Besuch von Außen von FreeWolf (Beyblade Fanprojekt 2020) ================================================================================ Kapitel 1: Wir haben Besuch ---------------------------   Rei nickte Mystel zu, während er das Haus betrat, in dem die Ältesten um diese Zeit normalerweise Tee tranken und sich über ihre Beobachtungen im Dorf unterhielten. Der Holzboden unter seinen Füßen knarrte, während er an den Tisch trat und zur Begrüßung den Kopf neigte. Er ignorierte den missbilligenden Blick von Jiàn Shīfù und wartete darauf, dass die drei Anwesenden ihm ihre Aufmerksamkeit zuteil werden ließen. Tao Shīfù nickte ihm zu. “Was gibt es, mein Junge?” “Wir haben Besuch von Außen” Rei berichtete in knappen Worten von dem Fremden mit der Maske, den sie in der Nähe des Wasserfalls getroffen hatten. Die Nachricht ließ eine gewisse Unruhe durch Jiàn Shīfù und Fú Shīfù gehen, während Tao Shīfù nur lächelte. Rei endete: “... Er meinte, er wolle uns nicht zur Last fallen und dafür arbeiten, dass er ein paar Tage hier verbringen darf. Mystel wartet draußen darauf, dass ich ihm Eure Entscheidung mitteile” Fú Shīfù nickte. Rei versuchte, das dunkle Muttermal auf seiner Nase nicht zu sehr anzustarren. “Ein tüchtiger junger Mann also!”, urteilte er. Jiàn hingegen verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre Falten wurden eine Spur tiefer, während sie die Stirn runzelte und auf ihren Tee blickte, vielleicht um die Zukunft daraus zu lesen. “Wer sagt uns, dass er nicht mitten in der Nacht zu einem der Mädchen schleicht?” Tao winkte gelassen ab. “Hab ein bisschen Vertrauen in unsere Mädchen, Jián Shīfù”, tadelte er freundlich. Dann wandte er sich Rei zu. “Was denkst du über ihn, Li Jin?” Rei war ein wenig stolz darauf, dass er bei der Nennung des Namens, den er abgelegt hatte als er aus dem Dorf weggelaufen war, nicht zusammenzuckte. Er dachte einen Moment nach, ehe er seufzend mit den Schultern zuckte. “Ich denke, er ist nicht gefährlich. Er hat Mao geholfen und es sah nicht so aus, als würde er irgendwelche krummen Dinger drehen.” Tao nickte zufrieden. Sein strenger Blick traf Jiàn Shīfù, die etwas Abfälliges murmelte. “Dann spricht nichts dagegen, dass er für ein paar Tage bleibt”, urteilte er, was Fú Shīfù mit einem Nicken bestätigte. “Esst doch heute am Abend mit uns!”   Die Tür war noch nicht ganz hinter ihm ins Schloss gefallen, da hörte er, wie Jiàn sich beschwerte: “Byakko hin oder her, die Welt hat den Jungen verdorben!” Taos Antwort wurde von der Tür, die endlich ins Schloss fiel, verschluckt. Rei schüttelte den Kopf, fing sich jedoch schnell als er sah, dass Mystel sich von dem Ast, auf den er geklettert war um zu warten, herunterschwang. Er kam leichtfüßig auf dem Boden an und lächelte ihm mit strahlend blauen Augen entgegen. “Und?” Rei zwang ein Lächeln auf seine Lippen. “Alles geklärt. Du bist herzlich eingeladen, ein paar Tage zu bleiben. Die Ältesten würden dich gern heute am Abend beim Essen kennenlernen” Das Lächeln des Akrobaten wurde noch um eine Spur breiter. “Ich freu mich sehr!” Mystel hielt einen Moment lang nachdenklich inne, ehe er die Hand auf die Brust legte und den Kopf nach vorne neigte. “Vielen Dank, Rei” Rei öffnete den Mund, um irgendwas, egal was zu sagen, doch drang kein Laut über seine Lippen. In seinem Inneren regte sich eine seltsame Mischung aus peinlicher Berührung und etwas Warmem, das er nicht so genau bestimmen konnte. Ihn rettete Kiki, der aus der Ferne ihre Namen rief, während er locker auf sie zulief. “Kommt ihr mit in den Wald? Wir brauchen Holz für das Feuer heute Abend!”   Es lief sich darauf hinaus, dass Gao, Lai und Rei Holz hackten und zu festen Bündeln schnürten, die sie ins Dorf tragen konnten, während Kiki die Aufmerksamkeit ihres Gastes für sich beanspruchte. Er vibrierte förmlich mit aufgeregter Energie, während er auf Mystel einredete. “Da hinten sind die perfekten Bäume zum Klettern! Komm’, ich will sehen, wer von uns höher hinauf kommt!” Sein Plappern entfernte sich, während er Mystel zur Lichtung führte. “Passt auf”, rief Lai hinterher. Mystel warf einen überraschten Blick über seine Schulter zu Rei, der die Axt mit etwas mehr Schwung als notwendig in den Baumstumpf hieb und sie dort stecken ließ, ehe er sich aufrichtete. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. “Kiki hat sich letzten Frühling beim Klettern den Arm gebrochen, weil er den Halt verloren hat”, erklärte er. Er ließ aus, dass Kiki vor Lai geflüchtet war, nachdem er ihm einen Streich gespielt hatte, und deswegen unachtsam gewesen war. Mystel blickte überrascht und vielleicht auch ein wenig besorgt zu Kiki. “Ich hoffe das ist alles gut verheilt?”, erkundigte er sich besorgt. Rei fühlte einen seltsam eifersüchtigen Stich als er sah, wie Kiki strahlte und begann, Mystel von seinen diversen Kletterunfällen zu erzählen. “Oh, und hier hab ich die Landung verkackt und bin in einem Ast hängengeblieben!”, plapperte er aufgeregt. “Das hat ganz schön ekelhaft ausgesehen.” Lai ließ ein Seufzen hören, während er nach der Feldflasche mit Wasser griff, die sie mitgenommen hatten. Er blickte zu Rei. “Ihr musstet ihn alle nicht zusammenflicken”, erzählte er duster. “Das war kein Spaß” Kiki schauderte bei der Erinnerung daran; Rei sandte seinem Co-Kapitän einen mitleidigen Blick, während er die Axt aus dem Baumstumpf zog, um weiterzumachen. Mystel hingegen war gemeinsam mit Kiki auf einen der umliegenden Bäume geklettert und ließ sich nun kopfüber herunterhängen. Er blickte interessiert zu Lai. “Und du kümmerst dich um Verletzungen?”, erkundigte er sich neugierig. Als der Angesprochene nickte, begann Mystel, Lai nach den verschiedenen Methoden auszufragen, die er kannte, um Prellungen, Schnitte, Verletzungen aller Art zu versorgen. Rei hörte dem Gespräch halb-aufmerksam zu, während er weiter hackte. Ihn beschlich das Gefühl, dass er einiges an Veränderungen verpasst hatte. Es war kein gutes Gefühl.   Bald hatten sie genug Holz für das kleine Festmahl am Abend beisammen und machten sich auf den Heimweg. Gao klatschte freudig in die Hände. “Ich hoffe, Fú Shīfù hat schon mit den Jiǎozi begonnen, ich bin schon so hungrig” Sein Gesicht nahm einen verträumten Ausdruck an. Lai lachte und streckte einen Arm aus. “Lass dein Holz hier stehen, wir teilen es uns auf und nehmen es dann mit. Dann kannst du Fú Shīfù helfen” Gao strahlte seinen Teamkameraden an. “Wirklich?” Rei nickte. Mystel blickte überrascht in die Runde als Gao schon ein Stück voraus war. Er war überraschend schnell, wenn es darauf ankam. “In den meisten Dörfern in der Gegend, durch die ich gekommen bin, waren die Frauen zuständig für diese Art von Aufgabe. Ist das bei euch anders?”, erkundigte er sich. Lai lachte prustend: “Mao ist eine Katastrophe bei allem, was Kochen angeht. Du willst nichts essen, was sie gekocht hat!” Rei nickte grinsend. Kiki wies auf Gaos Rücken vor ihnen. “Wenn du richtig gutes Essen willst, musst du zu Gao und Fú Shīfù”, erklärte er grinsend. Mystel nickte. “Glaubt ihr, ich darf ihnen zusehen? Ich wollte schon immer lernen, wie man Jiǎozi macht”, fragte er. Lai sah zu Rei, der mit den Schultern zuckte. “Sicher”, erklärte er. “Wir bringen dich nachher zu ihnen” Lai überraschte Rei mit seinem nächsten Vorschlag. “Oder du leistest uns beim Training Gesellschaft! Ich würde gerne den Trick von heute Morgen von dir lernen” Sie brachten das Holz zu Gao, der schon gemeinsam mit Fù an ihrem Essen saß, und schlugen dann den Weg in Richtung des Wasserfalls ein, wo sie normalerweise trainierten. Rei fuhr sich durchs Haar, während er versuchte, das seltsam unruhige Gefühl in seiner Magengegend niederzuringen. Er hatte keinen Grund, sich ausgeschlossen zu fühlen. Er gehörte hierher, Mystel war nur ein Gast. Dennoch war es seltsam, den anderen so locker mit seinem Team interagieren zu sehen, seinen Kindheitsfreunden, die ihm auch nach seiner Rückkehr noch lange mit Vorsicht begegneten. Mao war schon dort. Rei erkannte sie von weitem an ihrem rebellisch pink gefärbten Haar, das mit einem - Rei stockte. Hatte Mao ein neues Tuch für ihr Haar? Das leuchtende Türkis biss sich überraschend wenig mit ihrer Haarfarbe. Sein Blick ging in Richtung Mystel und er schluckte die undefinierten Gefühle, die in seiner Kehle aufstiegen und hervorzubrechen drohten, mit einiger Anstrengung hinunter. Mao hatte nicht gewartet, wie sie es früher vielleicht getan hätte. Sie begrüßte sie mit einem konzentrierten Nicken und einem abwesenden Lächeln, bevor sie sich wieder ihrem Beyblade zuwandte. Rei blieb neben ihr stehen, beobachtete wie die Pinkhaarige ihren Start übte. Sie probierte verschiedene Winkel aus, um Galux in die Arena zu schießen. “Okay”, seufzte sie schließlich und wandte sich Rei zu. “Ich will, dass Galux in der Arena mehr Schwung hat. Gao hat mich in den letzten drei Matches beim Training geschlagen, weil mir die Puste ausgegangen ist. Das kann so nicht weitergehen!” Rei dachte kurz nach. “Du könntest versuchen, mehr in Richtung rechter Winkel zu gehen”, schlug er mit einer Geste in Richtung Lai und Mystel vor, die in ihr eigenes Training vertieft waren. “In etwa so wie Lai es macht” Maos Gesichtsausdruck veränderte sich auf eine für Rei unbekannte Weise; sie schien sich in sich zurückzuziehen. Er konnte ihre Mimik nicht lesen, während sie ihren Bruder und den Blonden beobachtete. Ihm war flau im Magen, doch verdrängte er das Gefühl schnell mit einem Kopfschütteln. Schließlich nickte Mao und sah wieder aus wie er sie immer gekannt hatte. Sie schenkte Rei ein Lächeln, das sein Herz einen Sprung machen ließ. Er wandte sich hastig ab, bevor sein dummes Grinsen und die Hitze in seinen Wangen ihn verraten konnten, und zog Drigger aus seiner Tasche. Rei hörte, wie Mao Galux startete, während er versuchte, sich auf sein eigenes Training zu konzentrieren.   Ein genervter Laut Maos ließ ihn aufsehen. Sie blickte auf den pinken Beyblade in ihren Händen, Frustration auf ihre Miene geschrieben. “Das verstehe ich nicht!”, beschwerte sie sich. “Warum klappt das nicht? Galux ist langsamer geworden und nicht schneller!” Rei öffnete den Mund, um etwas zu sagen, da erregte eine Bewegung am Rande seines Blickfeldes seine Aufmerksamkeit. Ein blonder Haarschopf schwang sich geübt von einem Ast herunter, fing im Flug seinen Beyblade ein. Lai tat es ihm - wenn auch etwas weniger elegant - nach. “Was ist los?”, fragte Mystel, während er lässig zu ihnen schlenderte. Maos Seufzen klang unglücklich. Rei schluckte und versuchte, sich weiter auf Drigger zu konzentrieren. “Ich will einen besseren Start finden, aber das klappt einfach nicht so wie ich will”, beschwerte sie sich. Mystel nickte. “Willst du mir den Start zeigen?”, bot er an. “Manchmal hilft ein frischer Blick.” Maos Augen wurden groß. “Das würdest du machen?”, fragte sie und machte dabei keinen Hehl aus ihrer Begeisterung. Mystel schoss ein strahlendes Lächeln in seine Richtung. Rei nickte ihm verkrampft zu, bemüht, seinen Gesichtsausdruck neutral zu halten. Der Blonde wandte sein Lächeln Mao zu. Ihr Gesichtsausdruck wurde verträumt und der Langhaarige fühlte Galle aufsteigen. Er schluckte. “Wenn du möchtest”, bestätigte der Blonde freundlich, fürsorglich. Mao nickte begeistert und stellte sich in Position, um Galux zu starten. Mystel sagte nichts, beobachtete sie, den Rücken Rei zugewandt. Dieser, der Drigger über einen Hindernisparcours aus unterschiedlich eng platzierten Hindernissen aus Holz, Stein und Lehm gejagt hatte, versuchte sie zu ignorieren so gut es ging. Drigger stolperte über das eine Hindernis, prallte gegen das andere und hörte auf sich zu drehen. Er bewegte sich langsam auf den Beyblade zu, hob ihn auf. Mystels Gesichtsausdruck rückte wieder in sein Blickfeld. “Kann ich Galux kurz sehen?” Der Blonde legte eine Hand auf Maos, in der Galux war. Rei hielt inne. Was wollte der Kerl? Er gab auf so zu tun als würde es ihn nicht interessieren, was passierte und wandte sich um, um zu beobachten, wie Mystel Galux interessiert in seinen Händen drehte und wendete. Mao wirkte nervös, aber auf eine Weise, die sie normalerweise für Rei reservierte. Er versuchte, das ungute Gefühl hinunterzuschlucken, doch er konnte sich nicht von Mystel und Mao abwenden. Die beiden schienen dies nicht zu bemerken, wohl aber Lai, der ihm einen überraschten Blick zuwarf. Ihr Gast nickte nach einer Weile, während der er den Beyblade vorsichtig untersucht hatte. Er reichte Mao den pinken Beyblade wie ein kostbares Schmuckstück. Mao strahlte auf eine Rei bislang unbekannte Art. Er versuchte das Gefühl, wie sein Innerstes sich schmerzhaft zusammenzog, zu ignorieren und scheiterte. Mao bemerkte nichts davon, so konzentriert wie sie auf Mystel war. Der reichte ihr ihren pinken Beyblade wie ein kostbares Schmuckstück, ein freundliches Lächeln auf den Lippen. “Warum hältst du den Starter so hoch?”, fragte er dann. Mao blickte ihn nachdenklich an. “Lai-” Sie stockte, schluckte, schielte in Richtung ihres Bruders. Der schien darauf konzentriert, nicht hinzusehen. Auch Rei bemühte sich, wegzusehen, damit es nicht zu sehr danach aussah, als würde er lauschen. Er hörte Mao seufzen, ehe sie leise - beinahe zu leise - fortfuhr. “Ich wollte näher an Lais Stil herankommen. Galeon hält in Matches so viel länger durch.” Mystel machte ein nachdenkliches Geräusch. “Ich weiß nicht, wie ihr euer Training hier handhabt”, begann er vorsichtig, warf einen Blick in Richtung Rei, der seinen Blick streng erwiderte. “Aber ich glaube, dein Beyblade könnte mit schnellen und wendigen Attacken ziemlich reinhauen. Dein Beyblade ist leicht gebaut und hat einen hohen Schwerpunkt. Mit einem steileren Einfallwinkel kriegst du genug Schwung für schnelle und starke Angriffe, die deine Gegner so richtig in die Klemme bringen.” “Glaubst du?” Mao klang erstaunt - über seine Zuversicht? - und etwas skeptisch. Rei sah aus dem Augenwinkel, wie Mystel nickte. “Ich kann dir ein paar Tricks von Poseidon und mir zeigen, wenn du möchtest”, bot er mit einem letzten Blick in Richtung des Langhaarigen. Er wirkte arglos, doch Rei fühlte eine stumme Herausforderung. Als Mao sich erneut in Position stellte und Mystel hinter sie trat, viel zu nahe, um ihre Haltung zu korrigieren. Rei atmete tief ein, die Fäuste fest geballt. Er biss die Zähne zusammen und wandte sich ab, ignorierte Lai, der ihm einen wissenden Blick zuwarf.   Mao blieb an Mystels Seite - während des Trainings, während sie zurück zur Hütte der Ältesten gingen, wo Gao und Meister Fú die Teigtaschen und noch weitere Leckereien vorbereitet hatten, durch das Abendessen hindurch. Mit Fortschreiten des Abends wurde Rei immer schweigsamer. Es war seltsam zu beobachten, wie Mystel sich in ihre kleine, überschaubare Welt einfügte. Er fiel auf - seine Kleidung, sein Haar, sein Mandarin mit einem Akzent, den Rei nicht zuordnen konnte, stachen in ihrer kleinen, überschaubaren Dorfgemeinschaft genauso hervor wie Maos rebellisch pink gefärbtes Haar. Zugleich schien er in diese Welt zu passen, auf eine Weise, wie Rei es niemals können würde, durch die Art, wie er Interesse zeigte, wie er nachfragte, wie er mit allen ein Gesprächsthema fand. Wo er an der Sprachbarriere scheiterte, griff er souverän auf Gebärden, Zeichen und Mimik zurück - Jiàn, die Mandarin verweigerte, schien hingerissener von ihm als sie es von Rei jemals sein würde.   “-dir, Rei?” Rei schreckte aus seinen Beobachtungen auf. Lai bedachte ihn mit einem besorgten Blick, während er sich neben ihm zu Boden sinken ließ. “Alles okay?”, wiederholte er die Frage, die der Langhaarige verpasst hatte. Rei wollte schon antworten, dass ja, alles in Ordnung sei, ganz sicher, ja wirklich, aber er brachte es nicht über die Lippen. Stattdessen ließ er seine Schultern nach unten sacken. “Nein”, brachte er kläglich hervor, während sein Blick schon wieder in Richtung von Mao und Mystel wanderte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)