass er diese Art von Interesse an ihm gehabt hatte, und wenn schon... dann könnte er es auch gleich vergessen. Er hatte jedenfalls keine Lust, sein Beziehungstherapeut zu spielen. Er war selbst total kaputt. Und so blinzelte er eine Träne weg und drückte sein Gesicht ins Kissen. “Das tut mir leid”, sagte Zhongli, nach einem Moment, ehrlich betroffen, “Ich wollte wirklich keinen wunden Punkt treffen...” Childe spürte eine leichte Berührung an der Schulter. Er wollte einfach nicht bemitleidet werden, oder dass ihn irgendjemand so sah. Also schluckte er alles, was er fühlte, in einer Sekunde herunter und drehte sich wieder zu Zhongli um. “Schon gut. Ich hab echt uncool reagiert. Also, die Liebe macht dir zu schaffen. Du brauchst Hilfe? Ich bin zwar kein guter Ratgeber in solchen Sachen, aber ich geb mein bestes. Erzähl mir gerne mehr”, sagte er mit gequältem Lächeln und kramte alle seine Freundlichkeit zusammen. “Na gut...”, erwiderte Zhongli unsicher. “Also... es gibt da einen Mann...” “Ein Mann?”, fragte Childe überrascht. Damit hatte er nun nicht gerechnet. Deswegen hatte er ja auch nichts zu Pulcinellas Geschlecht gesagt. Childe konnte nicht sonderlich gut damit umgehen, dass er vielleicht auch Interesse an Männern hatte. Und jetzt erzählte ihm sein Gegenüber gerade, er hätte sich in einen verliebt, als sei es das normalste in Teyvat? “Ja... ich... weiß, das ist nicht immer so üblich, aber mir war es eigentlich immer egal, was für ein Geschlecht die Leute haben, die ich interessant finde”, erwiderte Zhongli gelassen. Childe sah ihn mit großen Augen an. Er fand seine Einstellung so unglaublich cool und wünschte, er könnte auch so locker damit umgehen. “Erzähl weiter... was ist mit dem Mann?”, fragte er neugierig, obwohl es ihn nun noch mehr verletzte, da er gerade realisierte, dass er bei Zhongli selbst eine eher Chance gehabt haben könnte, wenn da nicht dieser Mann wäre. “Naja... also er ist sehr nett und ich kann mich gut mit ihm unterhalten. Wir haben uns jetzt schon mehrfach getroffen und ich bin mir nicht sicher, ob er auch Interesse an mir haben könnte. Er hat mir halt während unserer Spaziergänge sehr oft etwas ausgegeben, deswegen habe ich mich geschmeichelt gefühlt”, erklärte Zhongli verlegen. Childes Gehirn ratterte. Allein der Gedanke, dass Zhongli sich mit irgendeinem anderen Mann öfter getroffen hatte und sich mit vielleicht wer weiß wie vielen Männern traf um ihnen Liyue zu zeigen, machte ihn plötzlich rasend eifersüchtig. Und er witterte plötzlich seine Chance, Zhongli das Interesse an diesem Mann auszureden. “Also du willst meine ehrliche Meinung dazu hören?”, fragte er, nun mit abfälliger Stimme und verschränkten Armen. “Ja... natürlich...”, erwiderte Zhongli zurückhaltend und etwas hilflos. “Also... dann sage ich dir was. Dieser Typ ist ein Angeber und Blender. Er denkt er kann dich mit seinem ganzen Mora beeindrucken. Wahrscheinlich hat er nicht mal aufrichtiges Interesse an dir und will dich nur ins Bett kriegen und lässt dich danach eiskalt sitzen!”, wetterte er gegen Zhonglis neue Flamme. “Achso...?”, erwiderte dieser verwirrt. “Das denke ich zumindest. Das klingt so hart nach Arschloch, also ich würde den an deiner Stelle sofort vergessen. Wahrscheinlich steht der sowieso noch auf jemand anderen”, trug Childe noch etwas dicker auf. “Ja, möglicherweise tut er das”, sagte Zhongli, nun mit einem traurigen Unterton und seufzte schwer. “Wie kann man nur so sein? Ha... als ob man sich jemand kaufen kann... also ich hätte niemals Hintergedanken, wenn ich jemandem Mora ausgebe, dann mache ich das nur um zu helfen, wie bei dir...”, redete Childe sich weiter in Rage. “Ja. Ich verstehe”, erwiderte Zhongli, der immer noch etwas traurig klang, aber sich dann fasste. “Danke, Childe. Du hast mir sehr weiter geholfen. Ich denke, jetzt kann ich das nun alles besser verstehen. Nur pass vielleicht auch ein bisschen auf, wenn du Leuten so viel Mora ausgibst. Es könnte sein, dass du Herzen stiehlst”, fügte er mit einem leichten Lachen hinzu. “Hä?”, fragte Childe verwirrt. “Du machst doch jetzt Witze oder?” “Naja, wenn du sonst auch bei Leuten so großzügig bist, könnten sie vielleicht auf andere Gedanken kommen”, entgegnete Zhongli lächelnd. “Achso... äh...ja... natürlich. Ich denke ich werde darauf achten”, antwortete er verwirrt. Inzwischen konnte er dem Gespräch nicht mehr folgen. Und er war auch zu müde. Aber er dachte nicht, dass ihn jemand für einen Aufreißer halten könnte, wie den Typen aus Zhonglis Erzählung. “Hmm... wollen wir dann schlafen? Ich bin ziemlich müde”, sagte Zhongli und verkroch sich unter die Decke. “Ja, ich auch... Gute Nacht”, erwiderte Childe. Aus irgendeinem Grund war er jetzt nervös. Aber auch müde. Und die Müdigkeit siegte letztlich, als er in den Schlaf sank. Kapitel 15: Eine passende Gelegenheit ------------------------------------- In den nächsten Tagen konnte Childe Zhongli nicht erreichen. Im Grunde war er gar nicht auf der Arbeit anwesend. In ihm machte sich irgendwie das Gefühl breit, dass er ihm aus dem Weg ging. Schon am Morgen, nachdem er ihn in der Kneipe aufgelesen hatte, war er ziemlich übereilt losgegangen. Allerdings konnte Childe sich nicht vorstellen, was schief gelaufen war. Also kam er seitdem zu Zhonglis Arbeit, aber es hieß immer, er sei nicht da. “Und wo kann ich ihn finden?”, hatte er Hu Tao nach mehreren Tagen gefragt, doch sie hatte nur mit den Schultern gezuckt. “Ich kann keine vertraulichen Daten über meine lebenden Mitarbeiter herausgeben. Wenn Sie allerdings etwas über Tote wissen möchten, dann-” “Nein, danke”, hatte Childe schnell erwidert, “könnten Sie ihm wenigstens eine Nachricht hinterlassen?” “Die da wäre?”, sagte sie aufmerksam. Childe überlegte für einen Moment. Dann fielen ihm die beiden Reisenden ein, die zurückgekommen waren. Und denen er Hilfe versprochen hatte. Er hatte Zhongli wirklich in dieser Angelegenheit fragen wollen. Vielleicht wäre er dazu bereit. Er nutzte es allerdings nur um einen Vorwand, um ihn zu sehen. “Ich habe zwei Bekannte. Sie brauchen vielleicht Unterstützung hier in Liyue. Ich bin mir sicher, dass Zhongli sehr viel weiß und helfen könnte und auch würde. Meine Kameraden und ich würden uns gerne morgen mit ihm treffen”, sagte er und lächelte leicht. “Aiya, ich richte es ihm aus”, sagte sie mit einem Lächeln. Dann war sie auch schon verschwunden. Childe ärgerte sich. Er hätte sie zu einem Toten befragen können. Aber es wäre sicherlich zu auffällig gewesen, wenn er sie zu Rex Lapis’ Leichnam befragte, oder nicht? Aber vielleicht befand er sich einfach hier in diesem Haus, wer wusste das schon? # Am nächsten Tag erschien Childe mit den beiden bei Zhongli. Es war schwierig und etwas steif, aber er würde sich um die beiden kümmern und würde ihnen sicher einiges über Rex Lapis erzählen können, was auch ihm weiterhelfen würde. Childe hatte allerdings nicht die Möglichkeit, alleine mit ihm zu sprechen, weil er direkt mit den beiden loszog. Er wollte ihn eigentlich auch nochmal fragen, wie man mit Stäbchen isst, aber blieb am Ende alleine sitzen, mit Essen und den Stäbchen. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Aber wie so ein Hund hinterher laufen, wollte er nun auch nicht. Und am Ende war es genau das, was er tat. Aus sicherer Entfernung allerdings. Er wollte einerseits Informationen für sich einsammeln und andererseits sicherstellen, dass Zhongli sich auch nur um die beiden kleinen Reisenden kümmerte und sich nicht mit einem anderen Mann traf. Also verfolgte er die Gruppe auf ihren Unternehmungen. Er konnte es dabei nicht vermeiden, dass sein Blick immer wieder auf Zhonglis Hintern schaute, immerhin sah er sie ja auch von hinten. Aber das war etwas anderes. Childes Blicke klebten an ihm und am liebsten wäre er einfach bei ihm gewesen. Er wollte sich das alles nur ungern eingestehen, aber erst jetzt, wo er merkte, dass er wohlmöglich keine Chance bei ihm hatte, merkte er, dass er am liebsten einfach nur bei ihm sein wollte. Wie konnte er alles wieder zurück drehen zu den Tagen, wo er unbeschwert mit ihm durch Liyue gestreift war? Als er in einem Moment zufällig dazu kam, um Zhongli spontan finanziell auszuhelfen, so hatte er das Gefühl, dass dieser es nur selbstverständlich nahm. Er wusste nicht, was er noch tun sollte, um ihn alleine zu sehen... das wäre auch den anwesenden Reisenden gegenüber unhöflich gewesen. Sie waren jetzt eben immer dabei, er hatte sich damit selbst ins Knie geschossen. Aber immerhin traf er sich mit keinem anderen Mann. Er wollte diesen Typen anscheinend wirklich vergessen. Und es hatte ein weiteres Gutes... Childe würde bestimmt erfolgreicher in seiner Mission, sofern er durch die Vorbereitung der Abschiedsfeier mehr in Sachen Rex Lapis erfahren würde. Er setzte also seine Spionage weiter fort, um auch vielleicht etwas zu dem Aufenthaltsort von Rex Lapis’ Leichnam herauszufinden. Damit würde er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. In einem Moment, als Zhongli die beiden Reisenden auf einen kleinen Auftrag schickte, ergab sich für Childe endlich die perfekte Gelegenheit, alleine mit ihm zu sprechen. Doch Zhongli schien seltsam zurückhaltend. “Hey, sollen wir noch eine kleine Tour durch Liyue machen?”, fragte er freundlich und klopfte ihm auf die Schulter. “Naja, eher nicht. Wie du siehst, bin ich sehr beschäftigt”, erwiderte Zhongli kühl. “Achso ja, kein Problem... uhm... wie geht es dir sonst so?”, fragte Childe ahnungslos, wie er eine vernünftige Konversation starten sollte. Zhongli zuckte nur mit den Schultern. “Ja, ich verstehe schon. Wenn ich irgendwie helfen kann, dann lass es mich wissen?”, bot er sich an und lächelte verlegen. “Du? Mir helfen?”, fragte Zhongli verwundert und blickte ihn auch dementsprechend an. “Ja! Komm... Lass mich einfach einen Spaziergang mit meinem Lieblingslehrer durch Liyue machen! Das bringt dich auf andere Gedanken!”, sagte er breit grinsend und legte den Arm um ihn. “Na gut... aber nur kurz und es ist der letzte”, murmelte Zhongli, der nicht sonderlich glücklich aussah. “Der letzte!?”, fragte Childe überrascht und sah ihn mit großen Augen an. Dann erinnerte er sich an das, was Zhongli im Pub gesagt hatte... “...Du gehst fort”, kam es ihm schwer von den Lippen. Natürlich. Warum hatte er sich das nicht gedacht? Er ließ wie erschlagen den Arm von Zhonglis schmalen Schultern gleiten und sah ihn mit großen Augen an. “In gewisser Weise, ja”, erwiderte Zhongli und lächelte leicht, “deswegen muss ich noch einiges organisieren.” “Hmm... ja gut, ich denke ich werde auch nicht ewig in Liyue bleiben, du kennst das ja, die Fatui arbeiten in allen Ländern in Teyvat und sind auch überall zuhause. Wobei ich Snezhnaya immer noch am meisten liebe”, erwiderte Childe und lächelte sanft. Inzwischen hatte er sich mit Zhongli auf den Weg gemacht, der langsam aus der Stadt hinausführte. Childe liebte diesen Ort. Von dort konnte man die ganze Stadt überblicken und in den Abendstunden war das noch schöner. “Wie es in Snezhnaya wohl ist?”, fragte Zhongli sich. “Ohh... kalt, sehr kalt... du würdest glatt erfrieren!”, sagte Childe lachend. Obwohl es schwer auf ihm lastete, dass es vielleicht einer der letzten Momente mit Zhongli war, wollte er sich nichts anmerken lassen und war so fröhlich wie immer. Doch was sollte er jetzt nur tun? “Dann müsste ich etwas suchen, das mich warm hält”, erwiderte Zhongli mit einem leichten Lächeln. “Oder jemanden!”, erwiderte Childe und zwinkerte ihm zu. Zhongli blickte ihn mit großen Augen an. Er sah so unendlich niedlich aus, wenn er so schaute. Vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder, versuchte Childe sich an gläserne Träume und Wunschvorstellungen zu klammern. Aber bis dahin wollte er eigentlich nicht warten. Sein Herz klopfte so heftig... wie konnte er diese Gelegenheit nur verstreichen lassen? Wären sie in Snezhnaya gewesen, hätte er ihn jetzt einfach an sich drücken können. Aber hier, wo es ohnehin schon so warm war... wäre das ziemlich unlogisch oder nicht? Er verurteilte sich in Gedanken schon selbst, dass er Vorwände suchte, um ihm näher zu kommen. Aber wenn immer Zhongli ihn ansah... war es so, als ob die Athmosphäre zwischen ihnen weiter aufheizte, trotz der Tatsache, dass sein Gegenüber traurig wirkte. Er würde alles tun, um ihn wieder lächeln zu sehen. Vielleicht würde er dann seine Entscheidung fortzugehen überdenken? Childe blinzelte, weil er bemerkte, dass er zu lange in Zhonglis goldenbraune Augen geschaut hatte und das sicherlich komisch wirkte. “Verzeih”, sagte er lachend und ging weiter. “Versuchst du, mit mir zu flirten?”, fragte Zhongli nach einem Moment. Childe biss sich auf die Lippe. “Vielleicht, vielleicht auch nicht...”, blieb er äußerst unentschlossen in seiner Antwort. Sein Herz hatte allerdings eine klare Meinung. “Hmm... du weißt doch, ich hatte dir doch von dem Mann erzählt”, setzte Zhongli unsicher an. “Achso ja... du hast sicher Liebeskummer. Wie indiskret von mir”, erwiderte Childe cool und zuckte mit den Schultern. Innerlich kochte er. “Schon gut... ich bin ein wenig traurig, aber habe mich damit abgefunden”, meinte Zhongli und blickte auf die Stadt hinab. “Ich bin ein guter Tröster, falls du einen brauchst”, sagte Childe. Im nächsten Moment hatte er den Arm um ihn gelegt und ihn eng an sich gezogen. Sein Herz klopfte heftig. Vielleicht war es komplett bescheuert, das zu tun, aber er hatte einfach nicht widerstehen können. “Du bist grausam”, murmelte Zhongli. Childe entging nicht, dass er leicht rot wurde. “Also eigentlich bin ich nur nett”, erwiderte er verwirrt. Zhongli schüttelte nur lachend den Kopf. Dann blickte er allerdings zu ihm und ihre Blicke trafen sich. “Hey...”, setzte Childe an, und lächelte ihn an. Langsam streckte er seine Hand aus und streichelte ganz vorsichtig über seine Wange. In dem Licht sahen seine glänzenden Augen noch schöner aus. Childes Herz hatte sicherlich noch nie so schnell geschlagen, wie jetzt, als er sich einfach vorbeugte, um ihn zu küssen. Zhongli schien nur wie versteinert. Damit hatte er wohl nicht gerechnet. Überrascht und mit roten Wangen blickte er ihn an. “Das nennst du “nur nett sein”?”, fragte er überrascht. “Da ist vielleicht ein wenig mehr”, gestand Childe verlegen und fuhr sich durchs Haar. “Ich dachte, du hast kein Interesse”, sagte Zhongli überfordert. “Naja, äh... ich dachte bis jetzt, du hast Interesse an einem anderen Mann”, entgegnete Childe. Zhongli lachte daraufhin nur und fasste sich an den Kopf. Childe verstand nicht recht, warum. “Es gibt keinen anderen Mann”, sagte er schließlich lachend. Childe schaute ihn nur verwirrt an. Aber wenigstens lachte er jetzt wieder. Das war doch schön. “Der Mann warst schon immer du”, sagte Zhongli schließlich und griff nach seiner Hand. Childe schaute verlegen. Er drückte seine schmale Hand leicht. “Wie ich war schon immer der Mann?”, murmelte er verwirrt. “Naja, es gibt da einen Mann”, erzählt Zhongli und deutete auf Childe, “er ist sehr nett und wir haben immer gute Gespräche auf unseren Spaziergängen. Hin und wieder gibt er mir etwas aus, was mir echt geschmeichelt hat. Ich war mir nicht sicher, ob er auch Interesse an mir haben könnte, da er mir einen Korb gegeben hat, aber inzwischen denke ich, er hat doch welches?”, begann Zhongli zu erzählen und zwinkerte nun Childe zu, den das beinahe umhaute, ebenso wie die Tatsache, dass er der Mann aus der Erzählung war. Nun erkannte er sich auch nur zu gut in den Worten wieder. Und kam sich schrecklich blöd vor, dass er das an jenem Abend nicht gemerkt hatte und sie so übel aneinander vorbei geredet hatten. Er lachte erleichtert auf. “Ja, hat er”, erwiderte er grinsend, “und Herzklopfen auch.” Sanft zog er Zhongli an sich und konnte nicht umhin, ihn erneut zu küssen. Als Zhongli den Kuss erwiderte, machte Childes Herz Freudensprünge. Und irgendetwas sagte ihm, dass das jetzt auch nicht ihr letzter Spaziergang in Liyue sein würde. Kapitel 16: Plan B ------------------ Am nächsten Tag auf der Arbeit konnte Childe nicht aufhören, zu lächeln. Dass es ihn mal so erwischte, hatte er sich nicht träumen lassen. Er schwebte völlig auf Wolke sieben und hatte den Auftrag mit Rex Lapis und dessen göttliches Herz schon gefühlt vergessen. Aber augenblicklich wurde er wieder daran erinnert, als Signora in sein Büro kam. “Tartaglia. Hast du Rex Lapis finden können?”, fragte sie. “Öhm... noch nicht... aber ich bin aktiv bei der Suche...”, versuchte er sich herauszureden. In Wahrheit war er nur damit beschäftigt gewesen, an Zhongli zu denken und wie wundervoll er doch war. “Es könnte sein, dass das Herz woanders ist. Für den Fall, dass es nicht beim Leichnam ist, habe ich einen Plan B. Wir werden den Besitzer unter Druck setzen, sodass er die göttliche Kraft einsetzen muss. Hierfür sind nämlich die Passagierscheine entstanden. Ich würde die Mission dir überlassen. Ich weiß, du langweilst dich hier. Also, sollten wir nicht auf einfachem Wege an das Herz kommen können, werden wir zu anderen Mitteln greifen müssen. Wir werden den alten Gott Osial aus dem Ozean befreien, der dann Liyue angreifen wird. Der Besitzer des göttlichen Herzens wird dann natürlich auf den Plan treten, allein um die Stadt zu schützen. Und dann haben wir einfaches Spiel”, erklärte sie mit einem schiefen Lächeln. “Sie haben das die ganze Zeit geplant...”, sagte Childe und starrte sie mit großen Augen an. Damit hatte er nicht gerechnet. “Ja. Ich dachte, ich käme umhin, dir den Plan B zu verraten. Aber du bist schließlich nicht weiter gekommen. Also muss ich dich jetzt mit dieser Mission betrauen”, erklärte die Blondine. “Warum mich? Sie haben das doch alles durchdacht”, erwiderte Childe trotzig, weil er sich wieder außen vor gelassen fühlte. Wie so oft bei den Harbingern. “Weil es ein Wassergott ist. Das wüsstest du, wenn du mir richtig zugehört hättest”, entgegnete sie schnippisch. “Ah. Ja, ich sehe. Wie toll, dass Sie mich an Ihrer Seite haben”, erwiderte Childe süffisant, “Und was ist, wenn die Person das göttliche Herz nicht benutzen kann und dieser Gott Liyues Hafen komplett verwüstet?” “Das wird auf keinen Fall geschehen. Und wenn, ist das auch nicht unser Problem. Wir schnappen uns das Herz und weg sind wir”, erwiderte sie kühl. Childe starrte sie an. Wie konnte sie nur so kaltherzig sein? Er fand diesen Auftrag zu gewagt und wollte ihn auch eigentlich nicht übernehmen. Aber wenn er sich als Harbinger beweisen wollte, blieb ihm keine Wahl. Sobald er sich gegen Signora wendete, würde sie ihn bei Pulcinella auflaufen lassen. Er hoffte nur, dass er das Herz von Rex Lapis vorher finden könnte... bevor das alles nötig wäre... Kapitel 17: Glühendes Verlangen ------------------------------- Nachdem Childe überall nach Hinweisen gesucht hatte, die zum Verbleib des Körpers von Rex Lapis führen könnten, hatte er schließlich einen Vielversprechenden gefunden. Er würde dort morgen gleich mal nachsehen. Aber erst war er mit Zhongli verabredet. Normalerweise sollte er seine Mission nicht der Liebe hintenanstellen, aber er hatte seitdem an nichts mehr anderes denken können. Es hatte ihn getroffen, Amors Pfeil direkt in sein sonst so stählernes Herz. Seine Gedanken an Zhongli waren sehnsüchtig und voller Verlangen gewesen. Und so konnte er es kaum erwarten, bis er endlich bei ihm vorbei kam. Diesmal würde er ihn nicht so links liegen lassen, wie an dem Abend, als er betrunken war. Aber selbst, wenn Zhongli diese Sache mit dem Mann, die er so schrecklich falsch verstanden hätte, nicht erwähnt hätte... Er hätte den Anstand gehabt, niemand anzurühren, der betrunken ist. Etwas Alkohol konnte jedoch auch nicht schaden, also hatte er sich ein wenig Mut angetrunken. Als Zhongli schließlich bei ihm eintrat, war er erneut ganz verzaubert. Als Gentleman, der er natürlich war, nahm er ihm den Mantel ab und hängte ihn auf. Der Gedanke, dass er ihm gerne noch mehr Kleidungsstücke abgenommen hätte, ließ ihn leicht dreckig grinsen. “Ich habe dich vermisst”, sagte er und lachte. “Wie schön, dass du dir Zeit frei räumen konntest, obwohl du so beschäftigt bist...” “Nur für dich...”, Zhongli wurde daraufhin leicht rot. Er fühlte sich sicherlich ertappt. Childe grinste breit, dann verwickelte er ihn in einen Kuss, den er immer inniger werden ließ. Zhongli konnte so gut küssen, es war krass. Childe war sich nicht sicher, ob er schon einige Erfahrung – auch mit Männern, gesammelt hatte, war aber auch zu diskret, um zu fragen. Jedenfalls konnte er sich nicht zurückhalten und verlor sich im Moment. Inzwischen hatte er Zhongli eng an sich gepresst und ihre Zungen kämpften miteinander. Seitdem sie sich nähergekommen waren, waren ihre Küsse immer heißer geworden. Schon am Abend ihres Spaziergangs war es Childe schwer gefallen, ihn einfach allein nach Hause gehen zu lassen. Aber jetzt war er bei ihm – und jetzt würde er ihn nicht mehr gehen lassen müssen. Daran, dass Zhongli vielleicht fortgehen würde, dachte er nicht mehr. Für ihn zählte nur dieser Moment. Über die Zukunft konnte er sich dann immer noch Gedanken machen. Gerade jetzt konnte er sowieso nicht denken, denn als sie sich nach einer Ewigkeit voneinander lösten, war ihm warm und Zhonglis Blick machte ihn verrückt. So hatte er bisher nicht mal geschaut, als er ihm Mora in die Hand gedrückt hatte. Childe lachte leicht und knöpfe seine Jacke auf. Ihm war schrecklich warm und so beschloss er, sie einfach auszuziehen. Zu seinem Leidwesen behielt Zhongli seine Kleidung an, aber Childe entgingen seine Blicke nicht. “Narben. Von unzähligen harten und gefährlichen Kämpfen”, erklärte er, cool grinsend. Zhongli schien verlegen, aber trotzdem... wie konnte jemand so heiße Blicke werfen? Das war doch pure Absicht... Childe grinste. “Ist dir nicht warm?”, fragte er weiter und zwinkerte ihm zu. “Das ist eben eine von Liyues heißen Nächten. Ich bin es gewohnt”, erwiderte Zhongli schulterzuckend. “Heiße Nächte? Ich weiß genau, dass das eine Anspielung ist”, erwiderte Childe und legte sich aufs Bett. Zhongli blickte über die Schulter und lächelte leicht, bevor er sich aufs Bett setzte. Mit einer Spur Verlangen schaute Childe ihn an. Er konnte es nicht fassen, dass Zhongli so gut wie gar nichts tat oder sagte und ihn doch so heiß machte. Das war doch nicht normal oder? Er umfasste seinen Arm und zog ihn mit einem leichten Ruck zu sich hinunter auf die Matratze. Dann beugte er sich über ihn und presste seine Lippen gegen die seinen. Vielleicht hätte er sich noch eine Weile zurückhalten können, aber lange auch nicht mehr. Zhongli schien ja auch nichts dagegen zu haben. Und so drückte er ihn tiefer in die Matratze und seinen Körper gegen seinen, während ihr Kuss immer leidenschaftlicher wurde. Wenn Zhongli jetzt noch behaupten würde, ihm wäre nicht warm, dann wüsste er auch nicht weiter. Mit einem Grinsen begann er ihn vorsorglich schon mal auszuziehen. Sein Körper war im Gegensatz zu seinem ebenmäßig und wunderschön. Sanft streichelte er über die freigelegte Haut, während er Zhonglis Hals mit Küssen und leichten Bissen bestückte. Da seine Hose sich nun aufgrund seiner wachsenden Erregung ziemlich eng anfühlte, versuchte er diese loszuwerden, während er Zhongli wild küsste. Zhonglis sanfte Berührungen verursachten bei ihm Gänsehaut und er konnte sich erstrecht nicht mehr zurückhalten. Und so begann er, ihn auch komplett auszuziehen. Childe hatte nicht unbedingt eine Ahnung, was er hier tat, aber als er begann, Zhongli zwischen den Beinen zu verwöhnen, stöhnte er so, als würde ihm das ziemlich gut gefallen. Und er erwiderte die Berührung. Spätestens jetzt setze Childes letztes Minimum an Denkvermögen aus, als er benebelt vor Lust sich enger an seinen schlanken Körper presste und laut aufstöhnte. “Ich will dich”, raunte er gegen seine Halsbeuge und ließ seine Hand über seinen Hintern gleiten. Der Hintern, der immer wieder seine Blicke auf sich zog. In gewisser Weise hatte er eine Vorliebe für Zhonglis Rückseite entwickelt, aber das wäre ein wenig peinlich, das zuzugeben. Childe streichelte an seinem Bein entlang und positionierte ihn und sich. Ob das so passte, wusste er nicht wirklich. “Ich auch- warte, was machst du da?”, fragte Zhongli nun, verwirrt blinzelnd. “Dich vögeln, was sonst? Ich darf doch, oder?”, entgegnete Childe und grinste frech, während sich sein Becken Zhonglis Eingang näherte. “Ja, aber... Childe, warte!”, rief Zhongli noch, aber im nächsten Moment war es schon zu spät. Zhongli verkrampfte sich unter ihm und stöhnte schmerzerfüllt auf. Darüber vergaß Childe völlig die Erregung, die er eben gespürt hatte, als er seinen Ständer in ihm versenkt hatte. “Entschuldigung. Ich wollte dir nicht wehtun”, sagte er schuldbewusst und lächelte verlegen. “Wie oft willst du das jetzt noch zu mir sagen?”, fragte Zhongli und schüttelt leicht lachend den Kopf. Er zog Childe, der lachte und leicht rot geworden war, leicht an sich und so blieben sie einen Moment. “Mach weiter”, murmelte Zhongli schließlich. Das ließ sich Childe natürlich nicht zwei Mal sagen. Es hatte ihn echt Nerven gekostet, sich zurück zu halten, aber er wollte nicht, dass Zhongli Schmerzen dabei hatte. Nur jetzt war er nicht mehr zu bändigen, wie ein aufgewühltes Meer... Seine Bewegungen wurden schneller und ungestümer, er hob leicht Zhonglis Becken an, um noch tiefer in ihn zu stoßen. Zhonglis Stöhnen machte ihn zusätzlich verrückt und er stöhnte ebenfalls. Nie hätte sich Childe träumen lassen, dass sich Sex mit einem Typen so gut anfühlte. Aber vielleicht hatte es auch etwas damit zu tun, dass diese Schönheit unter ihm sein Herz gestohlen hatte... Er küsste Zhongli nochmal verlangend, als er merkte, dass beide auf ihnen Höhepunkt zusteuerten. Childes ganzer Körper zitterte, als er sich schließlich tief in ihm ergoß. Seine Atmung war ein Stück weit beschleunigt, sein Herz klopfte heftig und wahrscheinlich hatte er sich noch nie so gut gefühlt in seinem Leben. Sanft sank er zurück in die Arme des Mannes, den er auch gerade glücklich gemacht hatte. Childe grinste. Er sparte sich die Klischee-Frage “Na wie war ich?”, sondern gab ihm einen sanften Kuss. Der nicht lange sanft blieb. Während seine Hände über Zhonglis Brust glitten, wandelte sich das Gefühl der Zufriedenheit unverzüglich wieder in glühendes Verlangen... Kapitel 18: Zerstörung ---------------------- Am nächsten Morgen wachte Childe mit einem Lächeln auf den Lippen auf. Er fühlte sich ziemlich gut, außer der Tatsache, dass sein Hintern leicht wehtat. Sie hatten gestern Nacht ziemlich viel ausprobiert... Er drehte sich um und entdeckte Zhongli neben sich, noch schlafend. Für einen Moment beobachtete er ihn. Wie friedlich er aussah... Gerade war alles gut, doch dann kam Childe der Gedanke, dass dieser Frieden vielleicht nicht lange anhalten würde, sofern er nicht in der Lage war, Rex Lapis’ Herz zu finden. Was würde nur aus allem werden, wenn er diesen Meeresgott befreite und dieser die Stadt zerstörte. Wegen dem Auftrag hatte er große Bedenken und Sorgen, aber niemand mit dem er darüber reden konnte. Auch wenn er Zhongli nun sehr nahe stand, könnte er das doch unmöglich ansprechen. Was sollte er dann nur bloß von ihm halten? Childe fühlte sich wie das letzte Arschloch, aber er konnte den Auftrag nicht abbrechen. Er wusste nicht, was mit Deserteuren bei den Fatui passierte. Seine hart erkämpfte Position als Harbinger wäre er sicherlich los. Dennoch machte er sich Sorgen um Zhongli. Die ganze Zeit war er antriebslos und gelangweilt in Liyue gewesen, doch jetzt hatte er jemanden gefunden, für den er kämpfen und alles geben würde, um ihn zu beschützen. Er hoffte so sehr, dass alles gut würde. Sonst hätte er sich wohl nie solche Sorgen gemacht, aber jetzt war er selbst verwundert, wie verwundbar er sich plötzlich fühlte. Während er Zhongli weiter anblickte, wie er schlief, nahm sich Childe vor, immer an seiner Seite zu sein. Doch jetzt musste er los. Denn er musste schnell das Herz von Rex Lapis finden. Also hinterließ er ihm, nachdem er sich fertig gemacht hatte, eine Notiz. Bevor er ging, streichelte er ihm noch einmal sanft über die Wange, dann verließ er das Zimmer. Mit schnellen Schritten ging er zur Goldstube. Dort, wo einst Mora geprägt wurden, war sicherlich ein passender Ort um die Überreste von Rex Lapis, auch Morax genannt, aufzubewahren. Er verschaffte sich Zutritt und ging durch die Hallen. Er hoffte, dass er hier das finden würde, was er suchte. Dann wäre der Plan B, den er für viel zu riskant hielt, vom Tisch. Es störte ihn auch, den Auftrag auszuführen, da Signora diesen geschmiedet hatte. Aber ihm fiel auch keine bessere Lösung ein. Childe bereute es für einen Moment, Harbinger zu sein. Er hatte unbedingt dazu gehören wollen, und jetzt steckte er in gefährlichen Missionen drin, die hinterhältig und ziemlich rücksichtslos waren. Er hatte es einerseits gewusst, aber jetzt wo er so einen Auftrag ausführen musste, war es ihm nicht egal. Für einen Moment wäre er lieber wieder im normalen Regiment gewesen und hätte mit Vitaliy und Freunden Gesetzesbrecher in Snezhnaya gejagt. Doch dahin konnte er nicht mehr zurück. Jetzt war er ein Harbinger, korrupt und hinterhältig wie die anderen. Nur, dass er eben nicht so war. Für einen Moment fragte sich, ob Pulcinella deswegen gesagt hatte, er sei nicht bereit. Jetzt wurde es Childe klar … er war eben auch nicht bereit. Und trotzdem war er gezwungen, das zu tun. Je länger es dauerte, bis er Rex Lapis fand, desto eher dachte er daran, dass er zu Plan B übergehen müsste. Und er musste. Er hatte keine andere Wahl. Die Zarin und Snezhnaya, oder er würde alles verlieren. Für einen Moment dachte er darüber nach, mit Zhongli einfach durchzubrennen, dorthin, wo auch immer dieser gehen wollte. Doch das konnte er nicht. Er konnte die Zarin und sein Land nicht verraten. Sie erwarteten seine Unterstützung. Welche Mittel dafür auch immer nötig waren... Plötzlich fand er etwas, in einer Wandnische eingelassen. Es war der tote Körper von Rex Lapis, mehr eine leere Hülle. Er begann nach dem Herz zu suchen, doch keine Spur. Jemand hatte es genommen. Childe fluchte und schlug mit der Faust gegen die Wand. Er hatte so etwas fast erwartet nur jetzt war ihm klar, dass es jemand anderes schon genommen haben musste. Oder dass Rex Lapis vielleicht noch am Leben war? Wer wusste das schon? Doch wenn er das Signora erzählte, wäre er gezwungen, zu Plan B zu schreiten. Es gab keinen anderen Weg... als hätte er es vorhersehen können... Bevor er sich irgendwie aufregen konnte, hörte er ein Geräusch. Und er staunte nicht schlecht, als die Reisenden vor ihm standen. Oder ihm eher im Weg standen. Es kam zu einer unangenehmen Konversation in der Childe zwar versuchte, seine Position zu erklären, es aber dann doch zum Kampf kam. Gut so... denn er musste sich schließlich irgendwo abreagieren. Das alles hatte ihn so wütend gemacht. Doch während dem Kampf glaubte Childe, seinen wahren Gegner gefunden zu haben. Zunächst hatte er gedacht, diese Kinder könnten ihm nichts anhaben, aber ja... falsch gedacht. Woher diese Reisenden kamen, das waren keine normalen Menschen. Vielleicht lag es aber auch daran, dass er wütend, geschwächt oder was auch immer war und nicht genug Kampferfahrung mit der neuen Dämonenform hatte. Wie sollte man auch, wenn man in einem komischen Unterricht auch noch Scaramouche als Trainer ertragen musste? Dass er verlor und sich das auch eingestehen musste, war nur der Tatsache geschuldet, dass ihm diese Form so zusetzte. Dennoch war Childe gespannt. Was würden die Reisenden jetzt tun? Was würde passieren? Childe hatte sich nicht zurückhalten könnten, ihnen von dem Plan zu erzählen. Denn ihm waren die Hände gebunden, er war sich sicher, falls Rex Lapis nichts gegen Osial bewirken konnte, vielleicht könnte es jemand, der ihn eben besiegt hatte. Er wollte nicht zulassen, dass Liyue zerstört wurde oder irgendjemand Unschuldiges zu Schaden kam. Dennoch musste er seinem Weg treu bleiben, und der Zarin. Und so begann er, zur Tat zu schreiten und die Passagierscheine zu aktivieren. Mit dieser Energie, gebündelt mit seiner eigenen Elementkraft, würde es möglich sein, den Gott Osial selbst von hier aus zu erwecken. Für einen Moment hoffte er, sie würden ihn dabei aufhalten, aber nichts dergleichen geschah. Vielleicht war auch die letzte Hoffnung Rex Lapis. Er brauchte dieses Herz. Einfach, damit er endlich etwas richtig machte. Und nicht immer von allen Harbingern nur belächelt wurde. “Finde Rex Lapis und sein Herz”, hörte er Signora noch sagen. Und er nahm sich vor, dass er das würde, als er mit dem Energiestrom die Goldstube verließ. Draußen stürmte es bereits kräftig. Osial war aus dem Meer emporgestiegen. Childe flog Richtung Liyue Hafen, wo er bereits sah, dass der Jadepalast, der Palast der Qixing, sich bereits erhoben hatte, um sich dem Ungetüm entgegen zu setzen. Nur wo war... Rex Lapis? Er musste ihn finden, um sich ihm entgegen zu stellen, sobald er Osial erneut im Meer versenkt hatte. Nur war er stark genug, es gegen einen Gott aufzunehmen? War er gerissen genug, ihm das wichtigste, was er besaß, zu stehlen? Er erinnerte sich daran, dass Signora das göttliche Herz von Venti in Mondstadt genommen hatte. Childe musste es versuchen. “Das ist zu gefährlich. Du bist dazu nicht bereit. Vielleicht könntest du dabei umkommen”, hörte er eine Stimme in seinem Kopf. Es war Pulcinellas Stimme. “Nein. Ich werde dir zeigen, aus welchem Holz ich geschnitzt bin”, sagte Childe laut und mit einem Schrei näherte er sich dem Geschehen, bereit zum Angriff, falls nötig. Doch dann steuerte er zurück. Lohnte es sich überhaupt anzugreifen? Da war keine Spur von Rex Lapis. Auch nicht von der Kraft seines göttlichen Herzens. Es war nicht einmal abzusehen, ob das Chaos beendet werden konnte... Childe sah, wie ein paar Qixing und Adepten mit Schussanlagen auf Rekruten und Osial schossen, ohne Erfolg. Das Meereswesen würde den Jadepalast verschlingen und ganz Liyue mit... Childe erstarrte. Der Plan war... eine komplette Fehlkalkulation von Signora gewesen. Er konnte es nicht fassen. Erschrocken starrte er auf seine Hände. Mit diesen hatte er vorhin Liyues Zerstörung bewirkt. Während der Regen auf ihn einströmte, ließ Childe sich kraftlos zu Boden sinken. Er konnte Osial nicht wieder zurückkommandieren, aber er hätte alles dafür gegeben, das tun zu können. Doch es war nicht möglich. Eine Flutwelle schwappte über den Hafenbereich und trug ihn mit sich, weiter in die Stadt. “Du hast unser Dorf zerstört. Deswegen wirst du jetzt deine gerechte Strafe erhalten, Teufelsjunge”, hörte er eine Stimme in seinem Kopf. Daneben sah er das Gesicht des Bürgermeisters seines Dorfes. Was konnte er eigentlich, außer Zerstörung über andere bringen? Die Tränen stürmten über sein Gesicht, als er in einer Nische, die die Flut noch nicht erreicht hatte, sich wiederfand. Bald würden ihn alle für das Monster halten, das er eigentlich war. Wenn er doch nur etwas tun könnte... Hilflos blickte er zum Himmel, wo Osial weiter sein Unwesen tat. Vor seinem inneren Auge sah er schon, wie ein Großteil der Stadtbevölkerung einfach im Meer ertrank. “Zhongli!”, kam es ihm plötzlich schlagartig. Entschlossen sprang er auf und rannte davon. Er musste es bis zum Wangsheng Bestattungsunternehmen schaffen, bevor alles zu spät war. Kapitel 19: Am Ende ------------------- Am Bestattungsunternehmen angekommen, fühlte Childe sich wie das Letzte, weil er nichts tun konnte. Und er hatte Panik, dass er es nicht mal schaffen würde, Zhongli zu helfen. In seinen Gedanken konnte er seinen leblosen Körper schon im Meer schwimmen sehen. Er musste ihn dringend finden. Ihm blieb nicht viel Zeit. Vor dem Haus traf er auf Hu Tao, die sich neugierig einen Überblick über die Lage verschaffte. “Hey. Ist Zhongli da drin?”, fragte er panisch, doch sie schien überhaupt nicht ängstlich, wegen der wilden Kreatur, die gerade Liyue angriff. “Aiya, das ist möglich...hmm... ich musste einfach mal schauen was hier vor sich geht... man kann ja nicht mal in Ruhe arbeiten”, sagte sie. “Ähm... Missy, Sie sollten schleunigst aus der Stadt verschwinden, solange Sie noch können”, warnte Childe sie. “Warum? Das Ding da greift gerade Liyue an. Ich weiß, ihr Fatui habt damit nichts am Hut. Aber jemand sollte doch etwas tun, oder?”, sagte sie und zückte im nächsten Moment einen Speer, der rot zu glühen begann. “Was?! Warten Sie! Das Ding ist gefährlich...!!”, warnte Childe sie weiter, doch sie lief einfach los, Richtung Hafen. “Meine Waffe ist es auch!”, rief sie und verschwand. Childe starrte ihr fassungslos hinterher. Dieses Mädchen war … komplett wahnsinnig. Anders konnte er es nicht ausdrücken. Doch er konnte jetzt nichts mehr tun. Schnell drehte er sich um und rannte in das Gebäude. “Zhongli!”, rief er seinen Namen und rannte durch die verlassenen Gänge. War hier überhaupt jemand? Vielleicht lag er auch noch bei ihm im Bett... Childe erschrak. Ihm blieb wohl kaum die Zeit, ganz Liyue nach ihm abzusuchen. Und doch musste er ihn finden. Er musste einfach... Was würde aus ihm werden, wenn die Fatui mit dem göttlichen Herzen von Rex Lapis nach Hause kehrten, aber er dafür alles verloren hatte, was ihm wichtig war? Welchen Preis hätte er dann dafür gezahlt, nur um ein guter Harbinger zu werden? Eine Träne rann über sein Gesicht, während ihn seine Beine fast nicht mehr tragen wollten. Nach dem Kampf in der Goldstube war er kraftloser, als er einsehen wollte. Und so hatte er sich einem Archon gegenüberstellen wollen? Es wäre sein sicherer Tod gewesen... Würde er je dazu bereit sein, ein Harbinger zu sein? Aber das war jetzt ziemlich egal. Er würde Zhongli finden, ihn nehmen und mit ihm fliehen und danach würde er nie wieder zurück blicken. Das schwor er sich. Atemlos rannte er weiter. Plötzlich hörte er ein Geräusch. Außerdem konnte er Licht in einem Zimmer erkennen. Er rannte weiter und erblickte plötzlich Zhongli, mit einer Teetasse in der Hand. “Zhongli! Da bist du... ich hab dich endlich gefunden”, stammelte er und sank kraftlos vor ihm auf die Knie. “Childe. Was machst du denn hier?”, fragte Zhongli überrascht. Völlig ruhig nahm er einen Schluck von seinem Tee. Childe starrte ihn entgeistert an. Offenbar wusste er gar nicht, was draußen vor sich ging. “Zhongli. Hör mir kurz zu. Draußen ist die Hölle los. Ein altes göttliches Wesen aus dem Meer zerstört gerade Liyues Hafen. Wir müssen sofort hier weg, bevor wir von den Wellen verschlungen werden!”, sagte er hastig und sah Zhongli ernst an. “Ich habe es aus dem Fenster beobachten können”, meinte Zhongli und deutete nach draußen. Childe konnte es nicht glauben, wie er in Anbetracht dessen so gefasst bleiben konnte. Ja, er hatte wohl auch ein göttliches Auge, Geo vom Element her, aber sie hatten kaum darüber gesprochen und er hatte ihn auch nie kämpfen gesehen. Und was würde er schon gegen ein derart gigantisches Wesen ausrichten können... “Wir müssen hier weg. Schnell”, sagte er und packte seinen Arm. “Warte. Warum?”, fragte Zhongli und schaute ihn an. “Weil ich dich beschützen will natürlich! Weil ich dich liebe... Und weil... weil ich etwas sehr Unehrenhaftes getan habe...”, platzte es aus Childe heraus. Er senkte den Blick. Jetzt war es gesagt. Eigentlich wollte er ihm das nicht in diesen Umständen mitteilen oder zugeben, dass er schuld an der Situation war. Aber er konnte es einfach nicht verschweigen. “Du bist das gewesen, oder? Du hast Osial befreit?”, fragte Zhongli regungslos und Childe nickte, schweren Herzens. “Ja. Und ich kann ihn nicht aufhalten. Ich weiß, wie gefährlich er ist. Bitte, komm mit mir, ich weiß nicht mal ob wir es noch schaffen, aber wir müssen es versuchen!”, stammelte er und glaubte, dass Zhongli ihn jetzt dafür hassen würde. Wahrscheinlich würde er nicht mitkommen. Möglicherweise hatte er jetzt sowieso alles aufs Spiel gesetzt, aber er hatte die Wahrheit einfach nicht mehr länger vor Zhongli verbergen können. Dieser bewegte sich kein Stück und Childe ließ ihn erschöpft los. “Schon gut. Ich... ich kann das verstehen, wenn du mich jetzt hasst”, sagte er leise. “Ich hasse dich nicht”, erwiderte Zhongli und schaute verwundert. “Aber du hast jedes Recht dazu”, murmelte Childe. Doch dann griff er erneut Zhonglis Hand und versuchte, ihn mitzuziehen. “Trotzdem – ich werde dich hier nicht sterben lassen. Egal was du fühlst, ich werde dich immer lieben!" “Childe... warte...beruhige dich”, rief Zhongli, der inzwischen hilflos ein paar Schritte mitlief. “Mich beruhigen? Wir könnten bald nicht mehr leben!”, sagte Childe und rannte weiter. “Ach ja... falls wir sterben, mein richtiger Name war Ajax” “Ajax...”, sagte Zhongli überrascht und blieb plötzlich stehen. Doch Childe hörte es kaum, merkte nur, dass er mit einem Ruck zurückgezogen wurde. Getrieben von einer Angst, die er so zuvor nicht kannte, starrte er Zhongli nun an. Warum merkte er nicht, dass sie schnell hier fort mussten, dass sie kaum noch Zeit hatten? “Ajax. Hör mir zu”, vernahm er plötzlich klare Zhonglis Stimme und spürte, wie er sein Gesicht berührte. Trotzdem fühlte sich die Situation surreal an. Seine Stimme klang von sehr weit weg zu ihm... “Wir werden nicht sterben. Alles wird gut.” “Was?”, fragte er verwirrt. Doch plötzlich bemerkte er durch eines der Fenster, dass das Wetter aufgeklart hatte. Von dem Sturm, der eben noch über Liyue getobt hatte, war nichts mehr zu sehen. “Alles wird gut. Und du hast auch nichts Schlimmes getan”, sagte Zhongli und nahm ihn in den Arm. Anscheinend wollte er ihn beruhigen, aber es half in diesem Moment kein bisschen weiter. Die Schuld lastete einfach zu schwer auf ihm. “Natürlich... ich hätte fast Liyue zerstört”, sagte Childe und konnte immer noch nicht fassen, dass etwas Osial aufgehalten hatte. Rex Lapis... natürlich... nur... jetzt war er zur falschen Zeit am falschen Ort... weil er auf sein Herz gehört hatte. Childe ballte die Hand zur Faust. Er hatte seine Mission nicht ausführen können und damit versagt. “Das war der Plan. Du hast das Richtige getan. Und du bist mein Held”, sagte Zhongli plötzlich lächelnd, mit einem Zwinkern. Überrascht blickte Childe auf, mit leicht roten Wangen. “Wie meinst du das?”, fragte er sodann überrascht. Konnte es sein, dass sein Gegenüber etwa mehr wusste, als er sagte!? Der junge Harbinger verstand die Welt nicht mehr. “Wenn du erlaubst, dann würde ich gerne ein Stück mit dir gehen. Ich möchte es dir gerne erklären”, sagte Zhongli schließlich sanft und nahm seine Hand... Kapitel 20: Epilog ------------------ Epilog Der eiskalte Wind wehte Childe um die Nase, als er durch den Schnee stapfte. Mit einem Seufzen setzte er sich auf eine Transportkiste, die irgendwo zwischen den Baracken der Kaserne rumstand. Vom Hauptquartier der Fatui Harbinger konnte er die laute Musik hören. Dort drin wurde gefeiert, dass Signora das Herz von Rex Lapis nach Hause gebracht hatte. Am Ende war sie es gewesen, die den Erfolg hatte für sich verzeichnen können. Und jetzt von allen gelobt wurde, während er mal wieder vergessen wurde. “Klar, ich hatte das im Vorfeld geplant. Aber es war ja nicht so, als hättest du gar keine Chance gehabt, es zu finden...”, hatte sie lachend zu Childe auf der Rückfahrt gesagt. Ja... natürlich. Dann auch noch nachtreten, das konnte sie gut. Childe seufzte. Aber das war nicht das Schlimmste an allem gewesen. Nein... Zhongli, der Mann an den er sein Herz verloren hatte, hatte ihn hinters Licht geführt. Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie geschockt er gewesen war, als er ihm die Wahrheit verraten hatte, über den gemeinsamen Vertrag mit Signora und dass er selbst Rex Lapis war. Daraufhin dachte sich Childe, dass er sein Herz … welches auch immer, wohl nie hatte gewinnen können. Wie sehr Zhongli ihn benutzt hatte, das wusste er nicht. Er wusste nur eins. Es tat so weh und er konnte ihn nicht vergessen... ein Teil von ihm hoffte, dass Zhongli in Liyue vielleicht doch gerade dasselbe dachte... “Was soll der Scheiß! Ihr habt sie doch nicht mehr alle! Ganz ehrlich, ihr könnt mich mal!”, hatte er in ihren letzten gemeinsamen Momenten noch geschrien, bevor sie in der Bank des Nordens auf Signora und die Reisenden trafen. Von Zhongli verabschiedet hatte er sich auch nicht. Es tat ihm leid, trotz allem. Wahrscheinlich würde er ihn wohl nie wieder sehen. Würde er das überstehen? Aus einem Impuls heraus, ergriff er ein Stück Papier aus seiner Tasche und begann zu schreiben: “Ich vermisse Liyue.” Er zögerte einen Moment, dann strich er es durch. Er schrieb stattdessen “Ich vermisse dich.” Doch es wollte ihm nicht recht gefallen. Childe seufzte und schrieb weiter. Mit gebrochener Stimme las er schließlich vor, was er geschrieben hatte. “...Alles was passiert ist, tut mir leid. Auch, dass ich nicht richtig Lebwohl gesagt habe... In Liebe Ajax”, mit einem verächtlichen Geräusch zerknüllte er den Brief und warf ihn weg. “In Liebe, Tch”, murmelte er. “Ist eh alles fürn Arsch. Als ob Zhongli mich liebt... als ob mich irgendjemand liebt...” Er konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken, als er seine Beine anzog und mit leerem Blick den herabfallenden Schneeflocken zuschaute. Nach einem Moment stand er auf, und beschloss, durch die Baracken zu seiner Unterkunft zurück zu gehen. Es war doch etwas kalt geworden. Eigentlich war ihm die Kälte egal, so leer wie er sich inzwischen fühlte. Doch erfrieren wollte er nun auch nicht. Plötzlich nahm er neben sich eine Person wahr. “Ahh, Childe. Wieder zurück aus Liyue? Ich habe gehört, du hast dort ganz schön für Aufsehen gesorgt”, hörte er Vitaliy, seinen ehemaligen Kameraden. Von allen Menschen auf dieser Welt, war er der letzte, den er jetzt sehen wollte. “Dann hat es sich also bereits rumgesprochen”, murmelte Childe und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. “Ja... bei der Mission mal fast ‘ne Stadt zerstört... du hast Nerven... also echt, was bist du denn für ein mieser Harbinger?”, feixte Vitaliy. Childe starrte ihn mit großen Augen an. Diese Version kannte er noch nicht. Aber er konnte sich vorstellen, woher sie kam... Am liebsten hätte er einer gewissen blonden Dame gewaltig eine gescheuert, doch nun stand nur Vitaliy vor ihm. “Sag das noch mal!”, fauchte Childe und packte ihn am Kragen, bereit, zuzuschlagen. “Aufhören! Alle beide!”, hörte er plötzlich eine strenge Stimme hinter sich. Geschockt ließ er den Arm sinken und starrte in Pulcinellas Gesicht. Seit seiner Ankunft in Snezhnaya hatte er ihn noch nicht wieder gesehen. Und er konnte sich sowieso vorstellen, dass sein ehemaliger Mentor nichts Ehrenvolles von ihm dachte. Nur... jetzt musste er auch noch das zu sehen bekommen... Während Vitaliy die Gelegenheit nutzte, schnell Reisaus zu nehmen, verbeugte sich Childe vor dem anderen Harbinger. “Verzeih mir. Ich bin zu weit gegangen”, sagte er leise und erhob sich leicht. Nie hätte er gedacht, dass er sich mal so gegenüber ihm verhalten würde. Aber er fühlte sich richtig mies. Am liebsten hätte er seine Position direkt aufgegeben, wenn sie ihm nicht ohnehin weggenommen werden würde... hatte er alles verloren? Nun auch seine Würde? Aber er konnte einfach nicht mehr, und so platzte es einfach aus ihm heraus. “Ich habe sowieso so viel falsch gemacht. Ich habe den Fokus komplett verloren, ich hab unschuldige Leute verprügelt, ich habe meine Mission vernachlässigt, ich war grenzenlos überfordert mit meinen Aufgaben und habe Rex Lapis’ Herz nicht finden können. Du hattest Recht. Ich bin noch nicht bereit, sondern ein mieser Harbinger und ich hätte vermutlich auch keiner werden sollen. Das wollte ich nur unbedingt... weil du einer warst”, hauchte er und schaute Pulcinella nun an, der ihm die ganze Zeit regungslos zugehört hatte. “Ich wollte dir eben nacheifern... und naja... außerdem ist es eine Sache des Herzens gewesen”, gab Childe mit roten Wangen zu. “Ich weiß”, erwiderte Pulcinella nur knapp. Childes Augen wurden größer und er sah ihn erschrocken an. “Was? Woher weißt du das?”, fragte er geschockt. Doch Pulcinella antwortete nicht, sondern ging nur näher auf ihn zu. “Ich muss dir etwas sagen”, entgegnete er schließlich. Dann nahm er sein Gesicht in die Hand, wie er es schon in manchen Momenten getan hatte und schaute ihn an. Childe blinzelte überrascht. Er war ihm etwas nahe und... war das jetzt... irgendwie... anders? “Willst du mich jetzt küssen? Also wenn ja, wäre das ein denkbar schlechter Zeitpunkt”, murmelte Childe, war aber ziemlich verlegen und wurde auch rot. “Ajax”, hörte er plötzlich Pulcinellas Stimme, die versuchte, ihn in die Realität zurück zu holen. Irritiert erinnerte er sich an den Moment, als Zhongli ihn ebenfalls so eindringlich beim Namen genannt hatte, und ihm wurde klar, dass er das hier, was auch immer es war, nicht wollte. Aber irgendetwas stimmte auch nicht. Er blinzelte irritiert, als es ihm auffiel. “Was? Woher weißt du meinen Namen?”, fragte er trotzig und wollte zurück weichen. “Das ist jetzt nicht wichtig”, sagte Pulcinella, “Ich will dir etwas sagen, Ajax. Ich habe gehört, was die anderen Harbinger behaupten. Aber in meinen Augen bist du ehrlich, mutig, und der beste Krieger in allen Regimenten der Armee Snezhnayas. Die Zarin ist bestimmt stolz auf dich. Und ich bin es auch.” Seine Stimme wurde sanfter und ein Lächeln trat auf sein sonst so ernstes Gesicht. Childe konnte nicht fassen, was er gerade gehört hatte. Er starrte ihn mit großen Augen an, als Pulcinella sich nun leicht vor ihm verneigte. Childes Finger zitterten aufgeregt und er stolperte auf ihn zu. Dann umarmte er ihn einfach fest, während Tränen der Rührung über seine Wangen liefen. Pulcinella erwiderte die Umarmung. Childe fühlte in diesem Moment alles Mögliche zusammen und durcheinander, aber auf jeden Fall eines... Erleichterung. “Ach ja... vielleicht solltest du wieder nach Liyue zurück gehen”, sagte Pulcinella nach einem Augenblick ganz beiläufig. Childe schaute ihn verwundert an, ohne ihn ganz loszulassen. “Warum das denn?”, fragte er verwirrt. “Weil es deine Bestimmung ist”, erwiderte Pulcinella ernst, wie immer. Dann ließ er ihn los. Childe schaute ihn mit einem fragenden Blick ratlos an. Woher wusste er so etwas und wie kam er darauf? Doch sein Mentor zwinkerte ihm nur zu und lächelte geheimnisvoll. “Warum stehst du noch hier... ich würde an deiner Stelle schon mal packen”, sagte er und lachte. “Zu Befehl, Sir”, erwiderte Childe ebenfalls lachend und salutierte. Er stapfte los und fragte sich, ob es eine gute Idee war. Aber Pulcinella hatte ihm den Schubs gegeben, den er brauchte. So schnell wie er war und weil er sich dabei auch gar nicht mehr umdrehte, konnte er nicht mehr sehen, dass Pulcinella ihm noch nachblickte und nun einen zerknüllten Brief aus der Tasche holte. “Ajax also hmm... Wer auch immer der Empfänger sein sollte, ich denke, er wird sich sehr glücklich schätzen, dich bald wieder zu sehen...” The End. No, not the End. The Beginning ;) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)