You'll be in my heart von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 14: Epilog: Wirklichkeit -------------------------------- Seiya Mit ihrer Berührung übermittelt sie mir ein Bild. Ich sehe wie sie zu Jupiter aufsieht. Ihr Gefühl dabei ist wie ein Spiegelbild meiner eigenen Sehnsucht. “Wir haben uns ein Wiedersehen versprochen,” sie lächelt mich fröhlich an. Sie sagt es, als wäre sie mal eben aus der Nachbarschaft vorbeigekommen und nicht gerade durch die halbe Galaxie gereist. Aus den Augenwinkeln nehme ich eine Bewegung wahr und erinnere mich wieder daran, dass Yuuiren bei uns ist. Als wir beide zu ihr hinuntersehen, schenkt sie uns ihr strahlendstes Lächeln. "Du hast meine Schwester schon kennengelernt?", frage ich, obwohl es offensichtlich ist. Bunny nickt. “Kakyuu meinte, dass sie mich zu dir führen würde.” Yuuiren fordert uns auf zurück zu unserem Haus zu gehen, um dort gemeinsam zu essen. Ich beiße mir auf die Lippen. Eigentlich will ich nicht. Ich möchte hier bleiben, mit ihr. Verstehen, wie es auf einmal dazu kommt, dass sie hier ist und was es zu bedeuten hat. Aber wann konnte ich Yuuiren je etwas abschlagen? Außerdem genügt ein Blick zu Bunny um zu sehen, dass sie sehr wohl hungrig ist. Ich bin immer wieder fasziniert, wie sie mit ihrer zarten Figur so viel essen kann. Allein bei bei dem Gedanken muss ich unwillkürlich den Kopf schütteln und gebe mich geschlagen. Auf dem Weg zurück erzählt Yuuiren Bunny von Kinmoku, erklärt ihr die markantesten Gebäude der Festung und zeigt ihr die Wiese, auf der wir oft picknicken. Ich gehe neben ihnen her und frage mich, ob es an Yuuirens Bewunderung für die Mondprinzessin liegt oder es einfach Bunnys Gabe ist Menschen für sich zu gewinnen, denn die beiden gehen miteinander um, als würden sie sich schon lange kennen. Als wir unsere Wohneinheit betreten sind Yaten und Taiki bei Bunnys Anblick zuerst genauso fassungslos wie ich es wohl war, nur um sie dann mit einer Überschwänglichkeit zu begrüßen, die ich von keinem von ihnen gewohnt bin. Yaten schließt Bunny in eine wortlose Umarmung und lässt sie lange nicht mehr los. Es macht mir wieder einmal bewusst, wie sehr dieser letzte Kampf alles verändert hat. Taiki mag nicht gut darin sein, seine Gefühle in Worte zu fassen. Aber ich sehe, was er alles auftischt. Es ist seine Art sich um Menschen zu kümmern. Wir sitzen um den Tisch und ich beobachte Bunny, wie sie sich von Yuuiren die einzelnen Gerichte erklären lässt und von allem etwas probiert. Es sieht so selbstverständlich und behaglich aus, als würde sie schon immer hierher gehören. Ich kann mich noch immer nicht davon abhalten sie anzustarren. Sie hier auf Kinmoku zu erleben, ist die unwirklichste Sache, die ich mir vorstellen kann. Ein Teil von mir kann noch nicht immer glauben, dass es tatsächlich passiert. Als ob mein Gehirn nicht in der Lage wäre, diese zwei Welten - oder Leben - zusammen zu fügen. Und doch es ist wahr. Nachdem sich der erste Trubel gelegt hat, fühlt es sich fast so an, als wäre es nur eine längere Reise gewesen, die uns getrennt hat. Kein Jahr oder eine ganze Galaxie. Bunny fragt, wie es uns seit unserem Abschied ergangen ist und Yaten und Taiki erzählen von unserer Rückkehr und unseren neuen Aufgaben. Sie deuten an, dass ich sie vermisst habe und ziehen mich ein wenig damit auf. Aber sie kommen damit nicht einmal annähernd der Wahrheit nahe. Sie erwähnen nicht, dass wir auf der Erde waren. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihr davon erzählen möchte. Zumindest nicht, bevor ich weiß was ihre Anwesenheit zu bedeuten hat. Umgekehrt fragen Taiki und Yaten nach dem Leben auf der Erde. Bunny fängt an von den Schlagzeilen zu berichten, die der Rückzug von Three Lights verursacht hat. Unser letztes Album hat als Folge davon wohl alle Rekorde geknackt. “Sie haben euer Lied pausenlos im Radio gespielt,” vielleicht bilde ich es mir ein, aber in ihrer Stimme klingt Wehmut mit. Als sie beschreibt, was für ein Drama manche Mädchen wegen unserem Abschied gemacht haben, greift sich Taiki an den Kopf und Yaten verdreht theatralisch die Augen. Als Yaten nach den anderen fragt, starrt sie einen Moment in ihre Teetasse, als könnte sie daraus die richtigen Worte lesen. Dann fängt sie an von der Schulabschlussfeier zu erzählen und den Plänen der anderen. Ich bemerke, dass sich Taiki fast erleichtert zurücklehnt, als sie erwähnt, dass Ami an ihrer Wunsch-Universität angenommen wurde. Sie erzählt voller Begeisterung, dass Minako tatsächlich einen Plattenvertrag bekommen hat und von ihrem ersten Konzert in einem Club. Bunny war natürlich in der ersten Reihe dabei, um ihrer Freundin beizustehen. Ich sehe den Stolz in Yatens Augen aufblitzen. Mir kommt wieder seine Ungeduld in den Sinn als wir vor dem Café gestanden sind und ich frage mich, ob ich vielleicht nicht der Einzige war, für den es damals schwer war wieder zu gehen. Mir fällt auch auf, dass sie nicht von sich selbst erzählt. Irgendwann im Laufe des Nachmittags kommt auch Kakyuu zu uns. Sie ist es, die schließlich von unserem Pizza-Abend erzählt. Yaten läuft sofort puterrot an. Bunny kichert bei der Vorstellung von unseren missglückten Pizza-Versuchen. Während Kakyuu erzählt drifte ich mit den Gedanken wieder ab. Wie sehr habe ich mir damals gewünscht, dass sie hier wäre… Ich hätte nie gedacht, dass ich dir diese Geschichte je erzählen könnte. Jetzt sitzt du tatsächlich hier... Bunny holt mich wieder in die Wirklichkeit, als sie mir leicht mit dem Ellbogen in die Rippen boxt und mich gleichzeitig mit gespielter Empörtheit von der Seite ansieht. “Und ausgerechnet du hast dich über meinen Auftritt in der Kochsendung lustig gemacht…” Danach kommt es, wie es kommen muss und wir schwelgen zusammen in Erinnerungen. Die Kochsendung, unsere Ausflug an den See, das Softball-Spiel. Während die anderen reden, legt sie unter dem Tisch ihre Hand auf meine. Mein Herz fängt allein durch ihre Berührung an schneller zu schlagen. Ich verschränke wie zur Bestätigung meine Finger mit den ihren. Yaten redet unterdessen weiter von dem chaotischen Abend in Bunnys Haus. Ich nehme es nicht wirklich wahr. Für einen Moment sehen wir beide nur stumm auf unsere verschlungenen Hände hinunter, bis wir uns schließlich in die Augen sehen. Sie deutet ein Lächeln an. Mir geht das Herz auf. Den anderen scheint es nicht entgangen zu sein, denn mit einem Mal kommt Unruhe auf und es geht plötzlich sehr schnell, dass sie versuchen Gründe zu finden, um ihren Abschied zu erklären. Kakyuu hat noch Termine wahrzunehmen und bittet Taiki sie zu begleiten. Yaten redet davon, dass er mit Yuuiren noch Besorgungen machen möchte. Sie hätten kaum weniger subtil sein können. Innerhalb von ein paar Minuten bleiben Bunny und ich plötzlich alleine zurück. Ich habe tausend Fragen und bin gleichzeitig sprachlos. Die Stille im Raum ist plötzlich ohrenbetäubend. “Möchtest du noch etwas Tee,” frage ich, unschlüssig was ich tun soll. Sie schüttelt nur stumm den Kopf. “Vielleicht könnten wir spazieren gehen.” Ich nicke und bin insgeheim dankbar dafür. **** Als wir aus der Tür treten, geht die Sonne bereits unter und bei dem Anblick kommt mir ein Gedanke. “Komm mit,” fordere ich sie auf "ich möchte dir etwas zeigen." Sie folgt mir den kurzen Weg hinauf auf die Festungsmauern. Es ist mein Lieblingsplatz um diese Tageszeit. Die Fenster der roten Sandsteingebäude auf dem Festland spiegeln die schwächer werdenden Sonnenstrahlen wieder und erwecken den Eindruck, als würde die Stadt einschließlich des Wassers zwischen der Festung und dem Land in Feuer stehen. Ich bin jedes Mal fasziniert, wie diese letzten schwachen Strahlen die Stadt in eine magische Stimmung hüllen. Ich sehe zu Bunny. Das Staunen in ihren Augen verrät mir, dass es ihr genauso geht. “Es ist wunderschön,” murmelt sie und stützt sich mit den Unterarmen auf die Festungsmauern. Eine Zeit lang verweilen wir einfach nur stumm und beobachten das Schauspiel. “Du hättest sehen sollen, was hier los war, als wir zurückgekommen sind,” sage ich ihr und beginne von dem Tag unserer Rückkehr zu erzählen. Von den Menschenmassen, die sich nicht nur in der Festung sondern auch auf den Brücken und in der Stadt versammelt haben. Ich versuche, ihr den Enthusiasmus zu beschreiben und erzähle von den Liedern, die sie gesungen haben. Bunny hört aufmerksam zu. “Ich habe mir die ganze Zeit gewünscht, dass du all das selbst sehen könntest,” sage ich ihr. Es ist die Wahrheit und doch drückt es nicht einmal annähernd aus, was ich ihr wirklich sagen möchte. “Ich habe oft versucht mir vorzustellen, wie es in deiner Heimat ist,” erwidert sie ohne mich anzusehen. “Ich hatte keine Ahnung.” Es klingt nicht wie eine bloße Feststellung, sondern als würde Bedauern in ihrer Stimme mitschwingen. “Auf der Erde war von einem Tag auf den anderen alles wie immer. Die Menschen konnten sich nicht erinnern. Wir sind am Tag nach eurem Abschied zur Schule gegangen, als wäre nichts gewesen...” Einen Teil davon hat sie schon vorhin beim Essen erzählt. Jetzt klingt es, als würde sie noch etwas sagen wollen. Ihre Worte hängen in der Luft. Aber sie sagt nichts. Wir gehen langsam weiter. Ich beginne von Yuuiren zu erzählen, und dass ich mir nie erhofft hätte, sie wieder zu sehen. Ich versuche ihr zu erklären, wie es mir geholfen hat wieder in mein Leben zu finden, einen Alltag aufzubauen. Mir fehlt der Mut ihr zu gestehen, dass ich ihr all das in so vielen Nächten oben auf dem Hügel bereits erzählt habe. Seit unserem ersten Treffen habe ich mein Herz auf der Zunge getragen. Jetzt hält mich etwas davon zurück. Vielleicht ist es Angst. Denn wie viel Glück kann ein Mensch schon haben? Ganz besonders dann, wenn selbst das Schicksal gegen mich ist. Seit sie mir ihre Gefühle offenbart hat, habe ich nie an ihren Worten gezweifelt. Aber ich weiß, dass sie Mamoru hat, dass sie ihn trotz allem liebt und dass er ihr Schicksal ist. Was macht es für einen Unterschied, wenn ich ihr ein weiteres Mal mein Herz ausschütte? Wir haben uns ein Wiedersehen versprochen. Mehr nicht. Ich erinnere mich daran, dass ich schon aufgegeben hatte, sie je wieder zu sehen und sage mir, dass ich glücklich darüber bin, dass sie hier ist. Dass es nicht mehr braucht. Dass es mir immer genügt hat in ihrer Nähe zu sein. Ich glaube es ist Selbstschutz, der es mir nicht erlaubt, auf mehr zu hoffen. Genau wie er mich davon abhält mehr zu sagen, weil ich dann nicht nur mir selbst eingestehen würde, dass ich mich selbst belüge. Deshalb erzähle ich weiter von unserem neuen Leben auf Kinmoku. Ich beschreibe ihr wie Yuuiren seit unserer Rückkehr mit jedem Tag ein wenig mehr aufblüht und dass Taiki in seiner neuen Aufgabe vollkommen aufzugehen scheint. Mir kommen viele kleine Anekdoten aus unserem Alltag in den Sinn. Noch während ich sie erzähle, bin ich mir nicht sicher, ob sie sie genauso lustig findet wie ich oder sie überhaupt nachvollziehen kann. Ich erzähle sie trotzdem, weil ich mir so oft gewünscht habe, dass sie dabei gewesen wäre und weil sie es in gewisser Weise auch die ganze Zeit war. Bunny hört die ganze Zeit meist schweigend zu. Inzwischen haben mir auf unserem Weg entlang der Festungsmauern, den hinteren Teil der Insel erreicht und stehen am Fuße des Hügels, unterhalb des Schreins. Als ich sie jetzt unter dem Sternenlicht ansehe, wird mir bewusst, dass gerade ein weiterer meiner Wünsche in Erfüllung geht, wie so viele andere auch im Laufe des Tages. Ich wünschte, du könntest sie kennenlernen. Ich wünschte, du hättest die Freude der Menschen heute sehen können. … weil wir das alles dir zu verdanken haben. Ich wünschte, du wärst hier... Als ich fertig bin, beginnt sie im Gegenzug vom Leben auf der Erde zu erzählen. Am Anfang wiederholt sie, was sie zuvor schon den anderen erzählt hat. Und dann auch wieder nicht. Sie vermischt die Geschehnisse aus dem letzten Jahr mit Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit. Wenn sie davon redet, fühlt es sich an, als wäre ich auf einer Zeitreise. Anders als vorhin, sind es auch nicht bloß Fakten, die sie aufzählt. Jetzt, wo wir allein sind, beginnt sie auch zu erzählen, wie es ihr dabei gegangen ist und auf einmal beginnt alles eine ganz andere Farbe anzunehmen. “Die Mädchen in der Schule machen alle ein Drama daraus, dass ihr nicht mehr auftretet.” Es ist die Version, die sie auch den anderen erzählt hat. “Dabei kennen sie euch nicht mal. Sie wissen nicht, dass ihr nicht mehr auf der Erde seid. ”, fügt sie jetzt hinzu, und ihr genervter Unterton weicht Traurigkeit. Mir wird klar, was sie vorhin ungesagt ließ. “Sie haben überall euer Lied gespielt. Ihr wart in jeder Zeitschrift, auf Postern, im Fernsehen... Aber du hast gefehlt.” Bei ihren Worten habe ich wieder ihre Erinnerung vor Augen, als sie nachts am Balkon zu Jupiter sieht. In dem Moment merke ich auch, dass sie mit ”Du hast gefehlt.” das gleiche meint, wie ich mit ”Du warst die ganze Zeit hier.” Es macht mich mutig und ich nehme mir ein  Herz. “Ich war da,” platzt es aus mir heraus und noch bevor ich weiter darüber nachdenken kann, beginne ich ihr von meiner Suche zu erzählen. Ich beginne nicht bei meiner Reise zur Erde, sondern am Anfang. Ich erzähle von dem Abend, als wir nach Kinmoku zurückgekehrt sind. Als ich mich rausgeschlichen habe und meinen Weg zu dem Schrein gefunden habe. Von stummen Gesprächen. Von Träumen und Sehnsucht. Sie macht große Augen als sie hört, dass ich auf der Erde war, aber lässt mich weiter erzählen ohne mich zu unterbrechen Bis ich schließlich bei dem Moment vor dem Café angekommen bin. Anfangs bin ich mir nicht sicher, ob ich es richtig ausdrücke. Ob sie meine Beweggründe auch richtig versteht. Ich bin mir selbst nicht sicher, ob ich es überhaupt in Worte fassen kann. "Du hattest dich schon einmal entschieden und ich habe gesehen, was es dir abverlangt hat. Ich wollte dich nicht noch einmal in diese Situation bringen." Im dem Moment als mir die Worte über die Lippen kommen, hätte ich sie am liebsten wieder zurück genommen - weil es selbst für mich viel zu banal klingt. Aber sie beginnt zu reden, noch bevor ich mich erklären kann. "Ich war vierzehn als mir Luna von meiner Bestimmung erzählt hat," flüstert sie. "Und keine zwei Jahre später habe ich erfahren, wie meine Zukunft aussehen wird. Mein ganzes Leben lang wurden mir Entscheidungen abgenommen. Und ich habe es geschehen lassen." Sie sieht mich nicht an sondern blickt hinaus aufs Meer. “Mittlerweile bin ich mir nicht sicher, ob es immer das richtige war.” Sie verstummt für einen Moment. Spätestens jetzt ist mir klar, dass sie diesen Part nie vor den anderen erzählt hätte. "Vielleicht war es unser Schulabschluss. Bisher hat es immer eine ganz klare Linie gegeben, die für alle gleich war. Nach der Grundschule kam die Mittelschule und danach die Oberstufe. Es ist immer weitergegangen. Dann haben auf einmal alle angefangen Pläne zu schmieden... für danach.” Wieder nimmt ihre Stimme einen melancholischen Klang an. “Auf einmal hatten alle die Wahl. Ami wird endlich studieren und Makoto irgendwann ihre eigene Konditorei eröffnen, das war schon immer klar. Aber vielleicht finden sie auch etwas anderes, das ihnen gefällt, wer weiß? Wir sind ja schließlich alle noch jung, oder?” In ihrer Stimme klingt eine Ironie mit, die ich nicht von ihr gewohnt bin. Es beunruhigt mich. Noch bevor ich weiß, was ich erwidern kann oder sollte, fährt sie fort. “Ich beneide Minako darum, dass sie den Mut hat, es mit einer Musikkarriere zu versuchen, ganz egal wie es ausgeht... Kannst du dich noch an Umino erinnern? Vor ein paar Jahren war er der schrulligste Streber auf der ganzen Schule. Er wird nach Yale gehen - keiner wird dort davon wissen, er kann sich völlig neu erfinden und sein wer auch immer er will. Naru ist in Europa. Sie schickt mir regelmäßig Fotos und erzählt mir die verrücktesten Geschichten. Letzte Woche ist sie im Interrail-Zug eingeschlafen und wusste nicht einmal in welchem Land sie war, als sie aufgewacht ist.” Langsam wird mir klar worauf sie hinaus will und mich überkommt das Bedürfnis sie in die Arme zu nehmen. “Meine Eltern fragen mich die ganze Zeit, was ich machen möchte. Aber ich kann mich für nichts begeistern, weil ich die ganze Zeit im Hinterkopf habe, dass es egal ist. Wenn ich so weit wäre, das Studium abzuschließen, steht Crystal Tokyo kurz bevor. Mir wurde immer nur gesagt, dass ich die Zukunft beschützen muss. Ich hatte nie eine Wahl. ” Sie so reden zu hören, allein ihr Anblick, tut mir selbst im Herzen weh. Aber sie lässt mich ein weiteres Mal nicht zu Wort kommen. “Rei hat mich gebeten ihre erste Brautjungfer zu sein,” fährt sie fort und ich versuche zu verstehen, wie das mit den anderen zusammenhängt. Sie versucht mir zu beschreiben, wie sehr sie die Beziehung der beiden, besonders in den letzten Monaten fasziniert. “Sie sind so komplett unterschiedlich. Sie streiten sich ständig, diskutieren und gleichzeitig arbeiten sie doch Hand in Hand. Mehr noch, sie spornen sich gegenseitig zu Höchstleistungen an.” Ich kann die Bewunderung in ihrer Stimme hören. “Ich freue mich wirklich für die beiden, dass sie heiraten.” “Sie war es, die mich hergeschickt hat,” fügt sie nach einer kurzen Pause hinzu aus und damit überrascht sie mich. Ich kann mich noch gut erinnern, dass gerade Rei sie immer wieder an Mamoru erinnert hat. “Wir waren bei ihr zu Hause, um die Hochzeit zu planen und ich habe ihr das gleiche gesagt, wie dir gerade. Und dann hat sie mich darauf angesprochen, ob ich mir nicht das gleiche wünsche…mit Mamoru”, ich merke, dass es ihr nicht leicht fällt, es auszusprechen. Sie spricht trotzdem weiter und erzählt, wie Rei ihr in ihrer typischen beinharten Art und Weise einen Spiegel vorgehalten hat. “Sie hat mich damit konfrontiert und mir klar gemacht, dass es Dinge gibt, die ich nicht beeinflussen kann. Ich werde immer besondere Kräfte haben und das ist eine Tatsache. Diesen Pflichten werde ich nie entgehen können.” Wir sehen uns an und es ist klar, dass wir beide wissen, dass sie mir nicht erklären braucht, wie es ist als Sailor Kriegerin geboren zu werde. “Aber sie hat auch gesagt, dass es meine einzige Pflicht ist, die Menschen und ihren Planeten zu beschützen und sie mich gut genug kennt, um zu wissen, dass ich das immer tun werde.” Sie verstummt abermals und ich kann merken wie sie nach Worten sucht. “Sie hat auch gesagt, dass ich genauso, wie jeder andere das Recht habe mein Glück zu finden.” Schließlich bleibt sie stehen und nimmt meine Hand. In meinem Kopf hallt plötzlich Reis Frage wieder. “Was möchtest du wirklich Bunny?” Daraufhin sehe ich in Bunnys Reaktion hunderte Bilder an ihrem inneren Auge vorbeiziehen. Ich kenne sie alle. Ich habe sie jede Nacht vor Augen. Es dauert nur den Bruchteil einer Sekunde, aber diese eine Erinnerung genügt, um all die unsichtbaren Barrieren niederzureißen, die mich bis jetzt zurückgehalten haben. Diesen einen letzten fehlenden Schritt aufeinander zu, machen wir gleichzeitig. Ich ziehe sie an mich. Wahrscheinlich heftiger, als ich gewollt habe und umschließe ihr Gesicht mit beiden Händen. Es ist nicht unser erster Kuss und trotzdem fühlt es sich neu an. Weil es mich diesmal nicht überrascht. Weil es nicht im Bruchteil einer Sekunde passiert. Ich kann spüren, dass es nicht nur meine Sehnsucht ist. Es ist kein “Was wäre wenn...” oder “Ich wünschte…” . Es ist “Ich will…” Dieses Mal fühlt es sich an, als würden wir wie zwei Magnete voneinander angezogen. Genauso schwer ist es auch mich wieder von ihr zu lösen. Aber schließlich geht auch dieser Kuss irgendwann zu Ende. Unsere Gesichter sind nur Zentimeter voneinander entfernt. Ich weiß nicht, auf welche Reaktion ich hoffe oder warte. Wir sehen uns an. Sie lächelt mich an und der warme Ausdruck in ihren Augen beseitigt meine sämtlichen Zweifel. Wie ganz selbstverständlich lässt sich Bunny im Gras nieder und ich tue es ihr gleich. Wir beginnen über Nichtigkeiten zu reden und gleichzeitig habe ich das Gefühl ihr zum ersten Mal ehrlich erklären zu können, wie es mir wirklich gegangen ist. Mit einem Mal scheint es, als wäre ein Bann gebrochen und die alte Vertrautheit wieder da. Wie damals auf dem Softballfeld, als wir uns alles sagen konnten. Vielleicht ist es auch einfach die gegenseitige Gewissheit, dass sich zwischen uns nichts geändert hat. Noch sicherer bin ich mir dessen, als wir aufhören zu reden und einfach nur stumm die Nähe des anderen genießen. Bunny hat ihren Kopf auf meine Brust gelegt und liegt in meinem Arm. Während wir beide schweigend den Sternenhimmel beobachten fährt sie mit ihren Fingerspitzen sanft über meine Hände. “Schätzchen…?”, frage ich in die Dunkelheit nachdem ich endlich den Mut gefasst habe, die Frage zu stellen, die mir schon den ganzen Tag auf der Zunge brennt. “Hmm?”, höre ich eine schwache Reaktion von ihr und mir fällt auf wie müde sie nach ihrer Reise sein muss. “Wirst du bei mir bleiben?” Ihre Antwort ist ein kaum hörbares Murmeln, bevor sie endgültig in den Schlaf fällt. Mehr brauche ich auch nicht. Bevor mich selbst die Müdigkeit übermannt und ich ebenfalls in den Schlaf abdrifte, blicke ich ein letztes Mal zu Jupiter und schicke in Gedanken ein stummes “Danke” in die Unendlichkeit. Im Geiste hake ich einen weiteren Punkt auf meiner Liste von unserem Traumland ab. Einen unter vielen, die im Laufe eines einzigen Tages wahr geworden sind. Zum ersten Mal klammere ich mich nicht an Träume, sondern möchte im Augenblick versinken. Hosted by Animexx e.V. 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