Gleipnir von Flordelis ================================================================================ Kapitel 5: Sollte ich etwas vorhaben? ------------------------------------- [LEFT]Die Koordinaten zeigten einen Ort im nördlichen Japan. Selbst vor der Katastrophe war er offenbar unbewohnt gewesen, wie ich auf alten Satellitenbildern sehen konnte. Inzwischen gab es derartigen Luxus nicht mehr, wir waren nicht in der Lage, eine Verbindung zu irgendeinem Satellit aufzunehmen, aber ich bezweifelte, dass es nun ein Dorf oder so etwas dort gab. Aragami suchten alles heim, was erreichbar war, fielen wie Heuschrecken darüber her und verschlangen es, machten es zu einem Teil von sich selbst, um sich weiterzuentwickeln. Gab es vielleicht die Möglichkeit, dass, wer auch immer dort noch lebte, das im Untergrund tat? An einem Ort, den Aragami nicht erreichen konnten?[/LEFT] [LEFT]Ich zermürbte mir den Kopf darüber, versuchte mich zu erinnern, doch ich kam zu keiner Antwort, erntete keinen plötzlichen Geistesblitz. Mein Gedächtnis benahm sich so, als wäre früher nie etwas geschehen, auch meine Träume wurde nicht ausführlicher. Jede Nacht hoffte ich, dass mehr dazukam, doch es blieb bei dieser Frau, die für mich sang, und bei dem Mann, der mich von ihr wegholte, weil jemand mich sehen wollte.[/LEFT] [LEFT]Der Drang, Soma zu fragen, wurde immer stärker, besonders da ich ihn immer noch bei seiner Arbeit unterstützte. Gleichzeitig sagte ich mir aber auch, dass es ihn sicher nicht interessierte. Er hatte hier dringendere Dinge zu tun, Projekte zu beaufsichtigen, Forschungsarbeiten zu schreiben, Aragami zu jagen, was ich ihm durch meine Abwesenheit auch noch schwerer machte, da blieb ihm sicher keine Zeit, sich um irgendwelche Koordinaten und nichts-sagende Satellitenbilder zu kümmern. Deswegen blieb ich mit meinen Gedanken allein.[/LEFT] [LEFT]So vergingen die Tage, bis Tsubaki mich wirklich im Lager arbeiten ließ. Meine Aufgabe bestand hauptsächlich darin, Schachteln mit Selektionsfaktoren (bereit zum Verabreichen) zu sortieren, sowie Rationen noch auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen und gegebenenfalls auszusortieren; die einfachen Aufgaben eben, die man jemandem geben konnte, der keine Erfahrung damit hatte. Ich beschwerte mich nicht, immerhin ging es mir nur darum, mich gebraucht zu fühlen, während ich nicht auf Missionen durfte.[/LEFT] [LEFT]Das Training kam gut voran, selbst wenn ich es weiterhin allein durchführte. Ich beschränkte mich auf die einfachen Aragami, die mir schon bald nichts mehr entgegenzusetzen wussten, genau wie früher. Dennoch traute ich mich noch nicht so recht es wieder mit höheren Aragami aufzunehmen, jedenfalls nicht ohne Erlaubnis oder mit Begleitung. Tsubakis Zorn wollte ich mir nicht noch einmal zuziehen.[/LEFT] [LEFT]Schließlich war es eine Woche her, seit ich von den Koordinaten Kenntnis genommen hatte. Es war inzwischen zu einem Ritual geworden, dass ich nach meiner Arbeit im Lager ins Labor ging, um dort noch für Soma die Bücher durchzugehen. Doch als ich an diesem Tag den Raum betrat, begrüßte mich kein geschäftiges Klappern der Tastatur, kein Bücherstapel auf dem Tisch, stattdessen standen zwei Tassen mit dampfenden Tee darauf. Soma stand vor mir, die Kapuze ausnahmsweise zurückgeschlagen, und hob leicht die Schultern, als ich ihn fragend ansah.[/LEFT] [LEFT]»Du bist fertig mit den Büchern«, sagte er. »Das ist dir gestern nicht aufgefallen, oder?«[/LEFT] [LEFT]Nun, da er es erwähnte, erinnerte ich mich deutlich, dass ich die letzte Abhandlung am Vorabend beendet und zur Seite gelegt hatte. Ich musste so sehr meinen Gedanken nachgehangen haben, dass mir das nicht einmal wirklich bewusst geworden war. Damit war meine Aufgabe hier dann wohl aber beendet.[/LEFT] [LEFT]»Oh …« Ich deutete über meine Schulter. »Dann sollte ich vielleicht wieder gehen.«[/LEFT] [LEFT]Soma nickte jedoch zum Sofa hinüber. »Denkst du, ich trinke mit mir allein zwei Tassen Tee? Setz dich.« Nach einem kurzen Moment fügte er noch ein brummelndes »Bitte« hinzu.[/LEFT] [LEFT]Wenn er schon von sich aus Zeit mit mir verbringen wollte, käme mir nicht einmal im Traum der Gedanke, ihm zu widersprechen, deswegen setzte ich mich dankend. Der Tee verströmte einen angenehmen Duft, dem ich nicht widerstehen konnte. Ich nahm die Tasse in beide Hände, hob sie an mein Gesicht und sog zufrieden den Geruch ein. Für einen Moment beruhigte er all meine Gedanken, die sich so stetig im Kreis drehten. Vielleicht sollte ich öfter Tee trinken – oder mir mal ein paar Dosen Bier von Lindow ausleihen.[/LEFT] [LEFT]Soma setzte sich nicht neben mich, sondern auf die angrenzende Ecke des Sofas, behielt mich dabei aber im Auge. Grundsätzlich störte mich das nicht, an diesem Tag allerdings schon.[/LEFT] [LEFT]»Willst du mir Vorwürfe machen?«, fragte ich. »Habe ich etwas falsch gemacht?«[/LEFT] [LEFT]»Bin ich so schlimm, dass du glaubst, ich will dich nur kritisieren?« Er klang amüsiert, dabei war es ausnahmsweise mein Ernst gewesen.[/LEFT] [LEFT]»Nein, natürlich nicht. Ich war in der letzten Zeit nur so abwesend, da hätte ich das verstanden.«[/LEFT] [LEFT]Er hob eine Augenbraue. »Also ist es dir aufgefallen. Ich dachte schon, ich müsste dir das erst erklären.«[/LEFT] [LEFT]Dann schwieg er wieder.[/LEFT] [LEFT]Wir nahmen beide je einen Schluck Tee. Die Flüssigkeit floss wohltuend meine Kehle hinab und wärmte mich von innen heraus. Ich hätte glücklich seufzen können, wäre ich allein gewesen.[/LEFT] [LEFT]Soma starrte zu den Monitoren hinüber, nahm noch einen Schluck, dann setzte er zu einem erneuten Versuch an: »Ich wollte eigentlich fragen, was dich so sehr beschäftigt. Ist es immer noch deine Vergangenheit? Dass du damit nicht weiterkommst?«[/LEFT] [LEFT]Dachte er hin und wieder vielleicht auch über mich nach? Das war jedenfalls der einzige Grund, der mir einfiel, warum er das Thema anschnitt, statt es zu vergessen.[/LEFT] [LEFT]Ich schielte zu ihm hinüber. »Willst du das wirklich wissen?«[/LEFT] [LEFT]»Sonst würde ich dich nicht fragen.« Er sah mich direkt an. »Du bist mein Captain, ich mache mir Gedanken um dich, schon vergessen?«[/LEFT] [LEFT]Nur weil ich sein Captain war? Das klang für mich irgendwie traurig. Selbst Lindow bezeichnete mich zumindest als Freundin … wenn er mich nicht gerade ärgern wollte.[/LEFT] [LEFT]Vielleicht war das aber das einzige, was ich von jemandem wie Soma erwarten konnte, und ich wollte es nicht direkt wieder verspielen. Solange ich nur bei ihm war, sollte mir das recht sein.[/LEFT] [LEFT]Ich erzählte ihm von dem Anhänger, den Koordinaten, den herausgesuchten Bildern. Ohne mich zu unterbrechen lauschte er aufmerksam, daran hätte ich mich glatt gewöhnen können.[/LEFT] [LEFT]Als ich am Ende angekommen war, runzelte er seine Stirn. »Was hast du nun vor?«[/LEFT] [LEFT]»Sollte ich etwas vorhaben?«[/LEFT] [LEFT]»Du hast doch nach einem Hinweis auf deine Vergangenheit gesucht. Jetzt wird er dir schon direkt vor die Füße gelegt und du willst ihm nicht einmal nachgehen?«[/LEFT] [LEFT]Ich seufzte. »Der Ort ist zu weit im Norden. Unsere Einsätze sind nicht einmal ansatzweise in der Nähe – und ich kann wohl schlecht zu Sakaki gehen und ihn darum bitten, mich da absetzen zu lassen.«[/LEFT] [LEFT]Am besten noch mit Rationen, meinem God Arc und genug Selektionsfaktor, dass ich eine Weile dort bleiben und Nachforschungen anstellen konnte. Sakaki war ein verständnisvoller und netter Vorgesetzter, aber nicht einmal er würde so etwas zustimmen.[/LEFT] [LEFT]»So funktioniert das natürlich nicht«, sagte Soma. »Der alte Mann ist nicht verrückt genug dafür. Bei meinem Vater hättest du mit so etwas mehr Erfolg gehabt.«[/LEFT] [LEFT]Johannes von Schicksal war sehr freigiebig gewesen, wenn es um sich um derartige Sonderwünsche gehandelt hatte, sofern er einen loswerden wollte. Damals waren wir jedoch davon ausgegangen, dass er uns einfach nur für unsere Arbeit mit seinem Vertrauen belohnen wollte. Inzwischen wussten wir es natürlich besser – jedenfalls einige von uns.[/LEFT] [LEFT]»Hast du denn einen anderen Vorschlag?«[/LEFT] [LEFT]Soma stand auf und bedeutete mir, ihm zum Schreibtisch zu folgen. Dort setzte er sich wieder und tippte etwas auf der Tastatur ein. Ich blieb neben ihm stehen, beobachtete, wie einer der Monitore zu einer Karte von Fernost wechselte, übersät mit Informationen zu den einzelnen Einsatzorten. Er schaltete diese zusätzlichen Texte mit einem Knopfdruck aus. »Kannst du mir zeigen, wo es ungefähr ist?«[/LEFT] [LEFT]In der letzten Woche hatte ich so oft auf die Karte auf meinem Terminal gestarrt, dass ich nicht einmal darüber nachdenken musste. Ich deutete auf die Stelle – und stellte dabei fest, dass irgendeine Markierung bereits in der Nähe davon war. »Was ist das?«[/LEFT] [LEFT]Soma aktivierte die Information für diesen Punkt. »Hm, dort ist der letzte Fenrir-Transporter verschwunden.«[/LEFT] [LEFT]Wie hatte ich das nur vergessen können? Ich hatte den Bericht zusammen mit Hibari in der Lobby gesehen, aber dem keine Bedeutung mehr beigemessen, als das mit dem Anhänger geschehen war.[/LEFT] [LEFT]»Denkst du«, fragte ich, »dass beides zusammenhängt?«[/LEFT] [LEFT]»Es wäre jedenfalls ein großer Zufall, wenn nicht.« Soma runzelte wieder die Stirn.[/LEFT] [LEFT]Am liebsten hätte ich ihn darauf hingewiesen, dass er davon noch Falten bekäme, aber angesichts der Umstände wollte ich ihn nicht necken. Ich war verwirrt, er wollte helfen – das sollte ich nicht mit einem blöden Spruch kaputt machen.[/LEFT] [LEFT]Er schwieg nachdenklich, deswegen machte ich einen Vorschlag: »Glaubst du, Sakaki lässt mich gehen, wenn ich dem nachgehen will?«[/LEFT] [LEFT]Dabei war ich selbst davon überzeugt, dass er das ablehnen würde. Ginge es um Aragami, wäre das eine Sache, aber inzwischen wusste man, dass es sich höchstwahrscheinlich um menschliche Täter handelte, dafür waren wir nicht zuständig.[/LEFT] [LEFT]Das bestätigte mir Soma auch sofort. »Wir können keinesfalls damit rechnen, dass der alte Mann uns das erlaubt. Wir müssen da etwas geschickter vorgehen.«[/LEFT] [LEFT]Ich nickte – dann stutzte ich. »Warte mal. Wir?«[/LEFT] [LEFT]Er sah mich an, einer seiner Mundwinkel war zu einem schrägen Lächeln hochgezogen. »Auf deiner letzten Mission hättest du dir fast das Rückgrat gebrochen und wärst beinahe von einem Aragami gefressen worden. Denkst du wirklich, da lasse ich dich allein irgendwohin?«[/LEFT] [LEFT]Ich dachte nicht gern an beide Ereignisse zurück, aber die letzte Mission war wirklich viel zu knapp für mich geworden. Ohne Soma wäre ich nicht wieder zurückgekommen. Dennoch …[/LEFT] [LEFT]»Das könnte gefährlich werden«, wandte ich ein. »Man braucht dich hier doch.«[/LEFT] [LEFT]»Dich auch«, erwiderte er. »Außerdem sagte ich dir bereits, dass du für viele Leute wichtig bist. Da ist es das Mindeste, dass ich auf dich achte.«[/LEFT] [LEFT]Ich wollte wirklich, dass er mich begleitete, dass er bei mir war, dass er dabei vielleicht endlich bemerkte, was ich für ihn empfand, wie ernst es mir mit ihm war. Außerdem war ich seit meinem Erwachen in der Klinik vor einem Jahr nicht mehr allein unterwegs gewesen – und wenn ich ehrlich war, fürchtete ich mich davor, die sicheren Mauern zu verlassen, ohne jemanden, der mir den Rücken stärkte.[/LEFT] [LEFT]Ich legte eine Hand auf mein viel zu schnell schlagendes Herz. »Danke, Soma.«[/LEFT] [LEFT]Er wandte rasch den Blick ab. »Eh, wie gesagt, ich will nur verhindern, dass du dir aus Versehen den Hals brichst.«[/LEFT] [LEFT]Die Worte waren harsch, doch ich glaubte, ein wenig Verlegenheit herauszuhören. Das genügte mir.[/LEFT] [LEFT]»Gut«, sagte ich, um auf das Thema zurückzukommen, »wie wollen wir es also anstellen?«[/LEFT] [LEFT]Er verschränkte die Arme vor der Brust, während er darüber nachdachte. Ich blickte derweil auf meinen Armreif hinab. Fenrir nutzte diesen nicht nur, um uns den Selektionsfaktor zu verabreichen, damit überwachten sie auch unsere Vitalwerte und lokalisierten uns. Selbst wenn wir also versuchten, heimlich dorthin zu gehen, wäre Hibari in der Lage, uns zu orten – und würde uns vermutlich auffordern, sofort zurückzukehren. Ganz zu schweigen von dem Ärger, den wir dann mit Sakaki bekämen …[/LEFT] [LEFT]Plötzlich nickte Soma, ehe er wieder etwas sagte: »Wir brauchen insgesamt vier Dinge. Rationen, genug Selektionsfaktor für dich, eine Mission, die nah genug ist, dass wir mit einem Wagen hinfahren können – und jemanden, der keine Probleme damit hat, Fenrir anzulügen, um uns Zeit zu verschaffen.«[/LEFT] [LEFT]Zumindest für letzteres wusste ich sofort jemand Passendes: »Lindow wäre ideal, oder?«[/LEFT] [LEFT]Soma stieß ein amüsiertes Schnauben aus. »Dem ist sogar zuzutrauen, dass er dabei mitmacht.«[/LEFT] [LEFT]Und in einem solchen Fall wäre auch Sakuya mit an Bord. Fehlte nur noch der Rest, aber selbst da fiel mir etwas ein: »Ich arbeite aktuell im Lager, also kann ich das mit den Rationen und dem Selektionsfaktor hinbekommen. Auch wenn es mir ein wenig schwer fallen wird, Fenrir zu bestehlen.«[/LEFT] [LEFT]»Typisch für dich.« Er klang amüsiert. »Sie werden es dir verzeihen, wenn du es Sakaki im Nachhinein erklärst.«[/LEFT] [LEFT]Im Prinzip standen die Chancen dafür wirklich gut. Ich hatte immerhin einige Erfolge vorzuweisen – und eine Dummheit, die aber nur mich geschädigt hatte – da sollte man mir eine eigenmächtige Entscheidung verzeihen können.[/LEFT] [LEFT]»Eine Sache aber noch.« Soma tippte wieder etwas, auf dem rechten Monitor erschien eine Tabelle. Er betrachtete diese für einen Moment. »Ich möchte, dass du dein Training etwas erweiterst.«[/LEFT] [LEFT]Bei einem genaueren Blick erkannte ich auch, dass es sich um eine Statistik meiner letzten Einheiten im Simulator handelte. Ehe ich etwas einwerfen konnte, fuhr er fort: »Frag Alisa oder Kota, ob sie dir dabei helfen möchten.«[/LEFT] [LEFT]»Wäre es nicht besser, wenn ich mit dir trainiere?«[/LEFT] [LEFT]»Im Prinzip schon, aber ich befürchte, dass man dann sofort merken könnte, dass wir das geplant haben, wenn wir es wirklich angehen.«[/LEFT] [LEFT]Er dachte wirklich an alles. Ich konnte mich glücklich schätzen, ihn auf meiner Seite zu wissen. Dafür hätte ich ihn am liebsten umarmt, aber ich wollte ihn nicht noch verschrecken.[/LEFT] [LEFT]Da ich schwieg, sah er mich wieder an. »Geht es dir jetzt besser?«[/LEFT] [LEFT]Ich nickte lächelnd. »Danke, Soma. Wirklich.«[/LEFT] [LEFT]»Ich tue das nur, damit du dir nicht den Hals brichst oder Aragami-Futter wirst oder-«[/LEFT] [LEFT]»Schon verstanden, du vertraust mir nicht.«[/LEFT] [LEFT]Er stieß ein knappes Lachen aus. »Nach dem, was ich letztes Mal gesehen habe … Nur weil endlich etwas Ruhe eingekehrt ist, bedeutet das nicht, dass du deine Verteidigung vernachlässigen kannst.«[/LEFT] [LEFT]Ich musste ihm recht geben. Seit der großen Schlacht gegen Arius Nova war ich fahrlässig geworden, ein wenig zu selbstsicher. Es konnte nicht schaden, wieder mehr Vorsicht walten zu lassen.[/LEFT] [LEFT]»Ich kümmere mich darum«, versprach ich. »Du wirst mich nicht mehr beaufsichtigen müssen.«[/LEFT] [LEFT]Er zeigte mir ein zufriedenes Lächeln. »Gut, wenn wir das besprochen haben, sollten wir zu unserem Tee zurückkehren. Er wird sowieso schon kalt sein.«[/LEFT] [LEFT]Was mich natürlich nicht störte. Soma hatte ihn für mich gekocht, also würde ich ihn selbst jetzt noch genießen, genau wie meine restliche Zeit mit Soma. Dazu entschlossen kehrte ich zum Sofa zurück, wieder einmal glücklich darüber, derart großartige Verbündete und Freunde zu besitzen.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]In einem Moment strich die singende Frau mir in meinem Traum noch durch das Haar, im nächsten stand ich vor einem großen Schreibtisch. Jemand saß in dem Sessel dahinter. Doch meine Sicht war verschwommen, alles war undeutlich, so auch die Person, die ich nur als schwarzen Schemen wahrnahm – abgesehen von seinem linken Auge, das rot leuchtete. Es war ein furchteinflößender Anblick, aber dennoch fühlte ich mich vollkommen sicher, behütet sogar.[/LEFT] [LEFT]»Ich bin sicher, dass du erfolgreich zurückkehren wirst«, sagte der Schatten mit tiefer Stimme, »und falls nicht, bin ich dennoch stolz, dass du diese Mission übernommen hast.«[/LEFT] [LEFT]Ich erinnerte mich an diese Worte – jedenfalls, als ich sie während La Lloronas Hypnose gehört hatte. Was für eine Mission war hiermit gemeint?[/LEFT] [LEFT]Mein Traum-Ich neigte ein wenig den Oberkörper. »Ich werde dich nicht enttäuschen.«[/LEFT] [LEFT]Mit einer Hand bedeutete er mir, zu verschwinden. »Dann geh. Deine Mutter will dich bestimmt noch einmal sehen, bevor du losgehst.«[/LEFT] [LEFT]Die Szenerie flatterte wie unzählige winzige Insekten, flog auseinander und setzte sich neu zusammen. Ich saß wieder in dem mir bekannten Raum, zusammen mit der schwarzhaarigen Frau, die mich nun besorgt ansah, ihre braunen Augen leuchteten im elektrischen Licht. Mit ihrem feinen Gesicht hätte ich sie wesentlich jünger geschätzt, aber offenbar war sie meine Mutter – jedenfalls wenn mein Traum mich wirklich zu ihr geführt hatte. Ich war mir nicht sicher, denn obwohl ich mich so genau an sie erinnerte, ihr Gesicht, ihre Stimme, ihre Wärme, fehlte mir die Verbindung. Doch dass sie voller Sorge war, ließ auch mein Herz schwer werden.[/LEFT] [LEFT]»Bist du sicher, dass du das tun willst?«, fragte sie. »Diese Mission ist gefährlich.«[/LEFT] [LEFT]»Nur keine Sorge, ich schaffe das schon, dafür habe ich trainiert.« Ich klang selbstsicher, aber nicht so wie ich es inzwischen von mir kannte. Hier war viel mehr Stolz in meiner Stimme. »Bevor der Monat vorbei ist, komme ich mit einem von ihnen zurück.«[/LEFT] [LEFT]Mit einem von ihnen? Wovon sprach ich da nur? Warum konnte ich mich nicht erinnern?[/LEFT] [LEFT]Meine Mutter seufzte. »Sei einfach nur vorsichtig. Die Welt da draußen ist ein schlimmer Ort.«[/LEFT] [LEFT]Ich versicherte ihr, dass ich besonders auf mich achten würde, und wiederholte, dass ich bald zurück sein werde. Aus diesem bald war inzwischen über ein Jahr geworden. Machte sie sich immer noch Sorgen oder wusste sie, dass ich am Leben war, weil man in Fernost über mich sprach und berichtete? Das hätte ich zu gern gewusst. Fände ich es heraus, wenn ich dorthin ging?[/LEFT] [LEFT]Es gab jedenfalls nur eine Möglichkeit, das zu ergründen: Mit der Hilfe von Soma würde ich den Ort aufsuchen, den der Anhänger mir zeigte – und hoffentlich würde ich dort auch auf meine Mutter treffen.[/LEFT] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)