Die andere Seite des Monds von Augurey ================================================================================ Kapitel 7: Eine Aussprache? ---------------------------   Auf den steinernen Stufen hinterließen die Halbschuhe einen dumpfen Ton. Der Schall, der im schmalen Treppenhaus nirgendwo hin entweichen konnte, brach sich an den Wänden und drang zurück zur Mitte. Eisige Kälte stießen die Mauern ab. Fast so als ob der Winter in ihnen hauste und nur auf den Dezember wartete, um endlich hinauf in die Zinnen steigen zu können.  Remus fror.  Für einen Moment wünschte er sich, er hielte noch immer die Tasse Wolfsbanntrank in der Hand. So widerlich das Gebräu auch schmeckte hätte es ihm jetzt etwas Wärme spenden können. Es war der letzte Septembertag und der erste an dem er nach dem Abendessen wieder seine Medizin auf seinem Platz vorgefunden hatte, mit ihr den langersehnten Anlass für das schwere Gespräch, das ihm bevorstand. Bedächtig setzte er einen Schritt vor den anderen, noch einmal all die Dinge durchgehend, die er Severus sagen wollte.  Abermals erinnerte ihn die Wendeltreppe zum Kerker an den Zugang zu einem Grab. Sogar die Fackeln, die sonst das ganze Schloss in flackernden Schimmer tauchten, waren hier stellenweise erloschen. Umso tiefer Remus in diesen unterirdischen Korridor vordrang, umso mehr hatte er das Gefühl, selbst begraben zu werden. Endlich hatte er die Türe auf halber Höhe erreicht neben der das verheißungsvolle Goldschild prangte: SEVERUS SNAPE PROFESSROR FÜR ZAUBERTRÄNKE BÜRO Die schwarzen Einkerbungen der Buchstaben musternd hielt Remus inne. Ohne das Geräusch seiner Lederschuhe auf dem Stein war die Nachtstille undurchdringlich. Ein feiner Vorhang aus Spinnenweben überzog den Türpfosten und aus der Tiefe des Kerkers stieg ein abgestandener, modriger Gestank auf. Was wäre, wenn Severus ihn nicht anhören würde? Wenn er sein Erschienen zu so später Stunde gar als Provokation auffasste und der Graben zwischen ihnen sich noch vertiefte? Tief atmete Remus durch, ohne seine Nase von der leichten Fäulnis, die in der Luft lag, befreien zu können. Doch die Sache gärte schon zu lange und wollte endlich hinter sich gebracht werden. Bei Merlin, eigentlich hätte er dieses Gespräch schon vor zwanzig Jahren führen sollen! Die Sehnsucht nach dem Waffenstillstand fraß den letzten Zweifel. Beherzt ballte er die Hand zur Faust und pochte laut gegen das Holz. Einmal Zweimal Dreimal   Nichts regte sich. Enttäuscht wollte er sich schon wieder abzuwenden, da erklang auf einmal ein metallisches Klacken, gefolgt von einem Rasseln. Die Türe öffnete sich einen Spalt, durch den fahles Licht in den Wendelgang drang und über einem Kettenschloss erschien die grobe Hakennase Severus Snapes.  Eine Sekunde lang sahen die schwarzen Augen Remus mit dem Ausdruck der Überraschung an. Dann verfinsterte sich schlagartig der Blick und der Abstand zwischen den Augenbrauen verengte sich zu einem zornigen Strich. „Den Wolfsbanntrank gibt es erst morgen wieder“, keifte die Stimme und das Gesicht zog sich vom Lichtspalt zurück. Blickschnell rammte Remus, der mit der Abfuhrt schon gerechnet hatte, seinen Fuß zwischen Tür und Angel, gerade noch rechtzeitig, um einen kräftigen Schlag gegen den Schuh abzubekommen. „Severus, ich muss dich sprechen!“, rief er - ein wenig schmerzverzerrt, während das Blut in seinen gequetschten Zehnen pulsierte. Ein Schnauben ertönte auf der anderen Seite, dann ein Raunen. „Ich wüsste nicht, was wir zu bereden hätten!“ Ein leises Rascheln mischte sich zu den Worten wie von einem Zauberstab, der langsam aus der Innentasche eines Zauberumhangs gezogen wurde und Remus wusste, dass er sich beeilen musste. „Du kannst mich jetzt fortschicken“, erwiderte er hastig, „und ich werde morgen um die gleiche Zeit wiederkommen. Doch gib mir nur zehn Minuten und ich behellige dich nicht weiter.“ Mit einem Mal verstummte das Rascheln und machte einer angespannten Stille Platz, deren sekundenlange Lebenszeit Ewigkeiten zu während schien. Dann ließ der Druck auf Remus‘ Fuß unerwartet nach. Der Spalt weitete sich. Kettenrasselnd wurde das Schloss entfernt und die Tür schwang auf.   Remus straffte sich und blieb dann wie gebannt auf der Schwelle stehen. Der Anblick, der sich ihm bot, war atemberaubend. Deckenhoch stapelten sich an den Wänden Einmachgläser, Kisten und Flakons. Zaubertrankzutaten über Zaubertrankzutaten wie damals zu Slugshorns Zeiten, nur dass es im Büro merklich düsterer war. Einen Moment lang sah Remus sich um, während tausend Erinnerungen an seine Schulzeit ihn übermannten. Dann jedoch holte eine Stimme ihn in die Gegenwart zurück. „Zehn Minuten!“, zischte Severus, zog den Zauberstab und zielte auf eine altmodische Eieruhr, die versteckt zwischen einigen langhalsigen Flaschen auf einem Regalbrett ruhte. Unter dem steten Ticken, das wie ein Damoklesschwert über ihm schwebte, trat Remus ein ins Reich des Tränkemeisters. Gerade noch konnte er durch eine früher stets verschlossene Tür im hinteren Teil des Zimmers einen Blick in eine Art Labor erhaschen, wo auf einem Tisch eine seltsame Apparatur aus drei Kesseln, Glaszylindern und Kolben stand, davor ein ganzer Korb Bezoare und aufgeschlagen  daneben ein uraltes und mit einem Schloss versehenes Buch. Mit gerunzelter Stirn betrachtete er die Szenerie als das Bild plötzlich seinem Blick entzogen wurde. Krachend fielen vor ihm und hinter ihm die massiven Türen in ihre Schlösser und er war im Kerker gefangen. Severus hielt sich nicht Begrüßungsfloskeln auf noch spendete er ihm sonst große Aufmerksamkeit. „Ich hab nicht ewig Zeit, komm zur Sache!“ schnarrte er nur ungeduldig als Remus nach einer Minute noch immer schwieg, während er selbst durch den Raum ging und mit zielgerichteten Handgriffen hier ein Säckchen, dort eine Metalldose aus den Regalen zog. Remus besann sich. Er hatte nicht vor, Severus über die abgerungen Minuten hinaus zu bedrängen noch die einzige Chance, um die er bitten würde, zu vergeuden. „Ich wollte mich bei dir für den Wolfsbanntrank bedanken“, spulte er die zurechtgelegten Worte ab, tat als hätte die Beleidigung überhört und fixierte den Rücken seines Gegenübers, „Ohne deine Hilfe wäre ich verloren“. Severus wandte sich um und kräuselte die Stirn. Er hatte eine Mine aufgesetzt als hätte er soeben einem Dementor gelauscht, der einen Vortrag über das Heiligtum der Nächstenliebe hielt. Nur langsam wandelten sich seine Züge, stahl sich ein hämisches Lächeln in sein Gesicht, das offenbarte, dass er verstanden hatte. „Der Wolfbanntrank“, erklärte er so langsam und betont wie man zu kleinen Kindern spricht, „war Dumbledores Idee. Zu meinem wahrlich größten Bedauern bin ich leider an Befehle des Schulleiters gebunden. Wenn du dich bedanken willst: Dritter Stock, siebter Korridor, massiver Wasserspeier. Doch ich warne dich, Lupin. Der Schulleiter verfährt nicht so großzügig wie ich mit Lehrern, die sich mit Gewalt Zutritt verschaffen. Guten Abend!“ Ohne ihn noch eines weiteren Blickes zu würdigen, wandte der Tränkemeister sich von ihm ab und setzte mit fahrigen Bewegungen seine Arbeit fort. Doch so leicht ließ sich Remus nicht abwimmeln. Nicht ehe er zu seinem eigentlichen Anliegen gekommen war. Leise ließ er sich auf einen der klapprigen Hocker vor dem Pult sinken und versuchte es sich auf diesem Platz, auf dem bestimmt schon Generationen von Schülern ihre Strafarbeiten abgesessen hatten, bequem zu machen. „Ich weiß, dass ich meine Stelle vor allem Dumbledore zu verdanken habe. Doch was wäre die Entscheidung des Schulleiters ohne die Hilfe fähiger und zuverlässiger Mitarbeiter?“ Seine ruhig gesprochenen Worte schwebten im Raum, während er erwartungsvoll die Robe und das schwarze, fettige Haar seines Gegenübers musterte. Severus ließ das Einmachglas, das er in Händen hielt, wieder sinken und langsam, viel langsamer als zuvor, wandte er sich erneut zu ihm um. Der Ausdruck in seinem Gesicht hatte sich verändert. Noch immer lag seine Stirn in tiefen Falten und berührten sich die Augenbrauen. Doch der Blick hatte an Schärfe gewonnen. Von Misstrauten getränkt begannen die dunklen Augen Remus zu durchbohren, zeitgleich zuckten die Lippen im schmalen Gesicht.   „Was willst du wirklich?“, fragte Severus schneidend, während der fahle Schein der einzigen Lampe auf dem Pult seine Züge bedrohlich hervorstechen ließ, „Du bist gewiss nicht hier, um mir Honig ums Maul zu schmieren!“     Tief atmete Remus ein.  Da war er also gekommen, der Moment der Wahrheit. „Ich wollte mich bei dir entschuldigen“, erklärte er ruhig, „Für alles, was je zwischen uns geschehen ist.“ Stille Severus, der ihn gerade noch taxiert hatte, blieb zur Salzsäule erstarrt vor ihm stehen, die Züge zu schierem Unglauben entglitten. Remus, der diesen Blick nicht länger ertragen konnte, diese Augen, die Gericht über seine Schuld zu halten schienen, wandte sich ab und starrte die Uhr an. Fünf Minuten waren bereits verstrichen. „Wir hatten keine gute Zeit“, fuhr er leise fort, „kein gutes Verhältnis. Nicht nur im letzten Monat. Auch früher schon, eigentlich immer. Wir hatten immer unsere nun ja Differenzen.“ „Differenzen?!“, schnaubte Severus, der Ton durchzogen von gärender Wut, „ein schöner Euphemismus. Wer hat ihn dir ins Ohr gesetzt? Dumbledore?“ Remus seufzte leise, den Blick seines alten Feinds nachwievor meidend. „Nein, du hast Recht“, murmelte er, „Es war weit mehr als das“. Sich sammelnd holte Remus tief Luft. Einen Gedankengang später sprang er auf und begann im Zimmer auf und ab zu gehen, versuchend seine Aufregung in Schach zu halten. Als er weitersprach ließ er seine Stimme anschwellen. „Ich weiß, dass du mich hasst und ich kann es verstehen. In der Vergangenheit ist so vieles passiert, das nicht in Ordnung war. Wie James und Sirius damals mit dir umgesprungen sind – ich weiß, es war nicht rechtens, es war von Grund auf falsch. Aber…“   Nervös begann Remus an einer Phiole herumzuspielen, die auf einem Beistelltisch lag. Schnell ließ er sie wieder los, als er nach einem kurzen Seitenblick merkte, dass Severus in aufkeimenden Zorn die Zähne aufeinanderbiss. Für einen Moment schwieg er, dachte nach. Dann blickte er auf und sah seinem Gegenüber direkt in die blitzenden Augen. „Ich habe dich nie gehasst, das solltest du wissen. Was immer sie dir auch antaten, es war nie meine Absicht gewiesen. Ich habe diesen Streit zwischen uns nie gewollt, weder in unserer Schulzeit noch heute und wenn ich früher schwieg, dann nur, weil sie meine Freunde waren. Nun aber sind James und Peter sind tot und Sirius sollte in Askaban sitzen. Die Zeiten haben sich geändert, Severus. Sollten wir nach so vielen Jahren nicht endlich das Kriegsbeil begraben und wie erwachsene Menschen miteinander umgehen? Lassen wir doch endlich die Vergangenheit hinter uns!“   „Die Vergangenheit hinter uns…“, wiederholte Severus die Worte mit einem abwesenden Gesichtsausdruck als müsste er sich ihre Bedeutung erst bewusst machen. Dann plötzlich begann seine Schläfe zu Pochen und die Farbe saurer Milch schoss ihm ins Gesicht. „Netter Plan, Lupin“, höhnte er, „Ein bisschen Theater, eine halbherzige Entschuldigungsrede, eine treudoofe Sündermine und sieben Jahre sind einfach vergessen. Genauso läuft das vor dem Zaubergammot, nicht wahr? Ich wette, Fudge und die Geschworenen würden dich bei deinem selbstmitleidigen Gewinsel sofort von jeder Schuld freisprechen. Seht nur den armen Mann wie sehr er leidet, nicht wahr? Nun, an deiner Stelle wäre ich mir nicht so sicher, damit durchzukommen. Beihilfe zum versuchten Mord ist ein Verbrechen, Werwolf.“ Ehrlich verdutzt starrte Remus ihn an. „Wovon sprichst du?“ – er hatte nicht den blassesten Schimmer, was im Kopf seines Gegenübers vor sich ging.   „Oh“, erwiderte Severus und die schwarzen Augen blitzen auf vor Hass und Rachgier, „Ich denke du weißt sehr genau, wovon ich spreche. Der Vollmond, die Peitschenden Weide… na, kommen dir auch die schönen Erinnerungen?“ Die Worte brauchten lange, bis sie Remus erreichten. Doch dann, als er begriff, war als hätte ihm jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. Eine Welle aus Eiswasser rauschte durch seinen Körper, lähmte ihn bis ins Mark. Wie von einem Zauber getroffen brach etwas in ihm zusammen. Das war es also, war Severus dachte? Was er ihm zutraute? Eine seltsame Mischung aus Entsetzen und Zorn brauste in ihm auf. Zeit seines Lebens, seit jenem unglückseligen Besuch Greybacks an seinem Kinderbett, war das Biest in ihm immer sein größter Feind gewesen. Seine Alpträume waren erfüllt von den Verbrechen, die er in seinem Leben vielleicht begehen würde seitdem er ein kleiner Junge war. Und es gab jeden Monat wieder diesen grässlichen Morgen. Diesen Morgen, an dem er nicht in den Spiegel sehen konnte, weil er noch die Spuren der Bestie in sich erkannte. Wie konnte irgendjemand glauben, dass er sich zum Komplizen eines solch makaberen Streichs gemacht hatte? Der Gedanke stach. Tiefer als jedes abwertende ‚Werwolf‘, aus dem der Schmerz der Vergangenheit sprach. Zwischen Sirius und ihm hatte seinerzeit wochenlang dicke Luft geherrscht, bis sein Freund ziemlich zerknirscht zu Kreuze gekrochen kam und ein Sündenbekenntnis abgelegte, dass seinem Stolz einiges abverlangt hatte. Getroffen schnappte Remus nach Luft. Dann hob er wie im Reflex die Hand zu einer mahnenden Geste. „Das ist eine Unterstellung“, rief er entrüstet, „Nichts davon ist wahr! Ich hatte keine Ahnung!“ Severus beäugte ihn, verschränkte die Arme und lächelte. Ein Lächeln, das fast etwas Mitleidiges gehabt hätte, wäre es nicht von tiefer Bitterkeit durchzogen gewesen. Und obgleich sein Gegenüber schwieg, meinte Remus seine Gedanken deutlich hören zu können ‚Aber sicher doch, du Lügner! ‘. Die Nadel bohrte sich weiter ins Fleisch. In aufkommender Panik sah Remus sich um, suchte nach Worten oder etwas anderem, womit er seine Unschuld beweisen konnte. Da fiel sein Blick auf einen kleinen Flakon mit einem klaren Zaubertrank und das Etikett ließ ihn aufatmen wie tiefen, dunklen Wassern entsteigend. VERITASERUM Er zögerte keine Sekunde. Sofort nahm er den Wahrheitstrank aus dem Regal und wandte sich wieder zu Severus um. Aufrecht stand er vor ihm und sah ihm voll Entschlossenheit erneut in die Augen. „Wenn du mir nicht glaubst, dann stell ich mich doch auf die Probe. Hier!“   Ohne auch nur den Hauch eines Zitterns hielt er seinem alten Feind die ausgetreckte Hand mit dem Fläschchen hin. Die Geste löste in Severus eine neuerliche Veränderung aus. Von skeptisch angezogenen Augenbrauen wandelte sich seine Mine über eine neugierig vorgereckte Nase zu überrascht  geweiteten Pupillen. Und dann geschah etwas, das Remus sich beim besten Willen nicht erklären konnte: Mit einem Satz wich Severus zurück. Fast wie ein Tier, dem man den Zauberstab zwischen die Augen gesetzt hatte. „Was soll das?!“, herrschte er Remus aus einigen Abstand an „Willst du meine Vorräte vergeuden?“ „Nein“, entgegnete Remus entgeistert, „dir nur beweisen, dass ich es ehrlich meine“. Für einen Moment lang stand Severus wie versteinert vor ihm und starrte ihn nur an, unmöglich für Remus in der unergründlichen Miene zu lesen. Dann als sein Gegenüber sich noch immer nicht regte, begann er langsam, den Korken des Fläschchens zu lösen.     „Lass das!“, fuhr Severus ihn unvermittelt an, „Stell es sofort zurück!“ Remus, dem der unmissverständliche harsche Tonfall wie ein Befehl war, kam der Aufforderung sogleich nach. Gerade als er sich zur Seite wandte, sah wer wie der Tränkemeister seinen Zauberstab aufzucken ließ und dabei tief in seine Augen blickte. Ein leichter Schmerz durchzuckte Remus‘ Schläfe und vage kamen ihm verschwommene Bilder aus seinen Schultagen zu Bewusstsein. Doch beides verschwand ebenso schnell wie es gekommen war. Als er sich verrichteter Dinge wieder umdrehte, perlte Schweiß von Severus‘ Stirn. „Verschwinde!“, raunte sein alter Mitschüler ohne Remus die Chance auf eine Erwiderung zu lassen, „Geh, SOFORT!“ Der unverhohlene Unterton von Panik und Hass in Severus‘ Stimme erschütterte ihn erneut. Was bei Merlins Bart ging hier vor?! Remus fand keine Antwort und suchte auch nicht lang nach einer. Wer schon einmal vor einer Herde wütend schnaubender Tebos gestanden hatte, wusste, wann es Zeit war das Weite zu suchen. „Es tut mir leid“, entgegnete er Severus mit fester Stimme, ohne aber zu wissen, wofür er sich eigentlich entschuldigte. Dann drehte er sich um und verließ gemessenen Schritts das Zimmer. Draußen, als die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war, warf  er sich gegen die Wand und versuchte erfolglos seine heiß gelaufenen Gedanken am kalten Mauerwerk abzukühlen. Ein Hauch von Verzweiflung keimte auf. Wie konnte die Sache nur aus dem Ruder laufen? Verwirrt starrte Remus ins Dunkel, versuchte das Geschehene zu verstehen. Es dauerte einen Moment, bis er sich gewahr wurde, dass er nicht mehr allein war. Auf der Wendeltreppe näherten sich von oben her Schritte. Alarmiert beförderte Remus sich wieder in die Senkrechte als auch schon der Lichtkegel eines Zauberstablichts um die Biegung fiel. Als endlich ein Umhang und ein Gesicht folgten, war es für beide eine Überraschung. „Professor Lupin!“, rief der Mann auf der Treppe ihm zu. „Herr Direktor!“, entgegnete Remus. Und für einen Augenblick verharrten sie in Schweigen.   „Sie waren bei Severus?“, fragte der Schulleiter schließlich und senkte den Zauberstab, um Remus nicht zu blenden, während er die Stufen zu ihm herabkam.   Remus, dem das eben Erlebte die Kehle noch zuschnürte, nickte nur stumm und spürte die Blicke des aus den alten Augen über sich wandern.     „Und das nicht wegen des Wolfbannstranks?“, stellte Dumbledore mehr fest als dass er nachfragte. In seinem Ton schwang das ganze Gewicht unausgesprochener Worte mit.   „Nein“, erwiderte Remus kleinlaut und blickte betrübt zu Boden, betrachtete den kalten, gesprungenen Stein der Treppe, die Spinnenweben und den Staub; lauschte den Erinnerungen, die in der plötzlich eintretenden Stille zu ihm zu sprechen begannen. All die Szenen der letzten Wochen, die er mit dem heutigen Tag abzuschließen gehofft hatte - vergebens.   Als er wieder aufblickte, ruhten Dumbledores blaue Augen noch immer auf ihm. Nicht fordernd, nicht anklagend, nur wartend. Ein väterlicher Blick in den Dunst heimlichen Wissens gehüllt. Fast zeitgleich zu Remus entlud sich sein Atmen in einem leisen Seufzen. „Verstehe“, murmelte er ruhig. Einen Moment lang sah Remus noch zu der silberbärtigen Eminenz auf, die einen Kopf größer war als er. Dann mit einem Mal öffneten sich seine Lippen und löste sich seine Zunge. Alles, was er wochenlang in sich aufgestaut hatte, sprudelte wie von selbst aus ihm heraus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)