Wer wir waren von Jaelaki (Seto & Joey | Puppyshipping) ================================================================================ Kapitel 2: Sein Name -------------------- Manche Menschen schleichen sich in ein Leben, einige kommen und gehen, ohne dass es jemand bemerkt und dann gibt es Personen, die stolpern in einen Klassenraum, ohne zu ahnen, wie grundsätzlich dieser Schritt alles ändern wird.   Seine blonden Haare standen in Strähnen von seinem Kopf ab, Regentropfen flossen von ihren Spitzen in sein Gesicht und er trug keine Jacke, obwohl es Winter war. So stand er plötzlich im Klassensaal wie auf einer Bühne. »Joseph, du bist schon wieder zu spät!«, sagte der Lehrer mit einem Seufzen, doch Joseph Wheeler grinste nur, wischte sich die Strähnen aus der Stirn und antwortete: »Ich war zu müde, um früher herzukommen.«   Ein Kichern schwappte durch die Klasse, das Seto Kaiba mit einem Stirnrunzeln missbilligte. Er rümpfte die Nase, als Joseph vor ihm in der Sitzreihe vorbeischlenderte, sein Rucksack sah aus, als hätte er stundenlang im Matsch gelegen, und zog seinen nagelneuen Laptop näher zu sich, nicht, dass dieser widerliche Idiot noch Spuren auf der polierten Oberfläche hinterließ. Natürlich musste er ausgerechnet direkt hinter ihm sitzen. Ein Verlierer, mutmaßte die Stimme, niemand von Belang.   »Hey, wer ist der denn?«, rief Joseph, war halb von seinem Stuhl aufgesprungen und zeigte mit seinen Fingern auf ihn. »Das ist doch Seto Kaiba«, wisperte ihm ein Junge mit braunem Kurzhaarschnitt zu und versuchte offenbar, ihn auf seinen Stuhl herunterzuziehen. Vergeblich. Joseph sprühte wie ein Feuer, das niemand einfangen konnte, wenn er es nicht von sich aus zuließ. »Achja, der von dem reichen Sack adoptiert wurde, nicht?«, flüsterte Joseph Wheeler viel zu auffällig zurück, nachdem er sich wieder auf den Stuhl hatte fallen lassen.   Als würde das meine gesamte Existenz erklären. Seto Kaiba biss die Zähne aufeinander, denn dieser Umstand wurde ihm nicht im Entferntesten gerecht. Er war mehr als nur der neue Schüler in der Klasse, der von einem reichen Sack adoptiert worden war. Er hatte sich seinen Rang selbst erarbeitet, aber das war für jemanden so Einfachgestrickten wie Joseph Wheeler kognitiv undurchdringbar. Josephs Banknachbar blinzelte gen Decke, als wünschte er sich kurzzeitig woanders hin. Dasselbe hätte für Seto Kaiba gelten können, gingen ihm die Meinungen anderer nicht so grundsätzlich an seinem Ausgang vorbei. »Hey! Voll cool! Ist das deiner?« Joseph Wheeler kippelte mit dem Stuhl und drehte sich dabei halb zurück, so dass er geradezu Auge in Auge mit ihm saß und auf seinen Laptop schielte. »Nein, ich stehle gerne die neuesten Laptops von Passanten.« Wheeler starrte ihn einen Moment an, als wüsste er nicht, ob er die Wahrheit sagte, dann grinste er schief. »Pass lieber auf, dass ich dir den nicht in der Pause abziehe.«   In seinen Augen funkelte das Braun. Eine völlig langweilige Farbe, wie Seto Kaiba bemerkte, nichts an Joseph Wheeler stach positiv aus der Masse an Durchschnittsmenschen hier in der Klasse hervor. Er kratzte wohl an der Mitte und brach eher nach unten als nach oben aus. Bedeutungslos, gähnte die Stimme, niemand, der irgendwann Einfluss haben würde. »Keiner nimmt etwas von mir, ohne dass ich es ihm erlaube.« Joseph erwiderte seinen Blick ohne ein Zögern, ohne einen Wimpernschlag. Sie schauten sich in die Augen und Seto wusste nicht genau, worum es ging, nur, dass es etwas Elementares zwischen ihnen entscheiden würde. »Joseph, dreh dich zur Tafel! Du bist jetzt ruhig oder du fliegst vor die Tür, verstanden? Und schreib das jetzt endlich mit!« »Na, klar!«, antwortete Joseph dem Lehrer zu euphorisch und drehte sich entgegen seiner Worte nochmals zu Seto um. »Hast du ein Blatt Papier für mich, damit ich mitschreiben kann?« »Sehe ich so aus?«   Er war nicht der Typ, der anderen Almosen gab. Jeder hier musste schauen, wie er es schaffte, den Tag als Sieg zu verbuchen. Das Leben war kein Teamspiel, bei dem jeder am Ende bekam, was er wollte. Jeder Tag war ein neues Level und nur diejenigen, die sich gegen alle Widrigkeiten im Spiel behaupteten, hatten eine Chance, es erfolgreich abzuschließen. »Du siehst so aus, als hättest du alles auf dieser Welt«, sagte Joseph und für einen Moment verpuffte die rücksichtslose Antwort auf Setos Zunge, als sein Gegenüber ihn so anschaute mit einem Lächeln, das in den Mundwinkeln zuckte. Ein Grinsen, das bis in seine Augen kletterte und dort einen Schatten tanzen ließ. »Niemand hat alles auf der Welt«, murmelte Seto und blickte auf seine Tastatur, obwohl er mit verbundenen Augen tippen konnte.   Halt den Mund, das ist gefährlich nahe, zischte die Stimme. Zu nahe an der Wahrheit. »Und was fehlt dir?«, fragte Joseph. Seto vergaß weiter zu tippen. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann jemand ihn das letzte Mal so etwas gefragt hatte, denn er besaß alle. Ihm fehlte nichts, was Menschen als erstrebenswert begriffen. Er starrte diesen Jungen vor sich an, dessen Ärmel viel zu weit unter seinen Handknöcheln hingen und suchte Worte. Er wusste immer, was er wann zu sagen hatte und wenn er nichts von sich gab, dann weil er es nicht wollte. Joseph Wheeler beobachtete ihn mit einem Grinsen und er wollte ihm diese Sorglosigkeit aus der Mimik wischen. Niemand hatte das Recht ihn dermaßen distanzlos anzuschauen, als gäbe es keine Mauern zwischen ihnen, die ihre Leben in zwei völlig verschiedene Milieus zerteilte. Zwei Spielfelder, die keine Gemeinsamkeiten aufwiesen. »Ich bin übrigens Joey«, flüsterte er ihm zu, während er kippelte. »So nennen mich meine Freunde.« »Wir sind keine Freunde.« Seto Kaiba tippte ohne ihn anzuschauen weiter, stierte an die Tafel und hakte diesen bemitleidenswerten Chaoten ab, als das, was er war: ein Niemand. Statt geknickt beizugeben, brach Joseph in Lachen aus und kassierte dafür eine Rüge vom Lehrer, die er mit einem Schulterzucken von sich abschüttelte. »Noch nicht«, sagte er amüsiert und zog einen angeknabberten Stift aus seinem Rucksack.   Am Ende seines ersten Schultages an der neuen Schule, kannte Seto die Namen sämtlicher Lehrerinnen und Lehrer, denn es war wichtig, die zu kennen, die in den nächsten Jahren seine Zukunft beeinflussen würden. Nicht aus Interesse, sondern weil es strategisch bedeutsam war, möglichst alle entscheidenden Aspekte des Feldes zu kennen, auf dem dieses Spiel gespielt wurde. Ihm waren alle Prüfungsformalia und Fristen bekannt; er konnte die Schulordnung auswendig zitieren und die Kriterien für eine außerordentlich gute Leistung. Es würde ein Kinderspiel werden. Er verzog den Mund, als er in die Limousine einstieg und sein Bodyguard die Autotür hinter ihm schloss. »Wie war Ihr erster Tag an der neuen Schule?«, fragte sein Fahrer mit einem Blick in den Rückspiegel. »Haben Sie nette Leute kennen gelernt?« Er beschäftigte sich nicht mit dem überflüssigen Geflecht an sozialen Kontakten. Seine Mitschülerinnen und Mitschüler interessierten ihn wie der Dreck unter Joseph Wheelers Fingernägeln. Er stutzte. Da war er schon wieder dieser Name, der in seinen Gedanken echote wie ein mieser Ohrwurm, ein Name so unwichtig wie nervenraubend. »Reine Zeitverschwendung«, murrte Seto und packte seinen Laptop aus. [Fortsetzung folgt ...] Frage des Kapitels: Versteht ihr Setos Verhalten? Warum (nicht)? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)