The Darker Side von Astre ================================================================================ Kapitel 1: Black Despair ------------------------ Kalter Wind wehte ihr entgegen, als sie die Straßen der kleinen Stadt entlangeilte. Sie musste wirklich eine dickere Jacke bekommen, auch wenn diese ihr gefiel, mit dem hübschen Fellbesatz an der Kapuze. Zack prophezeite ihr bereits vor Wochen, wie unnütz das Stück Stoff war, und vielleicht sollte sie öfter auf ihn hören. Obwohl es wenig brachte, rückte sie das dünne Jäckchen enger um die Schultern und beschleunigte. Das Motel, in dem beide heute früh eincheckten, stand Gott sei Dank nicht mehr weit weg. Außerdem würde sich der Marsch durch die halbe Stadt lohnen. Ganz bestimmt. Zack liebte diese Burger und wenn er danach wieder normal mit ihr sprach. Sie nicht mied, wie der Teufel das Weihwasser, dann konnte sie mit dem bisschen Kälte umgehen.   Es war ein guter Plan. Das hoffte sie zumindest. Ansonsten wusste sie nicht, was sie noch tun sollte. Seit einer Woche verhielt er sich so. Genau genommen seit dem Desaster mit diesen Männern. Am Anfang dachte sie, er sei immer noch wütend, weil sie seine Worte ignorierte und in Schwierigkeiten geriet. Mittlerweile vermutete sie, es lag an dem Kuss. Was es nicht besser machte. Sie verstand es einfach nicht. Exakt so stand es in den Romanen, die sie ab und zu in die Finger bekam. Die Protagonistin küsste zum Dank den Retter. Allerdings stieß dieser die Frau danach nicht weg. Er fiel auch nicht in eine Badewanne und zertrümmerte sich fast den Schädel. Nein, die Männer küssten in der Regel zurück.   Wenn Zack wenigstens mit ihr reden würde, könnte sie evaluieren, wo der Fehler lag. Sie hielt sich haargenau an die Beschreibung. Leichter Druck, danach ein wenig Zunge und später dann sanftes Knabbern an der Unterlippe. Zu Letzterem kam sie überhaupt nicht mehr. Vielleicht mochte er es auch einfach ein wenig härter. Aber er sprach ja nicht mit ihr und blockte jeden Versuch ab. Sogar das Bett scheute er und schlief lieber auf dem Boden oder dem Sessel. Wie sollte sie das reparieren, wenn er ihr keine Chance dazu gab?   Sie seufzte, huschte über den Schotterplatz des Motels und steuerte auf ihr Zimmer zu. Sein Lieblingsessen würde es richten. Ganz bestimmt. Ihre Finger waren kalt genug, damit sie zwei Anläufe brauchte, bis die Tür sich endlich öffnen ließ. Warme einladende Luft kam ihr entgegen und ein wenig hastiger als gewollt sprintete sie hinein. „Wo warst du solang?“ Ray drehte sich um und stockte. In voller Montur verließ er das Badezimmer und griff nach der Sense. „Ich hab` Abendessen gekauft.“ Sein Blick schweifte kurz in ihre Richtung. „Ha? Schmeiß es auf den Tisch, ich ess` später.“ „Aber… dann wird es kalt.“ Er stapfte an ihr vorbei, drückte sie zur Seite und riss die Tür auf. „Ist mir egal.“ „Zack, du solltest -“ Die Tür knallte zu und sie stand alleine in dem Raum. „- nicht alleine gehen.“   Die Hand mit dem Essen klatschte auf ihre Seite zurück und sie starrte auf die Tür. So… sollte das nicht laufen. Sie schloss die Augen und atmete tief durch. Das war nicht schlimm. Er aß es nur ein wenig später. Ihr Plan bekam lediglich einen kleinen Rückschlag. Mit einem Nicken stellte sie die Burger auf den rustikalen Esstisch und kontrollierte den Knoten der Tüte. Das Personal des Restaurants verpackte es gut. Eventuell war es später auch noch warm. Selbst kalt schmeckten sie sicher hervorragend.   Sie zog die Jacke aus, hängte diese über den Stuhl und kramte in Zacks Rucksack nach dem kaputten Hoodie. In der Zeit, während sie wartete, flickte sie seinen Pullover. Er besaß eine Präferenz für den schönen Schwarzen. Zwar erwähnte er es nicht. Aber sie wusste, wie sehr es ihn nervte, den Pulli nicht mehr anziehen zu können. Mitsamt dem Nähset plumpste sie auf das Bett, rieb ihre kalten Hände wärmer und bereitete die richtige Nadel mit Faden vor.   Die Hoffnung, das Essen wäre wenigstens noch lauwarm, wenn er wiederkam, begrub sie nach einer Stunde. Als die Zweite anbrach, es draußen stockduster wurde, beendete sie ihre Näharbeiten. Nach ganzen vier Stunden, in denen sie wartend auf dem Bett saß, kam er. Die blutige Kleidung fiel ihr zuerst ins Auge, danach der unzufriedene Blick. „Warum bist du noch wach?“ Irritiert runzelte sie die Stirn und beobachtete, wie er die dreckige Sense gegen die Wand knallte. Sie… blieb immer wach, bis er kam. „Ich hab auf dich gewartet und deinen -“ „Tch, du siehst aus wie eine gottverdammte Leiche!“ Damit rauschte er ins Bad und sie hörte kurz darauf die Dusche. Die Lippen zu einer flachen Linie verziehend, stand sie auf und stellte sich vor das Fenster. Tatsächlich sah ihr Spiegelbild ein wenig blass aus. Sie schätzte, es lag an der Kälte oder dem kontinuierlichen Schlafmangel über die Woche hinweg. Ohne seine Nähe schlief sie nicht gut und wälzte sich die meiste Zeit herum. Selbst die Albträume verfolgten sie stärker. Kritisch strichen ihre Finger über die fahlen Wangen und schlugen fest zu. Bis es schmerzte. Die rosige Haut brannte, genau wie die Handflächen. Jetzt sah sie hoffentlich besser in seinen Augen aus. Ansonsten schlug sie das nächste Mal härter zu.   Sie bückte sich, hob den Rucksack auf den Stuhl und suchte gezielt das Verbandszeug heraus. Mit allem für die Wundversorgung bewaffnet wartete sie. Klopfte erst an, als kein Wasser mehr floss und die ersten Flüche ihre Ohren erreichten.   „Kann ich rein? Du hast die Sachen für deine Wunden vergessen. Bitte.“ Er antwortete ihr nicht sofort und mit der Hand auf dem Türgriff rechnete sie bereits damit, er jage sie davon. Erneut. „Mach, was du willst.“ Sie nahm es. Das war näher an einer Einladung als die letzten Tage. Durch den hoffnungsvollen Impuls in ihrem Magen riss sie die Tür auf und stolperte beinahe über seinen blutigen Pullover. Zack saß mit seiner Jogginghose auf dem Wannenrand und erneuerte die Gaze um seine Brandnarben. Sie mochte es, wie er nach dem Duschen aussah. Nasse, zerzauste Haare und lockere Kleidung. Er wirkte… jugendlicher und sanfter. Viel weniger rau an den Kanten. Ihr Blick begegnete seinem. Er spannte sich an. Oh, sie stand immer noch an der Tür und starrte. Die Narben hatten sie nie gestört, sie fand sie auch nicht hässlich oder abstoßend. Allerdings bezog er stets alles darauf und ging auf Angriff, wie ein tollwütiger Hund.   „Was?“ „Ich mag es, wenn deine Haare nass sind.“ Die Abwehr in seinem Körper verschwand und er blinzelte irritiert. „Red kein´Scheiß.“ „Mach ich nicht.“ Vorsichtig trat sie näher, legte die Sachen auf die Anrichte. „Soll ich dir helfen?“ Er stieß genervt die Luft aus. „Seh` ich aus, als ob ich deine verdammte Hilfe brauche?“ Ja, eigentlich tat er das. Die Schusswunde schränkte seine Bewegungsfreiheit ein, auch wenn er zuweilen das Gegenteil behauptete. Stumm blieb sie neben ihm, legte den Kopf schief und beobachtete seine schlechten Versuche. Früher oder später knickte er ein, sie brauchte nur Geduld. Er tat es immer und selbst Stahl brach irgendwann. Während sie innerlich zählte, präparierte sie den Tupfer. Bei Sekunde drei verkrampften sich seine Hände. In der Vierten und Fünften malten seine Kiefer aufeinander. Die Sechste brach an, dann explodierte er: „Ich versteh` es verdammt noch mal nicht!“ „Was verstehst du nicht?“ Prüfend inspizierte sie die Stiche an seiner Schulter. Legte sanft das Stück Gaze darauf. „Wie du… Vergiss es!?“ Er fixierte einen Punkt hinter ihr und mied ihren fragenden Blick. Das machte er seit Neuestem. Brach ein Gespräch mitten drin ab. Sie hasste es. Ihr Vater hatte dasselbe getan. Zuerst redete er mit ihr, erläuterte etwas, bevor er mit einem Blick zu ihr verstummte. Bis heute verstand sie nicht, warum. Weder ihr Vater, noch Zack erklärten ihr weshalb. Beide reagierten sogar fast identisch, sobald sie bohrte oder Druck ausübte. Sie hauten ab. Nun… Zack zerstörte zusätzlich auch noch die Inneneinrichtung.   Daher ging sie widerwillig auf das Gesprächsende ein. „Es heilt gut.“ Er zuckte unter ihren Fingerspitzen zusammen, als sie über die gerötete Haut strich. „Tut es weh?“ „Nein“, presste er steif heraus. Ray sah den Schauder, der über seinen Rücken lief und runzelte die Stirn. „Zack, du musst mir sagen, wenn -“ „Verdammt! Kleb einfach das Dreckspflaster drauf und halt die Klappe!“ Stockend hielt sie inne, biss auf ihr Backenfleisch und trug vorsorglich mehr Salbe auf die Verletzung. Beim Anlegen der Bandagen danach, als sie um ihn herumgriff, verkrampfte sein Körper. Er wartete auch nicht ab, bis sie den Knoten fertig band. Nein, er stand auf, drückte sie weg und verließ den Raum. Ihre Hände ballten sich zusammen. Zack behandelte sie sicherlich nicht mit Absicht, wie es ihre Eltern taten… Seine Wunde schmerzte. Gleich morgen früh suchte sie die nächste Apotheke und kaufte diese Tilifin Kapseln, die ihre Mutter gerne gegen etwaige Schmerzen einnahm. Und wenn er die Medizin nicht freiwillig nahm, vermischte sie das Pulver mit seinem Essen. Ihr Vater hatte nie einen Unterschied geschmeckt. Sie riss sich los, hob den schmutzigen Hoodie auf und wusch das feuchte Blut heraus.   Als sie anschließend umgezogen das Badezimmer verließ, lag er bereits abgewandt von ihr auf der Couch. Die Tüte stand unberührt auf dem Tisch. „Magst du das Essen nicht?“ „Keine Lust drauf.“ Vielleicht, wenn er hörte, was sie kaufte… „Es sind Burger mit extra Speck und ich -“ Genervt stieß er die Luft aus. „Geh mir nicht auf die Eier und beweg deinen Arsch ins Bett!“ Sie schmeckte Blut auf ihrer Zungenspitze und strich überrascht über ihre zerbissene Unterlippe. Lustigerweise, stellte sie fest, tat es nicht weh. Ihr Blick wanderte zurück zu Zack. „Aber -“ Sie brach von selbst ab. Er würde schreien, wenn sie weitersprach. Seine Muskeln spannten sich bereits an. Ihre Hand fiel widerstandslos hinab. „Ok.“ Leise kroch sie auf die kalte Matratze, löschte das Licht und zog die Decke über den Kopf. Das ging gegen jede Logik. Absolut gegen jede! Er liebte dieses Zeug und… Grob rieb sie sich über die Augen. Entfernte die vorwitzigen Tränen. …Ihr fiel nichts mehr ein. Sie entschuldigte sich. Suchte, bis auf diese, Städte, in denen er mehr Leute töten konnte. Ließ ihn sogar in der letzten die Teenager umbringen, obwohl es viel riskanter war. Sie flickte seine Kleidung, kaufte Süßigkeiten und bohrte nicht nach dem Grund seines Verhaltens. Und heute, heute marschierte sie frierend 10 km durch die Straßen. Kaufte Fastfood, nur, damit er es ignorierte und sie am Ende wieder alleine im Dunklen lag. Über ihre Arme rubbelnd schmiss sie sich auf die andere Seite. Wie früher, als ihre Eltern plötzlich seltsam wurden. Sie schrieb gute Noten, weil andere Väter und Mütter sich darüber freuten. Ihre nicht. Sie half im Haushalt, hielt ihr Zimmer penibel sauber, begrüßte stets freundlich alle Menschen und malte zu Geburtstagen bunte Bilder. Haargenau so, wie ihre Mitschüler es machten. Mit dem Resultat, dass ihre Eltern sich noch mehr stritten und sie behandelten, als wäre sie ein unliebsamer Ballast. Jetzt tat es weh, als sie sich auf die Lippen biss und die Füße an ihren Körper zog. Wenn ihr wenigstens jemand den Grund erklären würde, warum sich alle Menschen früher oder später seltsam benahmen. „Ray!? Schlaf endlich!“ Irgendetwas brach bei seinen Worten, weil ihr Kopf leer wurde. Am Rande registrierte sie ihre pulsierende Handfläche, nachdem sie gewaltsam auf den Lichtschalter schlug und ihre Decke wegriss. „Was…“ „NEIN! Nein, ich kann nicht schlafen!“ Ihre schreiende Stimme überraschte sie selbst. Ihn auch, weil er sie blinzelnd anstarrte und sich auf seine Unterarme abstützte. „Was soll ich machen?! Ich habe alles versucht, aber du behandelst mich immer noch wie… wie ein lästiges Anhängsel.“ „Oi, Ray -“ Sie ignorierte ihn. „Ich habe dir gute Opfer beschafft. Deine Sachen immer sofort geflickt. Dein Lieblingsessen gekauft. Ich habe alles gemacht, was du gesagt hast! Und es ist nicht genug!“ Ihre Ohren klingelten. Dieses schöne, seltsame Klingeln. Genau wie damals, als die Glöckchen an ihrer Zimmertür bimmelten, wenn ihr Vater nachts zu ihr kam. Oder, als sie ihn erschoss, ihren Vater. „Es ist nie genug! Egal, was ich tue, ich kann es nicht richtig machen!“ Er setzte sich auf. „Oi, jetzt -“ „NEIN!“ Sie schüttelte vehement den Kopf. Ihre Finger krallten sich schmerzhaft um den Saum ihres T-Shirts. „Rede mit mir, was habe ich falsch gemacht? Damit ich es reparieren kann… Weil – weil ich es nicht VERSTEHE! Ich versteh` es nicht, Zack.“ Ihre Sicht verschwamm, doch selbst durch den Tränenschleier bemerkte sie, wie er sich anspannte. Oder vielleicht war er schon die ganze Zeit so. Sie wusste es nicht, aber er beobachtete sie. Vorsichtig und achtsam. Auf der Hut vor… vor ihr. Wie damals auf B1, während sie ihm eine Waffe an den Schädel hielt. „Beruhig dich!“ Er sprach leise. Untypisch. Mit eindeutiger Warnung in der Stimme. Sie verstand auch diese nicht. „Ich bin ruhig! Ich bin es immer?!“ Jetzt schmeckte sie wieder Blut. „Bei meinem Vater, meiner Mutter, Danny. Vielleicht ist das der Fehler… Ich weiß es nicht. Es -“ „Ray!?“ Abrupt schloss sie den Mund. „Jetzt halt die Luft an, verdammt! Was laberst du für eine Scheiße?! Der Mist ergibt überhaupt keinen Sinn mehr!“ Aufstehend strich er sich genervt durch die Haare. „Was willst du eigentlich von mir, huh?“ Seine abweisend desinteressierte Art machte sie wütend. So wütend. Ihre Nägel bohrten sich schmerzhaft in die Handflächen. „Sprich mit mir! Sag mir, was ich falsch gemacht habe. Sag mir, wie ich es wieder in Ordnung bringen kann. IRGENDWAS!?“ Sie hüpfte auf die Beine, und seine Augen verengten sich. Vielleicht machte die Nähe den Unterschied, weil sie einige Schritte vorwärtsging. Egal was es war, sein Körper spannte sich, wie eine Sehne. „Wenn es die Männer-“ Die Sehne riss mit einem Knall. Seine Geduld auch. „DAS IST ES NICHT, DU GESTÖRTE?!“ In derselben Lautstärke schrie sie zurück: „WAS DANN?!“ „DU, du bist es!“ Sie stoppte abrupt und blinzelte. „Ich?“ Seine Kiefer verkrampften sich, aber er sprach leiser, wenn auch kaum. „Ja, verdammt! Wieso würdest du -“ Er brach ab. Wie er sich jetzt grob in seine Haare krallte, sah schmerzhaft aus. Die Geste, das frustrierte und… verstörte Zusammenpressen seiner Lippen, es beruhigte irgendwie ihr Gemüt. Sie war nicht die Einzige, die nicht verstand. „Was sollte der Scheißdreck mit dem Kuss?“ Ihre Wut verpuffte. Unwillkürlich kicherte sie, weil die Erleichterung in ihrem Bauch sich anfühlte wie tausend Schmetterlinge. Sie hatte es vermutet, aber besaß keine stichhaltigen Beweise. Jetzt… jetzt, konnte sie es so einfach aus der Welt schaffen. Während sie lachte, versteifte er sich und starrte sie an, als verlor sie den letzten Rest ihres Verstandes. Sie lächelte. Ein fahler Abklatsch, aber alles, was sie gerade zusammenbrachte. „Ich kann das reparieren!“, strahlte sie. „Sag mir, was soll ich besser machen? Mehr Druck? Weniger Zunge? Du musst mir nur sagen, wie du es haben willst!“ Seine Hand fiel herab. Klatschte viel zu laut gegen seinen Oberschenkel. Sein seltsamer Gesichtsausdruck irritierte sie. Nur ein wenig. „Manche Männer mögen roten Lippenstift, ich dachte nicht, dass du es magst, aber ich kann einen kaufen. Oder willst du…“ „Was zum Fick redest du?“ Leise und rau. Gefährlich. Sie sah seine Augen unter dem Schatten seiner Haare nicht mehr. Etwas in ihr stotterte, wie ein kaputtes Zahnrad, dessen Zacken nicht richtig ineinandergriffen. Die Schmetterlinge verschwanden. „Der Kuss.“ Ihre Augen huschten zu seinen Händen, die zuckend eine Faust bildeten. „Ich kann es besser machen!“ Sie beobachtete, wie seine angespannten Muskeln zittern und drängte das ängstliche Gefühl in ihrem Bauch nieder. „Wenn du mir sagst, was du willst…“ Seine Kiefer bissen aufeinander, seine Lippen zogen sich nach hinten. Es erinnerte sie an das Zähnefletschen des kleinen Welpen, bevor er sie biss. „…mach ich das. Die Bücher sind sehr genau, ich kann es bestimmt gut imitieren.“ Er lächelte. So ein Lächeln, das er Cathy gab, als er ihr den Arm abschnitt. „In einem Buch gelesen, huh?“ „Ich – ja und…“ „Bei dem Bullshit aus deinem Mund muss ich kotzen.“ Er wandte sich ab, packte seinen Rucksack und verschwand im Badezimmer. Sie verstand nicht. „Zack?“ Er kam angezogen heraus. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. „Was machst du?“ Ihre Stimme hörte sich in ihren Ohren seltsam hohl und verzerrt an. Er griff nach seiner Sense und sie stolperte hastig nach vorne. Seine Lippen pressten sich blutleer aufeinander, als er an ihr vorbeimarschierte. Nun war es kein kleiner ängstlicher Funken mehr. Die Panik setzte sich in ihrer Magengrube nieder, krallte sich in ihre Eingeweide, wie ein glühender Schürhaken. „Zack!? Was machst du?“ Ihre Finger umfassten seinen Arm, bevor er die Tür erreichte. Sie erwartete eine Reaktion. Er zeigte sie immer, wenn sie ihn berührte. Aber sie rechnete nicht mit seinem Arm, der sich mit ihrer Magengrube verband und sie grob wegschubste. Ihr Hüftknochen traf hart die Kante der Kommode. Das Holz gab nach und mit einem erstickten Keuchen verlor sie das Gleichgewicht. Knallte auf die Überreste des Möbelstücks und den Boden. Sie hörte kaum, was er sagte und vermisste das Zögern in seiner Stimme. „Fass mich nicht an!“ Die Tür fiel leise ins Schloss und seine Schritte entfernten sich. Harsch und stampfend. Sie blieb liegen, atmete durch den Schmerz in ihrer Hüfte, ihres Rückens und starrte an die schmutzige Decke. Ein Albtraum. Alles. Die Tage und die Nächte. Es war sicher ein Albtraum. Wenn sie aufwachte, lag sie neben Zack. Er würde noch schlafen, wie er es oft tat. In solchen Momenten kroch sie näher an seine Seite, legte ihren Kopf zwischen seine Schultern und genoss die Wärme. Sein Körper strahlte immer Wärme aus. Und sie mochte, wie er roch. Nach trockener Erde und Zedernholz. Ray schloss die Augen, verzog das Gesicht. Das Holz unter ihrem Rücken tat weh und ihre Seite pochte, wie ein zweiter Herzschlag. „Au“, murmelte sie und presste die Augen zusammen. Sie wollte endlich aufwachen.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)