One-Shots 2020 von Zaje (Projektsammlung) ================================================================================ Kapitel 2: Die Bagel Affäre --------------------------- Er hatte schon die halbe Welt bereist und doch war er noch nie in den Staaten gewesen. Warum? Tja, das wusste Noah selbst wohl am wenigsten. Doch wie seine Mutter immer sagte: Besser spät als nie. Der Kanadier hatte letzte Woche seine Sachen gepackt und war Hals über Kopf über die Grenze in die USA gefahren. Ganz spontan. So spontan, wie es sein Exfreund immer gewünscht hatte. Ob Noahs Affinität alles bis ins kleinste Detail zu planen zur Trennung geführt hatte? Er wusste es nicht. Aber es war inzwischen egal, denn während er spontan in die Staaten gefahren war, war Oliver in das nächstbeste Bett gesprungen. Nicht ganz so spontan. Immerhin vögelte er Bruce schon seit einem dreiviertel Jahr. Noah war fleißig damit beschäftigt seinen Instagram Account mit Bildern und Videos zu füllen, damit Oliver sah, wie gut es ihm nach der Trennung ging und wie spontan er wirklich sein konnte. Noah verfluchte sich selbst, dass es ihn so störte, aber er hatte Oliver geliebt. Heutzutage war das wohl nicht mehr genug. Während Noah auf die leuchtenden Reklamen am Times Square hinaufblickte und gar nicht wahrnahm, was dort geschrieben stand, wurde Nick Fury von einer älteren Dame angeschauzt, die ihm den Bagel nicht umtauschen wollte, nur weil er möglicherweise gesehen hatte, wie sie versehentlich draufgespuckt hatte. Sie schwang erneut ihre Zange und fragte mit einem schnippischen Ton, ob er nun einen zweiten Bagel zum selben Preis haben wollte, oder nicht. Nick verneinte dankend, aus Angst, sie würde über den Tresen springen und ihm den Hals umdrehen. Er war nicht leicht einzuschüchtern, doch selbst er wusste, dass man ältere Damen, die die Macht über Lebensmittel besaßen, nicht aufregen sollte. Und wenn er ehrlich war … er würde ihr sogar zutrauen, dass sie ihn vergiften würde, würde er sich einen zweiten Bagel bestellen. Er hob die Hand zum Abschied und verließ in Windeseile den Laden. Wer wusste schon, was diese Frau ihm sonst antun würde. Sein Magen knurrte und er warf einen skeptischen Blick auf den Bagel in seiner Hand. »Nicht mal, wenn ich sterben würde«, murmelte er und steckte den Bagel inklusive Papiertüte in die Innentasche seiner Jacke. Stattdessen setzte er den Kaffebecher an seine Lippen und trank einen großen Schluck. »Hoffentlich hat sie da nicht auch reingespuckt.« Angewidert verzog er das Gesicht und setzte seinen Weg über den Times Square fort. Am besten nicht allzu genau darüber nachdenken. Nick war in Gedanken immer noch bei seinem misslungenen Frühstück und achtete kaum auf den Weg vor ihn. Gerade überlegte er, ob er sich in ein Café setzen sollte, um ordentlich zu frühstückten, doch sein Geistesblitz wurde jäh unterbrochen, als er gegen einen jungen Mann lief, der sich mit einer schwungvollen Bewegung gerade umgedreht hatte. »Oh, Verzeihung, ich hab Sie nicht gesehen, tut mir leid!«, entschuldige sich der Fremde sofort und rückte seine Brille zurecht. Nick war kurz davor seinem Frust freien Lauf zu lassen, entschied sich dann aber im letzten Moment dagegen. Er seufzte auf und sagte: »Kein Problem, es ist ja nichts passiert.« Er sah sich kurz um und lächelte schwach. »So viel wie hier los ist, können Sie froh sein, dass sie nur gegen mich gelaufen sind.« Sein Gegenüber ließ ein unsicheres, beinahe hysterisches, Lachen hören. »Ja, da haben Sie wohl recht.« Er wippte kurz auf seinen Fußballen auf und ab und schien noch etwas sagen zu wollen, doch er tat es nicht. »Ist alles okay mit Ihnen?«, fragte Nick schon beinahe besorgt. Irgendetwas an dem jungen Mann war seltsam. Er sah aus wie ein klassischer Tourist, bewaffnet mit einer Kamera und einem Handy, während er einen riesigen Rucksack auf den Schultern trug. »Ähm.« Der junge Mann sah ihn etwas verwirrt an, blinzelte dann ein paar Mal und setzte ein Lächeln auf. »Ja, alles okay, danke.« Er wollte sich schon zum Gehen abwenden, da drehte er sich noch einmal um und sagte: »Wissen Sie wo der Stark Tower Complex ist?« Jetzt war es Nick, dem die Worte fehlten. »Ähm«, begann er und runzelte die Stirn. »Ja, natürlich weiß ich das«, fügte er schnell hinzu. »Was wollen Sie denn da, wenn ich fragen darf?« Noah zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ich wollte ihn einfach mal sehen.« Er warf einen kurzen Blick auf die Reklamen in seinem Rücken. »Ich denke mal nachdem ich den Times Square gesehen hab und immer noch nicht verstehe wieso man ihn gesehen haben muss, kann ich mir jetzt Dinge ansehen, die mich wirklich interessieren.« Er drehte sich wieder zu Nick um und grinste. Nick ließ ein Lachen hören. »Glauben Sie mir, Sie sind nicht der einzige, der den Trubel um den Times Square nicht versteht. Aber der Kaffee ist gut«, meinte er, als bräuchte er eine Erklärung für seine Anwesenheit. Wie zum Beweis trank er einen Schluck und verzog sofort angewidert das Gesicht. »Außer er ist kalt.« Jetzt war es an Noah zu lachen. »Gut zu wissen.« Erneut wippte er auf seinen Fußballen auf und ab und wusste nicht recht was er sagen sollte. Eine komische Situation. »Na ja«, unterbrach Noah die Stille dann. »Danke jedenfalls. Ich denke ich werde dann schon hinfinden, sonst frage ich mich durch.« Belustigt hob Nick eine Augenbraue. »Ich habe Ihnen ja noch gar nicht gesagt wie Sie hinkommen.« »Ach ja. Stimmt. Da war noch was.« Noah lachte auf und kratzte sich am Kopf. Nick warf ihm einen fragenden Blick zu. »Ach ja!«, wiederholte Noah und schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. Etwas umständlich zog er eine Karte von New York City aus seiner Jackentasche. »Also, wir sind hier, oder?« Es war mehr eine rhetorische Frage, denn im nächsten Moment hatte er die Aufschrift ›Times Square‹ schon gefunden. »Genau.« Nick beugte sich näher und zog einen Stift aus seiner Tasche. »Und der Stark Tower ist hier.« Er deutete auf den Punkt der Karte und kringelte ihn ein. »Am besten nehmen Sie die Linie-« »Schon okay«, unterbrach Noah ihn. »Ich gehe zu Fuß, ich will ja etwas von der Stadt sehen. Danke für Ihre Hilfe!« Er schien sich wirklich zu freuen. »Kein Problem.« Nick erwiderte das Lächeln und wollte sich schon zum Gehen wenden, da fiel ihm etwas ein. »Wollen Sie zufällig einen Bagel?« Noah, der seinen Blick inzwischen wieder auf die Karte gerichtet hatte, sah ihn verwirrt an. »Ich hab mir zwei gekauft, aber nur einen gegessen. Und Sie sehen hungrig aus«, fügte Nick erklärend hinzu. »Sehr gerne, das ist wirklich freundlich von Ihnen. Ich hätte nicht gedacht, dass ihr New Yorker so nett seid!« Noah war begeistert. Nick holte die Papiertüte aus seiner Jackeninnentasche und reichte sie Noah. »Woher kommen Sie?« »Aus Kanada. In der Nähe von Little Buffalo. Vielen, vielen Dank, Sie haben mir heute wirklich den Tag gerettet!« Noah strahlte wie ein Honigkuchenpferd, hob die Hand zum Abschied und wandte sich zum Gehen. Noah war schon fast außer Sichtweite, da folgte eine erneute Kurzschlussreaktion seitens Nick. »Hey!«, rief er Noah hinterher und beschleunigte seine Schritte, um ihn einzuholen. »Wenn Sie länger in New York bleiben hätte ich vielleicht einen Job für Sie.« Er reichte ihm seine S.H.I.E.L.D. Visitenkarte, die Noah sofort in seine Jackentasche steckte, ohne sie anzusehen. »Danke, Sie sind wirklich sehr großzügig. Ich melde mich.« Er lächelte und Nick merkte an seinem Blick, dass er es ehrlich meinte. Auch wenn Nick den Kanadier nicht mal nach seinem Namen gefragt hatte, war er sich sicher, dass er perfekt in sein Team passen würde. Auf seine Menschenkenntnis hatte er sich schon immer verlassen können. Und vielleicht, aber nur vielleicht, würde er Noah irgendwann die Wahrheit über den angespuckten Bagel erzählen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)