The fragrant Flower von Ryouxi ================================================================================ Kapitel 12: Erika ----------------- [[BILD=8424079.png]] Milo hatte einige harte Wochen hinter sich. Nicht nur hatte sich der Herbst dem Ende zugeneigt, was es allgemein schwieriger machte, zu überleben. Auch hatte er sich allem Anschein nach in einem recht unbewohnten Teil des Landes befunden. Es hatte ihn ganze zwei Tage gebraucht, das Gebirge wieder zu verlassen und noch einmal das doppelte an Zeit, um eine Ortschaft zu finden. Vermutlich hatte er dabei mehr Glück als Verstand gehabt. Normalerweise stürzte er sich nicht so unüberlegt in die Wildnis, schließlich gab es noch immer weite Teile des Landes, die unbewohnt waren. Im Sommer, wenn es warm war und es Nahrung im Überfluss gab konnte man das machen, nicht aber zu dieser Jahreszeit. Er war auf die Bauern mit denen er Handel betreiben konnte angewiesen. Ihm war bewusst, dass Fenin es gewesen war, der sie in diese abgelegene Gegend geführt hatte. Wer wusste, was er dort mit ihm vorgehabt hatte. Mittlerweile hatte sich Milo mit dem, was geschehen war, abgefunden. Nach wie vor konnte er den Dämon nicht hassen, doch immerhin hatte er sich wieder gefangen. Zumindest redete er sich das ein. Zur Zeit war er aber auch mit anderen Dingen beschäftigt, als sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Vor drei Tagen hatte Milo endlich eine größere Ortschaft, die mit ihrem Schutzwall schon als Kleinstadt durchging, erreicht. Hier gab es für einen Monsterjäger wie ihn keine wirklichen Aufgaben, zumindest hatte er bisher niemanden getroffen, der von einer Bestie geplagt wurde. Aus diesem Grund hatte sich Milo eine andere Tätigkeit gesucht, mit der er sich über die Wintermonate über Wasser halten wollte. Das hier waren keine reichen Leute, die in Wohlstand lebten, doch sie hatten Häuser, Feuer und Nahrung, ganz zu schweigen von dem Schutzwall, der nicht selbstverständlich war. Seine momentane Aufgabe bestand darin, im Wald Bäume zu fällen und so Feuerholz zu beschaffen. Ein wertvolles Gut, da nicht jeder lebend von dieser Aufgabe zurückkehrte. Auch wenn niemand hier über bestimmte Bestien geklagt hatte, so war es doch keine beliebte Aufgabe. Milo hingegen störte sich nicht an der Gefahr, schließlich war das seine eigentliche Berufung. Mit der hart körperlichen Arbeit eines Holzfällers hingegen hatte er zu kämpfen. Heute war der zweite Tag, an dem er mit einer handvoll Männer in den Wald aufbrach. Die Waldgrenze lag ein gutes Stück von der Kleinstadt entfernt, vermutlich hatten auf der weitläufigen Fläche, die nun Feldern diente, einst Bäume gestanden, die bereits als Rohstoff ihren Weg in die Stadt gefunden hatten. Nachdem sie die Bäume erreichten, teilten sich die Männer auf. Jeder wusste um seine Aufgaben. Milo trug eine Axt bei sich, mit der er bevorzugt große Bäume fällen sollte. Doch genügte das nicht bereits an körperliche Arbeit, so musste er ihn anschließend irgendwie zurück bringen. In der Stadt gab es zwar Ochsen, doch diese wurden gerade für die letzten Erntearbeiten auf den Feldern benötigt. Am gestrigen Tag hatte er gerade mal einen Baum gefällt bekommen und anschließend noch Hilfe dabei benötigt, ihn in die Stadt zu befördern. Er war nun einmal nicht für solche Arbeiten gemacht. Derart in Gedanken begab sich der Mann tiefer in den Wald, als es notwendig gewesen wäre. Als ihm sein planloses herumlaufen bewusst wurde, blieb Milo stehen und schaute sich kurz um. Der Wald war ungewohnt ruhig, was vermutlich den bereits eisigen Temperaturen zuzuschreiben war. Es wäre nicht klug, hier mit seiner Arbeit zu beginnen. Jeder weitere Meter, den er von der Stadt entfernt war, bedeutete zusätzliche Anstrengungen. Bevor er wieder umkehrte, warf der Mann noch einen Blick in die Tiefe des Waldes. Es war ihm nicht entgangen, dass er in den vergangenen Wochen, seit er wieder alleine unterwegs war, keinen Schmetterling mehr gesehen hatte. An sich war das nichts, was Milo verwundern würde, hatte er sie früher immerhin noch seltener gesehen. Doch nachdem sich in dieser kurzen Zeitspanne die Sichtungen derart gehäuft hatten, war es doch auffällig. Milo hatte mittlerweile eins und eins zusammengezählt. Zurückblickend war ihm nicht entgangen, dass diese Schmetterlinge immer dann aufgetaucht waren, bevor Fenin auf der Bildfläche erschien, oder wenn er bereits da war. Es war offensichtlich, dass er sie sah, wenn ein Monster seinen Weg kreuzte. Ein Monster, wie Fenin eines war. Das würde erklären, warum diese Insekten an den noch so unwirklichsten Orten auftauchten, auch wenn Milo nicht verstand, warum es gerade diese Tiere waren und was genau es mit ihnen auf sich hatte. Seitdem Milo aber dahinter gekommen war, schaute er sich immer mal wieder bewusst nach ihnen um. Keinen zu sehen gab ihm immer wieder das Gefühl, in Sicherheit zu sein. Nachdem ihm in dem aufgrund des fehlenden Blätterdachs lichten Wald nichts ungewöhnliches ins Auge gefallen war, atmete Milo einmal durch und drehte sich dann um, um endlich mit seiner Arbeit zu beginnen. Er kam keine zwei Schritte weit, als er gegen etwas hartes trat, was er unter dem hohen Laub am Boden nicht gesehen hatte. Das knackende Geräusch dabei stammte eindeutig von Holz. Erst dachte Milo, er hätte einen einfachen Ast durchgebrochen, von denen hier reichlich lagen. Als aber plötzlich ein kalter Wind an ihm vorbei wehte, der ihm trotz seiner dicken Kleidung einen Schauer über den Rücken jagte, war sich Milo nicht mehr so sicher mit dieser Annahme. Obwohl er nicht zuordnen konnte was das gewesen war, so konnte er doch mit Sicherheit sagen, dass dies kein normaler Wind gewesen war. Er ließ die Axt fallen, um seinen Hirtenstab mit beiden Händen umgreifen zu können. Nur weil er ausnahmsweise mal keinen Schmetterling gesehen hatte, bedeutete das nicht, dass er nicht trotzdem in Gefahr sein konnte. In dieser Welt gab es noch mehr Bedrohungen, als Dämonen und Bestien. Mit dem Fuß, mit dem er den vermeintlichen Ast getreten hatte, schob er das Laub zur Seite. Zum Vorschein kam ein Bund an Zweigen. Der obere, dünnere Teil lag abgebrochen neben dem noch im Boden steckenden dickeren Ende. Der Faden, der die Zweige zusammenhielt, war noch deutlich zu erkennen. Hier war jemand gestorben. Diese Holzstrukturen wurden zur Ehrung und Erinnerung bestimmter Toter aufgestellt. Milo fühlte sich augenblicklich schlecht, dass er es zerstört hatte. In der Hoffnung, noch etwas retten zu können, ging er davor in die Hocke. Doch als er das abgebrochene Stück aufheben wollte, fielen die Zweige, die nun von keiner Schnur mehr gehalten wurden, auseinander. Weder war er ein Priester, noch hatte er Ahnung von Bestattungen. Einen Augenblick lang saß der Mann einfach unschlüssig vor dem Haufen Zweige. Bevor er aber zu einem Schluss kam, nahm ihm ein erneuter, eisiger Wind die Entscheidung ab. Ehe sich Milo versah war dichter Nebel aufgezogen, der von zwischen den Bäumen her auf ihn zukam. Der weiße Dunst sah nicht nur unnatürlich aus, auch ließ er den Mann derart unruhig werden, dass dieser ohne an die Axt zu denken aufsprang und das Weite suchte. Es war nicht so, dass Milo Angst hätte, sich einem Gegner zu stellen. Doch weder hatte er derartiges schon einmal erlebt oder auch nur davon gehört, noch hätte er unter solchen Bedingungen gute Chancen in einem Kampf. Er hatte es nicht gewagt, diesen Nebel zu berühren, aber er hatte das Gefühl gehabt, er bräuchte nur seine Hand auszustrecken, um ihn wirklich spüren zu können. In keinster Weise hatte es wie üblicher Nebel ausgesehen und das ließ ihm noch Schauer durch den Körper jagen, als Milo längst den Waldrand erreicht hatte und von diesem Vorfall nichts mehr zu sehen war. Das ungute Gefühl, dass das alles etwas mit seiner unbeabsichtigten Grabschändung zu tun hatte, ließ nicht mehr von ihm ab. An diesem Tag schaffte Milo es nicht nur nicht, das Holz zurück in die Stadt zurück zu bringen. Er hatte es nicht einmal geschafft, einen Baum zu fällen. Wie auch ohne Axt? Nachdem er eine Weile am Waldrand gewartet und nach Nebel Ausschau gehalten hatte, war er zurückgegangen, um nach dem Werkzeug zu suchen. Aber natürlich hatte er die Stelle nicht mehr finden können. Unter diesen Umständen hatte er sich dazu entschlossen, dass es das Beste wäre, wenn er sich eine andere Tätigkeit suchen würde. Doch das war leichter gesagt als getan. So groß diese Ortschaft auch sein mochte, die Kunde von dem Fremden, der beim Holzhacken die Axt im Wald verlor, weil er Angst vor etwas Nebel hatte, machte schnell die Runde und erschwerte es Milo noch mehr. Die Tatsache, dass er längst als ein Monsterjäger bekannt war, machte es auch nicht besser. Letztendlich gab Milo es auf. Irgendwie würde er noch einen Weg finden, Hauptsache er hatte erst einmal diese geschützte Stadt aufgespürt, in der ein Winter deutlich einfacher zu überstehen war, als in der Wildnis. Es waren keine vier Tage seit dem Zwischenfall in dem Wald vergangen, als Milo es das erste Mal hörte. Es war Nacht und er lag in dem heruntergekommenen Schuppen, den er seit seiner Ankunft hier bewohnte. Es waren dumpfe Schritte, die von draußen zu hören waren. Als er jedoch einen Blick durch den Spalt in der Tür warf, war weit und breit niemand zu sehen. Genauso wenig waren Geräusche zu hören die darauf hindeuteten, dass noch jemand wach war. Dafür nahm Milo aber etwas anderes war. Ein eisiger Wind, der an ihm vorbeizog. Auch ohne die Tatsache, dass es hier drinnen keinen Wind geben konnte, stellten sich seine Nackenhaare augenblicklich auf. Egal was es war, es war ihm anscheinend aus dem Wald hierher gefolgt. Dieses Gefühl würde er nicht so schnell vergessen. Während er seinen Stab umklammerte, dachte Milo krampfhaft darüber nach, um was es sich hierbei handeln konnte. Er konnte mit Gewissheit sagen, dass es weder Bestie noch Dämon war. Als er daran dachte, dass er an diesem Ort die Ruhe eines Toten gestört hatte, kam ihm ein unwirklicher Gedanke. Hier und da hatte er von Leuten gehört, die von Geistern heimgesucht wurden, doch Milo hatte nie selbst die Bekanntschaft mit einem solchen Wesen gemacht. Er war sich nicht einmal sicher, ob sie wirklich existierten. Und genau aus diesem Grund konnte er nun nicht sagen, wie er mit dieser Situation umgehen sollte. Er hatte zwar eine magische Waffe, doch könnte er damit ein solches Wesen bekämpfen? Und was könnte dieses überhaupt bei ihm ausrichten? Während er über all dies nachdachte, hatte Milo seinen Blick nicht von der schmalen, dunklen Straße vor ihm abgewandt. Er konnte durch den Spalt zwar nicht allzu viel sehen, zumindest sah es aber nicht so aus, als würde ein dichter Nebel aufziehen, was den Mann schon mal etwas beruhigte. Auch das monotone Geräusch schien an Ort und Stelle zu bleiben. Möglicherweise bildete er sich das alles aber auch nur ein und in Wirklichkeit stieß dort in der Dunkelheit etwas durch den Wind immer und immer wieder gegen eine Wand. Spätestens in der nächsten Nacht wurde Milo auch diese Hoffnung genommen. Er wurde durch ein lautes Pochen gegen die hölzerne Tür aus seinem Schlaf gerissen. Ungeachtet der Tatsache, ob er mit diesem Verhalten dem Wesen möglicherweise Einlass gewährte, riss Milo die Tür auf, um sich dem Störenfried zu stellen. Er hatte sowieso nicht vor, länger hierzubleiben, um in der nächsten Nacht dann durch einen unwillkommenen Gast persönlich geweckt zu werden. Doch vor der Tür stand niemand. Die Gasse lag dunkel und ruhig vor ihm. Weit und breit war kein Mensch oder ein sonstiges Lebewesen zu sehen. Lediglich die eisige Luft wirkte unüblich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)