You'll be in my heart von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 12: Weitermachen ------------------------ Seiya Wir gehen schweigend zurück. Ich laufe einfach stur gerade aus, ohne nach links und rechts zu blicken. Bei jedem Schritt ringe ich mit mir selbst nicht auf der Stelle kehrt zu machen und zurückzulaufen, so lange sie noch in dem Café ist. Ich tue es nicht. Stattdessen konzentriere ich mich darauf immer einen Fuß vor den anderen zu setzen. Als ich für einen Moment den Fokus verliere, überrumpelt mich meine eigene Wunschvorstellung, was hätte sein können… ...wenn ich die Türklinke nicht losgelassen hätte. Wenn ich diese paar Schritte doch gemacht hätte. Ich kann fast körperlich spüren, wie sie mir in die Arme fällt; die Wärme ihres Körpers; ihr Duft, der mir in die Nase steigt. Ich bekomme fast Panik, dass ich es irgendwann bereuen werde und diese unverhoffte Chance zu einer weiteren verpassten Gelegenheit wird. Werde ich je aufhören können mich zu fragen, was wäre wenn…? Ich tue, was ich schon letztes Jahr getan habe, wenn wir auf der Suche nach unserer Prinzessin verzweifelt waren und jede unserer Bemühungen hinterfragt haben: Ich besinne mich auf das "Warum?”, denn auf diese Frage kenne ich die Antwort. Weil für mich dein Glück über meinem steht; wenn du glücklich bist, kann ich es auch sein. Wie ein Mantra wiederhole ich es in Gedanken immer und immer wieder. Nach ein paar Atemzügen beruhige ich mich tatsächlich wieder. Als ich wieder klar sehe, erinnere ich mich daran, dass ich noch eine letzte Sache zu erledigen habe bevor wir gehen und wir ändern kurzerhand unser Ziel. Auf dem Weg kommen wir am Gelände unserer ehemaligen Schule vorbei. Ich kann nicht umhin die sehnsüchtigen Blicke der beiden zu bemerken. Mir wird wieder bewusst, dass sie noch nicht einmal einen Tag hier sind. Sie haben sich das alles sicher auch anders vorgestellt. Noch bevor unser Abenteuer richtig begonnen hat, ist es auch schon wieder vorbei. Gestern Abend noch haben wir gemeinsam Pläne geschmiedet. Gelacht. Wir wollten wieder singen. Ich habe mitbekommen, dass ihre Vorfreude auf die Konzerte genauso groß war wie meine eigene. Sie wollten mir helfen Bunny zu finden. Ich glaube sogar ein Teil von ihnen hat insgeheim ebenfalls gehofft die Mädchen wieder zu sehen. Stattdessen akzeptieren sie meine Entscheidung ohne sie zu hinterfragen. Mit einem mal habe ich wieder ihre Worte im Ohr. “Wir hatten Angst, dass du dich in etwas verrennst und wir dachten, dass du vielleicht jemanden brauchst, der dir hilft die Dinge klar zu sehen.”   “Wir sind nicht gekommen, um dich davon abzuhalten, sondern weil wir nicht wollten, dass du das allein durchstehen musst.” "Ihr habt gewusst, dass ich mich so entscheiden würde, nicht wahr?" Als mir die Worte schließlich über die Lippen kommen ist es mehr eine Feststellung als eine Frage. Sie müssen nichts sagen. Ich kann die Antwort in ihren Gesichtern lesen. “Ich wünschte, wir...,” presst Yaten hervor und ringt nach Worten, die ausdrücken, was er eigentlich sagen möchte, “Wir hätten es dir gerne ersparen wollen.” Ich merke wie er nach den richtigen Formulierungen tastet, als hätte er Angst auf ein Minenfeld zu treten. “Aber die Entscheidung musste von dir kommen.” “...weil ich ein verdammter Sturkopf bin, der sowieso nicht auf euch gehört hätte,” beende ich seinen Satz. Als mir die Bitterkeit in meiner Stimme auffällt, tut es mir augenblicklich leid. Das haben sie nicht verdient. “Manchmal ist der Wunsch der Vater des Gedanken,” erwidert Taiki. “Du hast dich im letzten Jahr so sehr darin verrannt, was hätte sein können, dass du die Realität komplett ausgeblendet hast; das was tatsächlich geschehen ist. Du wusstest es schon letztes Jahr und hast genau diese Entscheidung schon einmal getroffen. Genau wie sie. Du musstest herkommen und es für dich selbst erkennen.” Wenn er es sagt klingt es, als wäre es ein Naturgesetz; ein Satz aus einem seiner Lehrbücher. Ich höre trotzdem das Mitgefühl, dass in seiner Stimme mitschwingt. Sein Bedauern. “...weil ich es sonst nie akzeptiert hätte. Ich sonst nie damit abschließen hätte können.”   Als mir das ganze Ausmaß ihrer Unterstützung klar wird, spüre ich wie sich ein Kloß in meinem Hals bildet, den ich vergeblich versuche runterschlucken. Ich rufe mir das letzte Jahr ins Gedächtnis. Sie haben Recht und sie haben es schon lange vor mir gewusst. Das ganze letzte Jahr habe ich mich zurückgezogen; anderen die Rolle des glücklichen Seiya vorgespielt und das nicht einmal gut. Ich hätte mich wahrscheinlich selbst nicht ausstehen können, wenn ich mich selbst gesehen hätte. Sie haben nicht nur unter meine Maske geblickt. Sie haben mich gut genug gekannt, um mich den Ausweg selbst finden zu lassen. Jetzt halten sie mir beide Hände hin um mir wieder aufzuhelfen. Ich nicke. "Ihr habt Recht. Ich war nicht ganz ich selbst. Das wird sich ändern." Nicht sofort. Nicht von heute auf morgen. Aber irgendwann. Ich kann nicht beschließen, sie nicht mehr zu lieben. Aber ich kann die Perspektive ändern. Ich kann nach vorne blicken. Und ich habe Hoffnung, dass ich irgendwann zurückblicken kann. Ohne Sehnsucht oder Bedauern. Ohne was wäre wenn… “Nicht auszuhalten warst du, eine echte Trantüte,” wirft Yaten ein. Ich weiß dass es seine Art ist zu sagen “Schon in Ordnung.” Obwohl mir nicht danach ist, muss ich unwillkürlich schmunzeln. Die Zeit der Samthandschuhe ist wohl vorbei. Es wäre nicht Yaten hätte sie lang angedauert. Außerdem lag es ihm wahrscheinlich schon seit Monaten auf der Zunge... Die Sonne geht bereits unter und färbt den Himmel in ein tiefes Orange als wir endlich am Haus der Tsukinos ankommen. Yaten und Taiki halten Abstand als ich zum Briefkasten gehe und nach dem Brief angle, den ich vor ein paar Tagen dagelassen habe. Das letzte Puzzlestück. Für einen Moment starre ich stumm Bunnys Namen an. Dann falte ich ihn behutsam zusammen und stecke ihn ein. Der letzte Strohhalm. Ich lasse ihn los. Dann wende ich mich meinen Brüdern zu. “Gehen wir nach Hause…” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)