Alien - Blood of your Blood von abgemeldet (I can´t escape, but fight for my Life) ================================================================================ Prolog: Finally it has began ---------------------------- Dunkelheit umhüllte meine Sinne, als ich langsam zu mir kam. Kein Gefühl von Zeit und Raum konnte ich in meinem Körper und Geist spüren. Hatte ich eine unruhige Nacht, oder warum fühlte ich mich dem Tode nah? Vielleicht steckte ich auch in einem Alptraum fest? Allerdings hatte ich das seltsame Gefühl, dass dieser Gedanke nichts weiter als eine Illusion war, denn plötzlich durchfuhr mich eine Welle aus Schmerzen. Ich riss die Augen weit auf und stöhnte auf. Zuerst wollte ich aus vollem Halse schreien, aber mir fehlte dazu die Kraft. Kurz hob ich meinen Kopf, dann überfiel mich erneut ein unglaublicher Schmerz und ich dachte schon, ich versänke in einem ewigen Schlaf. Mit dem Kopf prallte ich auf dem Boden. Auch wenn es wahrscheinlich nur zehn Zentimeter Höhe gewesen waren, drückte die kalte Härte gegen meinen Schädel. Was war hier los? Zu meinem Leidwesen spielten Orientierungslosigkeit und Schwäche seit meinem Erwachen eine große Rolle. Des Öfteren versuchte ich, etwas ruhiger zu atmen und die Situation irgendwie mit halbem Bewusstsein zu verstehen. „Verdammt“, raunte ich. Nach einer oder zwei Minuten gewann ich Gefühl in meinem Körper zurück. In dieser Zeit erinnerte ich mich nur an Finsternis und den Willen, bloß nicht einzuschlafen. Keine Ahnung, was mich dazu antrieb! Kaum wurde ich Herrin über meine Sinne, schmerzte eine Stelle an meinem Körper besonders. Das Spektrum zwischen Null und Zehn auf der Aua-Skala beschrieb nicht ansatzweise, welche Schmerzen mich in den Wahnsinn begleiteten. Zugleich spürte ich Hitze und Kälte, konnte meinen Zustand nur als Scheiße verdammt bezeichnen. Was war passiert? Um endlich eine Antwort zu finden, sammelte ich all meinen Mut und körperliche Kraft, sodass ich meinen Blick nach vorne richtete. Taubheit verschlang regelrecht mein Bein, aber trotzdem nagten Schmerzen wie Ratten am Fleisch daran. „Ist mein Bein gebrochen?“, holte mich der Verdacht ein. Meine Gedanken nahmen ein Ende, als die Schmerzen dazwischenfunkten. Ich wusste nicht, wie lange ich den Schmerzen ausgeliefert war, denn als mein Körper sich wie Zuckerwatte anfühlte, sah ich Licht aus der Ferne. Mal dunkel, mal hell. War ich jetzt so weggetreten? Alles schien auf dem Kopf zu stehen. Kein Wunder! Auf dem Boden war mein Hals nach hinten ausgestreckt und ich lag auf dem Rücken. „Ich muss zum Licht“, flüsterte ich, schließlich wollte ich hier nicht enden. Allmählich gewöhnte ich mich an die Dunkelheit, erkannte Umrisse von Wänden und erhob meinen Oberkörper mit knirschenden Zähnen. Es tat verdammt weh! Eine andere Option hatte ich nicht und quälte mich hoch. „Geschafft.“ Mein Keuchen kratzte in der Kehle. Bevor ich aufstand, zuckte mein linker Oberschenkel. Aus mir brach ein stummer Schrei aus. Jede Kraft verließ mich. Wieso tat mein linkes Bein so höllisch weh? Kurz kniff ich die Augen zusammen, unterdrückte die Schmerzen mit schnellem Atem. Irgendwann öffnete ich meine Augen einen Spalt. Kurzzeitig blieb beim Herz stehen. „Mein Bein!?“, konnte ich kaum fassen, welches grausame Bild ich da erblickte. Angst kroch durch meine Adern. Das war unmöglich! Blut klebte an meinem ganzen Körper. Es schien noch frisch zu sein. Mir fehlten dazu einfach die Worte. Am liebsten hätte ich die Welt zusammengeschrien, aber meine Lippen blieben fest versiegelt. „Das ist nicht wahr“, dachte ich mir und vegetierte vor mich hin. Tatsächlich, ob wohl ich es nicht glaubte und verstand, trennte das sogenannte Unglück mein Unterschenkel von dem Oberschenkel. Zutiefst geschockt sortierte ich meine Erinnerungen neu. Wie war das passiert? Die Schmerzen halfen mir bei der Suche nach der Ursache kein Stück, daher biss ich mir auf die Unterlippe. Hilfe, schrie mein Inneres. Woher sollte ich auf Hilfe hoffen? Erstens: ich wusste nicht wo ich war und zweitens, was genau hier geschah. Übelkeit verkrampfte sich in meinem Magen. Na großartig! Blut auf Blut. Um ehrlich zu sein, traute ich mich nicht wirklich, die Wunde näher zu betrachten. Sie war relativ frisch und das gefiel mir nicht. Danach sah ich mich genauer um. Von Anfang bis Ende verlief mein Blick durch den dunklen Flur. Der einzige Lichtblick war das flackernde Neonlicht eines Notausgangs in der Nähe, wahrscheinlich ein paar Meter entfernt. Was zur Hölle machte ich hier? Zuletzt erinnerte ich mich daran, wie ich abends in meinem Bett einschlief und jetzt hier halbverblutet den Verstand verlor. Vielleicht sollte ich erstmal die Blutung stoppen, sonst fand das hier rasch mein Ende. Verzweifelt betrachtete ich die Umgebung. Nichts stellte sich als eine Hilfe dar. Ich war so gut wie tot! Aus Nervosität zupfte ich an meinem dünnen Pullover und bekam eine Idee. Beide Ärmel versuchte ich mit großer Anstrengung abzureißen. Dies vergeudete mehr Kraft und war auch nicht so einfach wie in Filmen gezeigt. Endlich wickelte ich den Stoffstreifen um den Beinstumpf, atmete einmal tief durch und zog kräftig an den Enden, um den Druckverband fest zu verbinden. Autsch! Dennoch riss ich mich zusammen und Schweiß kullerte über meine Stirn. Erschöpfung breitete sich in mir aus. „Hä...?“ Plötzlich hörte ich Geräusche in Form von Schritten, wenn mich mein Gehör nicht täuschte. Zu einen keimte in mir die Hoffnung auf, dass Rettung unterwegs war. Allein käme ich hier nicht raus. Auf der anderen Seite packte mich die Angst, weil von irgendwoher musste ich meine schwere Verletzung bekommen haben. Handelte es sich vielleicht um den Täter? Unschlüssig huschten meine dunkelbraunen Augen hin und her, zum Notausgang und zu meiner halbwegs versorgten Verletzung. Jeder in meiner Situation hatte wohl das Recht, in Panik auszubrechen, aber mir fiel auf, wenn ich eine Entscheidung aus Furcht träfe, dann bestimmt die falsche. Also nutzte ich die beste Option und schleifte meinen Körper mit Kriechen und Zähneknirschen zum Notausgang. Weglaufen konnte ich nicht. Auch befand sich kein anderer Weg von hier weg. Höllische Schmerzen drückten mich zu Boden, mein Bein fühlte sich wie ein totes Stück Fleisch an. Der Gedanke dazu bereitete mir eine Gänsehaut. Auf einmal hielt ich inne. Ein stechender Geruch drang an meine Nase. Beinahe musste ich mich übergehen, rümpfte die Nase und atmete durch den Mund. Hier roch es komisch. Falls ich mich nicht täuschte, dann stank es hier irgendwie chemisch. Gab es in der Nähe ein Labor? Hoffnung keimte in mir auf. In Laboren existierte zu hundert Prozent eine Erste Hilfe-Kasten und eventuell ein Telefon. Mit neuem Mut und zugleich Schmerzen im Gepäck schleppte ich mich zu dem Notausgang hin. Zudem traute ich mich nicht, nach hinten zu schauen. Mein Blick galt allein dem Weg nach vorne. Nach einer gequälten Minute berührten meine Fingerkuppen die Tür. Unter dem flackernden Neonlicht hatte ich eine bessere Sicht. „Jetzt oder nie.“ Ich stützte mich auf eine Hand, um die andere nach dem Türgriff zu strecken. „Gleich habe ich es.“ Rau hörte sich meine Stimme an, aber mit Krach und Würgen umklammerte meine Hand die Türklinke und ich öffnete die Tür mit einem Schwung. „Geschafft!“ Kapitel 1: I´m no longer alone ------------------------------ „Will das Schicksal mich verarschen?“, donnerte es in meinem Kopf. Endlich erreichte ich die Tür, nachdem ich in der Dunkelheit ohne Erinnerungen aufgewacht war, den Schock des Lebens aufgrund meines abgetrennten linken Unterschenkels erlebt hatte und jetzt mit größter Hoffnung mit einem weiteren Gang ins Nichts enttäuscht wurde. Dann könnte ich doch gleich sterben und mir die Strapazen ersparen. Ich knirschte mit den Zähnen und sah mich weiter um. An der Decke hingen ebenfalls Neonröhren, aber die hatten keine Zuckungen und schenkten mir mehr Licht. Zuerst musste ich durchatmen. Panik führte nur zum sicheren Tod, dennoch lebte ich, falls ich keinen weiteren, verfluchten Gang erwischte. Grausam zogen die Schmerzen an meinem Bein, rissen jedes Stück meiner Seele heraus und schenkten dem Tod Beute in meiner Gestalt. Es klang wie die Worte aus einem Drama-Roman. Mir egal! So fühlte sich mein Zustand an und der schien sich keineswegs zu verbessern. Einen Plan! Ich brauchte einen Plan, sonst endete mein Leben hier und jetzt. Dann brannte der Geruch bestehend aus chemischen, sogar säurehaltigen, Elementen in meiner Nase, sodass ich mir die Hand vor die untere Gesichtshälfte hielt, bevor ich noch in Ohnmacht fiel. Mehrmals drangen Hustenanfälle und Würgreflexe aus meinem Hals nach draußen. Einfach widerlich! Was hatte das zu bedeuten? Gab es hier einen Chemieunfall? Nichtmal genügend Zeit blieb mir, mich davon zu erholen und dem Geruch zu entkommen, als ich endlich den Gang näher betrachtete. Eine Länge von etwa sieben sogar bis zehn Meter erstreckte sich vor mir. An den Wänden und auf dem Boden klebte Blut, dunkel und trocken wie verschütteter Sommerwein. „Um Schicksals Wille“, erschütterte meine Stimme den Gang, hallte erst kräftig, dann dünn zurück. In der Mitte lag der Körper eines Menschen, ebenfalls besudelt mit Blut. Die Kleidung war an mehreren Stellen zerrissen. Furcht floss durch mich, packte mich an den Schultern, zog mich zu Boden. Somit verlor ich meinen Halt, Bauch und Brust berührten den kalten Untergrund. Erneut überfiel mich eine Übelkeit, diesmal spuckte ich sogar Blut aus. Zitternd betrachtete ich den Fleck. Zugleich war mir heiß und kalt. „Verdammt.“ Zurück wanderte mein Blick zur Leiche. Als nächstes bemerkte ich auch, dass mich, fast einen Meter vom Körper entfernt, ein abgetrennter Kopf mit leeren Augen ansah. Ich schrie stumm. Geschwind neigte ich meinen Kopf nach hinten. Die Tür, aus der ich gekommen war, war verschlossen. Weg, bloß weg von hier. Nach wenigen Minuten hörte ich aus diesem Gang seltsame Geräusche, so etwas wie Schritte, wenn ich mich nicht täuschte. Bei allem hier handelte sich um die Taten des Mörders, davon war ich felsenfest überzeugt. Also konnte ich nicht weitergehen, obwohl ich mich sowieso eher voranschleppte. Keine Ahnung, wer oder was hier sein Unwesen trieb, ich hatte keine Lust, ihm oder ihr in die Fänge zu laufen. Absolut nicht! Mühsam und am Rand meiner Grenzen streckte ich meinen Arm nach der Türklinke aus, versuchte diese nach unten zu bewegen, doch kein metallisch klingender Ton drang aus dem Schloss. „Das ist nicht wahr, oder?“, empörte ich mich. „Warum immer geradeaus, wo man nicht hinwill. Echt jetzt?“ Wutentbrannt knirschte ich mit den Zähnen und schnaubte, sodass ich einem Drachen Konkurrenz hätte machen können. Ich wollte nicht weg, ich musste hier weg. Vielleicht schlich sich der Mörder in der Nähe herum, beobachtete mich, dürstete nach meinem Blut. Mehrmals hintereinander ruckelte ich an der Klinke, kein Sesam öffne dich. Ein Rückzieher funktionierte auch nicht, daher blieb mir, unter Schicksals Ungnade, keine andere Wahl: ich durfte als Hauptgewinn ins Unglück stolpern. Bevor ich mich zusammenriss, spürte ich wieder Schmerzen, besonders betraf es mein Bein. Okay, ich verschwendete zu viel Zeit. Ich atmete durch. Na gut, ich folge dem Weg in den sicheren Tod. Keine Ahnung, ob die Robbenbewegungen meine Wunde negativ beeinflussten, aber ich wusste sonst nicht, wie ich vorwärts kam. Von dem abgetrennten Stück fehlte jede Spur und ich hatte leider kein Medizinstudium, um mit Nadel und Draht mein Bein zusammen nähen können. Blut machte mir nichts aus, doch es gab ein Limit dazu. Zentimeter für Zentimeter quälte ich mich zur Leiche hin. Wahrscheinlich benötigte ich dafür mehr als eine Minute, davon zählte ich nicht mal eine Sekunde mit. Das Wort „Endlich!“ glitt wie Butter durch die Bahnen meines Gehirns, als ich mein Ziel erreicht hatte. Der Leichnam verströmte einen ekelhaften Gestank. Meine Nase und Gesichtsmuskeln zuckten, sodass ich mich zuerst weigerte, das tote Fleisch in der zerrissenen Kleidung zu berühren. Mir fiel im Nachhinein ein Gegenstand aus dünnem Plastik auf, eine Karte, die im Brustbereich des Kleidungsstücks gefestigt war. Ein Hoffnungsschimmer ereilte mich. Vielleicht fand ich endlich Hinweise darauf, was genau sich hier abspielte? Schwankend griff ich nach der Karte, entfernte sie mit einem Ruck von dem Stoff und atmete erleichtert, als ich den Fund näher betrachtete. „Prof. Raimund Caldwells“, las ich vor. Die Person auf dem Bild glich der Leiche vor mir. Meine Kehle wurde staubtrocken, daher schluckte ich den Kloß im Hals hinunter. Unter seinem Namen und Bild standen ein Code sowie die Beschreibung, dick und grün, „Labor 17“. Ich schob die Augenbrauen nach oben. Welches Labor 17? Wer ist Professor…Leichnam? Nichts davon war mir bekannt, obwohl ich versuchte, mich an irgendetwas zu erinnern. Natürlich funktionierte der Versuch nicht. Sackgasse! Für eine Weile starrte ich den Ausweis an, ab und zu fiel mein Blick auch auf die Leiche. Mir fehlten die Worte. Bisse und Kratzer zierten sein Fleisch, das Blut daraus war längst verkrustet und beinahe schwarz. Der Mann hatte um sein Leben gekämpft, bis er den Tod gefunden hatte. Mein Beinstumpf kribbelte. Ich bekam eine Gänsehaut. Wer oder was hatte ihn so schrecklich zu gerichtet? Reflexartig legte ich meine Hand auf den Oberschenkel und kam zu der Überzeugung, es müsse sich um den selben Täter handeln, der auch mich verwundet hatte. So beschloss ich, den Ausweis in meine Hosentasche zu stopfen, auch wenn das nicht leicht war, und von hier zu verschwinden. Bevor ich aufbrach, holte ich mehrmals tief Luft und dachte an meine Freunde und Familie, was mir etwas Kraft gab. Besonders dachte ich an meine Katze Anita. Mein Ein und Alles. Hoffentlich ging es ihr gut und den anderen ebenfalls. Hinter den Rippen ergriff Angst mein Herz und zerquetschte es beinahe wie eine Beere zwischen Daumen und Zeigefinger. Patsch! Um nicht vor Panik verrückt zu werden, schüttelte ich den Kopf, dabei schlich sich ein wenig Taumel ein. Klirr. Klirr. Klirr. Sofort hielt ich den Atem an und mir lief ein eisiger Schauer den Rücken herunter. Was waren das für Geräusche? Niemand außer mir und der Leiche befanden sich im Gang, das hatte ich bis jetzt gedacht. „Scheiße!“, spukte es in meinen Gedanken herum. Ich schaute nach vorne und zurück. Beide Türen gingen weder auf, noch verursachten die Durchgänge die unheimlichen Klänge. Aufgrund der Stille im Gang konnte ich die Schritte erst hören. Sie waren leise und wahrscheinlich näher, als mir lieb war. In mir kam ein Zwiespalt hoch. Ob es hier Überlebende gab? Eventuell könnte es auch der Verursacher meiner Verletzung und der Mörder des Mannes sein. Ich biss mir auf die Unterlippe. Ich musste mich entscheiden, ob ich um Hilfe rief oder unentdeckt in den nächsten Gang flüchtete. Dort hinten hätte ich sogar die Möglichkeit, mein Bein zu versorgen, auch wenn ich über kein erstaunliches, medizinisches Wissen verfügte. Klirr. Klirr. Klirr. Diesmal stammte die Geräusche von oben, falls ich mich nicht irrte. Ich warf einen Blick zur Decke. Oberhalb von mir entdeckte ich eine verschlossene Luke, einen Eingang oder Ausgang des Lüftungssystems. Jemand oder etwas kroch durch die Abläufe. Mir blieb also keine andere Wahl, als von hier so schnell wie möglich zu verschwinden. Im Inneren hoffte ich, Ratten huschten durch das Lüftungssystem. Das schenkte mir ein bisschen Mut. Zum letzten Mal guckte ich mich um, fand keinen Erste Hilfe-Kasten oder Mittel, meine Wunde weiter zu versorgen. Mit zusammengeballten Fäusten, wunden Ellenbogen und purer Erschöpfung krabbelte ich zu dem anderen Durchgang. Irgendwie musste und wollte ich vorankommen, überleben. Inzwischen war mein Ersatzverband aus billigem Faserstoff durchgeblutet, weshalb ich gelegentlich ein Jucken wahrnahm und mir dann schwindlig wurde. Die Metalltür vervielfachte sich, zudem wurde die Umgebung schwammig und ich verlor an Energie. Deshalb stoppte ich, bis das Schwindelgefühl verschwand. So schaffte ich bestimmt nicht, aus diesem Alptraum zu entkommen. Geduld und Ausdauer erwiesen sich als meine einzige Hoffnung. Nachdem ich mir eine Pause gegönnt hatte, stieg meine mentale Kraft so hoch, dass ich mir zutraute, für den Moment weiterzukriechen. Unglücklicherweise kehrten Übelkeit und Schwindel zurück. Nach nur drei Sekunden hielt ich erneut an und malmte mit den Zähnen. „Echt jetzt?“, keifte ich matt. Klack. Klack. Klack. Ich horchte auf, als ich gewandte Schritte hörte. Ohne jegliches Wissen darüber, hatte ich keine Ahnung, wie ich darauf reagieren sollte. Freude und Angst pendelten in mir, sodass meine Entschlossenheit mal zur Unsicherheit schwankte, mal zurück. Drunter und drüber schwirrten Fragen, Risiken und Vermutungen durch mein Gehirn. Geradeaus starrte ich den Boden an. Ob ich mich gleich übergeben musste? Im Magen brodelte es gefährlich und mein Schwindelanfall verbesserte sich auch nicht. Egal, ich sprach einfach die Person an und schlimmer konnte es hoffentlich nicht mehr werden. „In Namen der Wissenschaft! Du lebst, Lesly?“, erstaunte eine sanfte Stimme neben mir. Ruckartig fuhr ein Zucken und Zittern durch meinen Körper, hauchte in mir neues Leben ein, als ich endlich eine Stimme hörte. Die eines Menschen! Sprachlos sah ich auf. Eine Frau in den Vierzigern kniete neben mir und legte sanft ihre Hand auf meine Schulter. Ihr dickes, blondes Haar war zu einem Dutt zusammengebunden und sie scannte mich mit ihren blaugrauen Augen. Erst beim zweiten Hinsehen erkannte ich ihre Unruhe im herzförmigen Gesicht. Andauernd biss sie sich auf die Unterlippe und auch ihre Haltung ließ ahnen, dass sie in Eile zu sein schien. „Wie hast du die Verletzung überlebt? Unglaublich, du bist zäher als ein Reagenzglas mit Säure“, redete die Frau auf mich ein und überlegte krampfhaft. „Ich habe dich schon zu den Toten gezählt, aber leider bleibt uns nicht viel Zeit, um das zu feiern.“ Die Augenbrauen zog ich zusammen, da ich kein Wort von ihr verstand, geschweige denn, warum sie mich kannte und ich sie nicht. „Aber…“, krächzte ich. In der Sekunde drückte sie ihre Handfläche auf meinem Mund und legte den Zeigefinger an ihre Lippen. Am liebsten hätte ich ihre Hand weggeschlagen und sie giftig angefaucht, was um alles in der Welt hier los war. Dazu besaß ich das Recht! Wut flammte in meinen Augen auf und die Frau seufzte schwer. „Tut mir leid. Momentan kann ich dir nichts erklären, weil ich die Versuchstiere freigelassen habe, damit wir im Chaos von hier fliehen können“, flüsterte sie zügig und verschwendete wirklich keine Zeit, mir nur das Nötigste zu berichten. Dann blinzelte ich sie verwirrt an. Welche Drogen nahm sie denn ein? Ich starb beinahe am Blutverlust, hatte keinen Unterschenkel und fand einen übel zugerichteten Toten. Sie dagegen faselte was von Versuchstieren und Fluchtversuch. Augenblicklich stand sie auf und ging zu meiner blutüberströmten Wunde. „Warte…“, bat ich, doch mein Versuch scheiterte, als sie, ohne mit der Wimper zu zucken, ihren Kittel abnahm und in Stoffreihen zerriss. Bei dem Reißen sträubten sich meine Nackenhaare. Mehr schlecht als recht schielte ich mit geneigtem Kopf zu ihr rüber. Alles verlief sehr rasch und strikt. Für mich bedeutete da allerdings: alles andere als schmerzfrei. Das Blut an meinem Verband klebte regelrecht wie Honig daran fest, daher tat es verdammt weh, als sie alles auseinander band und abwickelte. Fast tonlos japste ich auf. Trocken und heiß kratzte es in meiner Kehle, meine Augen wurden feucht, ich war den Tränen nah. Ich hatte keine Ahnung, wie mein Bein aussah, da ich nicht mehr hinschaute. Infolgedessen begann sie, mein halbes Bein gründlich zu verbinden und vergeudete auch keine Tatkraft, die Versorgung mit Druck durchzuführen. Ab und zu verließen ein „Argh“ oder ein „Autsch“ meinen zusammengepressten Mund. Dagegen sprach die unbekannte Lebensretterin mit mir kein Wort. Mir war so elend, dass ich daran glaubte, gleich für immer einzuschlafen. Als sie ihr Vorhaben erfolgreich beendet hatte, durchfloss mich ein Gefühl der Erleichterung. Irgendwie fühlte sich der neue Verband kühl und frisch an. Um es ehrlich zusagen: Es war ein angenehmes Gefühl, das neue und sauberer Bandagen mein Leben etwas verlängerten. Lange seufzte ich, zugleich dankte und verfluchte ich die Frau im Stillen. Danach packte sie meine Oberarme, schleifte mich zu der Wand und legte mich dorthin ab, sodass ich am Rücken und Hinterkopf die glatte Oberfläche spürte. Bedauerlicherweise war mir innerhalb des Ortswechsels ein bisschen schwummrig geworden und der Gang drehte sich im Kreis. „Hey, nicht einschlafen. Hörst du!“, zischte sie und klopfte mir auf die Schulter. Mürrisch brummte ich vor mich hin, meine Sicht verschmolz in Unklarheit, bis ich durch das Aufwecken einiger Maßen schärfer blickte. Um der Hals der Frau hing eine schwarze Schnur mit einem Plastikausweis als Anhänger. Wie der Tote trug sie auch so ein Teil bei sich, mit dem Namen Irene Collins. Im Gehirn machte nichts Klick, der Name sagte mir überhaupt gar nichts. Behutsam hob sie mein Kinn. „Lesly, du musst mir genau zu hören. Ich werde für dich eine Gehhilfe oder Krücken besorgen, wenn ich Glück habe“, befahl sie mir. „Also bleibe leise und ruhig, warte hier einfach.“ Unter Schock starrte ich sie mit großen Augen an. „Nicht…gehen…“, stotterte ich und streckte meine Hand nach ihr aus. Traurig lächelte sie mich an, stand auf und ging wortlos weg. Müde schloss ich die Augen und kämpfte erfolglos gegen die Ohnmacht an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)