The fragrant Flower von Ryouxi ================================================================================ Kapitel 18: Iris ---------------- [[BILD=8424435.png]] „Ihr habt also schon von meinesgleichen gehört?“ Falamir hatte ihn in eine kleine Hütte gebeten, wo Milo etwas unschlüssig in der Raummitte stehen blieb. Der andere war nur auf Durchreise und dieses Haus eindeutig bewohnt. Hatte man es ihm für seine Zeit hier überlassen? Er selbst hatte schon so einiges an Gastfreundschaft erlebt, aber das hier sprengte den Rahmen. Besonders zu dieser Jahreszeit. Es gab wohl Dinge, die man nur als Magier bekam. Vielleicht hatten aber auch seine wolfsartigen Hunde, die nun wieder vor der Tür wachten, einen Teil dazu beigetragen. „Die meisten Leute halten Magier für Märchen.“ „Ich bin schon viel rumgekommen, mich wundert nicht mehr viel“, merkte Milo an und wandte sich dem Mann zu, nachdem er sich kurz umgeschaut hatte. „Wenn es Bestien, Dämonen und Geister gibt, dann sind ein paar Magier doch das mindeste, was man der Menschheit gutes tun kann.“ Generell gab es viel zu wenige Menschen oder Mittel, die etwas gegen diese Wesen ausrichten konnten. „Geister?“ Falamir schaute ihn mit einer derart offenen Neugierde an, dass Milo das Gefühl hatte, einen anderen Menschen als eben noch vor sich zu haben. Trotzdem hütete sich der Mann zu viel zu erzählen. „Wie gesagt, ich bin schon viel herumgekommen.“ „Wohl wahr. Kämpft Ihr oft gegen Bestien?“ Dabei huschte sein Blick kurz zu dem Hirtenstab, den er locker an seiner Seite hielt. Kurz rang Milo mit sich selbst, ehe er antwortete. „Hin und wieder“, sprach er nur halb die Wahrheit. „Wenn sich die Gelegenheit für ein schnelles Einkommen ergibt bin ich nicht abgeneigt.“ Er zuckte mit den Schultern, wie um deutlich zu machen, dass nichts weiter dabei wahr, was den anderen kurz zum Lachen brachte. „Und es wundert Euch so gar nicht, dass Euer Begleiter ein Dämon ist?“ „Ich hätte es mir denken können. Er sieht aus wie ein Edelmann, kann sich aber bestens alleine durch die Wildnis schlagen.“ Erneut zuckte er mit den Schultern. Es gefiel ihm überhaupt nicht, dass er derart ausgefragt wurde. „Ich bin noch nie einem solchen Dämon begegnet. Und wenn sich Eure Hunde geirrt haben?“ „Meine Hunde irren sich nicht“, versicherte Falamir ihm sogleich. „Auch könnte kein Mensch derart schnell fliehen. Ihr hattet Glück, dass er Euch nichts getan hat. Die Beweggründe dieser hochklassigen Dämonen sind manchmal nicht zu ergründen.“ „Das stimmt wohl. Nicht nur hat er mir nichts getan, er hat mich sogar mehrmals gerettet.“ Diese Worte waren Milo herausgerutscht, ehe er darüber nachdenken konnte. Er verstand selbst nicht so recht, warum er Fenin nun in Schutz nehmen musste. Falamir musterte ihn kurz und Milo fragte sich, ob er damit zu viel gesagt hatte. „Sie ernähren sich von Seelen. Vielleicht bevorzugt dieser einen ganz besonderen... Geschmack.“ Das letzte Wort hatte er mit derart belegter Stimme hervorgebracht, dass es bei Milo eine Gänsehaut verursachte. „Geschmack?“ Weder kannte er sich mit Seelen aus, noch mit den Praktiken der Dämonen, um an diese zu kommen. „Ich bin zwar niemand, der dies beurteilen kann, aber mein Meister hat mir einmal erklärt, dass je nach Zustand eines Menschen sich der Geschmack seiner Seele ändert. Die Seele eines Trauernden schmeckt anders als die eines Fröhlichen oder eines Verliebten.“ Ohne zu wissen warum, störte ihn das letzte Wort. „Und das sind Sachen, die Ihr einfach so jedem Dahergelaufenen erzählen dürft?“, entgegnete er in gereiztem Tonfall. „Oh nein, natürlich nicht. Aber als ein Magier ist es meine Aufgabe die Menschen vor diesen Mächten zu schützen. Und verzeiht mir, wenn ich anmaßend bin, aber ich habe den Eindruck, dass Ihr sehr wohl über Euren Begleiter Bescheid wusstet.“ Milo fühlte sich ertappt und gab sein Bestes, dies zu verbergen. Falamir hingegen schien ihm umso genauer zu beobachten, wohl um seine Vermutung zu bestätigen. „Wie ich bereits sagte“, setzte der Mann an, doch Falamir winkte nur ab. Milo war klar, dass er ihn nicht überzeugt hatte, doch er sah auch nicht die Notwendigkeit darin, dies tun zu müssen. Was würde es ändern? Spätestens morgen würden sich ihre Wege wieder trennen. Andererseits könnte der Magier Wissen besitzen, das ihm nützlich sein könnte. „Ob es nun stimmt oder nicht, mir scheint, dass ein Zauber auf Euch gewirkt wurde. Diese Wesen sind nicht zu unterschätzen und ich möchte Euch mit Gewissheit nicht schaden, wenn ich diese Sachen sage.“ Augenblicklich musste Milo an den süßlichen Geruch denken, der ihn so hatte neben sich stehen lassen. Sein Misstrauen, das in der letzten Zeit beinahe verschwunden war, war mit einem Mal wieder zurück. Was, wenn Falamir die Wahrheit sprach? Selbst er hatte das Gefühl gehabt, dass Fenin ihn irgendwie in einen Bann gezogen hatte. War ihm damals kein Grund dafür eingefallen, hatte der Magier ihm diesen nun geliefert. Vielleicht hatte es wirklich etwas mit seiner Seele zu tun. Milo führte den Gedanken nicht weiter, er wusste nicht, was er davon halten sollte. Einige Augenblicke haderte er mit sich selbst, ehe er antwortete. Doch der Mann gab ihm diese Zeit. „Und wenn es nun so wäre?“ Ihm war klar, dass er Falamir damit die erwartete Reaktion gab, doch das war ihm gerade herzlich egal. Als es auch nach einigen Momenten noch still blieb, schaute Milo ihn auffordernd an. „Was soll ich tun? Ihn freundlich beten zu gehen?“ Kurz erschien Fenin vor seinem inneren Auge, wie er dieser Bitte nachkam. Es würde ihm ähnlich sehen, auch wenn Milo wusste, dass er ihm weiterhin folgen würde. Trotzdem zweifelte er kurz daran, dass der Dämon wirklich derartige Absichten hatte. Unbewusst knirschte Milo mit den Zähnen. Wie konnte er nur so naiv darüber denken? Er musste wirklich unter einer Art Bann stehen. „Nein, natürlich nicht. Ich denke nicht, dass das funktionieren würde.“ Dafür dass Falamir eben noch solch großen Töne gespuckt hatte, wirkte er mit einem Mal ziemlich kleinlaut, was Milos Inneres erneut brodeln ließ. „Ich befürchte, dass es nur eine Lösung gibt. Die wenigsten Dämonen lassen von ihrer Beute ab, wenn sie einmal die Jagd aufgenommen haben. Lediglich ein Umstand kann sie aufhalten. Ihr Tod.“ Milo überraschte diese Aussage nicht sonderlich. Beruhigen tat sie ihn aber auch nicht. „Und das erzählt Ihr mir, weil Ihr derjenige sein wollt, der diese Tat vollbringt?“ Er konnte seinen Ton selbst nicht so recht deuten. Doch Milo war sich ziemlich sicher, dass dieser Magier dazu nicht in der Lage sein würde. Er wusste zwar nicht, was dieser Schlag Menschen wirklich konnte, doch er hatte Fenins Kräfte gesehen. „Ihr zweifelt, das kann ich verstehen. Aber eigentlich ist es ganz einfach. Jeder hat einen Schwachpunkt. Dämonen sehen es nicht gerne, wenn sie um ihre Beute betrogen werden, oder es zumindest glauben. Selbst hochklassige Dämonen können in einem unachtsamen Moment getroffen werden. Und die magischen Waffen wirken gegen sie genauso stark, wie gegen alle anderen Monster.“ Falamir war nun wieder in seinem Element, während Milo erneut zu zweifeln begann. „Nein danke, ich bin kein Köder.“ Nur weil er sich das alles angehört hatte, bedeutete es nicht, dass er Fenin auch wirklich loswerden wollte. Er wusste nicht einmal, was er wollte. Am besten würde er eine Nacht darüber schlafen. Hier im Ort mit den beiden Wachhunden würde er etwas Distanz zu dem Dämon haben. Ein möglicher Bann würde so vielleicht an Stärke verlieren, so dass er morgen eine andere Sicht auf die Dinge haben würde. Warum nur fiel es ihm so schwer zu glauben, dass Fenin ihm Schlechtes wollte? Am nächsten Morgen hatte Milo noch immer keine Lösung für seinen inneren Konflikt, den Falamir verursacht hatte, gefunden. Ganz im Gegenteil hatte er sich viel mehr verschlimmert. Der Mann hatte nicht wirklich gut geschlafen. Er hatte nicht nur einmal raus gehen und einen Spaziergang machen wollen. Auch wenn er sich in der kleinen Hütte mit dem Fremden in diesem unbekannten Ort eingeengt fühlte, so war dies nicht der wahre Grund für dieses Verlangen gewesen, das wusste er. Gleichzeitig fragte er sich, ob ein Bann wirklich derartig stark sein konnte. Milo fühlte sich nicht so, als würde er neben sich stehen, als würde er von einer fremden Macht beeinflusst werden. Es war einfach nur so, dass er Fenin sehen und in seiner Nähe wissen wollen. Er knirschte mit den Zähnen, während er sein Gesicht wusch, um langsam etwas wacher zu werden. Alleine dieses Eingeständnis brachte Milo noch mehr durcheinander. Was sollte er davon halten? „Habt Ihr gut geschlafen?“, wurde er auf einmal begrüßt. Milo war derartig müde, dass er gar nicht mitbekommen hatte, wie Falamir in das Haus gekommen war. „Ja“, log er. Zu gerne hätte er es anders gehabt. Nun befand er sich endlich mal wieder in einem warmen, geschützten Haus mit einer bequemen Schlafmöglichkeit und dann hielt ihn solcher Schwachsinn wach. „Danke.“ Falamir nickte knapp. „Ich werde gleich weiterreisen. Ihr könnt gerne mit mir kommen, wenn Ihr weiteren Schutz wollt. Ich bin mir sicher, dass sich dieses Problem lösen lässt.“ Tatsächlich dachte Milo kurz über diese absurden Worte nach, ehe er mit dem Kopf schüttelte. „Dieses Problem werde ich selbst lösen. Ich vermute Ihr habt da etwas falsch verstanden.“ Er wusste selbst nicht so recht, was er da von sich gab, doch Milo war sich sicher, dass er diesen Magier nicht auf Fenin hetzen würde. Auch wenn er vermutlich keine Gefahr für den Dämon darstellte, so konnte er diesem doch nicht einfach so in den Rücken fallen. Er fühlte sich bereits beinahe wie ein Verräter, nur weil er mal wieder einen Bann in Betracht gezogen hatte. Falamir musterte ihn kurz abschätzend, bevor er etwas aus seinem Umhang zog. „Dies hier ist ein Talisman.“ Er hielt ihm ein Stück Papier mit eigenartigen Zeichen darauf entgegen. Milo machte keine Anstalten danach zu greifen, ehe ihm der Zweck dahinter erklärt wurde. „Er kann keinen wirklichen Schutz bieten, doch er legt bösartige Absichten offen. Wenn er sich entflammt, dann solltet Ihr auf der Hut vor all jenen in eurer Umgebung sein.“ Etwas zögerlich wechselte der Talisman schließlich den Besitzer. Der Mann konnte es nicht glauben, dass so etwas wirklich funktionierte. Da es Fenin aber nicht schaden konnte, war er gewillt, ihn wirklich bei sich zu behalten. Sicher war sicher. Man konnte nie wissen, wann so etwas mal nützlich werden würde. Tatsächlich hatte Milo nicht damit gerechnet, dass Falamir einfach so abziehen würde. Er war davon ausgegangen, dass Magier alles daran setzen würden, die Welt von sämtlichen Monstern zu reinigen. Er an seiner Stelle hätte vermutlich nicht so einfach aufgegeben, weswegen er beinahe schon damit rechnete, dass der andere ihm heimlich folgen würde. Andererseits war er ganz froh darüber und entschied sich, kurz nach Falamir ebenfalls die Ortschaft zu verlassen. Ihm war klar, dass die Menschen hier nach dem Vorfall gestern vermutlich nicht mit ihm sprechen wollten, auch wenn er bei dem Magier gehaust hatte. Darauf achtend, dass er nicht doch verfolgt wurde, kehrte Milo in den Wald zurück. Zu spät wurde ihm bewusst, dass er nicht einfach seinen Weg fortsetzte, sondern an den Ort zurückkehrte, von dem aus sie gestern die Ortschaft beobachtet hatten. Zu dumm, dass Fenin genau dort bereits auf ihn wartete, was das peinliche Gefühl in ihm nur noch stärker werden ließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)