Wenn einer wartet von Naoki_Ichigo ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Er wusste nicht, wann er das letzte Mal die Mittagssonne gesehen hatte. Er hatte sie untergehen gesehen. Er hatte sie aufgehen gesehen. Aber wann hatte er das letzte Mal unter ihrem wärmenden Strahlen gebadet? Beschweren wollte er sich nicht, denn immerhin bedeutete es, dass er mehr und mehr Aufträge bekam und sein Team ihm die nötigen Informationen zur Ausführung flott beschaffte. Dennoch war auch er irgendwann erschöpft. Vor drei Monaten waren die meisten Aufträge noch relativ gleichmäßig verteilt gewesen. Jedes Land hatte seinen eigenen Assassinen Clan, der für jeden, der zahlen konnte, die Drecksarbeit erledigte. Es hatte nie einen berühmten oder besonders guten Assassinen gegeben. Jetzt auf einmal aber schien jeder seinen Namen zu kennen und in Ehrfurcht zu flüstern. Mit einem Mal wollte jeder ihn beauftragen. Man könnte meinen, er würde sich darüber freuen, was er zu einem gewissen Grad auch tat, doch viele Aufträge bargen auch die Gefahr schneller gefunden zu werden. Selbst wenn kein Land aktiv gegen die Assassinen Clans vorging, so war es klar, dass die Regierenden die Kontrolle über diese haben wollten und wenn sie diese nicht haben konnte, dann mussten die Assassinen verschwinden. Bis jetzt waren er und sein Team der Regierung entkommen, doch mit den ansteigenden Aufträgen könnte sich das schnell ändern. Es war sowieso ein Wundern, dass die Regierung bis jetzt nichts unternommen hatte. Die karge Außenwelt konnte mit der pompösen Inneneinrichtung des Versteckes nicht mithalten. Das Königreich befand sich auf der Weltkarte irgendwo zwischen zwei großen Reichen – zwischen zwei Großmächte gequetscht kämpften sie um ihr Überleben. Ihr Königreich war zu stark, um in der Versenkung des Vergessens zu versinken, aber zu schwach, um sich einen eigenen Namen zu machen. Sie existierten einfach vor sich hin – auf jede gewonnene Schlacht folgte eine Niederlage. Ein trostloses Dasein. In all den Jahren, in denen er in den Schatten gearbeitet hatte, hatte er alles in seiner machtstehende getan, um das Land zu beschützen und voran zu bringen. Einen Feind nach dem anderen hatte er geschwächt und ausgeschalten. Aber auch er war gegen die Großmächte machtlos. Müde streifte er durch die endloserscheinenden, immer gleich aussehenden Gänge des Assassinenverstecks. Das Licht musste erneuert werden. Sein Clan hatte keinen Magier, der sich auf Lichtmagie verstand, weshalb sie oftmals in die Stadt mussten, um von der dortigen Gilde neue Leuchtkugeln zu kaufen beziehungsweise ihre alten aufladen zu lassen. Zum Glück hatten er und sein Team gute Beziehung zu der Gilde, weshalb sie relativ sicher an ihre benötigten Waren kamen. Trotz ihres schier unendlichen und vielzählen Warensortiments, gab es etwas, dass die Gilde nicht bieten konnte: Sie konnte ihm nicht seine Einsamkeit nehmen. Sein Zimmer war dunkel und kalt. Er erkannte es selbst nicht mehr. Tagsüber schlief er und nachts wanderte er durch die Häuser fremder Leute. Selbst mit seinem Team hatte er schon lange keine privaten Gespräche mehr geführt. Ohne das Licht anzuschalten verschwand in seinem Zimmer in das angrenzende Bad. Weder hatte er die Zeit und noch die Energie, um sich mit irgendwas anderem, außer Schlafen, zu beschäftigen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)