The fragrant Flower von Ryouxi ================================================================================ Kapitel 15: Freesie ------------------- [[BILD=8424213.png]] Am nächsten Tag brachen die beiden Männer zusammen auf. Milo wusste nach wie vor nicht, was er davon halten sollte, doch er brachte es auch nicht über sich, Fenin wegzuschicken. Nicht nur hatte er ihm schon wieder geholfen, auch erklärte er ihm mit seiner ruhigen Art fast alles, was Milo ihn fragte. So erfuhr er, dass er es tatsächlich mit einem Geist zu tun gehabt hatte. Fenin hatte ihn ein Irrlicht genannt. Ein Wesen, das üblicherweise in dunklen, nebligen Gebieten seine Opfer durch sein Leuchten zu sich lockte. Warum er dieses untypische Verhalten gezeigt hatte und ihm gefolgt war, hatte er ihm nicht sagen können, aber es war sein Glück gewesen, dass der Dämon in der Nähe gewesen war. Wie er bereits vermutet hatte, war ein Mensch nicht in der Lage sich gegen ein derartiges Wesen zu wehren, wenn es ihn erst einmal in sein Reich gezogen hatte. Es hatte bereits damit begonnen gehabt, sich an Milos Lebensenergie zu nähren. Auch wurde ihm klar, warum sich Fenin anderen Menschen gegenüber immer so abweisend und für Milo vollkommen ungewohnt verhalten hatte. Dämonen gaben sich üblicherweise nicht mit Menschen ab, das hatte er ihm selbst bestätigt. Umso mehr fragte sich der Mann, warum er ihm dann so hartnäckig folgte. Da er langsam aber sicher jegliche Hemmungen dem anderen gegenüber verlor, scheute er sich nicht, genau dies zu fragen. „Hatte ich nicht bereits gesagt, dass mir die gemeinsame Zeit sehr gefallen hat?“ Milo runzelte seine Stirn über diese Antwort. „Aber ich bin doch nur ein Mensch.“ Eigentlich hatte er weiterreden wollen. Stattdessen biss er sich nun auf die Unterlippe, da ihm seine eigenen Worte gegen den Strich gingen. Was meinte er mit nur ein Mensch? Was sonst sollte er sein? Alles andere wäre falsch. „Für mich macht so etwas keinen Unterschied, wenn ich jemanden mag.“ Augenblicklich schaute Milo zur Seite. Wieso sagte er ihm so etwas? Nicht nur machte er es ihm so noch schwerer, ihn nicht zu mögen. Auch spürte er, wie sein Inneres bei diesen Worten warm wurde. Wie konnte er selbst sich so verraten? Danach hatte sich dieses Gespräch für den Mann erledigt. Er wollte sich nicht noch mehr von diesem Blödsinn anhören. Tatsächlich blieb Fenin auch die nächsten Tage bei ihm. Milo verstand selbst nicht so recht, wie er das zulassen konnte. Gleichzeitig genoss er aber das Gefühl der gewohnt angenehmen Gesellschaft, das er ins Geheime über die letzten Wochen wohl doch vermisst hatte. Mit jedem Tag wurde sein innerer Zwiespalt geringer, manchmal vergaß er sogar kurz, dass Fenin ein Dämon war. Er war wirklich nicht ansatzweise so wie die Monster, die er so hasste. Als sie an diesem Abend an einem Felsvorsprung in der Nähe eines Baches vorbeikamen, entschieden sie sich dazu, dort zu rasten. Milo war heute besonders gut gelaunt. Er hatte mittlerweile nicht nur eingesehen, dass er Fenins Gegenwart genoss, sondern auch, dass er die letzten Wochen furchtbar alleine gewesen war. Er konnte selbst nicht begreifen, wie er das hatte verdrängen können. Während Fenin ein Feuer machte, suchte sich Milo eine windgeschützte Stelle unter dem Fels und zog seinen Mantel vor der Kälte schützend näher und versuchte sich von diesen Gedanken abzulenken. Nachdenklich beobachtete er den anderen dabei, wie er mit seinem magischen Stein ein kleines Feuer erzeugte. „Kannst du nicht viel einfacher Feuer machen?“ Er wollte ihn nicht direkt auf seine dämonische Fähigkeiten ansprechen, bis jetzt war das für Milo noch ein Tabuthema gewesen. Außerdem erinnerte es ihn in diesem Fall zu stark an seine Kindheit. An den Dämon, der mit einem Inferno sein Haus und seine Familie ausgelöscht hatte. Ein eisiger Mantel legte sich um sein Herz, als er sich daran zurück erinnerte. Er hatte längst gesehen, dass auch Fenin durchaus mächtig war, doch mit Feuer hatte er bisher nichts zu tun gehabt. Dieser schaute ihn kurz fragend an, ehe er zu verstehen schien. „Jeder hat andere Fähigkeiten. Feuer ist nichts, was ich kontrollieren oder gar aus dem Nichts erzeugen kann.“ Milo nickte nur und richtete dann seinen Blick auf die kleine Flamme, die langsam an den Zweigen entlangzüngelte und größer wurde. Um diese Jahreszeit war es schwierig trockenes Holz zu finden, so dass selbst dieses kleine Feuer viel Qualm erzeugte. „Ich habe Kräuter gesammelt.“ Fenin holte ein paar grüne Pflanzen hervor und ließ Milo so wieder aufschauen. Dem Mann war längst klar, dass der andere deutlich mehr Ahnung hatte, als dieser damals vorgegeben hatte. Vermutlich hatte er ihn nicht nur einmal angelogen. „Willst du eigentlich noch nach Trora?“, fragte er möglichst beiläufig, als er die Pflanzen entgegennahm. Auch wenn sie nach nicht viel aussahen, so schaffte Fenin es immer wieder, welche mit sättigender Wirkung zu finden, so dass er stets dankbar dafür war. „Nein“, war die knappe Antwort. Milo genügte dies, schließlich war er bereits davon ausgegangen, dass dies nur ein Vorwand gewesen war. Offensichtlich hatte er so die Möglichkeit gehabt, länger mit ihm zu reisen. Ob es diese Stadt überhaupt gab? Er fragte nicht nach, um sich die Scham zu ersparen, eine mögliche Lüge geglaubt zu haben. Für eine Weile saßen sie einfach nur da, aßen und lauschten dem Klang des Waldes und des knisternden Feuers. Milo genoss die Wärme, die von den Flammen ausging. Der Winter konnte nun jederzeit mit dem ersten Schnee hereinbrechen. Es war kalt und er hatte keine Vorräte mehr bei sich. Normalerweise würde er sich um diese Jahreszeit nicht mitten in der Wildnis aufhalten. Es war Fenin verschuldet, dass er sich nicht ganz so verloren fühlte, obwohl der Dämon allem Anschein nach andere Bedürfnisse als er selbst hatte und demnach vermutlich nicht so schnell verhungern oder erfrieren würde. Außerdem war es kein sonderlich beruhigender Gedanke, von einem Dämon abhängig zu sein. Wie schon die letzten Tage verdrängte Milo diese Gedanken auch jetzt wieder. Ein leises Raschel ließ ihn aufschauen. Fenin war aufgestanden und hatte sich näher zu ihm gesetzt. Es war das erste mal seit sie wieder zusammen waren, dass sie sich so nah kamen, auch wenn es nicht mit der Nacht in dem Bergstall zu vergleichen war. Dennoch ließ es den Mann unruhig werden, was sich scheinbar auch deutlich in seinem Blick widerspiegelte, da Fenin mit einem Mal inne hielt. „Dir ist kalt.“ Milo war sich nicht sicher, ob dies eine Begründung für sein Verhalten oder einfach nur eine Feststellung zum Themenwechsel sein sollte. Was konnte Fenin schon dagegen unternehmen? Ihn warmhalten? Bei dem Gedanken wurde Milo nur noch unruhiger, weswegen er leicht den Kopf schüttelte. „Schon in Ordnung, das Feuer ist sehr angenehm.“ Das war es wirklich. Leider war es auch sehr klein. Sein Rücken befand sich trotz allem im Schatten und lud die Kälte geradezu ein. Milo war sich nicht sicher, womit er gerechnet hatte. Als Fenin aber auf einmal seinen roten Umhang auszog, weiteten sich seine Augen. „Bist du verrückt?“ Er wollte nicht ausfallend werden. Allerdings würde es Milo auch nichts bringen, wenn der andere erfror oder krank wurde. Dieser lächelte ihn nur leicht an. „Ich bin ein Dämon. Diese Temperaturen können mir noch nichts anhaben. Wenn du schläfst wirst du aber erst recht frieren.“ Fenin streckte ihm den dicken Stoff entgegen und stellte Milo damit vor einen inneren Konflikt. Einerseits hatte Fenin mit seiner Aussage Recht und er würde sich wirklich gerne noch wärmer einpacken. Andererseits bereitete ihm alleine der Gedanke daran ein komisches Gefühl. Von Fenin etwas anzunehmen war eine Sache. Wenn es sich dabei aber um seinen Umhang handelte, den er rund um die Uhr trug und der höchstwahrscheinlich nach ihm roch, um sich damit dann zuzudecken... Bei der Vorstellung schüttelte er unbewusst erneut mit dem Kopf. Er wollte weder sich noch Fenin das Gefühl geben, dass dieser rund um die Uhr auf ihn aufpassen und sich um ihn kümmern musste. Bisher war er auch bestens alleine zurecht gekommen. Milo glaubte ein leises Seufzen zu hören, ehe Fenin seinen ausgestreckten Arm mitsamt dem Kleidungsstück sinken ließ. Möglicherweise ließ ihn der rötliche, flackernde Schein des Feuers Dinge sehen, die nicht da waren, doch für eine Moment glaubte er einen verletzten Ausdruck auf dem Gesicht des anderen zu sehen. Mit einem Mal hatte Milo das Bedürfnis, ein Gespräch zu starten. „Du hattest vorhin von Fähigkeiten gesprochen.“ Warum er nun gerade jetzt auf dieses bisher so vehement gemiedene Thema kam, wusste der Mann selbst nicht. Doch er war bereits so durcheinander, dass er es anscheinend für eine gute Idee hielt. Gerade heute hatte er gedacht, dass er sich endlich einigermaßen mit der Tatsache, dass Fenin ein Dämon war, abgefunden hatte, aber anscheinend befand sich noch immer diese Barriere zwischen ihnen. Möglicherweise würde er auch nie wieder unbefangen mit dem anderen umgehen können. „Du hast sie schon mal gesehen, als ich die Bärenbestie aufgehalten habe“, begann Fenin ruhig zu erzählen. Seinen Umhang legte er vor sich auf den Boden. „Was ist es?“, fragte Milo nach, nachdem sie einen Augenblick geschwiegen hatten. Wenn er schon dabei war, dann konnte er auch das fragen. Er kannte sich nicht mit diesen Dämonen aus und war dementsprechend neugierig, auch wenn er es dabei vermied den anderen anzuschauen. „Man könnte mich als einen Blumendämon bezeichnen.“ Milo glaubte so etwas wie ein Schmunzeln in seiner Stimme zu hören. „Ich bin in erster Linie in der Lage Pflanzen und Blüten jeglicher Art wachsen zu lassen.“ Wie um es zu beweisen hob er seine rechte Hand über den belaubten Boden, wo nach nur wenigen Sekunden ein grüner Stiel wuchs, der letztendlich in einer blauen Blüte endete. Wie gebannt schaute Milo die kleine Pflanze an. „In meiner menschlichen Form bin ich natürlich nicht so machtvoll.“ „Heißt das, du hast die ganzen Kräuter selbst wachsen lassen?“, stellte Milo mit einem Mal überrascht fest. Als Antwort bekam er nur ein schiefes Lächeln. Aus irgendeinem Grund überraschte ihn das mehr, als es sollte. Er hatte wirklich gedacht, dass Fenin die Pflanzen stets selbst fand. Das würde jedoch erklären, warum er bei seiner Suche immer so erfolgreich war. „Mit Blumen kann man nicht richtig kämpfen, oder?“ Seine Frage war eigentlich unsinnig, immerhin hatte er selbst gesehen, was Fenin mit der Bestie angestellt hatte. Dennoch fand er diese Kraft nicht vergleichbar mit dem Feuerinferno, dem er damals gegenübergestanden hatte. „Jede Fähigkeit hat ihre eignen Vorteile. Und in einem Nahkampf benötige ich sie nicht um einen Feind zu besiegen. Für Zerstörung und Chaos ist sie nicht geeignet. Eine derart destruktive Kraft würde ich aber auch nicht besitzen wollen.“ Nun gelang es Fenin doch, Blickkontakt mit Milo herzustellen, welcher über dessen Worte nachdachte. So recht begreifen konnte er jedoch nicht, warum der Dämon so dachte. „Wofür ist sie dann gut?“ Mit einem Mal hatten Neugierde und Interesse die Oberhand gewonnen. Das Thema war nicht ansatzweise so schlimm, wie er es sich vorgestellt hatte. Fenin lehnte sich kaum merklich ein Stück zurück. „Nun, ich finde heilende Pflanzen als unaufhörliche Quelle schon sehr praktisch. Ich kann auch größere Pflanzen so wachsen lassen, wie ich es will und so unter anderem einen dauerhaften Unterschlupf schaffen.“ So wie er das sagte, schien das etwas zu sein, was Fenin tatsächlich öfter tat. Milo versuchte sich vorzustellen, wie der andere in einem Baumhaus lebte, scheiterte aber daran. „Außerdem stoße ich einen ganz eigenen Körpergeruch aus, der auf andere Lebewesen unterschiedliche Wirkungen zu haben scheint. Mir wurde mal gesagt, ich rieche selbst wie eine Blume.“ Milo entging es nicht, dass er bei dem letzten Satz leicht seine Lippen verzog. Gleichzeitig fiel ihm auf, dass Fenin noch nie so offen gesprochen hatte. Auf die Aussage nickte der Mann kurz. Auch ihm war der Geruch nicht entgangen. Mit einem Mal verstand er, was es damals mit diesem seltsamen Geruch auf sich gehabt hatte, den er nicht nur einmal vernommen hatte. Es war also wirklich Fenins Geruch gewesen, der aufgrund seines Wesens so außergewöhnlich war. „Was für Wirkungen sind das?“, fragte Milo nach, einfach um das Gespräch am Laufen zu halten. „Das kannst du gerne selbst herausfinden“, bot Fenin an, beugte sich wieder nach vorne und streckte ihm sein Handgelenk etwas entgegen. Milo musterte es einen Augenblick lang zögerlich. Einzig aus dem Grund, dass er wusste, dass Fenin ihm nichts tat und der Tatsache, dass er nicht wirklich eine Wirkung erwartete, beugte er sich ihm leicht entgegen, um ganz bewusst den süßlichen Geruch einzuatmen. Nicht nur war Milo dem anderen bei Bewusstsein noch nie derart nah gewesen, auch hatte er dessen Geruch noch nie so intensiv wahrgenommen. Dieser war nicht nur überaus süß und erinnerte tatsächlich etwas an den Nektarduft einer Blume, er schien ihm gleichzeitig auch Freiheit und Geborgenheit zu versprechen. Milo wusste nicht so recht, was er mit diesen Gefühlen, die sich plötzlich in seinem Inneren ausbreiteten, anfangen sollte. Seine Brust zog sich sich unangenehm zusammen. Benommen griff er nach Fenins Hand. „Was ist?“ Die Frage klang überrascht und ließ Milo zu dem anderen aufschauen. Als er Fenins Gesicht sah, wurde sein Kopf wie leergefegt. Nicht nur dachte Milo an nichts mehr, auch schien sein Körper einen eigenen Willen entwickelt zu haben. Ehe er sich versah oder einer von ihnen reagieren konnte, hatte sich der Mann noch weiter nach vorne gebeugt und seine Lippen auf die des anderen gelegt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)