Dear Lover von einfach_Antonia ================================================================================ Kapitel 2: Heulsuse ------------------- Nur dieses eine Mal.  Nur dieses eine verdammte Mal! Das einzige Mal, wenn er freiwillig Urlaubstage nahm, ging alles den Bach runter.    Verhaftet? Sein eigener Kapitän? Tashigi? Die rechtschaffenste Person, die jemals Fuß auf diese Erde gesetzt hatte? Verhaftet wegen Verdacht auf Hochverrat? Wäre die Sache nicht so verdammt ernst, hätte Smoker lachen müssen.    Die Nachricht hatte ihn erreicht, als er schon längst wieder auf dem Weg zum Hauptquartier gewesen war. Die komplette Einheit hatte ihm diesbezüglich Briefe geschrieben und sie alle flehten ihn an, zurückzukommen, um Tashigi zu retten.    Als ob er irgendwas dagegen tun könnte, wenn seine Vorgesetzten beschlossen sie anzuklagen. Alles, was er dann noch tun konnte, war für sie auszusagen und das Beste zu hoffen.   Die G-5 stand bereits am Hafen, als Smokers Schiff anlegte und sobald seine Füße den Steg berührten, umschwärmten die Soldaten ihn als wäre er die Königin und sie der Bienenschwarm. Smoker grunzte. Widerlich.    „Vize Admiral! Ihr müsst etwas tun!“ „Unser Kapitän ist unschuldig! Sie würde niemals die Marine verraten!“ „Sie behandeln sie wie eine dreckige Verbrecherin. Sie haben sie in eine ZELLE gesperrt!“   Der weiße Jäger war an das ständige Geblubber seiner Soldaten gewöhnt, daher begann er einfach zu laufen, direkt zu Admiral Chibas Büro. Tashigi war auf seinen Befehl hin verhaftet worden, auch wenn Smoker glaubte, jemand anderes hielt die Fäden in der Hand.    *~*~*~*~*~*   Wie immer stand Admiral Chibas Tür offen. War er nicht gerade mitten in einem wichtigen Gespräch, tat sie dies immer. So hatten alle jederzeit die Möglichkeit einzutreten und mit ihm zu sprechen. Er war die Art von Vorgesetzten, die immer ein offenes Ohr für einen hatten und im Rahmen seiner Möglichkeiten versuchte zu helfen.   Das war nur ein weiterer Grund, weshalb Smoker nicht verstand, dass Chiba angeordnet hatte Tashigi verhaften zu lassen. Aber die Sache wurde ein wenig klarer als er, ohne einzuklopfen, das Büro betrat und nicht nur Admira Chiba sondern auch Vize Admiral Tanaka sah. „Vize Admiral Smoker? Ich habe Euch nicht so früh zurück erwartet“, sagte Chiba, während er aufsah.   Smokers braune Augen blickten nur auf Tanaka, während er salutierte. „Ich bin früher aufgebrochen als ich von der Verhaftung meines Kapitäns erfuhr.“ Was nicht ganz der Wahrheit entsprach, aber sollten die Anderen sich ruhig ein wenig schlecht fühlen. „Nun... es tut mir leid, dass diese Neuigkeit Euren Urlaub verkürzte. Aber es war nun mal Nichts was hätte warten können bis ihr zurückgekehrt wärt“, antwortete Chiba während Tanaka dabei versagte sein zufriedenes Grinsen zu verstecken.   „Ich möchte die wirklichen Gründe erfahren warum sie verhaftet wurde“, forderte Smoker. Es interessierte ihn nicht, dass sein Vorgesetzter ihn mit geweiteten Augen anblickte.  Wen interessierte es schon, dass er einen unangebrachten Ton hatte? Ihn jedenfalls nicht. „Hochverrat.“ „Ja... aber wieso? Was hat sie getan?“ „Sie führt eine romantische Beziehung mit einem Piraten“, antwortete Chiba schlicht.   Smoker grunzte. „Sie hat einen Freund, na und?“ „Ihr so genannter Freund ist ein Pirat. Vermutlich einer mit hohem Kopfgeld! Das ist Hochverrat!“, sagte Tanaka wütend. Smoker war nicht wirklich jemand, der andere hasste. Meistens war er einfach von den Leuten genervt, aber Vize Admiral Tanaka war jemand, den Smoker wirklich nicht leiden konnte.    „Kapitän Tashigi ist nun wirklich nicht das erste Marinemitglied mit einem Piraten als Freund und sie wird defintiv auch nicht das Letzte sein. Und das wissen wir alle!“, argumentierte er. Die beiden Männer vor ihm tauschten einen Blick, bevor Chiba antwortete: „Natürlich ist es möglich, dass sie weder die Erste noch die Letzte ist. Aber mit niemand anderen hatten wir Beweise.“   Daraufhin zog Smoker die Augenbrauen hoch. „Was für Beweise?“ Chiba lehnte sich in seinem Stuhl zurück und blickte ihn eine Zeit lang überlegen an. „Ihr seid ihr Vize Admiral und Ihr wollte mir wirklich sagen, dass Ihr niemals einen Verdacht bezüglich ihres Liebeslebens hattet?“   Smoker grunze erneut. „Mit allem nötigen Respekt, Sir! Ich bin wirklich nicht an dem Privatleben meiner Soldaten interessiert. Und schon gar nicht an ihrem Liebesleben.“ „Ihr habt also wirklich überhaupt nichts von ihrer Beziehung gewusst?“ „Korrekt! Sie macht ihren Job und den macht sie verdammt gut. Das ist Alles was ich von meinen Soldaten verlange.“   Smoker verstand den Sinn dieser Unterhaltung nicht ganz. Entweder man zeigte ihm nun die Beweise oder man ließ seinen Kapitän wieder frei. So einfach war das. „Kann ich dann jetzt die sogenannten Beweise sehen?“, verlangte er.   Und während Tanakas dreckiges Grinsen nur noch breiter wurde, hob Chiba ein Stück Papier von seinem Schreibtisch auf. „Das kam Gestern. Es war an sie adressiert. Wir fanden ähnliches in ihren Räumen.“   Je länger Smoker den Brief las, desto mehr weiteten sich seine Augen. Wollte sie ihn denn komplett verarschen?   *~*~*~*~*~*   Sie hätte sie alle verbrennen sollen. So wie sie es besprochen hatten. Tashigi hätte jeden Einzelnen seiner Briefe verbrennen sollen, gleich nachdem sie ihn gelesen hatte. Und in der Tat hatte sie einige von ihnen verbrannt, die die zu viele Hinweise auf seine Identität oder seinen Aufenthaltsort beinhaltet hatten.   Aber sie hatte die Unschuldigen und Süßen behalten. Die mit seinen lieblichen Worten, seinen Witzen, die in denen er in Erinnerungen schwelgte. Erinnerungen an die Monate, in denen sie sich tagtäglich gesehen hatten.  Sie hatte sie behalten und des Nachts gelesen, wenn sie allein war und die Sehnsucht nach ihm einfach zu groß.   Ihr war immer bewusst gewesen, wie riskant sie sich verhielt, aber sie hatte es nicht übers Herz gebracht, die Briefe zu verbrennen, die ihr halfen, wenn sie ihn zu sehr vermisste.    Und nun bezahlte sie dafür. Verhaftet wegen Hochverrat. Aber war wahre Liebe wirklich Hochverrat? Sie hatten niemals über die Marine gesprochen, wenn sie zusammen waren. Und schon gar nicht über die Einsätze ihrer eigenen Einheit. Ihr Job war in den seltensten Fällen Gesprächsthema.  Höchsten, wenn ihre Einheit auf seine Mannschaft getroffen war und selbst dann hielten sie diese Art von Gesprächen so kurz wie möglich.    Aber Tashigi wusste es besser, als das sie versuchen würde Admiral Chiba, davon überzeugen zu wollen. Er würde ihr sowieso nicht glauben. Alles, was er von ihr wollte, war der Name ihres Liebhabers. Name und Aufenthaltsort damit er ihn, und vermutlich seine Mannschaft, verhaften konnte. Aber egal, was es kosten würde, sie würde schweigen.    Sie seufzte tief und ließ ihren Blick durch die Zelle wandern. Nicht, dass es da etwas Spannendes zu sehen gab.  Ein kleiner Raum mit einem engen und ungemütlichen Feldbett, einem dreckiges Stück Stoff als Decke und einer Toilette, die vermutlich seit Jahren nicht mehr geputzt worden war. Die komplette „Vorderseite“ bestand aus Gittern und es gab absolut keine Privatsphäre.   Tashigi war froh, dass die Zelle gegenüber momentan nicht belegt war. Denn sonst hätte ihr die dortige Person zusehen können, wenn sie auf Toilette ging, und auf diese Erfahrung konnte Tashigi gut und gerne verzichten.   Sie hatte bereits den Überblick verloren, wie lange sie schon hier eingeschlossen war. Es gab keine Fenster also auch weder Sonne noch Mond, die ihr einen Anhaltspunkt hätten geben können. Mahlzeiten wurden ihr auch nur äußerst unregelmäßig gebracht.  Und alles, was sie tat, war mit dem Rücken an die Wand gelehnt dazusitzen, die Knie an die Brust gezogen und den Kopf dazwischen vergraben.    Als sie schwere Schritte auf dem Flur vernahm, hob sie den Kopf und lächelte leicht. Es gab nur eine Person mit solch schwerem Schritt. Langsam und vorsichtig erhob sie sich. Auch, wenn ihr Körper normalerweise äußerst kräftig war; die unregelmäßigen und auch nicht besonders nahrhaften Mahlzeiten hatten anscheinend an ihren Kräften gezerrt. Sie konnte fühlen, dass ihre Muskeln begannen zu schwinden.    „Vize Admiral Smoker! Es ist schön Euch wiederzusehen“, salutierte sie, sobald er in ihr Blickfeld trat.  Er blieb direkt vor ihr stehen und starrte sie eine Weile an. Tashigi brach weder den Blickkontakt ab noch senkte sie ihren Arm.    „Du bist unglaublich“, sagte Smoker irgendwann, „Steh bequem.“ Ihr Lächeln wurde größer als sie ihren Körper entspannte und er sprach weiter: „Was ist mit deinem Gesicht passiert?“   Und so schnell es gekommen war, so schnell verschwand ihr Lächeln auch wieder. Sie hob die Hand und berührte ihre linke Gesichtshälfte, es gab für sie keine Möglichkeit in einen Spiegel zu sehen, aber wenn die Schwellung auch nur der kleinste Hinweis war ... sah ihr Gesicht nicht gut aus. „Ich bin gestolpert“, antwortete sie.   Smoker blickte sie argwöhnisch an.  „Ich hab dich während deiner gesamten Laufbahn stolpern sehen, aber noch nie so.“ Tashigi zuckte nur mit den Schultern.   „Wer hat dich geschlagen?“ „Niemand.“ „Tashigi! Du bist noch immer Kapitän. Keiner dieser Bastarde hat das Recht Hand an dich zu legen, selbst wenn du wegen Hochverrat verhaftet wurdest!“   Sie nahm sich Zeit für ihre Antwort.  Smoker ergriff die Gitterstäbe mit beiden Händen und sie bemerkte das Stück Papier in seiner Rechten. Er starrte sie an.  In all den Jahren, die sie nun schon mit ihm segelte, hatte er sie noch nie so angesehen. Der Ausdruck in seinen Augen machte ihr beinahe Angst.  Da war Wut, Enttäuschung und vielleicht sogar ein kleines bisschen Sorge.    „Also haben Sie es Euch noch nicht erzählt?“, flüsterte sie.  „Mir was erzählt?“ „Ich wurde Gestern offiziell angeklagt und unehrenhaft aus der Marine entlassen. Also bin ich kein Kapitän mehr.“ Er trat einen Schritt zurück, ließ die Gitterstäbe jedoch nicht los.   Tashigi wusste nicht wie lange sie sich gegenseitig anstarrten, aber irgendwann ließ Smoker die Stäbe los und brach den Blickkontakt ab. Er glätte das Papier in seiner Hand und blickte es an.   „Babygirl... ist nicht gerade der originellste Kosename.“ Ihre Augen weiteten sie. „Was?“ „Dieser Brief kam Gestern an... lass mich ihn dir vorlesen.“   Dear Babygirl,   hör auf mich zu verspotten! Immerhin stolpere ich nicht über meine eigenen Füße, wenn ich in einer geraden Linie laufe.  Ich kann es kaum erwarten bis du wieder auf See bist, ich hasse den Gedanken, dass du so weit weg bist.  Dein Vize Admiral war schon immer komisch, also zerbrich dir den Kopf nicht zu sehr über seine Entscheidungen. Er wird dir deine Fragen sowieso nicht beantworten. Tatsächlich habe ich eine weitere Jungfrau in Nöten gerettet, allerdings nicht mit Absicht. Eigentlich bin ich eher über sie gestolpert, im wahrsten Sinne. War ´ne scheiß Arbeit sie davon zu überzeugen, dass ich sie nicht heiraten und den Rest meines Lebens in ihrem riesigen Schloss leben will.  Natürlich hatte der Rest der Mannschaft den Spaß ihres Lebens. Am liebsten hätte ich laut geschrien, dass ich glücklich vergeben bin, aber das geht ja nicht.  Aber ich hoffe, dass der Tag kommen wird, an dem ich jedem erzählen kann, wie glücklich ich mit dir bin. Ich vermisse dich schrecklich. Und kann es kaum erwarten, dich wiederzusehen. Hoffentlich bald.   Ich liebe dich. Dein Lover   P.S. lass deine Jungs ruhig ab und an mal Spaß haben!   Mit Tränen in den Augen lächelte Tashigi.  Typisch er. Stumpf und ehrlich. Oh, wie sehr sie ihn vermisste!   „Danke“, flüsterte sie. „Für was?“, fragte Smoker erstaunt. „Für das Vorlesen seiner Antwort.“ Und dafür, dass sie nun wusste, dass sie seit mindestens einer Woche in dieser Zelle saß.   Dank ihrer persönlichen Postmöwe brauchten ihre Briefe meist nur eine Woche, um bei dem jeweils anderen anzukommen. Die Möwe war ein Geschenk ihres Vaters gewesen; dieser war nicht glücklich gewesen als sie beschlossen ihre Beziehung geheimzuhalten, aber war schon immer sehr akzeptierend gewesen. Er hatte nur verlangt, dass sie vorsichtig waren.    „Tashigi! Wer ist der Kerl?“ „Er... ist die Liebe meines Lebens“, begann sie und ihr entging nicht der Ausdruck von Unglauben in seinen Augen, „Er ist ein anständiger Kerl, auch wenn man erst einmal seine harte Schale knacken muss. Wir brauchten ein wenig, aber am Ende haben wir uns zusammengerauft. Und das, Vize Admiral Smoker, ist Alles was ich Euch zu ihm sagen werde.“   Smoker starrte sie nur wieder an. Sie wusste, was er dachte. Vermutlich, dass sie komplett verrückt geworden war, aber selbst er würde ihre Gründe nicht verstehen und das erwartete sie auch gar nicht.    „Tashigi!“, schrie er sie an und sie wusste, dass nun einer seiner sehr seltenen Vorträge folgen würde.  Anstatt ihm zuzuhören, dachte Tashigi zurück an die Begegnung, die ihren nicht so originellen Kosenamen erst ins Rollen gebracht hatte.   *~*~*~*~*~*   Eine Woche war vergangen seit Lorenor Zorro Silver Ait mit seiner Anwesenheit beehrte und Tashigi war deswegen noch immer wütend. Sie versuchte, ihn so gut wie möglich zu meiden, aber Quintanilla bestand darauf, dass sie alle drei abends gemeinsam aßen.    Also musste sie jeden Abend in sein Gesicht mit dem dummen Grinsen blicken. Musste seinen blöden Geschichten über seine blöden Abenteuer mit seiner blöden Mannschaft zuhören.  Wer hätte gedacht, dass ihr eigener Vater so an Piratengeschichten interessiert war?   Ihr wurde schlecht, wenn sie nur daran dachte. Als wäre es nicht genug, dass ausgerechnet ER mit Mihawk Dulacre trainierte, nein, jetzt verbrachte er auch noch sechs Monate auf dieser Insel.  Auf IHRER Insel. Ihrer Heimat. Ihrem Heiligtum.   „Dein Stand ist furchtbar.“ Erschrocken verkalkulierte sie sich, hatte zu viel Schwung und legte sich prompt auf den Boden.  „Scheiße“, stöhnte sie. Natürlich war er da. Wahrscheinlich hatte sie ihn mit ihren Gedanken heraufbeschworen. Selbst schuld, dachte sie.   „Wie ich sehe hast du nichts von deiner Tollpatschigkeit verloren.“ „Halt die Klappe“, murmelte sie, während sie aufstand. Ein Blick über die Schulter und das letzte bisschen Hoffnung wurde zerstört. Jap, Lorenor Zorro persönlich.  An einen Baum gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt und sein selbstgefälliges Grinsen auf dem Gesicht, beobachtete er sie.    Tashigi machte sich erst gar nicht die Mühe, sich darüber zu wundern wie er sie an ihrem Lieblingsort mitten im Wald gefunden hatte. Wahrscheinlich hatte er sich auf dem Weg zur Toilette verlaufen oder sowas.    „Wie lange stehst du schon da?“ Lorenor zuckte mit den Schultern. „Lange genug um zu wissen, dass deine Fußarbeit furchtbar ist.“   Es verlangte ihr alles ab ihn nicht anzuschreien, das hatte sie Quin nämlich versprechen müssen. Das war der Nachteil daran einen Priester als Vater zu haben, denn er gab immer darauf acht, dass alles möglichst friedlich ablief.   Stattdessen festigte sie ihren Griff um Shigure und funkelte den Grünhaarigen an.  „Ich habe dich nicht um Rat gebeten.“ Wieder zuckte er die Schultern. „Dachte ich erzähls dir trotzdem.“   Die Augen schließend atmete sie einmal tief durch. „Behalt deine Gedanken bezüglich meines Trainings das nächste Mal für dich. Bitte.“ Er nahm die Arme runter und ging ein paar Schritte auf sie zu. Instinktiv wich sie zurück.  „Ich könnte dir damit helfen. Könnte dir ein paar Übungen für deinen Stand zeigen. Vielleicht ist das der Grund warum du immer stolperst.“   Hatte er gerade wirklich ...? „Ich werde dir das nur einmal sagen: Ich. will. deine. Hilfe. nicht.“ Tashigi stellte sicher, dass sie nach jedem Wort eine Pause machte, damit auch ein Idiot, wie er es begriff.    Lorenor blickte sie nur an.  Oh, wie sehr sie es doch hasste, dass man nicht eine einzige Emotion von seinem gut aussehenden Gesicht ablesen konnte. Wie konnte man nur so ausdruckslos dreinblicken? Egal, das war ja jetzt auch gar nicht der Punkt, oder? Ein schwerer Seufzer entfleuchte ihr, aber dann drehte sie sich um und wollte zurück zur Kirche gehen.   „Was machst du eigentlich hier? Solltest du nicht an Smokers Seite Pirate und sowas bekämpfen?“, rief Lorenor ihr hinterher. Tashigi stoppte und wirbelte herum, um ihn anzufunkeln.  „Das geht dich überhaupt nichts an!“, rief sie lauter, als sie beachsichtig hatte.    „Ich war doch nur neugierig, Weib. Dachte einfach ein Mitglied der Marine hat Besseres zu tun als in einer heißen Quelle auf irgendeiner doofen Insel zu entspannen.“ Wut rauschte durch ihre Adern, als sie versuchte ihn in Grund und Boden zu starren, offensichtlicherweise ziemlich erfolglos. „Du hast kein Recht dazu neugierig zu sein, welche Entscheidungen ich als Marinemitglied treffe“, knurrte sie; immer noch versuchte sie nicht auszurasten.    Etwas veränderte sich in seinem Blick, etwas, was sie nicht genau benennen konnte, dann zuckte er die Schultern und sagte: „Ich dachte halt, dass gerade du, als auch so stolzes Marinemitglied, alles daran setzen würdest besser und stärker zu werden. Da lag ich wohl falsch.“   Und in genau diesem Moment platzte ihr der Knoten. Lorenor hatte schon immer gewusst, welche Knöpfe er bei ihr drucken musste und dieses Mal hatte er den großen Roten erwischt.  Sie vergaß alles. Ihr Versprechen an Quin, dass sie Schwertkämpferin war, dass er Schwertkämpfer war, dass er ihr körperlich überlegen war. Einfach alles.    Shigure fiel zu Boden, sie ballte ihre Fäuste und rannte auf ihn zu. Und während Lorenor sie noch immer selbstgefällig anblickte, wusste sie, dass er nicht kommen sah, was sie vor hatte.   Tashigi war sicher, dass er nur zu Boden ging, weil sie ihn kalt erwischt hatte und nicht wegen der Heftigkeit ihres Schlages, zufrieden war sie dennoch. Denn jetzt starrte sie auf ihn hinab, während er zu ihr rauf schauen musste.   „Warum zum Teufel hast du das getan, Weib?“ „Der Grund warum ich hier bin bist du. Du und deine verdammte Mannschaft!“ „Was?“   Es war klar, dass er nicht verstehen würde und während er versuchte wieder aufzustehen schubste sie ihn, so dass er das Gleichgewicht wieder verlor und erneut zu Boden ging.  Gott, sie war so wütend!   Tränen der Wut traten ihr in die Augen; wegen ihrer Wut und der Dinge, die in den letzten sechs Monaten geschehen waren und dazu geführt hatten, dass sie wieder nach Hause gekommen war. „Was stimmt nur nicht mit dir, Nachahmerin?“ „NENN MICH NICHT SO!“   Lorenor, wieder auf den eigenen Füßen stehend, starrte sie ungläubig an. Sie wusste, sie machte sich, wieder einmal, zum kompletten Idioten. Wusste, dass sie gerade vor ihm NICHT toben und heulen sollte. Aber sie konnte es nicht ändern.  Tashigi hatte all diese Gefühle bisher unter Verschluss gehalten und nun quellten sie förmlich über.   „Was ist dein verfluchtes Problem?“ Er verstand es noch immer nicht, oder? „DU!“, schrie sie, „Du bist mein Problem! Du, deine Crew und die Dinge, die ihr vor sechs Monaten getan habt! Das ist der Grund, warum ich hier bin! Das ist der Grund, warum Smoker angeordnet hat, dass die komplette Einheit sich aufteilt um zu trainieren. Um stärker wieder zukommen! Damit so etwas wie Marineford nicht noch einmal geschehen kann!“   Sie schrie so laut sie konnte während sie die gesamte Zeit ihre Fäuste auf seine Brust hämmerte. Anscheinend war er selbst davon reichlich unbeeindruckt, was sie nur noch wütender machte.   Sie atmete gerade ein, um ihn weiter anzuschreien, als er ihre Arme ergriff und sie umdrehte. Eine seiner Hände hielt ihre auf ihrem Rücken fest und die Andere hatte ihren Kopf in so einem festen Griff, dass ihr gar nichts anders übrig blieb als auf den Boden zu starren.   „LASS MICH LOS!“ „NEIN! Du wirst mir jetzt zuhören!“, knurrte er und lehnte sie beide ein Stück nach vorn, sie konnte seinen Atem an ihrer Wange spüren.   „Du benimmst dich wie eine verfluchte Heulsuse! Stolperst über deine eigenen Füße, heulst und schreist, dabei weißt du nur die Hälfte von allem! Im Grunde weißt du eigentlich gar nichts und schon gar nicht was meinen Freunden an diesem Tag zugestoßen ist. Also kümmer dich um deinen eigenen Scheiß, Heulsuse!“   Und damit gab er ihr einen kräftigen Stoß und ließ sie los. Jetzt war sie es, die am Boden lag. Ohne sich umzudrehen, rappelte sie sich auf, griff ihr Schwert und stellte sicher, dass sie so schnell wie möglich von ihm wegkam.   *~*~*~*~*~*   Zorro starrte ihr hinterher. Nicht ganz sicher wie er sich nach dieser Begegnung fühlte.   Wütend? Absolut Verletzt? Ein wenig. Verwirrt? Zur Hölle, ja.   Er könnte gut darauf verzichten seine Zeit auf dieser Insel zu verschwenden, auf derselben Insel wie SIE. Aber sie waren nun mal beide hier und auch, wenn sie versuchten, sich gegenseitig zu meiden so gut es ging, ab und an kreuzten sich ihre Wege.  Spätestens abends beim gemeinsamen Essen. Zu denen Zorro eigentlich auch nur ging, um ihr seine Anwesenheit unter die Nase zu reiben.    Nun ja, deswegen und weil Quin im Grunde ganz cool war. Für einen Priester. Davon abgesehen, verstand Zorro noch immer nicht, warum Falkenauge ihn für die nächsten Monate auf diese blöde Insel geschickt hatte. Aber diskutieren brauchte man mit dem Kerl auch nicht.    Irgendwie verstand er Tashigi ja sogar, sie war schon immer voller Stolz gewesen und Marineford mussten diesem einen gehörigen Knacks versetzt haben. Aber sie musste verstehen, dass an diesem schicksalhaften Tag noch mehr Menschen auf die unterschiedlichsten Weisen verletzt wurden. Sie war nichts Besonderes.   Sogar er hatte was abbekommen.  Das war der Tag gewesen, an dem er Falkenauge auf Knien angefleht hatte, ihn zu trainieren. Zorro musste stärker werden. Er hatte seinen Kapitän im Stich gelassen, seine Freunde und das durfte nie wieder geschehen.    „Du bist die einzige Person, die ich kenne, die sie so zum ausrasten bringt.“ Zorro war sich Quins Anwesenheit bewusst, seitdem Tashigi ihn zurück auf den Boden geschubst hatte, also drehte er sich gar nicht erst um.  „Wir haben... eine gemeinsame Vergangenheit“, antwortete er noch immer in die Richtung blickend, in die Tashigi verschwunden war.   „Oh, darüber weiß ich alles. Tashigi wird niemals müde über eure Begegnungen zu sprechen.“ Quin stand nun neben ihn und blickte ihn an.  „Ich wusste nicht, dass sie zur selben Zeit wie du hier sein würde. Aber ich glaube auch nicht an Zufälle, ich glaube an Gott und er gibt uns niemals mehr, als wir verkraften können.“   Zorro furchte die Augenbrauen.  „Ich glaube nicht an Gott.“ Ein sanftes Lächeln schlich sich auf Quins Lippen. „Und ich erwarte auch nicht, dass du es tust noch möchte ich das ändern. Aber ich hoffe, dass ihr Beide eure Probleme irgendwann lösen könnt. Gott hatte seine Gründe euch zeitgleich auf der Insel zu haben.“   Eine Zeit lang blickten sich die beiden Männer an, dann seufzte Quin: „Nunja, ich seh dich beim Abendessen.“ Und damit verschwand Quin.    Und Zorro hatte immer gedacht Tashigi sei merkwürdig, dann stellte sich heraus ihr Vater war sogar noch merkwürdiger.   *~*~*~*~*~*   Seit Tashigis und Zorros großem Streit im Wald waren zwei Wochen vergangen und die gemeinsamen Abende wurden immer angespannter. Auch, wenn sie nicht miteinander sprachen, funkelten sie sich doch stets an.    Quintanilla war schon immer ein sehr geduldiger Mann gewesen, seine Ausbildung und Zeit als Priester hatten diesen Charakterzug sogar nur noch verstärkt, aber diese zwei? Sie waren sturer, als ihnen guttat.   Er hatte sie beobachtet, seitdem sie seine wunderschöne Insel betreten hatten, und beide widmeten ihre Zeit ausschließlich dem Training.  Sie waren beides Kämpfer, auch wenn sie auf unterschiedlichen Seiten des Gesetzes standen. Kämpfen war ihre Art Probleme zu lösen und endgültige Entscheidungen zu treffen.  Was in seinen Augen doch sehr verständlich war, auch wenn er selbst immer die friedlicheren Lösungen bevorzugte.   Tashigi mied den Piraten nun noch mehr als vorher und Zorro ... tja Zorro versuchte das wohl ebenso. Aber anscheinend war sein Orientierungssinn so schlecht, dass er trotzdem immer wieder Tashigis Weg kreuzte.    Immerhin hatten sie sich nicht noch einmal angeschrien. Aber Quin verlor langsam die Geduld, auch wenn er immer noch glaubte, dass Gott seine Gründe für diese Situation hatte.   Er beobachtete sie jetzt gerade auch. Es war Essenszeit und während er am Kopf des Tisches saß, saß Tashigi zu seiner Rechten und Zorro zu seiner Linken.  Nicht ein Wort war in den letzten dreißig Minuten gesprochen worden, sie alle aßen in Schweigen. Selbstverständlich funkelten sich die beiden Schwertkämpfer von Zeit zu Zeit an.    Quin räusperte sich und die beiden sahen zu ihm.  „Ich habe genug. Ihr zwei verhaltet euch wie kleine Kinder anstatt wie Erwachsene. Deswegen habe ich entschieden, dass ihr ab Morgen im Waisenhaus aushelfen werdet. Jeden Morgen. Ihr werdet den Angestellten helfen die Kinder fertig zumachen, mit ihnen frühstücken und sie zu ihren Morgenlektionen begleiten.“   „Aber was ist mit dem Training?“, stießen sie gleichzeitig aus und blickten einander an und wieder weg.  „Ich hab überhaupt nichts getan! Sie ist diejenige, die sich wie eine Heulsuse aufführt!“ „Nenn mich nicht so!“ „Ich nenn dich wie ich will, Heulsuse!“ „Du...!“   „Hört sofort auf! Das ist genau was ich meine. Ihr zwei werdet tun was ich sage! Euer Training kann bis zum Mittag warten“, unterbrach Quin sie und war versucht, sich die Schläfen zu reiben. „Quin, bitte...“ „Nein, Tashigi! Das steht nicht zur Diskussion!“   Tashigi sah ihn ein letztes Mal an, legte ihr Besteck auf den Tisch, stand auf und verließ den Raum. Quin wusste, dass sie den Rest des Abends schmollend in ihrem Zimmer verbringen würde, aber sie würde auch am nächsten Morgen pünktlich im Waisenhaus sein.   *~*~*~*~*~*   „Hörst du mir überhaupt zu?“ Tashigi blinzelte und sah ihren früheren Vorgesetzten wieder an. „Ich fürchte, nein.“ Smoker sah sie vorwurfsvoll an, den Brief noch immer in der Hand.   „Tashigi“, begann er mit der sanftesten Stimme, die sie je von ihm gehört hatte, „Wenn sie dich offiziell angeklagt haben, dann ist der nächste Schritt der Gerichtstermin. Und mit den Beweisen, die sie haben...“   Er unterbrach sich selbst und sah sie eine ganze Zeit einfach nur an. Schließlich sprach er weiter: „Mit den Beweisen, die sie haben und wenn du dich weiterhin weigerst zu kooperien, werden sie dich definitv zum Tode verurteilen! Du musst...“   „Lasst mich Euch gleich unterbrechen, Vize Admiral“, sagte sie und hob ihre Hand, „Ich muss nichts anderes als mein Versprechen zu halten. Und ich habe versprochen Niemanden seinen Namen zu verraten.“ „Tashigi! Sie werden dich töten! Sei doch nicht so stur!“   Tashigi trat näher an die Gitterstäbe heran und als sie direkt vor Smoker stand, schob sie ihren Arm durch die Lücken und legte ihre Hand an seine Wange. Etwas, was sie nie tun würde, wäre sie ihm noch unterstellt. Smoker sah sie mit geweiteten Augen an.   „Ich weiß Eure Sorge wirklich sehr zu schätzen. Aber als ich auf mein Herz gehört habe, wusste ich von Anfang an, dass genau das hier...“, begann sie und warf einen kurzen Blick über die Schulter in ihre Zelle, „... geschehen könnte. Und wenn, das mein Schicksal ist, dann akzeptiere ich es.“   Er nahm ihre Hand von seiner Wange und drückte sie kräftig, bevor er sie losließ.  „Also entscheidest du dich dafür für deinen dummen Piratenfreund zu sterben?“, fragte er tonlos und blinzelte sie an. Aber selbst das konnte den leicht verängstigten Ausdruck in ihnen nicht verstecken.    „Das tue ich.“ „Dummes Weib“, waren seine letzten Worte, bevor er sich umdrehte und sie wieder allein ließ.  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)