Auch Gegensätze ziehen sich an ! von Hinata_Shouyou (Dabi x Hawks) ================================================================================ Kapitel 1: Nieselregen der anderen Art.... ------------------------------------------ Es war heiß, unerträglich heiß. Und auch wenn Dabi sich glücklich schätzen konnte, dass er diese Arbeit gefunden – nein, dass sie ihm buchstäblich in den Schoß gefallen war – so ging es ihm im Augenblick doch nicht anders als seinen Kollegen, die zum Teil lautstark bereuten, sich nicht vorsätzlich krank gemeldet zu haben. Natürlich beließen sie es bei Gedankenspielen und Tagträumen. Es lohnte sich nicht, die Arbeit zu riskieren. Nicht, wenn es immer noch schwer war, eine Stelle zu ergattern. Schwerer noch, als für andere, für ‚normale‘ Menschen. Obwohl Dabi zu den jüngsten in der Runde zählte, machte er sich doch nichts vor. Eine Vergangenheit wie seine wog schwer. Und wenn er, wie im Augenblick, mit hochgekrempelten Ärmeln arbeitete, dann erinnerte ihn jeder Blick auf die zahlreichen winzigen Einstiche an der Innenseite seiner Arme daran, dass er ihr niemals entkommen konnte. Auch wenn er schon lange Zeit clean und trocken war. Auch wenn er sich wirklich einbildete, sein Leben in den Griff bekommen zu haben – wusste er doch nicht nur von Hörensagen, sondern auch aus eigener Erfahrung, wie gefährlich die tönerne Brücke wackelte, auf der er balancierte. Nein, es war ein Segen, dass sich im Landkreis ein Unternehmen niedergelassen hatte, welches es sich zur Aufgabe gemacht hatte, ehemalige Drogenabhängige und andere auf ihrem Lebensweg gestrauchelte Menschen zu resozialisieren. Im Allgemeinen schätzte Dabi seine Tätigkeit auch sehr. Er war an der frischen Luft, das Jahr über beschäftigt, und man hatte ihn gründlich angelernt. Nicht zuletzt schenkte ein Blick zurück auf das Gebiet, das er bearbeitet hatte, eine tiefe Befriedigung, die, wie er nun und in seinem nüchternen Zustand endlich erkannte, jedem flüchtigen Rausch vorzuziehen war. Zudem kam die Firma auch ordentlich in der Gegend herum. Sie bearbeiteten sowohl öffentliche Anlagen, wie auch private Plätze. Im Lauf der Zeit hatten sie sich dank ihres Fleißes und Einsatzes einen guten Namen gemacht und Dabi plante ebenso wenig wie einer der übrigen, einen Schatten auf diesen Namen zu werfen. Auch nicht an einem Tag, der so heiß war, dass der Asphalt zu schmelzen schien. Die Luft flirrte und das Atmen fiel schwer. Keiner sprach davon, aber jeder wusste, woran der andere wirklich dachte. Tage wie dieser bliesen den ständig schwelenden Durst zu einem alle übrigen Sinne betäubenden Drang auf. Ein kühler Drink, ein kaltes Bier, ein Schuss am Abend. Jeder hing seiner Schwäche nach und jeder kämpfte für sich allein. Dabi leerte eine weitere Flasche Wasser. Die Flüssigkeit verdampfte geradezu auf seiner Haut. Kaum war sie seine Kehle hinabgeflossen, schon drang sie wieder aus seinen Poren, trocknete ihn erneut innerlich aus. Er schwitzte. Dennoch schichtete er unermüdlich die schweren Äste und Stämme auf die Lieferfläche des Lastwagens. Am Vormittag hatten sie diese geschnitten, nun ging es an die Feinarbeit und ans Aufräumen. Dabi arbeitete oft in diesem Teil des Parks. Dort gab es immer zu tun. Gerade als schwebte ein schlechter Stern über diesem Gebiet, schlugen Blitze stets hier ein. Randale und Feuer fanden statt. Aufbauarbeiten oder Neuanpflanzungen waren nirgendwo anders derart notwendig. Und Dabi arbeitete gerne dort. Wenn er ehrlich zu sich war, dann handelte es sich um seinen bevorzugten Arbeitsplatz. Trotz des Pechs und der schlechten Witterung, die der Platz buchstäblich anzog, umgab diesen ein beim besten Willen nicht zu leugnender Zauber. Und Dabi war zu oft und zu lange dort, um sich der Ursache nicht bewusst zu sein. Allzu klar und beinahe schmerzhaft bewusst. Er hielt inne und blickte an sich herab. Die Arbeitshose war fleckig, verknittert und feucht vor Schweiß. Dabei hatte er sie in der Früh frisch hervorgekramt. Doch zu dieser Jahreszeit benötigte er täglich eine Neue. Gerade wenn die Witterung dazu neigte, von unerträglicher Hitze direkt in ein Unwetter überzugehen, das neben Pfützen auch Matsch und Schlammspritzer dekorativ verteilte, vervielfachte sich auch seine Zeit im Waschsalon. Er schob den linken Ärmel leicht in Richtung des Handgelenks und über den schwellenden Unterarmmuskel, obwohl der raue Stoff des Hemdes an seiner Haut rieb. Dann atmete er aus und kreiste die schmerzenden Schultern, streckte kurz den Rücken durch. Er konnte nicht schon wieder Pause machen. Zuviel war noch zu erledigen und er war nicht bereit, die Arbeitsgeräte im Freien stehenzulassen, wenn ein Platzregen drohte. Dabi blinzelte in die Höhe. Der Himmel leuchtete immer noch tiefblau und ihn beschlichen ernsthafte Zweifel, was die Vertrauenswürdigkeit des Wetterberichts anging. Ohnehin konnte man in seinem Beruf nicht allzu viel Rücksicht auf den Wettergott nehmen. Was getan werden musste, musste getan werden. Den Auftraggeber interessierte es herzlich wenig, wie lange der Job gedauert oder wie mühsam er auszuführen gewesen war. Dabi spürte ein leichtes Kribbeln im Rücken. Oder er ahnte es mehr, als dass es ihm tatsächlich bewusst wurde. Der Mann stand auf der anderen Seite der Straße, direkt gegenüber des Parks und des Lieferwagens, neben dem Dabi innegehalten hatte. Er – der Mann war der Grund, warum Dabi diesen Ort nicht ungern aufsuchte. Denn – so dumm und sinnlos es auch war -Dabi genoss den Blick, den der andere ihm im Vorbeigehen zuwarf. Auch wenn der es zu verbergen suchte, seine Augen schleunigst abwandte, sobald er offensichtlich zu erkennen glaubte, dass Dabi sich verspannte, dass er von seiner Anwesenheit und seiner Aufmerksamkeit Notiz nahm. Dabi wusste durchaus, dass er wenigstens akzeptabel aussah. Die Arbeit im Freien verlieh ihm einen kräftigen Teint, der die Schatten unter seinen Augen überspielte, und sorgte dafür, dass er an den richtigen Stellen Muskeln entwickelte. Auch wenn er sonst schlank blieb, so dass seine Kleidung manchmal beinahe zu weit an ihm herabhing. Aber er legte immer Wert darauf, sich aufrecht zu halten und das Haar, das ihm gerne ungebärdig in die Stirn fiel, umrahmte ein scharf geschnittenes Gesicht. Er wusste auch, dass er älter aussah, als er war. Aber das wunderte niemanden, der von seiner Jugend und von seinem Lebenswandel Kenntnis erhielt. Vielleicht wirkte er äußerlich so alt wie der andere, dessen Blick er in seinem Rücken spürte. Aber das konnte durchaus auch daran liegen, dass dieser immer wie aus dem Ei gepellt auftauchte. Dass er in Anzug und Krawatte, die Aktentasche unter dem Arm, meist in Eile vorbeihastete. Auch wenn er sich den Blick auf Dabi niemals und wirklich niemals sparte. Vielleicht lag es auch daran, dass Dabi sich angewöhnt hatte, den Blick zu erwidern. So wie in diesem Moment, in dem er sich hastig umdrehte, ein wenig zu hastig, und dem anderen überraschend in die Augen sah. Groß und golden wirkten die von weitem. Und boten einen perfekten Kontrast zu dem strohblonden Haar, das zum Teil in seiner Stirn klebte. Dabi stellte mit Vergnügen fest, dass auch Anzugträger vor Hitze nicht gefeit waren. Er stellte ebenfalls fest, dass der andere seinem Blick für den Bruchteil einer Sekunde länger standhielt, als es beim letzten Mal der Fall gewesen war. Fast als taute er auf. Doch da schlug der Fremde die Augen bereits nieder, wandte sich ab und schritt eilig von dannen. Dabi biss sich auf die Unterlippe und versuchte seinen Blick von dem Davongehenden abzuwenden. Es hatte doch keinen Sinn. Niemals würde er mit dem Mann ein Gespräch anfangen. Ja, im Grunde war es bereits zu viel, nur einen Blick zu tauschen. Beim besten Willen konnte Dabi nicht sehen, was der Mann in dem verschwitzten Arbeiter bemerkte, das ihn dazu bewog, ihm seine Aufmerksamkeit zu schenken. Welten lagen zwischen ihnen und das war auch gut so. Sein Leben war schwierig genug, anstrengend genug. Er durfte es sich nicht erlauben, unnötige Komplikationen hineinzubringen. Selbst wenn die sich nur in seiner Fantasie abspielten. Und seine Fantasie behielt Dabi unter Kontrolle. Abrupt dreht er sich um und packte den nächsten Ast, wuchtete ihn auf die Ladefläche und bemühte sich, daran zu denken, dass ein Großteil des Tages bereits hinter ihm lag. Er musste vorwärts sehen, sein Leben auf die Reihe bekommen, jeden Tag von Neuem. Und konnte sich nicht mit haltlosen Gedankenspielereien aufhalten. Damit tat er sich keinen Gefallen. Dabi biss die Zähne zusammen und rieb seine Handflächen an der Latzhose trocken, bevor er sich auf den Weg zum nächsten Holzstapel machte. Er legte eine Hand über die Augen, um gegen die Sonne sehen zu können und erkannte seine Kollegen, die bereits in einiger Entfernung arbeiteten. Diesen Park auf Vordermann zu bringen und ansehnlich zu halten glich einer Endlosschleife. Und für den Moment hatte Dabi tatsächlich genug davon. Irgendwann kam der Fremde immer an ihm vorbei. Und verschwand dann bis zu Dabis nächstem Auftrag, der ihn in die Gegend führte. Der Moment, nachdem er verschwunden war, näherte sich gefährlicher Leere an und Dabi hatte gelernt, wie er die füllen konnte. Er stürzte sich in die Arbeit. Nach einer Weile war die Lieferfläche gefüllt und er schwang sich auf den Fahrersitz des Wagens und rumpelte zur Sammelstelle. Die Hose klebte am Sitz und die Welt um ihn wurde immer dunstiger. Dennoch beeilte Dabi sich mit dem Abladen und kehrte umgehend wieder zum Park zurück. Es war genug zu tun und auch wenn er seine Kollegen nicht mehr sehen konnte, entdeckte er doch genug Unrat, den es einzusammeln galt. Arbeit wie die seine endete niemals und der frische Lufthauch, der plötzlich durch sein durchgeschwitztes Hemd fuhr, verlieh ihm neue Energie. Er wurde schneller. Mehr Äste, Blätter und abgebrochene Zweige sammelten sich. Unkraut, Plastiktüten, leere Flaschen stapelten sich daneben. Der Sommer wurde nicht selten zum Anlass genommen, ordentlich abzufeiern und die Überreste des Treibens achtlos liegen zu lassen. Dabi erinnerte sich in einer Mischung aus Wehmut und Scham daran, dass er vor nicht sonderlich langer Zeit ebenso gehandelt hatte. Und er arbeitete schneller. Nur daran konnte es liegen, dass ihn der Windstoß, der ihm eine gehörige Portion Sand in die Augen trieb, gehörig überraschte. Er fuhr zusammen und begann, sich die Augen zu reiben, die umgehend zu tränen begannen. Dabi fluchte leise und dann laut, als ein weiterer Windstoß über ihn hinweg jagte. Dicht gefolgt von schweren Regentropfen, die in seinem Haar landeten und dann in seinem Gesicht, als er es dem wütenden Himmel entgegen reckte. Mit unvermuteter Wucht klatschte Wasser auf seine Haut, tränkte sein Haar und seine Kleidung, wusch die schmerzenden Augen aus, noch bevor er seinen Blick abwenden konnte. Der Himmel war mit einem Mal stockfinster. Dichte Wolken hingen tief und schwarz über ihm, raubten zusammen mit dem heulenden Wind, der damit begann Blätter und Zweige umher zu wirbeln, an Dabis nassen Kleidern zerrte, Sicht und Verstand. Dabi hustete. Er schwankte in der plötzlichen Gewalt der Natur. Wie konnte es sein, dass er diesen Wetterumschwung nicht eher bemerkt hatte? War er tatsächlich derart beschäftigt, derart besessen von seiner Tätigkeit gewesen? Er drehte sich um zu seinem Lastwagen, als die Macht eines Sturmes ihn rückwärts trieb. Gleichzeitig öffneten sich die Schleusen und die Wassergewalten prasselten in unvermittelter Kraft auf ihn herab. Binnen Sekunden war er vollkommen durchnässt. Zudem konnte er kaum noch die Hand vor seinen Augen erkennen. Der Schreck saß tief genug, dass er sich nicht entscheiden konnte, ob oder wie er die Flucht ergreifen oder in unmittelbarer Nähe Unterschlupf suchen sollte. Wenn er es über die Straße und aus dem Park heraus schaffte, fände sich sicher wenigstens ein Hauseingang, ein Vordach oder ein anderer Schutz. In diesem Moment spürte Dabi eine Hand auf seinem Arm. Durch die Wand des Regens, die triefende Nässe und Kälte berührten ihn warme Finger. Im Nachhinein erschien es ihm wie in Zeitlupe, der Moment, in dem er sich umdrehte, in dem er ihn erkannte. Den Fremden, der nun neben ihm stand, der einen großen, schwarzen Schirm hielt, der sich über sie beide wölbte. Dabis Lippen öffneten sich, doch kein Ton kam heraus. Auch der andere sprach nicht, lächelte nicht, gab ihm kein Zeichen des Erkennens. Bis er plötzlich Dabis Arm drückte und ihm über das Heulen des Sturmes hinweg bedeutete, sich in Bewegung zu setzen. Dabi gehorchte, erstaunt, regelrecht vor Verblüffung der Sprache beraubt. Er ließ sich von dem Fremden bis zum Rand des Parks führen, über die Straße und noch ein Stück dieselbe herunter. Mit der freien Hand öffnete der Mann die Tür zu einem Wohnhaus und Dabi schlüpfte dankbar ins Trockene. Zum ersten Mal lachte der Mann und als Dabi aufsah, deutete er auf sein tropfendes Haar, die an seinem Körper festklebenden Klamotten. Der Fremde schüttelte den Schirm aus und schloss ihn dann, bevor er sich entschuldigte. „Das war nicht zum Lachen. So ein plötzlicher Guss hat jeden schon einmal überrascht. Ich bin Keigo.“ „Keigo“, wiederholte Dabi stumpf. „Warum …?“ Keigo neigte offenkundig peinlich berührt seinen Kopf zur Seite, zuckte unbehaglich mit den Schultern. „Ich hab dich vom Fenster aus gesehen. Du warst so vertieft, dass du nicht gemerkt hast, wie das Unwetter aufzieht. Zumindest wurde mir das klar, als du keine Anstalten unternommen hast, deine Zelte abzubrechen. Wie deine Kollegen.“ „Ich … ähm … hab an anderes gedacht.“ Keigo seufzte leise. „Das versteh ich gut. Und jetzt?“ Trotz der Kühle, die ihn in der nassen Kleidung frösteln ließ, stieg Dabi leichte Röte ins Gesicht. Er räusperte sich. „Ich sollte gehen. Sobald der Regen nachlässt, muss ich den Wagen wegfahren.“ „Verstehe“, nickte Keigo und sah demonstrativ das Treppenhaus hinauf. „Das könnte allerdings noch eine Weile dauern. Und wenn Du nichts dagegen hast, dann biete ich dir gerne einen Unterschlupf an. Inklusive trockener Klamotten.“ „Wieso?“, fragte Dabi verdattert. „Wir kennen uns doch gar nicht.“ Keigo lächelte. „Hattest du nicht auch schon lange das Bedürfnis, daran etwas zu ändern?“ Nun war Dabi sich sicher, dass er rot wurde. „Ich … ich weiß nicht … ich meine, du weißt nichts von mir.“ Keigo´s Lächeln wurde breiter. „Wenn dich das nicht stört, mich stört es sicher nicht. Die Welt ist doch nur interessant, wenn man Neues ausprobiert, fremde Leute kennenlernt, seinen Horizont erweitert.“ Dabi räusperte sich nervös. Im gleichen Augenblick durchfuhr ihn ein kalter Schauer und er fröstelte sichtlich. Keigo stellte den Schirm in einen Ständer und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das reicht“, stellte er dann fest. „Du holst dir den Tod. Und ich habe keine Lust auf eine Leiche im Hauseingang.“ Mit diesen Worten schubste er Dabi in Richtung Treppe. „Die ganze Polizei, Befragungen, Bestatter und Spurenermittler, die Mietgemeinschaft würde mich lynchen.“ „Das wollen wir natürlich nicht“, krächzte Dabi, nachdem ihm ein weiterer Husten entkommen war. Widerstandslos ließ er sich von Keigo hinauf und in eine kleine Wohnung im zweiten Stock führen. Die Wärme, die sich darin über den Tag gestaut hatte, empfände er unter anderem Umständen wohl als störend. Im Augenblick jedoch erschien sie ihm angenehm und das Handtuch, das Keigo ihm reichte, akzeptierte er dankbar, begann damit, sich die Haare zu trocknen. Keigo verschwand für einen Moment, kehrte jedoch gleich darauf mit einem trockenen Jogging-Anzug zurück, den er formlos auf der Sofalehne platzierte und sich dann demonstrativ in die Küche zurückzog, aus der bald Geräusche klangen, die auf die Zubereitung von Tee schließen ließen. Tatsächlich duftete es rasch sehr angenehm und als Dabi sich umgezogen und seine Kleidung notdürftig über die kalte Heizung gehängt hatte, trat Keigo wie aufs Kommando mit einem Tablett ein. Wortlos füllte er zwei Tassen und ließ sich dann auf dem Sofa nieder, winkte Dabi, es ihm gleichzutun. „Hast du jetzt Lust, mich kennenzulernen?“, fragte er mit einem Zwinkern in den Augen und griff nach seiner Tasse. Dabi nickte leicht und errötete wieder. Er sah auf seine Hände, betrachtete die Schwielen auf ihnen, drehte und wendete sie vor seinen Augen. „Ich … habe eine Vergangenheit“, sagte er dann verlegen. „Die habe ich auch“, antwortete Keigo und sah Dabi über seine Tasse hinweg an. „Ich meine …“ Dabi atmete aus und schloss seine Augen, „ich meine, dass wir verschieden sind. Vollkommen verschieden.“ Er zog seine Ärmel hoch und drehte die Innenseiten seiner Arme nach oben. Seine Haut fühlte sich immer noch kalt an, leuchtete bleich. Wie zahllose hässliche Punkte folgten Narben der Einstiche die gesamte Linie seines inneren Armes hinauf, konzentrierten sich in der Mitte zu einer Ansammlung erschreckender Beweise des Grundbedürfnisses, sich selbst zu verletzen. Er erschrak, als Keigo seine Tasse absetzte, unvermittelt Dabi´s Handgelenk ergriff, den Arm wieder zurückdrehte. Keigo´s Stimme klang sanft. „So verschieden sind wir gar nicht.“ Damit krempelte er sein Hemd auf und entblößte ein Muster aus winzigen Narben, die seine ansonsten so glatte und gepflegte Haut entstellten. „So verschieden sind wir nicht“, wiederholte er und sah Dabi in die Augen. „Unsere Seelen kennen sich bereits seit dem Anbeginn der Zeit.“ Dabi´s Gedanken wirbelten durcheinander. Keiner von ihnen ließ sich fassen, bis Keigo seine Finger mit Dabi´s verschränkte. „Denkst du nicht auch?“, flüsterte er. „Denkst du nicht auch, dass es für all das einen Grund gibt?“ Dabi nickte stumm und dann spürte er wie ein Lächeln sich auf seinen Lippen ausbreitete. Ein Lächeln, das nicht so rasch wieder verschwand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)