Persona 3 -After the Years- von fubukiuchiha ================================================================================ Kapitel 39: XXXIX - Im Krankenhaus ---------------------------------- ~~~Donnerstag 09. Juni 2016~~~   Ein leises, stetes Piepen drang in Aidens Ohren, doch konnte er nicht zuordnen, woher es kam. Sein Kopf schmerzte furchtbar und er hatte Probleme damit, seine Gedanken zu ordnen. Er versuchte die Augen zu öffnen, doch fühlten sich seine Lieder so an, als wären sie aus Blei. Er versuchte es immer wieder, doch wollte es ihm nicht gelingen, weshalb er es aufgab und versuchte, sich etwas zu entspannen. Die Ruhe im Raum wurde kurz durchbrochen, als er das Öffnen und Schließen einer Tür vernahm, wodurch kurz mehrere Stimmen in sein Ohr drangen. Wo auch immer er momentan war, es war jemand in sein Zimmer gekommen und schritt nun durch den Raum. Er würde zu gerne wissen, wer das war, allerdings fehlte ihm die Kraft, um zu schauen oder sich bemerkbar zu machen. Plötzlich ging die Tür erneut auf und wurde etwas härter geschlossen, woraufhin eine ihm vertraute Stimme erklang: „Was ist denn jetzt mit ihm? Du wirst ja wohl irgendwas zu seinem Zustand sagen können!“ Er brauchte einen Moment, um die Stimme zu erkennen, aber dann war ihm klar, wer dastand: Miyuki. Auf den sehr gereizten Ton der Grünhaarige folgte eine deutlich sanftere, aber auch leicht genervt klingende, weibliche Stimme: „Miyu, um Himmels Willen. Das hier ist ein Krankenhaus, also senke bitte deine Stimme etwas. Wir haben ihn untersucht und wenn du jetzt mal ruhig halten könntest, könnte ich mir die Ergebnisse auch mal anschauen.“ „Hättest du das nicht schon draußen machen können?“, meckerte Miyuki weiter, woraufhin die andere Frau deutlich bestimmter eine Antwort gab: „Du kannst froh sein, dass ich dich nicht schon längst rausgeworfen habe, aber wenn du weiter so laut bist, muss ich dich vom Sicherheitsdienst rausbringen lassen.“   Das Gespräch war Aiden etwas unangenehm, denn er hatte das Gefühl, als sollte er das nicht hören. Was ihm aber am meisten überraschte war, wie seine Mitbewohnerin mit der anderen Frau sprach, denn bisher hatte er noch nie so einen Ton von der Zeichnerin gehört. Die andere Frauenstimme machte einen murrenden Laut, bevor dieser in ein nachdenkliches Summen überging. In der Zeit versuchte der Braunhaarige immer wieder, die Augen zu öffnen, was ihm allerdings nur einen Spalt weit gelang. Das grelle Licht im Zimmer zwang ihn aber sofort wieder dazu, die Augen zu schließen. „Okay, also seine vitalen Körperfunktionen sind alle völlig normal, Leberwerte tadellos, seine Nieren arbeiten perfekt“, murmelte die unbekannte Frauenstimme, woraufhin Miyuki wieder loslegte: „Wenn er also gesund ist, warum ist er dann zusammengebrochen?“ „Miyuki, jetzt sei gefälligst leiser. Wenn wir wüssten, was ihm fehlt, würden wir ihn nicht so lange hierbehalten müssen. Außerdem ist er leider noch nicht aufgewacht“, erklärte die Frau, bei der es sich der letzten Aussage nach um eine Ärztin handeln musste. Er war also im Krankenhaus gelandet. Seine Gedanken gingen aber wieder zu Miyuki, die anscheinend wütend aufstampfte und dabei lauter: „Wozu studierst du eigentlich Medizin, wenn du den Leuten nicht helfen kannst?“ „Es reicht. Raus! Geh nach unten ins Foyer, ich lasse dich wissen, wenn es was Neues gibt“, wurde nun auch die Ärztin etwas lauter und Aiden bemerkte, dass Miyuki zu einer Antwort ansetzte, doch kam die Unbekannte ihr zuvor: „Raus!“ Erst erklang ein ängstliches Fiepen, welches der Braunhaarige definitiv seiner Mitbewohnerin zuordnen konnte, bevor leise Schritte und die Tür erklangen.   „Sie hat sich ganz schön verändert“, murmelte die Ärztin, als Aiden vorsichtig blinzelnd die Augen komplett öffnen konnte. Da das Licht ihm in den Augen wehtat, murrte er ungewollt, wodurch die Frau ihn bemerkte und nun in seine Richtung schaute: „Oh, du bist wach? Das freut mich.“ Kurz ließ der Braunhaarige seinen Blick durch den Raum schweifen um sich zu vergewissern, dass er wirklich in einem Krankenhaus war. Anschließend ging sein Blick zu der Ärztin, die ihn leicht besorgt musterte und dabei immer wieder auf die Akte in ihrer Hand schaute. Sofort fielen Aiden ihre langen, petrolfarbenen Haare auf, die denen von Miyuki sehr ähnlich waren, welche sie zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden waren. An sich sah die Frau seiner Mitbewohnerin zum Verwechseln ähnlich, doch war sie augenscheinlich um die 20 Jahre alt. Sie war ein Stück größer als seine Mitbewohnerin und hatte keine violetten, sondern rehbraune Augen. An Kleidung trug sie eine enganliegende, hellblaue Jeans, ein schwarzes Tanktop und darüber einen langen, weißen Kittel.   Vorsichtig trat sie an das Bett heran und legte Aiden eine Hand auf die Stirn, um seine Temperatur zu fühlen: „Wie fühlst du dich?“ „G-ganz gut soweit“, stammelte er und betrachtete die Frau, die kurz nickte und sich dann ein paar Notizen in der Akte machte: „Du hast uns echt einen gehörigen Schreck eingejagt. Wir haben einfach nicht finden können, warum du zusammengebrochen bist.“ Langsam kamen dem Jungen die Erinnerungen an den Nachmittag wieder hoch, doch bereitete ihm diese heftige Kopfschmerzen. Er war mit Mirai unterwegs gewesen, hatte sich mit Yui unterhalten, war nach Hause gekommen, wo er einen Anruf seiner Mutter bekommen hatte. Aber was war dann passiert? So sehr er versuchte, sich zu erinnern, es war alles wie hinter einem dicken Nebel verborgen, weshalb er den Kopf schüttelte und dann auf seine Hände schaute. Nach einer Weile sah er wieder auf und fragte das Erste, was ihm momentan in den Sinn kam: „Was für ein Tag ist heute?“ „Wir haben Donnerstag. Du bist Vorgestern Nachmittag eingeliefert worden und hast fast zwei Tage durchgeschlafen“, gab die Grünhaarige freundlich Antwort und musterte ihren Patienten einen Moment, bevor die Tür zum Raum erneut aufging und eine weitere Ärztin eintrat.   Die Frau hatte schulterlanges, dunkelbraunes Haar und braune Augen und trug ebenfalls einen langen weißen Kittel. Die neue Ärztin war bereits in den Mittvierzigern und hatte einen furchtbar strengen Blick, der erst Aiden und dann der Grünhaarigen galt: „Gut, er ist wach. Dann kann deine Schwester ja aufhören, da unten so einen Terror zu machen.“ „Sie macht sich Sorgen um ihn, Mutter“, murmelte die jüngere Ärztin, bevor sie mit einem sanften Lächeln zu ihrem Patienten schaute: „Entschuldige, aber Miyu ist schon seit deiner Einweisung mit den Nerven am Ende.“ „Sie... Sie sind Miyukis Mutter und Schwester?“, fasste Aiden zusammen, denn sein Kopf brauchte momentan deutlich länger, um Informationen zu verarbeiten, denn die Verbindung hätte ihm schon beim Aussehen und dem Verhalten von Miyuki klar sein müssen. „Das ist korrekt und sie sind anscheinend der neue Mitbewohner, von dem sie kurz erzählt hat. Wie sind seine Werte, Kohana?“, schaute die ältere Frau zu ihrer Tochter, die ihr die Akte reichte und erklärte: „Körperlich ist er komplett gesund. Ich tippe auch mentale Erschöpfung, eventuell ein abgeschwächtes Burnout-Syndrom. Auf jeden Fall sollten wir das im Auge behalten.“ Für einen Moment las sich Miyukis Mutter die Akte durch, bevor sie ihrer Tochter die Akte reichte und dann zur Tür ging: „Gut, dann kümmere dich darum, Kohana. Was Sie betrifft, Kurosaki-san, ich werde eine Schwester zu Ihnen schicken, denn sie sollten erst einmal etwas essen. Ich sehe später nach Ihnen.“   Damit verließ die Frau den Raum und ließ die beiden alleine, woraufhin Kohana sich eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht strich: „Sie ist extrem gestresst, aber das gehört zum Ärzteberuf dazu. Brauchst du etwas, Kurosaki-kun?“ Etwas überfordert sah sich der Braunhaarige um, als er sich an den Bauch fasste: „Was zu essen wäre wirklich nicht schlecht. Ich hatte auch am Dienstag nicht viel gegessen, lediglich ein paar Takoyaki.“ „Das ist wirklich nicht viel und dann stimme ich meiner Mutter zu, du musst was essen. Ich hole die Schwester sofort“, erklärte sie und ging zur Tür, wo sie schon nach der Klinke griff, dann aber innerhielt und sich nochmal ihrem Patienten zuwandte: „Ich hoffe, dass dir diese Frage jetzt nicht unangenehm ist oder so, aber... Wie stehst du zu Miyu?“ Für einen Moment war Aiden überrascht, doch konnte er verstehen, warum diese Frage kam. Ihre Schwester wohnte alleine, jetzt mit einigen Mitbewohnern und hatte offenbar ein paar soziale Probleme in der Schule. Jedes besorgte Geschwisterteil würde da nachfragen, weshalb Aiden freundlich eine Antwort gab: „Sie ist eine gute Freundin, die ich in meinem Leben nicht missen will. Sie ist lieb, hilfsbereit und ich würde ihr mein Leben anvertrauen.“   Für einen Moment staunte die Ärztin nicht schlecht, denn mit der Aussage, dass Aiden Miyuki so sehr vertraute, hatte er sie überrascht. Dennoch war sie extrem froh, diese Worte zu hören, weshalb sie sich die Akte an die Brust drückte und die Tür öffnete: „Danke, Kurosaki-kun. Ich bin froh, dass Miyu solche Freunde hat.“ Damit verließ sie den Raum und ließ Aiden alleine, der sich in seine Kissen sinken ließ und an die Decke schaute. Seine Gedanken drehten sich um Kohana, Miyuki und deren Mutter, wobei Aiden langsam das Gefühl bekam, dass der Shadow der Grünhaarigen damals auf einen der beiden angesprochen haben musste. Beide waren Ärzte, allerdings schien Miyuki gar nicht in diesen Bereich zu gehen und das könnte schon für einige Spannungen sorgen. Von sich würde er diese Sache allerdings nicht ansprechen, denn wenn Miyuki darüber reden wollen würde, würde sie es irgendwann von selbst tun. Nun saß er alleine im Raum und versuchte, seinen Kopf in Reihe zu bekommen, weshalb er sich erst einmal die Beine vertreten wollte. Vorsichtig stieg er aus dem Bett, denn er befürchtete, dass seine Beine ihn nicht würden tragen können, bevor er langsam zur Tür ging. Natürlich hatte er tierischen Hunger, aber genauso dringend wollte er sich jetzt einfach mal ein wenig bewegen. Langsam zog er die Tür auf und stieß fast mit einer Krankenschwester zusammen, die anscheinend gerade nach ihm hatte sehen wollen, als er ihr sein Anliegen erklärte und von dieser gestützt wurde. Erst jetzt bemerkte er, wie schlaff sein Körper durch die Auszeit wirklich geworden war, denn er schaffte kaum drei Schritte, ohne sich irgendwo abstützen zu müssen. Mit der Schwester schaffte er es seinem Bewegungsdrang ein bisschen nachzugehen, bis sie im Foyer des Krankenhauses ankamen. Heute schien nicht wirklich viel los zu sein, denn lediglich drei Leute saßen in den Raum und keiner von ihnen war Miyuki. Anscheinend war diese wirklich noch aus dem Krankenhaus geworfen worden, was dem Braunhaarigen doch schon einige Sorgen bereitete. Er wollte wirklich nicht, dass seine Freunde seinetwegen in solche Schwierigkeiten gerieten, schon gar nicht mit ihrer Familie. Gerade als er sich abwenden wollte, entdeckte Aiden einen blau-weißen Haarschopf, der ihm mehr als nur bekannt vorkam. Er erklärte der Schwester, dass er kurz jemanden begrüßen wollte und schritt anschließend vorsichtig durch den Saal auf die Person zu. Diese hatte den Blick fest auf eine kleine Handheldkonsole in seinen Händen gerichtet und drückte wie wild auf den Knöpfe herum: „Jetzt stirb doch endlich, du doofer Kobold!“ Bei dem Anblick konnte der Braunhaarige nur grinsen, weshalb er sich neben den Jungen setzte und wartete, bis dieser ihn von selbst bemerkte. Schnell pausierte der Junge das Spiel, ehe er sich dem Älteren zuwandte und ihn mit großen Augen ansah: „Wie lange sitzt du schon da, Kurosaki-senpai?“ „Lange genug, um dein Koboldmassaker mitanzusehen“, grinste Aiden und nutzte den Moment, um Setsuna von oben bis unten zu mustern.   Bereits in der Shadow-Welt hatte er extrem schmächtig und zerbrechlich gewirkt, aber jetzt bei Tageslicht sah man erst richtig, was die Tortur mit seinem Shadow bei dem Jungen angerichtet hatte. Er wirkte sichtlich erschöpft und hatte dunkle Augenringe, allerdings war er in keiner Weise abgemagert oder sonst etwas, obwohl er zwei Wochen gefangen gehalten worden war. Kurz fuhr er sich durch die Haare, bevor er wieder das Wort ergriff: „Wie geht es dir, Akutagawa? Tenno war wirklich besorgt um dich.“ „Nicht so sehr, wie sie um dich besorgt war, Senpai. Sie hat die letzten beiden Tage fast pausenlos an deinem Bett gesessen. Irgendwann mussten die Ärzte ihre Mutter anrufen, damit sie nach Hause ging. Aber mir geht es gut, es ist nur…“, setzte der Junge an und senkte dann den Blick, bevor er leise murmelte: „Das Ganze wirkt einfach immer noch wie ein Alptraum, aus dem ich erst erwacht bin. Doch so sehr ich mir einreden möchte, dass es nur ein Traum war, weiß ich genau, dass dies nicht der Fall ist.“ „Kann ich mir denken. Es ist wirklich nicht leicht, so einen Schock zu verarbeiten und zu akzeptieren“, stimmte Aiden dem Jungen zu, der nun etwas unsicher wirkte: „Sei bitte ehrlich, Senpai… Bist du meinetwegen zusammengebrochen? Ich weiß nicht, wie viel ihr auf euch nehmen musstet, um mich da raus zu holen.“ Für einen Moment legte der Oberschüler die Stirn in Falten, doch dann schüttelte er sanft den Kopf: „Ich glaube nicht, dass das wegen dir war. Vielleicht vertrage ich diese Sache einfach nicht so gut, also mach dir keine Gedanken.“ Wirklich überzeugt war Setsuna anscheinend immer noch nicht, doch nahm er die Aussage mit einem Nicken hin und sah dann auf seine Hände und seinen Schoß.   Die Stille zwischen den beiden war etwas unangenehm, weshalb Aiden versuchte, das Thema zu wechseln: „Warum bist du eigentlich hier? Fühlst du dich krank?“ „Hm? Nein, eigentlich nicht, mir geht es gut soweit. Ich bin nur etwas erschöpft, aber meine Mutter will lieber auf Nummer sicher gehen und lässt mich komplett durchchecken, auch wenn ich hundertmal sage, dass es mir gut geht“, erwiderte der Weißblauhaarige und blies beleidigt die Wangen auf, was ihn in Aidens Augen einfach nur knuffig aussehen ließ. Leider konnte sich der Braunhaarige ein leises Lachen nicht verkneifen, was ihm einen geschockten Blick von Setsuna einbrachte, eher er ihm eine Hand auf den Kopf setzte: „Nimm es ihr nicht übel, Akutagawa. Sie will einfach nur, dass du gesund bist und es ist ja nicht so, als würde dir hier eine Darmspiegelung oder so etwas drohen.“ „Na danke, jetzt habe ich schiss, dass das wirklich passiert!“, jammerte der Junge und zog den Kopf ein, doch kicherte er leise und sah dann zu Aiden auf: „Du bist echt cool, Senpai, ich weiß jetzt, warum Haru-nee so eine hohe Meinung von dir hat.“ Sichtlich erstaunt sah Aiden den Jüngeren an, der mit einem strahlenden Grinsen zu ihm hochschaute und damit etwas verlegen machte: „Ich glaube, du und Tenno habt vielleicht eine etwas zu hohe Meinung von mir, Akutagawa.“ „Nö, finde ich nicht. Ich finde, du bist richtig cool, wie der rote Featherman Ranger“, blieb der Erstklässler bei seiner Meinung und wippte auf seinem Stuhl hin und her, weshalb Aiden etwas rot um die Nase wurde und sich verlegen an der Wange kratzte: „Laut meiner Schwester bin ich eher der blaue Ranger.“   Die Aussage wehrte Setsuna vehement ab, da er als Anführer ausschließlich der rote Ranger sein könne, doch wurde ihre Unterhaltung unterbrochen, als die Schwester Aiden dazu auffordert, wieder auf sein Zimmer zu gehen. Zeitgleich wurde Setsuna zu seiner Untersuchung gerufen, weshalb sich beide erhoben und sich noch einmal ansahen. Der Jüngere verneigte sich respektvoll und schulterte seinen Rucksack, bevor er der Ärztin folgte: „Wir sehen uns in der Schule, Senpai.“ Aiden nickte ihm zu und winkte zum Abschied, als in seinem Kopf eine ihm mittlerweile sehr vertraute Stimme erklang: „Ich bin du… Du bist ich…“ Einen Moment sah der Braunhaarige seinem Bekannten nach, bevor auch er der ihm zugewiesenen Schwester zurück zu seinem Zimmer folgte. Dort angekommen legte er sich ins Bett und bekam ein Tablett mit Essen gereicht, welches er sich nur zu gerne zu Gemüte führte.   Den restlichen Mittag und Nachmittag verbrachte Aiden damit, durch die Fernsehkanäle zu zappen, doch lief nichts, was ihm wirklich gefiel. Gegen Abend kam seine Mutter dann vorbei und musterte ihn einen Moment kritisch, ehe sie sich zu ihm aufs Bett setzte: „Wie geht es dir, Schatz?“ „An sich ganz gut“, murmelte er leise und vermied es, seine Mutter anzusehen, denn er wusste ganzgenau, warum sie eigentlich hier war. Zum Glück ging Rin nicht auf das Thema ein und strich ihm nur sanft über den Kopf: „Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt. Was ist denn passiert?“ „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht… Es war, als wäre da oben ein Ausschalter gedrückt worden. Ich hatte an dem Tag aber auch nicht sonderlich viel gegessen“, versuchte er irgendwie eine logische Erklärung zu liefern, worauf seine Mutter auch ansprang: „Hoffentlich wirst du nicht Zuckerkrank, das wäre wirklich das Letzte, was du jetzt brauchen kannst.“ Darauf gab er keine Antwort, denn er war sich ziemlich sicher, dass es nicht daran gelegen hatte, aber das konnte Aiden seiner Mutter schlecht sagen, weshalb er lieber auf ein anderes Thema ging: „Wie lange muss ich hierbleiben?“ „Nun, laut der Ärztin ist es okay, wenn du nach Hause gehst, schließlich haben sie nichts gefunden, allerdings sollst du bitte jeden Tag nach der Schule noch einmal zum Check kommen. Nur, um sicher zu gehen“, erklärte Rin das, was er in den nächsten Tagen würde tun müssen. Mit etwas zittrigen Beinen stieg er wieder aus dem Bett und zog sich um, denn je schneller er hier rauskam, desto besser. Wirklich erklären konnte er es nicht, aber etwas tief in Aiden selbst verabscheute Krankenhäuser wie die Pest. Es war nicht so, dass er Angst hätte, er mochte es einfach nicht, weshalb er umso erleichterter aufatmete, als er mit seiner Mutter das Gebäude verließ und die kühle Abendluft einsog.   Kurz darauf saß er schon im Auto seiner Mutter und fuhr mit ihr über die Moonlight-Bridge in Richtung Iwatodai, wobei die Brünette ihm immer wieder einen seltsamen Blick zuwarf. Irgendwann schien sie die Stille nicht weiter auszuhalten und seufzte schwer auf: „Eigentlich will ich das nicht ansprechen, aber… die Sache in deiner Schule…“ Sofort zuckte Aiden zusammen und vermied es, seine Mutter anzusehen, doch diese blieb hartnäckig: „Du kommst sowieso nirgendwo hin, also kannst du mir auch deine Version der Dinge schildern.“ „Du würdest es mir sowieso nicht glauben“, brummte der Braunhaarige und behielt den Blick auf das Beifahrerfenster gerichtet, doch drehte er den Kopf, als seine Mutter deutlich sanfter wurde: „Du hast mich noch nie angelogen, also warum sollte ich dir nicht glauben?“ „Weiß nicht… Weil die Lehrer dir schon was anderes erzählt haben und du klangst am Telefon nicht so, als ob du mir zuhören würdest“, murmelte der Oberschüler leise, was seine Mutter leicht wehmütig dreinschauen ließ: „Es tut mir leid, dass ich dich am Telefon so angefahren habe, die Arbeit ist in den letzten Tagen gefühlt immer mehr. Natürlich glaube ich dir, aber dafür muss ich wissen, was genau passiert ist.“ Für einen Moment zögerte Aiden, bevor er seiner Mutter erklärte, was bei seiner Begegnung mit Sakura passiert war und wie er sich dazu entschlossen hatte, sie zu decken. Rin lauschte seiner Erzählung und rieb sich kurz die Stirn: „Also du hast dieses Mädchen in der Jungenumkleide erwischt, weil sie sich als Junge ausgegeben und sich in einen Club geschlichen hat, in den sie regeltechnisch gar nicht dürfte. Weil du nichts gesagt hast wirst du suspendiert, da das Mädchen sich beim Kendo hätte verletzen können. Habe ich das so richtig verstanden?“ Auf die Zusammenfassung nickte Aiden kurz und sah dann wieder aus dem Fenster, während seine Mutter sanfter wurde: „Das werde ich so nicht stehen lassen. Wir gehen morgen zur Schule und unterhalten uns mit deinen Lehrern. Du hast nichts falsch gemacht und solltest daher nicht bestraft werden.“ Mit großen Augen sah der Schüler seine Mutter an und lächelte dankbar, während er nickte: „Danke, Mama.“   Es dauerte nicht lange, bis sie endlich vor dem Wohnheim ankamen und Rin Aiden aus dem Auto half. Seine Proteste, dass er selbst aussteigen könne, ignorierte sie gekonnt, doch ließ sie ihn immerhin selbst laufen. Die Stütze hätte er allerdings dringend gebraucht, denn kaum hatte er die Tür geöffnet, wurde er von Kako regelrecht von den Füßen gerissen und abgeleckt. Nur mit Mühe konnte Aiden die Hündin von sich drücken und ließ sich anschließend von seiner Mutter aufhelfen: „Danke, Mama. Kako, das war echt nicht notwendig.“ „Sie freut sich nur, dich zu sehen, sei also mal etwas dankbarer“, kam es von Mirai, die mit Luca, Haruka und Miyuki auf der Couch saß und zu den Neuankömmlingen schaute. Luca war sofort aufgesprungen und zu seinem Kumpel gelaufen, den er besorgt musterte: „Du hast uns ganz schön Angst gemacht, weißt du das? Ist alles okay?“ „Ja, alles gut. Die Ärztin vermutet leichtes Burnout“, erklärte der Braunhaarige und sah in die Runde: „Tut mir leid, dass ich euch Sorgen bereitet habe.“ „Ich bin nur froh, dass du gesund bist“, schluchzte Haruka und wischte sich kurz über die Augen, während Miyuki sich erhob und zu ihm kam: „Kannst du hierbleiben oder musst du wieder ins Krankenhaus?“ „Nur zu kleinen Test nach der Schule, aber ansonsten ist alles gut“, gab er zögerlich zurück, denn er wollte vor Miyuki und Haruka jetzt nicht unbedingt damit um die Ecke kommen, dass er suspendiert worden war.   Um die Stimmung etwas zu lockern klatschte Rin in die Hände und wandte sich Richtung Tür: „Genug ausgefragt, jetzt mach ich uns mal was Richtiges zu essen. Mehr als diesen Krankenhausfraß hast du ja noch nicht gehabt. Haruka-chan, Miyuki-chan, Mirai-chan, helft Ihr mir?“ Einen Moment sahen sich die drei Mädchen an, doch auf das bestimmende Winken der Frau nickten sie und folgten ihr in die Küche, wodurch Aiden und Luca alleine blieben. Die beiden setzten sich auf die Couch, wobei Aiden das auffordernde Maunzen von Kiara, die wohl Hunger hatte, nicht beachtete. „Du hast nicht wirklich gespannt, oder?“, ergriff nun Luca das Wort und Aiden rieb sich die Schläfen, denn er hatte wirklich keine Lust, dieses Thema noch einmal durchzukauen: „Nein, habe ich nicht, aber für heute habe ich echt genug gehabt. Ist es okay für dich, wenn ich es dir morgen erkläre?“ „Soll mir recht sein, aber eins ist mir sicher“, nickte der Spanier und entlockte seinem Freund einen fragenden Blick, bis er zu grinsen begann: „Das, was die Typen über dich erzählen stimmt definitiv nicht, also warte ich lieber, bis ich die Wahrheit kenne.“ Auf die Aussage nickte Aiden fröhlich und lehnet sich zurück, denn die Ruhe, die Luca ihm gönnte, hieß er mehr als willkommen.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)