Fünfmal Weihnachten von FreeWolf (Ein Adventskalender mit Mut zur Lücke) ================================================================================ Kapitel 2: Zweimal Vorweihnachtszeit ------------------------------------ „Tadaima!“ Die Tür des Haupthauses schloss sich mit einem resoluten, dumpfen Geräusch hinter ihm. Stille begrüßte Takao, der seufzend die Mütze vom Kopf zog und die letzten Schneeflocken abschüttelte, die daran festhingen. Dann stellte er seinen Rucksack ab, entledigte sich seiner Jacke und der durchweichten Turnschuhe. Seine Hausschuhe waren verschwunden. Takao seufzte und zog sich die klammen Socken von den Füßen, um auf den Holzboden des Eingangsbereichs zu steigen. Eine fremde Jacke hing an seinem üblichen Haken. Ein Paar Wanderschuhe stand im Regal an seinem üblichen Platz, daneben hatte ein Paar schwarzer Schuhe den Platz von Hitoshis Hausschuhen eingenommen. Beides war nichts Unübliches; manchmal gab sein Großvater Privatstunden, und seine und Hitoshis Hausschuhe waren praktische Gästepantoffeln. Takao brummelte vor sich hin, während er nach seinem Rucksack fasste und mit kalten Füßen ihn in Richtung des Küchenbereichs schleppte. Vielleicht sollte er endlich in richtige Gästepantoffeln investieren.   Auch wenn sein Großvater vermutlich im Dojo war, war es seltsam dunkel und still im Haupthaus. Als Takao in Richtung seines Zimmers ging, fiel ihm auf, dass das Gästezimmer, das früher Hitoshi gehört hatte, offenstand. Er blieb verwundert stehen und beäugte den geöffneten Koffer misstrauisch. Bevor er weiter darüber nachdenken konnte, ertönte ein bedenkliches Krachen aus Richtung des Hauptraumes. Takao schrak zusammen. Er stolperte fast über seine eigenen Füße, während er in die Gänge kam und in Richtung des Hauptraumes hastete. Vor seinem inneren Auge manifestierten sich Horrorszenarien aller Art; Großvater war gestürzt und hatte sich etwas gebrochen. Großvater hatte das altmodische Kohlebecken, auf das er bestand, umgeworfen. Großvater- „Ojii-chan?!“, alarmiert riss Takao die Schiebetür zur Seite und kam stolpernd zum Stehen.   Vor ihm waren Geister aufgetaucht, anders konnte er sich die Anwesenheit seines Vaters und seines Bruders nicht erklären. Tatsuya saß im Schneidersitz Ojii-chan gegenüber und drehte sich in seine Richtung, breites Grinsen und Vollbart, ganz wie Takao ihn in Erinnerung hatte. Hitoshi hingegen hantierte mit einer Lichterkette von bemerkenswerter Länge, die er wohl irgendwo anbringen sollte. Er machte ein skeptisches Gesicht und hatte wohl gerade den Koffer am Boden umgeworfen, nach dem er sich bückte. Irgendjemand hatte dein mobilen Heizkörper mitten in den Raum gestellt, der in der Ecke leise brummte. Sein Vater erhob sich langsam, schwerfälliger als Takao ihn in Erinnerung hatte, und breitete die Arme aus, ein breites Grinsen im Gesicht. „Takao!“ Der Angesprochene schloss den Mund, als er merkte, dass er offenhing, und blinzelte nochmals ungläubig. Konnte er sich trauen, sich die Augen zu reiben, oder würden die beiden Erscheinungen dann wieder verschwinden? „Was macht ihr denn hier?“, brach dann rau aus ihm hervor. Takao schluckte und überwand die letzten Schritte, um sich seinem Vater in die Arme zu werfen. „Papa!“ Wenn er seinen Großvater aus den Augenwinkeln zufrieden nicken sah, übersah Takao dies geflissentlich. Stattdessen versank er in der Umarmung. Dann fühlte er eine Hand durch sein Haar wuscheln. „Hey!“, protestierte er. „Wo hast du denn dein Glücks-Cap?“, fragte Hitoshi, während er den Arm freundschaftlich um Takaos Schulter schlang. Der lachte peinlich berührt. „In meinem Zimmer. Es ist grad zu kalt dafür, deswegen haben Kai und Hiromi mir eine Wintermütze geschenkt“, erklärte er leichthin. Hitoshi hob die Augenbrauen in die Höhe. „Kai?“, hakte er kopfschüttelnd nach. „Der Kai, den ich auch kenne? Das klingt nicht nach derselben Person“ Takao verdrehte die Augen. „Komm‘ schon, Hiro“, brummte er und stieß seinem Bruder den Ellbogen leicht in die Seite. „Er ist kein Ekel. Ihr könnt halt einfach nicht miteinander. Oder, Ojii-chan?“ Der alte Mann nickte und nippte an seinem Tee. „Es hilft, dass Hiromi-chan euch beiden die Hammelbeine lang zieht“, trietzte er gutmütig. Takao verdrehte nur die Augen, doch sein Vater wurde hellhörig. „Was höre ich da? Ein Mädchen?“ Der Dunkelhaarige wurde von seinem Großvater gerettet, der sich laut räusperte. „Jetzt macht doch mal wie Tür zur Engawa zu! Es zieht!“ Takao tat wie ihm geheißen und blickte sich suchend um, um vom Thema abzulenken. Die Lichterkette fiel ihm ins Auge. „Was habt ihr mit dem Ding vor?“ Tatsuya und Hitoshi grinsten einander auf eine Weise an, die einen eifersüchtigen Stich in Takaos Brust auslöste. „Weihnachtsbeleuchtung!“, verkündeten sie dann synchron, was Takao nur eine unverständige Grimasse ziehen ließ. „Was?“ Hitoshi nahm die Lichterkette wieder zur Hand. „Hilf mir mal!“ Sie begannen gemeinsam, die bunten Lichter an den Deckenbalken des Hauptraums anzubringen. Bald hatten sie eine Art Lichterketten-Himmel über sich. Während sein Großvater das Hauptlicht ausmachte, fasste Hitoshi nach dem Stecker der Lichterkette. Im Dunkeln, sein Vater neben sich, regte sich etwas in Takaos Hinterkopf; eine vage Erinnerung an seine Mutter, verbunden mit dem bunten Schein der Lichter und dem Gefühl von Armen, die ihn fest auf einer weichen Unterlage hielten, unter der ein dumpfes Pochen ihn einlullte. Er blinzelte angestrengt, versuchte das unscharfe Bild zu fokussieren, doch es verschwamm, zerrann in der wohligen Dunkelheit rundum. Ein Fluchen holte ihn zurück in die Realität, und einen Moment lang waren sie umgeben von bunten Lichtern, ehe eine Lampe in der Nähe von Hitoshi platzte. Das Licht, das die Engawa erleuchtet hatte, ging mit einem Mal aus.   Es war einen Moment lang komplett still. Dann ertönte ein leises Glucksen, das zu einem Lachen anwuchs. Hitoshi gab ein frustriertes Geräusch von sich. „Jedes Mal das gleiche!“, murmelte er eingeschnappt. „Ich bin der Herr der Stürme, verdammt, nicht der Herr der Lichterketten!“ Tatsuya grinste im Schein von Takaos Handy, der sich aufrappelte, um nach Kerzen zu suchen. Seine Augen funkelten schelmisch. „Der Strom ist aus, wir sind eingeschneit-“ Takao verdrehte die Augen. „Wir sind nicht eingeschneit, Papa! Es hat Plusgrade draußen!“ Sein Vater winkte ab. „Verwende doch deine Fantasie, Junge! Bringen sie dir an der Uni gar nichts bei?“ Der Jüngere der Kinomiya-Brüder schüttelte den Kopf und verbiss sich den Kommentar, dass er nicht an eine Uni ging, sondern bei der BBA arbeitete. Tatsuya überging dies geflissentlich. „Wie hält man sich in einer solchen Situation am besten warm?“, er grinste hoffnungsvoll in die Runde. Hitoshi verdrehte amüsiert die Augen. „Na komm schon, erzähl die Geschichte, wie du und Mama euch kennengelernt habt“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)