Law and Order von Tsuki14 ================================================================================ Kapitel 7: Emotionen -------------------- Emotionen   Schwungvoll öffnete er die schweren Vorhänge, ließ somit ungehemmt das Sonnenlicht den Raum erhellen. Augenblicklich bekam der junge Uzumaki ein frustriertes Knurren zur Antwort. „Was zum Henker soll das?!“ Ein zaghaftes Schmunzeln schlich sich auf sein Gesicht. „Du sollst aufwachen, du Schlafmütze. Du musst zur Schule.“ „Die ist völlig überbewertet.“, murmelte Sasuke verschlafen und zog sich die Decke über das Gesicht. Leise lachte Naruto auf. „Ich gebe dir fünf Minuten, dann komm ich wieder.“ An der Tür hielt der Blonde kurz noch einmal Inne und wandte sich amüsiert dem jungen Uchiha zu. „In diesem Falle ändere ich die Strategie und du wirst wach gekuschelt.“ Während Sasuke peinlich berührt unter der Decke erstarrte, verließ Naruto freudig kichernd den Raum. Dieser…! Ich hasse es, wie er mich immer wieder aufzieht! Verzweifelt versuchte er nach der altbekannten Wut in sich zu suchen, doch stattdessen fand er ehrliche Belustigung. Verwundert über seine eigenen Gefühle, schwang er sich kopfschüttelnd aus dem Bett. Dieser Kerl raubt mir wirklich den letzten Nerv! Noch immer sichtlich amüsiert, startete Sasuke mit guter Laune und motiviert in den neuen Tag, vergaß für einen kurzen Augenblick all seine Sorgen.     Als Sasuke die gemütliche Küche betrat, entdeckte er Naruto, wie er lässig an der Küchenzeile lehnte und genüsslich einen Schluck Kaffee trank. „Guten Morgen.“, nuschelte er leicht verlegen und goss sich ebenfalls eine Tasse ein. „Guten Morgen. Gut geschlafen, Kleiner?“, fragte Naruto in seiner üblichen Manier. „Ja. Und du?“, entgegnete ihm Sasuke und ließ seinen Blick prüfend über sein Gegenüber gleiten. Dabei entging es dem Jüngeren nicht, dass tiefe Augenringe Narutos Gesicht zierten. Er wirkt zwar wieder energiegeladen, sieht aber kein Stück danach aus. Was ist nur los mit ihm? „Gut, danke dir. Hast du Hunger?“ Der lügt doch. Es vergingen einige Minuten, in denen Sasuke schweigend dem Blonden gegenüberstand, ehe er sich dafür entschied es dabei zu belassen. Was soll´s. Wenn er mir die Wahrheit nicht sagen will…Es kann mir ja auch eigentlich egal sein! Ich will ja gar nicht sein Freund sein. Er soll mich nur rausboxen, wenn es nötig ist, versuchte sich Sasuke von seinen eigenen Worten zu überzeugen, doch es gelang ihm nicht sonderlich gut. Mit finsterem Blick schlürfte er an seinem Kaffee und verneinte Narutos Frage. „Ist alles in Ordnung? Du wirkst plötzlich verärgert. Hast du an deinen Vater gedacht?“, riss ihn die sanfte Stimme des Polizisten aus seinen Gedanken. Überrascht über diesen plötzlichen Themenwechsel, verschluckte sich Sasuke fast an seinem Getränk. Unliebsame Erinnerungen an den gestrigen Abend kämpften sich an die Oberfläche, verdunkelten seine Stimmung. Schweigend stellte Sasuke seine Tasse ab und erhob sich. „Ich geh dann mal los.“, sprach er kühl und setzte sich in Bewegung. Naruto folgte ihm stumm bis zur Eingangstür. „Ich möchte mich noch einmal bei Ihnen bedanken, Uzumaki-san. Wirklich.“ Ein unsagbar sanftes Lächeln zierte sein Gesicht und zugleich spiegelte sich so viel Schmerz darin wieder. „Ich dachte wir wären per Du.“ Sasuke erwiderte nichts auf die Worte des Älteren und öffnete die Tür, trat in den kalten Herbstmorgen hinaus. Gerade als er den Schulweg antreten wollte, hielt ihn die warme Stimme des Blonden zurück. „Sasuke. Du kannst jeder Zeit wiederkommen, ja?“ Narutos Worte stachen mitten in sein verwundetes Herz, hinterließen einen bittersüßen Schmerz voller Wärme.   Aufrichtige Zuneigung. Sasuke empfand aufrichtige Zuneigung gegenüber Naruto. Völlig überfordert von diesen fremdartigen Gefühlen, senkte er seinen Blick und wandte sich ab, nickte stumm. „Ach, und geh mir ja wirklich zur Schule! Sonst muss ich dich noch wegen Schulschwänzerei verhaften!“, rief ihm Naruto amüsiert hinterher. Genervt verdrehte er die Augen und antwortete: „Jaja, dafür musst du mich erstmal erwischen, klar?!“ Bereits zum zweiten Mal an diesem kurzen Morgen musste der junge Uchiha ehrlich lachen.     Wildes Gedränge und lautes Getuschel herrschte in den langen Fluren der Schule. Gereizt und plötzlich unendlich müde, fuhr sich der junge Uchiha durch sein rabenschwarzes Haar. Bald! Bald bin ich endlich raus aus dieser Hölle…  Es kam Sasuke wie eine halbe Ewigkeit vor, die er sich bereits durch die Massen kämpfte, um endlich an seinen Spind zu gelangen. Dort konnte er schon seine beiden Freunde sehen, die sich gerade mit Büchern bewaffneten. Shino sah genauso müde aus wie er sich fühlte während Temari so viel Freude wie immer ausstrahlte. Jedoch fielen ihm die geröteten Augen seiner Freundin auf. Ob sie geweint hat?, fragte sich Sasuke besorgt.   „Guten Morgen, Sonnenschein“, flötete Temari freudig. „Du strahlst so viel gute Laune aus! Was ist da los?“, fuhr die Blonde sarkastisch fort und boxte ihm neckisch gegen den Oberarm. Laut seufzte Sasuke auf und verdrehte genervt die Augen. „Es ist Montag, Temari. Es ist Montag.“ „Richtig. Also eine weitere Woche in diesem Saftladen.“, fügte Shino energielos hinzu, zog somit besorgte Blicke auf sich. „Wow. Dich hat das Wochenende wohl so richtig dahingerafft, was?“, erwiderte Temari. „Ja. So einen Scheiß mach ich nie wieder. Apropos, wo warst du plötzlich, Sasuke? Deine Eltern haben bei uns angerufen, weil du nicht nachhause gekommen bist. Wo warst du stattdessen?“, wechselte Shino das Thema und musterte seinen Freund eindringlich. Dieser seufzte nur laut auf. „Ich bin wegen Temari in eine Schlägerei geraten…und…ja…“ Sasuke überlegte einen Moment. Wie sage ich das jetzt? Sag ich, dass mir ein Freund ausgeholfen hat? Aber die beiden sind meine einzigen Freunde. Und würde ich Naruto als das bezeichnen? Als Freund?  „In eine Schlägerei? Daran kann ich mich gar nicht erinnern…“, nuschelte Temari und blickte beschämt zu Boden. „Und dann?“, fragte Shino ungeduldig nach. „Ein…Bekannter ist dazwischen gegangen und hat mich dann mit zu sich nachhause genommen. Ich war ziemlich betrunken.“ „Ein Bekannter?“, hakten Temari und Shino synchron nach. Ich hab´s geahnt! Dann muss ich das wohl auf die gewöhnliche Tour klären… „Ja! Ein Bekannter. Ihr seid nicht die einzigen Menschen, die ich kenne, klar?! Habt ihr schon vergessen? Menschen stehen auf mich.“, entgegnete er seinen Freunden gereizt, griff ein letztes Mal in seinen Spind bevor er diesen schloss und sich ohne ein weiteres Wort umwandte. „Los jetzt. Wir haben Unterricht.“ Resigniert seufzten die zwei Jugendlichen auf, wussten sie doch, dass Sasuke ihnen keine weiteren Erklärungen mehr liefern würde.    Kurz bevor die drei Freunde den Klassenraum erreichen konnte, hielt Sasuke abrupt Inne. Temari konnte in letzter Sekunde einen Zusammenstoß verhindern. „Was soll das, Sasuke?!“, rief sie verärgert. „Fuck! Auf den Scheiß hab ich keinen Bock!“, fluchte der Uchiha und wandte sich mit geballten Fäusten ab. „Sasuke-kun, ich bitte dich.“, versuchte ihn Minato mit sanften Nachdruck von der Flucht abzuhalten, ehe die harte Stimme von Fugaku die Stille durchdrang. Augenblicklich spannte sich jeder Muskel in Sasukes Körper an. Ich habe dieses blöde Gespräch ganz vergessen! Verfluchte Scheiße! „Sasuke-kun, ich würde dieses Gespräch gerne in meinem Büro weiterführen. Dort haben wir etwas mehr Privatsphäre.“, mischte sich Minato ein und versuchte die Gemüter zu beruhigen. Sasukes Wut hingegen stieg ins Unermessliche, weshalb er zornig gegen die Wand schlug. „Ach leckt mich doch! Ich hab keinen Bock auf diesen Scheiß!“ „Uchiha Sasuke!“ Die ermahnende Stimme seines Vaters ließ seine Freunde erschrocken zusammenfahren. Ihn hingegen ließ die Wut des Älteren kalt, war er diesen Ton doch schon längst gewohnt. Hat er meinen Namen je anders ausgesprochen?   Temari und Shino beobachteten diese sonderbare Situation argwöhnisch bis sie sich für den Rückzug entschieden. Entschuldigend verbeugten sie sich und verabschiedeten sich in Richtung Klassenraum. Müde fuhr sich Sasuke mit seinen Händen durch das Gesicht bevor er sich trotzig den Erwachsenen zuwandte. „Schön, dass du den Namen deines Sohnes kennst.“, erwiderte der Schwarzhaarige provokant, ließ Fugaku vor Wut erzittern. Bevor dieser jedoch etwas erwidern konnte, legte Misaki beruhigend ihre Hand auf seinen Arm, warf ihrem Sohn einen flehenden Blick zu. „Bitte, Sasuke. Lass uns ins Büro deines Lehrers gehen. Bitte…“   Der flehende Ton seiner Mutter erschwerte ihm das Herz und zugleich machte es ihn unendlich zornig. Er hasste es, wenn sie sich so demütig verhielt und sich ihrem Mann so wehrlos ergab. Es widerstrebte Sasuke so sehr, denn es widersprach dem eigentlichen Charakter seiner Mutter. Sasuke kannte seine Mutter nur mit einem strahlenden Lächeln und voller Selbstbewusstsein. Doch in den letzten Jahren konnte er sehen, wie das Lachen der Sorge wich und das Selbstbewusstsein im Schatten der Demut verblasste. Dafür hasste er seinen Vater so sehr. Er beraubte seine Mutter um ihre Schönheit. Ganzgleich wie sehr Sasuke die Menschen, seinen Familiennamen und seinen Vater hasste, seiner Mutter konnte er nur aufrichtige Liebe entgegenbringen.   Schwermütig schloss der junge Uchiha seine Augen bevor er zaghaft nickte und sich seinem Schicksal ergab. Wie seine Mutter…     Als er die Tür zum Polizeirevier öffnete, wurde sein Körper sogleich von einer wohligen Wärme umhüllt und der einladende Geruch von frischen Kaffee schlug ihm entgegen. Für einen kurzen Augenblick schloss er genießerisch seine blauen Seen, wappnete sich für die anstrengenden Gespräche, die vor ihm lagen. Es dauerte auch nicht lange bis Naruto aus seiner angenehmen Starre gerissen wurde. „Uzumaki-san, es ist eine Überraschung Sie hier zu sehen. Hatake-sama meinte Sie hätten heute einen freien Tag.“ Die hohe Stimme seiner Sekretärin ging ihm durch Mark und Bein. „Nun, Haruno-san. Die Umstände haben sich geändert.“, lächelte der Blonde gequält und drängte sich an ihr vorbei, Richtung Büro. Dort angekommen, sah er seine Kollegen, wie diese angestrengt über ein paar Akten brüteten und wichtige Gedankengänge notierten. Zielstrebig und schweigend ging Naruto auf seinen Schreibtisch zu, zog somit die Aufmerksamkeit auf sich. „Naruto, was hast du hier heute verloren?“, entfuhr es Shikamaru überrascht. „Es ist auch mir eine Freude euch zu sehen.“, erwiderte Naruto ironisch und ließ sich in seinem Bürostuhl nieder. Weder Shikamaru noch Hinata gingen auf die Provokation ihres Kollegen ein. „Was denn, was denn? Glaubt ihr mir etwa nicht?“, fuhr Naruto theatralisch fort. „Naruto, du hast heute frei.“, ließ sich Shikamaru nicht beirren und musterte seinen Partner durchdringend. Naruto hatte ja geahnt, dass der heutige Tag anstrengend werden würde, doch er hatte gehofft, dass sich seine Kollegen besänftigen ließen. Wohl vergebens. Ein schwermütiges Seufzen entkam seinen Lippen. „Ja, ich weiß, Shikamaru. Ich habe mir allerdings diesen Tag nicht frei genommen, weil es nicht nötig ist…“ „Und wie das nötig ist. Komm in mein Büro.“, wurde er von der schroffen Stimme seines Vorgesetzten unterbrochen. Mit eiserner Miene wandte er sich an Kakashi. „Hallo Kakashi. Ich bin beschäftigt. Können…-“ „Sofort!“ Ergebend erhob der junge Uzumaki seine Arme und stöhnte hörbar auf. „Ist ja schon gut…“ Und da geht die Hoffnung dahin…     Mit einer einladenden Geste öffnete Minato die Tür zu seinem Büro und bat die Familie Uchiha hinein. Diese kam der Aufforderung schweigend nach. „Sie haben ein sehr schönes Büro.“, versuchte Mikoto die angespannte Stimmung aufzulockern. Minato antwortete mit einem freundlichen Lächeln während er stumm auf die drei Plätze vor seinem Schreibtisch verwies und hinter diesem selbst Platz nahm. Demonstrativ griff Sasuke einen der Stühle an der Rückenlehne und zog ihn einige Meter von seiner Familie entfernt. Mit finsterem Blick ließ er sich nieder, verschränkte seine Arme vor der Brust. Stur starrte er geradeaus, um den mahnend Blick seines Vaters nicht erwidern zu müssen. „Sie müssen das schäbige Verhalten meines Sohnes entschuldigen. Er scheint seit dem Wochenende seine Kinderstube vergessen zu haben.“, wandte sich Fugaku kühl an den Pädagogen. Dieser beobachtete noch für einen kurzen Augenblick schweigend diese Situation, ehe er sich in seinem Bürostuhl zurücklehnte und mit ruhiger Stimme entgegnete: „Wie die Jugend ebenso ist, nicht wahr? Stur und voller Wut. Waren wir nicht alle mal so?“ Gerade als der Uchiha etwas erwidern wollte, fuhr Minato ruhig und bestimmend fort: „Ich habe Sie heute zu diesem Gespräch eingeladen, da ich etwas besorgt um Sasuke bin und mit Ihnen gerne meine Eindrücke teilen möchte. Ich finde dabei jedoch auch Ihre Seite und vor allem Sasukes Perspektive wichtig, weshalb ich gerne in einen aktiven Austausch gehen möchte. Wäre das für Sie soweit in Ordnung?“ „Natürlich.“, lächelte Fugaku angespannt. „Prima!“ Freudig klatschte der Blonde in die Hände. „Wie sieht es bei dir aus, Sasuke?“ Fragend erwiderte Sasuke den Blick des Älteren bevor er schweigend mit den Achseln zuckte, seinen Vater fast jede Beherrschung kostete. Minato hielt dem finsteren Blick des Teenagers stand und lud ihn mit warmer Stimme dazu ein sich jeder Zeit am Gespräch zu beteiligen.   Will der mich eigentlich völlig verarschen? Der erwartet doch nicht wirklich, dass ich hier irgendwas zu sagen habe, oder? Geschweige denn mitreden darf! Aber das wird er sicher schnell merken…   „Nun, ich würde Ihnen erst einmal meinen Eindruck von Sasuke mitteilen. Sasuke, du kannst mir gern widersprechen, wenn ich mich irre, ja?“, sprach Minato den Schwarzhaarigen abermals an. Tsk. „Sasuke ist ein…recht mürrischer Charakter, der alles und jeden nervig findet. Besonders Konversationen zwischen Lehrer und Schüler. Ansonsten ist er jedoch ein schlaues Köpfchen, dass pünktlich seine Hausarbeiten abgibt und vernünftige Noten schreibt. Sie fragen sich jetzt sicher ´Warum sind wir dann hier?´“ Minato legte eine kurze Pause ein, ehe fortfuhr: „Weil ich den Eindruck habe, dass es Sasuke nicht gut geht. Er wirkt sehr häufig müde, demotiviert und desinteressiert. Er zieht sich immer mehr zurück und spricht kaum mit anderen. Selbst bei seinen Freunden ist er sehr schweigsam geworden…-“ „Bullshit.“, warf Sasuke zornig ein. Es ärgerte ihn ungemein, dass sein Lehrer ihn so perfekt beschrieb und auch noch dazu trieb, sich ernsthaft in das Gespräch einzumischen. Das kotzte ihn besonders an. „Sasuke, deine Wort…-“ „Welche Aussage genau stört dich denn, Sasuke?“, unterbrach Minato entspannt den älteren Uchiha. Sichtlich über das Verhalten seines Lehrers irritiert, erwiderte er unsicher: „Naja…Also…Ich rede sehr wohl mit meinen Freunden und verbringe Zeit mit ihnen.“ „Genau, du besäufst dich in irgendeinem Klub! Super Freunde sind das!“, fuhr ihn Fugaku herablassend an. Vor aufkeimenden Zorn ballte Sasuke die Hände zu Fäusten. Irgendwann…Irgendwann hau ich dir richtig eine rein! „Ach, warst du mit Temari und Shino aus? Das klingt doch nach Spaß. Wobei ihr bedenken solltet, dass ihr noch minderjährig seid und keinen Alkohol konsumieren dürft.“, überging der Namikaze abermals das Familienoberhaupt. „Klar, ist mir bewusst.“, antwortete Sasuke und verdrehte genervt die Augen. Der Blonde ignorierte dies und wandte sich wieder den beiden Eltern zu. „Ich finde besonders Sasuke seine Stimmungen Besorgnis erregend. Wie gesagt, er wirkt sehr oft mürrisch, aber auch niedergeschlagen. Er scheint sehr oft gereizt und demotiviert zu sein. Als wäre das Leben eine reine Qual für ihn…Es beruhigt mich schon fast, wenn ich von solch normalen Teenageraktivitäten höre, weil ihm dann doch nicht alles zu anstrengend zu sein scheint.“ Zum ersten Mal in diesem Gespräch räusperte sich Mikoto und mischte sich ein: „Namikaze-san, was möchten Sie uns genau mit Ihrem Eindruck vermitteln? Ja, ich erlebe meinen Sohn auch als sehr zurückgezogen und griesgrämig. Aber wie Sie bereits sagten – die Launen eines Teenagers.“ Seufzend ließ sich Minato zurück in seinen Bürostuhl fallen während er sich konzentriert durchs Haar fuhr. Feingefühl! Mit viel Feingefühl, Minato! „Uchiha-san, das Teenageralter ist eine sehr schwierige und sensible Zeit, in der sich die Identität und vieles mehr festigt. Es ist aber auch jene Zeit, die besonders häufig mit psychischem Leiden einhergeht. Liebeskummer, Identitätsfindung, Gefühle, etc. Und manchmal entstehen durch diese Leiden Krankheiten. Ich habe den Eindruck, dass sich Sasuke in einer Krise befindet und nicht so recht weiß, wohin es gehen soll…-“ „Diesen Eindruck habe ich auch! Allerdings ist das nichts, was wir nicht mit Erziehung beheben könnten.“, unterbrach ihn Fugaku harsch. Minato musterte sein Gegenüber für einen Augenblick und überlegte sich sein weiteres Vorgehen. „Nein, Uchiha-san.“, durchbrach er mit sanfter Stimme die Stille. „Ich denke nicht, dass Sasukes Gefühle oder Stimmungen sich mit Erziehung beheben lassen. Das müssen sie auch nicht. Ich denke eher, dass Sensibilität und Unterstützung hilfreicher wären.“ Ein bitterböses Lachen hallte von den Wänden wieder. „Sensibilität und Unterstützung? Da hoffen Sie aber vergebens.“ Die Gehässigkeit in Sasukes Stimme ließ seinen Vater die Beherrschung verlieren. „Es reicht! Du undankbares Gör!“, sprach Fugaku mit lauter Stimme. Voller Wut steuerte der Uchiha auf seinen Sohn zu, doch bevor er bei diesem ankommen konnte, umfasste eine zierliche Hand seinen Arm. Erschrocken wandte er sich um und blickte in das flehende Gesicht seiner Frau. Das Uchiha-Oberhaupt rang eine Weile mit seinem Jähzorn ehe er sich zur Besinnung rief und wieder Platz nahm.   Betretendes Schweigen erfüllte den Raum während die Stimmung immer erdrückender wurde. Okay. Wie komme ich jetzt am besten zum Ursprung zurück? Die Stimmung zwischen Sasuke und seinem Vater ist ganz offensichtlich sehr angespannt. Ob etwas vorgefallen ist? Oder ist das schon länger so? Uchiha-san erwähnte ein Wochenende im Klub. Ob das der Auslöser ist? Darüber kann und muss ich später grübeln…Wie erkläre ich den Uchihas jetzt am besten meinen Eindruck ohne Sasuke zu bedrängen?   „Wissen Sie, es sind genau solche Aussagen, die mich in Unruhe versetzten. Sasuke scheint sich Unterstützung zu wünschen, kann aber um diese nicht gut bitten oder sie annehmen.“ „Ey, Sie erzählen nur Quatsch.“ „Okay, Sasuke. Korrigier mich.“, wandte sich Minato mit fester Stimme an seinen Schüler. „Da gibt’s nichts zu korrigieren. Ich brauch niemanden. Es geht mir gut, verdammt!“  „Und warum hast du dich dann geprügelt? Wieso meidest du deine Freunde? Warum schläfst du schlecht?“, erwiderte Minato und fixierte Sasuke mit seinem Blick, welcher ihm durch Mark und Bein ging. Es schien, als würde der Blonde in sein Innerstes schauen. Woher weiß er, dass ich mies schlafe? Der junge Lehrer nutzte die Irritation seines Schülers aus und fuhr fort: „Denkst du denn, ich sehe deine Augenringe nicht? Oder bemerke deine kleinen Schläfchen im Unterricht nicht? Sasuke, ich habe dir schon so oft ein Gespräch angeboten, aber du hast mich jedes Mal abgewehrt. Darum trage ich meine Sorge nun an deine Eltern.“ Mit diesen Worten wandte sich Minato wieder den Uchihas zu. „Wissen Sie, ich habe die Befürchtung, dass Sasuke Anzeichen einer Depression…“  „Was?!“, fuhr Sasuke wütend aus seiner Haut und funkelte seinen Lehrer mit zerstörerischem Blick an. Minato hielt diesem tapfer stand während er mit ruhiger Stimme erklärte: „Jeden Tag sehe ich, wie du dich zur Schule schleppst und jede Stunde für dich eine Qual ist. Wie das Leben eine Qual ist. Ich mache mir Sorgen darum, dass du irgendwann gar keine Lebensfreude mehr empfindest. Das möchte ich vermeiden. Ich möchte dir eine helfende Hand anbieten, Sasuke. Du hast die Möglichkeit alles zu verneinen oder zu erklären. Deshalb bist du heute hier.“   Sasuke überrollte völlig das Gefühl von Überforderung. Innerlich rang er nach Luft und lief zeitgleich schreiend davon. Ich soll was? Depressionen? Der hat doch ne Macke! Ich find euch einfach Scheiße, weil ihr scheiße seid! Mir ist einfach alles egal, weil doch sowieso alles geheuchelt ist. Am Ende ist sich doch jeder selbst am Nächsten! Warum nur tut es so weh was er sagt? Warum fühl ich mich plötzlich so müde? Wo ist meine Wut? Wo ist all der Zorn? Ich muss mich wehren! Ich muss Minato-Sensei irgendwas entgegensetzten. Doch Sasuke blieb stumm, zu laut schrie sein Inneres.   Alle Blicke ruhten auf dem jungen Uchiha, welcher angestrengt zu Boden blickte. Seine Anspannung wuchs ins Unermessliche, war kaum auszuhalten. Mit aller Gewalt unterdrückte er den Drang davonzulaufen, wäre dies doch wie ein Geständnis. Wie ein fälschliches Geständnis. Denn Sasuke wusste gerade nicht, was in ihm vorging. Alles war so laut und unruhig. Er wollte seinem Lehrer widersprechen, doch irgendwas ließ ihn Inne halten. Die Widersprüchlichkeit seiner Gefühle schien ihn zu zerreißen. Einerseits erfüllte ihn der Hass und die Wut auf die Erwachsenen und auf diese Welt. Anderseits fühlte er sich…traurig? Verstanden? Sasuke konnte “dieses andere“ nicht greifen und in Worte fassen. Deshalb blieb er einfach stumm, ergab sich seinem Schicksal. Ergab sich dem Schicksal nicht mitreden zu können…   „Nun, Namikaze-Sensei, Sie haben eine spannende Ansicht zu meinem Sohn. Ich habe da einen etwas anderen Eindruck. Sasuke ist nicht demotiviert, sondern faul. Er erledigt stets nur das Nötigste oder das, was ihm selbst Spaß macht und einen Vorteil bringt. Mein Sohn ist nicht traurig, er ist unzufrieden. Mit sich selbst. Weil er unseren Namen einfach nicht gerecht wird. Deshalb danke…-“ Mit einem lauten Knall ging der Stuhl zu Boden. Das reicht! Dieses Arschloch! Wutentbrannt und mit geballten Fäusten stand Sasuke dar und begann sich die Seele aus dem Leib zu schreien: „Leck mich doch! Leckt mich doch alle! Ihr glaubt mich zu kennen, aber ihr seid doch alle beschissene Heuchler! Es ist doch scheißegal wie gut ich in der Schule bin, es ist dir sowieso nie gut genug! Aber du hast doch Itachi! Reicht dir das nicht? Hä? Depression, ja? Von Ihrem bekloppten Gesülze krieg ich Kopfschmerzen! Helfende Hand, ja? Behalten Sie ihre scheiß Pfoten bei sich! Ich brauche niemanden. Keinen von euch!“   Aufgebracht griff er nach seiner Schultasche und wollte aus dem Büro fliehen, doch die zierliche Hand seiner Mutter griff sanft nach seinem Arm. „Sasuke, bitte. Beruhige dich, Setz dich. Lass…Lass uns reden…“ Zum ersten Mal in seinem Leben riss er sich von seiner Mutter los und erwiderte herablassend: „Ich habe mit euch nichts zu reden. Ich hasse euch.“   Mit diesen Abschlussworten fiel die Tür mit einem lauten Knall zu, entließ einen verletzten Teenager und hinterließ hilflose Erwachsene.   Resigniert seufzte der junge Lehrer auf und fuhr sich erschöpft durch sein Haar. „Großartig. Tolles Gespräch, Namikaze-san.“, sagte Fugaku sarkastisch und mit finsterer Miene. Innerlich rang Minato um Beherrschung, ehe er tief einatmete und erwiderte: „Ich hätte mir den Verlauf ein wenig anders gewünscht. Aber nun gut, da sind wir jetzt. Ich möchte Ihnen gerne eines mit auf den Weg geben: Haben Sie Verständnis. Die Pubertät ist eine schwierige Phase. Denken Sie an Ihre Jugend zurück und an den Druck, den uns unsere Eltern gelegentlich auferlegt haben. Bitte suchen Sie noch einmal das Gespräch mit Sasuke, wenn er sich etwas beruhigt hat. Auch ich werde noch einmal mit ihm ins Gespräch gehen. Meine Sorgen waren ernst gemeint. Vielleicht denken Sie einfach noch einmal über alles nach und wir treffen uns nächste Woche wieder. Wie wäre das?“ Der junge Uchiha setzte bereits zu einer wütenden Antwort an, als er von seiner Frau unterbrochen wurde: „Namikaze-san, ich möchte Ihnen für Ihre Zeit und das Gespräch danken. Mein Mann und ich werden uns sicher auch noch einmal unterhalten und über alles nachdenken, Ich hoffe sehr, dass Sasuke mit sich reden lässt. Vielen Dank.“ Mit diesen Worten verbeugte sich Mikoto, nahm ihren Mann an die Hand und verließ das Büro.   Erschöpft ließ sich Minato zurückfallen, ehe er voller Wut aufsprang und gegen seinen Schreibtisch trat. „Scheiße! Was für ein Arsch! Ach, Sasuke…Ich würde so gerne dein Vertrauen gewinnen, doch ich weiß einfach nicht wie…“     „Setz dich.“, befahl er mit ernster Stimme und verwies auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Der Blonde ignorierte die Aufforderung absichtlich und lehnte sich demonstrativ gegen die geschlossene Tür. Einige Minuten herrschte zwischen den Beiden ein stummes Blickduell bis Naruto lässig mit den Achseln zuckte und mit seiner Stimme die Stille brach: „Kakashi, du weißt, ich halt das lange aus. Weder du, noch ich, haben die Zeit dafür. Also lass mich das ganze abkürzen…-“ „Nein!“, unterbrach ihn Kakashi harsch. „Ich dachte, ich hätte mich gestern deutlich genug ausgedrückt. Ich will dich hier heute nicht sehen. Du bist nicht in der Lage zu arbeiten.“ Die klaren Worte seines Vorgesetzten weckten einen unangenehmen Groll in ihm. „Und du kannst das auf welcher Grundlage entscheiden?“, zischte Naruto bedrohlich leise und stieß sich von der Tür ab. „Auf der Grundlage meiner langjährigen Erfahrungen. Auch ich habe mal einen Partner verloren. Ich weiß also, wie sich das anfühlt. Und du, mein Lieber, bist noch immer mitten im Trauerprozess.“ „Du weißt gar nichts!“ unbändiger Zorn spiegelte sich in den Augen des Uzumakis. „Nein? Warum bist du dann plötzlich so wütend? Eventuell weil du genau weißt, dass ich recht habe?“ „Tze! Du glaubst wirklich zu wissen wie ich mich fühle, was? Du weißt nicht wie es ist, wenn du die Schreie deines Partners noch immer hören kannst! Du weißt nicht wie es ist, noch immer jede Nacht um die Rettung deines Partners zu kä-…“ Naruto hielt plötzlich inne, ballte seine Hände zu Fäusten. Bebend vor Wut richtete er seinen Blick gen Boden. Scheiße! Verfluchte Scheiße! Ich bin ihm so richtig auf den Leim gegangen.   Schweigend nahm Kakashi Platz, bedachte seinen Schützling dabei weiterhin aufmerksam. Nach einem kurzen Moment der Stille räusperte sich der Silberhaarige. „Nun, Naruto. Ich denke, wir beide wissen diesen eindrucksvollen Wutausbruch zu schätzen. Du wirst heute und auch morgen nicht arbeiten. Weder auf dem Revier, noch in Zivil. Solltest du dich meinem Befehl widersetzten, ziehe ich dich von dem Fall ab.“ Fassungslos blickte Naruto in das ernste Gesicht des Polizeichefs. „Verarsch mich nicht, Kakashi.“ Naruto bebte. „Ich scherze keineswegs. Zusätzlich wirst du dich am nächsten Montag bei Jiraya blicken lassen, klar? Ansonsten schleife ich dich persönlich hin. Ich habe dir lange genug Zeit gelassen.“ „Kakashi, warum, verdammt? Es geht mir gut. Oder mache ich meinen Job etwa schlecht?“ In Narutos Stimme schwang so viel ungewollte Verzweiflung, dass er wieder seinen Blick abwandte. Ein lautes Seufzen entfloh den Lippen des Älteren. „Nein, natürlich nicht. Du bist mein bester Mann. Und eben, weil du das bist, brauche ich dich mit starkem Geist und voller Aufmerksamkeit. Naruto, es sind schwere Tage für dich. Nimm dir doch bitte die Zeit, mehr verlang ich nicht.“ „Am Mittwoch bin ich zurück, egal ob du willst oder nicht.“, erwiderte Naruto kühl und wandte sich zum Gehen, ließ einen schwermütigen Kakashi zurück.   „Es waren wohl harte Maßnahmen nötig, was?“, riss ihn die warme Stimme Shikamarus aus den Gedanken. „Leider ja. Gibt es was Neues?“ Shikamaru nickte.     Ein lautes Donnern hallte von den Wänden wieder als er zornerfüllt mit seiner Faust gegen seinen Spind schlug. Ein stechender Schmerz durchfuhr seine Hand, ließ ihn für einen kurzen Augenblick Inne halten. Angespannt schloss er seine Augen und lehnte sich mit seiner Stirn gegen das kalte Metall. Angestrengt rang er nach Luft, versuchte seine Atmung zu entschleunigen und sich zu beruhigen. Doch der Zorn und die Frustration in seinem Inneren waren einfach zu mächtig. „Scheiße! Scheiße! Scheiße!“ Bei jedem Ausruf seines Unmutes schlug er abermals gegen den Spind, spürte wie das Metall ein wenig nachgab. Verflucht! Ich muss mich beruhigen! Ich darf keinesfalls die Beherrschung verlieren… Wieder hielt der junge Polizist Inne, versuchte seine Gefühle und Gedanken wieder unter Kontrolle zu bringen. Doch ganz gleich wie sehr er sich anstrengte – es gelang ihm nicht. Noch immer aufgebracht, riss er die Tür seines Spinds auf und griff nach seiner Sportkleidung. Ich muss hier raus.     Stumm und taub kämpfte er sich durch das laute Menschengedränge, schaute nicht zurück, als er die sorgenvolle Blicke seiner Freunde wahrnahm. Er konnte und wollte nicht Inne halten, wollte nur fort von diesem Ort. Sein Herz pulsierte in seiner Brust während sich seine Gedanken in tausend Richtungen verliefen. Er konnte nicht begreifen, wohin all die Leichtigkeit vom Morgen verschwunden war. Er verstand nicht, warum sie verschwinden musste. Nach langer Zeit hatte er einen guten Start in den Tag gehabt und nun? Nun zerfiel alles in einem Scherbenhaufen, und zurück blieb nur die vertraute Schwere des Lebens.   Waren es vielleicht genau diese Gedanken, die Minato gemeinte hatte? Dass er das Leben als schwer empfand? Aber wer tat das nicht? Jeden Tag kämpfte man ums Überleben, ergab sich den gesellschaftlichen Gepflogenheiten und passte sich deren Ansprüchen an. Verleugnete sich und all das, an was man glaubte. Für was? Für Zugneigung? Akzeptanz? Alls das war ihm scheißegal! Er wollte, dass es ihm egal war! Er wollte diesen Kampf nicht kämpfen. Er wollte kein Heuchler sein, der um die Liebe eines anderen buhlte. Doch… Tat er das nicht eigentlich jeden Tag? Versuchte er nicht jeden Tag verzweifelt die Liebe seines Vaters zu gewinnen? Rang er nicht jeden Tag um ein Fünkchen Akzeptanz? Verleugnete er nicht für die Aufmerksamkeit seines Vaters alles was er war? All seine Handlungen hatten stets nur ein Ziel: Die Beachtung seines Vaters. Ganz gleich ob sie negativ oder positiv war. Mitten in seinem Sprint schüttelte ihn ein bitteres Lachen.   Positive Beachtung? Als ob er dazu je in der Lage wäre…   Kalter Wind schlug ihm entgegen als er hinaus in die Freiheit trat. Keuchend und nach Luft ringend, kam er auf dem Schulhof zu stehen. Angestrengt stützte sich Sasuke auf seinen Knien ab, versuchte seine finsteren und schmerzenden Gedanken zu vertreiben. Völlig verausgabt fuhr er mit seinen Händen über sein Gesicht, ließ diese dort für einen kurzen Augenblick verweilen. Beruhige dich, Sasuke! Diese Gedanken sind völliger Schwachsinn! Dir ist alles egal. Minato-Sensei hat nicht recht! Er kennt dich nicht, versuchte sich Sasuke selbst zu ermutigen. Schmerzverzerrt schaute er gen Himmel, ehe er sich wieder in Bewegung setzte. „Scheiße…“       Alles in ihm war ruhig und stumm. Naruto konnte keinen Gedanken fassen, verlor sich völlig in dem rhythmischen Geräusch seines Laufschrittes. Fokussiert setzte er einen Fuß vor den anderen, konzentrierte sich ganz auf den Weg, der vor ihm lag und blendete jegliche Regungen von Gefühlen aus. Angestrengt rang er nach Luft, nur um diese kurz darauf als weißes Wölkchen wieder auszustoßen. Seine Lunge brannte und seine Beine fühlten sich bereits bleiern an, dennoch wollte Naruto nicht Inne halten. Zu sehr genoss er die Stille in seinem Kopf und die Ausgeglichenheit in seinem Inneren. Doch plötzlich nahm Naruto aus dem Augenwinkel einen rabenschwarzen Schopf war, weshalb er seinen Schritt verlangsamte. Tatsächlich.   Als Naruto den Jungen auf der Parkbank erkannte, kam er zum Stehen. Erst jetzt spürte der Blonde, wie sehr er sich verausgabt und seinen Körper an seine Grenzen getrieben hatte. Sein Herz donnerte gegen seine Brust während seine Lunge gierig nach Luft verlangte, in Flammen zu stehen schien. Seine Beine krampften sich zusammen, zwangen ihn in die Knie. Völlig außer Atem stützte er sich auf seinen Knien ab und wartete darauf, dass sich sein Körper etwas beruhigte.   Nach wenigen Augenblicken hatte Naruto etwas Kraft zurückerlangt, weshalb er langsam auf den Jüngeren zuging. Dieser stützte seinen Kopf auf seinen Knien ab und vergrub sein Gesicht tief in den Händen. Erschrocken schaute Sasuke auf als er eine sanfte Berührung an seiner Schulter spürte. „Naruto?“ Der Blonde zwang sich zu einem Lächeln. „Hey, du siehst niedergeschlagen aus.“ Sasuke seiner Überraschung wich Ärgernis. Der Nächste, der mich zu kennen glaubt. „Ach ja? Leck mich!“, fauchte Sasuke gereizt und sprang ruckartig auf. Doch ehe er sich in Bewegung setzten konnte, spürte er eine sanfte Berührung um sein Handgelenk. Überrascht wandte sich Sasuke um und blickte in unendlich trauriges Blau. Ihm stockte der Atem. „Lauf nicht weg, Sasuke. Wollen wir uns setzten?“, die Stimme des Blonden klang ungewöhnlich kraftlos und leise. Völlig irritiert über das Auftreten des Älteren nickte Sasuke zaghaft und ließ sich wieder auf der Parkbank nieder. Naruto setzte sich stumm neben ihm. Schweigend blickte die Beiden in die Ferne, beobachteten die vorüberziehenden Menschen, lauschten dem leisen Gesang der Vögel. Für einen kurzen Moment schloss Naruto genießerisch seine Augen, ehe er mit sanfter Stimme die Stille brach: „Wenn ich dir von meinem Scheißtag erzähle, erzählst du mir dann von deinem?“ Mit aufmerksamen Blick wandte sich Sasuke dem Älteren zu, doch dieser schaute weiterhin konzentriert geradeaus. „Ja…“, flüsterte Sasuke bevor auch er sich wieder abwandte und desinteressiert dem Geschehen vor sich folgte. Es verstrichen noch einige Minuten, in denen Naruto schwieg, nach den richtigen Worten zu ringen schien.   „Gestern. Gestern war der Todestag eines Freundes.“, begann Naruto mit leiser Stimme zu erzählen. Nun schaute Sasuke den Blonden doch wieder verwundert an, auch wenn dieser den Blick noch immer nicht erwiderte. „Er war mein Partner bei der Polizei, weißt du? Wir beide arbeiteten beim Drogendezanat und waren an einem echt großen Fall dran. Es ging um eine organisierte Verbrecherbande, die mit Drogenverkauf und Prostitution ihr Geld verdiente. Wir bekamen den Auftrag undercover zu ermitteln und Beweise zu sammeln…“ Angespannt verschränkte Naruto seine Finger miteinander, verharrte einen Augenblick. Sasuke fiel es schwer dieser Stille standzuhalten, doch er zwang sich abzuwarten. Die Offenheit und Verletzlichkeit, die ihm Naruto zeigte, löste ein eigenartiges Gefühl in ihm aus. Es war eine Mischung aus Bewunderung und Angst. Er bewunderte Naruto für seinen Mut über ein scheinbar schlimmes Erlebnis zu sprechen, und zugleich fürchtete er sich vor dem ihm entgegen gebrachten Vertrauen. Zwang ihn dieser Umstand doch dazu, selbst vertrauen zu müssen…   „Jeden Falls flogen wir zwei auf, weshalb mein Partner sein Leben verlor.“, kam Naruto knapp zum Ende. „Tja.“, seufzte der Blonde auf, überschlug seine Beine und lehnte sich zurück. „Und nun glaubt jeder meine Gefühle zu kennen und meint zu wissen, was für mich am besten ist. Mein bescheuerter Chef hat mich in den Zwangsurlaub geschickt! Kannst du dir das vorstellen?!“, lachte Naruto auf. Doch Sasuke konnte die Verärgerung und die Frustration spüren, die in dem Lachen mitschwangen. „Dabei ist es so wichtig endlich voran zu kommen, um diese Schweine ranzukriegen!“ Wütend ballte der Polizist seine Hände zu Fäusten, vermied weiterhin jeden Blickkontakt. Sasuke hingegen schaute Naruto aufmerksam an, versuchte eine Gefühlsregung auf Narutos Gesicht wahrzunehmen, doch dieses blieb genauso starr wie sein Blick. Ich würde ihm so gerne so viele Fragen stellen. Wie ist sein Partner gestorben? Warum sind sie aufgeflogen? Aber all diese Fragen würden ihn sicher an das Geschehnis erinnern und verletzten… Ich würde ihn so gerne trösten und umarmen. Sasuke stockte der Atem. Was dachte er hier? Hatte er etwa Mitgefühl? Innerlich seufzte der Uchiha auf. Was denk ich da eigentlich über mich selbst? So herzlos bin ich nun auch wieder nicht…Gestern muss ein wirklich schwerer Tag für ihn gewesen sein und dennoch hat er sich um mich gekümmert und wollte sogar etwas über die Drogen im Klub wissen. Warum nur ist ihm das so wichtig? Oder wollte er sich nur ablenken?   „Und? Warum hattest du einen Scheißtag?“, riss ihn die sanfte Stimme des Polizisten aus seinen Gedanken. Endlich schaute ihn Naruto wieder an und Sasuke verlor sich augenblicklich in diesem unendlichen Blau, welches heute in Schmerz zu ertrinken drohte. Nur mühsam konnte sich Sasuke von seinem Gegenüber losreißen. Angespannt fuhr er sich mit einer Hand durch sein schwarzes Haar bevor er mit leiser Stimme erwiderte: „Dein Tag klingt echt mies. Sorry, dass ich dir gestern zur Last gefallen bin.“ Plötzlich spürte Sasuke zwei warme Hände, die sein Gesicht zärtlich umarmten. Naruto kniete vor ihm und schüttelte heftig seinen Kopf. „Nein. Nein, denk niemals, dass du eine Last sein könntest. Ich habe dir geholfen, weil ich das wollte. Weil du es verdient hast in Sicherheit zu sein.“ Die Worte des jungen Uzumakis trafen ihn unvermittelt wie ein Vorschlaghammer, rissen jegliche Beherrschung nieder. Heiße Tränen sammelten sich in seinen Augen, ehe sie unaufhörlich gen Boden fielen. Sasuke erzitterte unter dem Schwall der losgelösten Gefühle. Schamerfüllt versuchte er sich abzuwenden, doch Naruto hielt noch immer sein Gesicht in seinen Händen. „Es ist okay, Sasuke. Ich bin für dich da.“ Fest umschlang er die Handgelenke des Älteren, wand sich in dessen Berührungen. „Nein! Sieh mich nicht an!“, presste Sasuke angestrengt zwischen seinen Lippen hervor, rang Naruto ein resignierendes Seufzen ab. Schweigend ließ er von dem Schwarzhaarigen ab. Diese Chance nutzte Sasuke zugleich und vergrub sein verweintes Gesicht tief in seinen Händen. Naruto nahm wieder neben Sasuke Platz, berührte dessen Schulter zaghaft. Der stumme Beistand des Älteren umarmte sein Herz sanft, linderte dessen Schmerz und zugleich erschwerte er dieses um tausend Gewichte…   Ein eisiger Wind fegte durch das bunte Laub der Bäume, ließ die Beiden erzittern. Die Sonne senkte sich langsam dem Horizont entgegen, kündigte allmählich den Abend an. Es waren einige Minuten verstrichen, in denen die Beiden miteinander verharrten und sich ihren Gefühlen hingaben. Als Naruto den Eindruck gewann, dass sich Sasuke etwas beruhigt hatte, versuchte er es noch einmal: „Was ist heute passiert?“ Naruto konnte sehen, wie der Uchiha mit sich rang. Letztendlich entschied er sich für das Vertrauen und erwiderte: „Kannst du dich an die Schlägerei erinnern?“ „Natürlich.“ „Seitdem geht mir mein Lehrer auf die Nerven. Er wollte wissen, was genau vorgefallen ist und ich hatte keinen Bock ihm das zu erzählen. Es ist ähnlich wie bei dir. Er ist total davon überzeugt zu wissen, wie es mir geht und wie ich mich fühle! Deswegen hat er heute meine Eltern zu einem Gespräch eingeladen…Tja…“ Nach dem Naruto bemerkte, dass Sasuke nicht von sich aus weitererzählen würde, hakte er nach: „Tja, was?“ „Tja, das Gespräch ist nicht gut ausgegangen. Aber das war ja auch nicht anders zu erwarten.“, antwortete Sasuke und ließ sich mit verschränkten Händen nachhinten fallen. „Das hatte ich mir schon gedacht. Aber warum ist es nicht gut ausgegangen?“ „Weil mein Vater da war. Und ich abgehauen bin.“ Sasuke zuckte mit den Achseln, was Naruto schwungvoll eine Augenbraue heben ließ. Dieser kleine…! Der lässt sich aber auch alles aus der Nase ziehen! Und das, obwohl ich hier ein Seelenstriptease hingelegt habe! Ungeduldig kniff sich der junge Uzumaki in die Nasenwurzel und seufzte innerlich laut auf. „Worum ging es denn in diesem Gespräch?“ Angespannt richtete sich Sasuke auf, spannte jeden Muskel an und ballte seine rechte Hand zur Faust. „Um Bullshit! Aber…Aber hauptsächlich macht es mich wütend wie mein Vater reagiert hat! Wie immer ging es nur darum, wie sehr ich ihn enttäusche und wie falsch ich mich verhalte! Was für eine Schande ich für diese Familie bin!“ Sasuke hatte sich mit jedem Wort gesteigert, bis er zum Schluss fast geschrien hatte. Verwundert und leicht irritiert blickten ihn die vorbeigehenden Passanten an, doch das war ihm völlig egal. Er schaute zu Naruto, doch dieser erwiderte den Blick völlig unbeeindruckt. „Das klingt wirklich nach einem Scheißtag!“ Sasuke musterte den Blonden einen Moment schweigend, ehe er prustend in Gelächter ausbrach. Naruto tat es ihm gleich. Herzhaft lachten sich die beiden für wenige Minuten all den Kummer weg, genossen die Gesellschaft des anderen. „Solche Idioten!“, presste Sasuke mühsam hervor. „Klugscheißer, alle samt!“, stimmte ihm Naruto zu und hielt sich seinen schmerzenden Bauch.   Das Grau des Himmels war mittlerweile einem dunklen Blau gewichen und die sanften Lichter der Laternen erhellten die Wege des Parks. Frierend zog Sasuke seine Jacke enger an sich, hauchte eine weiße Wolke in die Abendluft. „Es tut mir leid, Naruto.“, wisperte er leise in die Nacht hinein und richtete seinen Blick gen Himmel. Naruto folgte seinem Blick bevor er leise erwiderte: „Danke. Mir tut es auch leid, Sasuke.“ „Wir sollten gehen, oder?“ „Vermutlich schon. Willst du mit zu mir?“ Überrascht wandte sich der Uchiha dem Blonden zu. „Warum?“ „Nun, wegen deinem Vater. Falls du nicht möchtest, begleite ich dich auch.“ Sasuke dachte kurz nach, ehe er seicht den Kopf schüttelte. „Nein. Weißt du, es ist nicht so, als würde mein Vater mich ständig schlagen…Er wird sicher schon schlafen und der Alte ist taub. Ich schleich mich einfach in mein Zimmer.“, erklärte Sasuke und lächelte schief. Dieses Lächeln stach Naruto tief ins Herz, ließ es Sasuke doch jung und kindlich wirken. Es verlieh Sasuke die kindliche Naivität seinen Eltern gegenüber loyal sein zu müssen. Ganz gleich, wie sehr sie einen verletzten. Zorn kämpfte sich an die Oberfläche, doch Naruto zwang sich zur Ruhe. Egal wie sehr er Sasuke gerne umarmt hätte, er musste diesem Drang widerstehen. Egal wie sehr er Sasuke beschützen und mit zu sich nehmen wollte, er musste dessen Entscheidung respektieren.   Nickend erhob sich der junge Uzumaki. „Okay. Bitte versprich mir, dass du dich meldest, falls etwas ist. Ich stehe zu meinen Worten. Du hast es verdient, dass du in Sicherheit bist! Ich bin für dich da, versprochen!“ Die liebevollen Worte des Älteren umarmten ein Herz, entlockten ihm ein ehrliches Lächeln. Diese Wärme war ein völlig ungewohntes Gefühl für Sasuke, doch sobald er heute in Narutos Gegenwart war, konnte er sie deutlich spüren. Innerlich schüttelte er den Kopf. In einer Sache hat Minato-Sensei wohl recht, die Emotionen eines Teenagers sind merkwürdig.   „Danke, Naruto.“, verabschiedete sich Sasuke mit einem leichten Lächeln und verschwand in den seichten Lichtern der Nacht.  „Bis bald, Sasuke…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)